Heidelberg – Sie interessieren sich für Knochen(stoffwechsel)? Kennen das IBMPFD-Syndrom nicht? Und lesen lieber knappe, präzise Falldarstellungen anstelle langatmiger Lehrbuchkapitel? Dann sind Sie bei diesem Buch gut aufgehoben. Denn die Autoren dieses Vielmänner-/Frauenbuchs ist es gelungen, aus dem weiten Gebiet osteologischer Erkrankungen anhand von Einzelfalldarstellungen häufig anzutreffende bis exotische Krankheitsbilder kurz und prägnant darzustellen. Fundiert und kompakt erläutern die Autoren das Vorgehen von der Anamnese über die klinische Untersuchung bis hin zu Diagnosestellung, schildern adäquate Therapiestrategien und geben Hinweise auch zum weiteren Monitoring. Die einzelnen Fälle sind untergliedert in Einleitung, Anamnese, Klinik, Diagnostik (Labor und Bildgebung), Diagnose, Therapie und Verlauf, Ergebnis und weiteres Monitoring sowie eine kurzgefasste Synopsis und schließen mit einem jeweils aktuellen Literaturverzeichnis ab.
Sie umfassen angeborene, erworbene lokale und systemische Erkrankungen und bieten einen kurz und knapp gefassten, immer anschaulichen Einblick in die abgehandelten Krankheitsbilder. Die einzelnen Falldarstellungen lesen sich spannend (hätten Sie’s gewusst?). Es ist ein leicht zu lesender, wertvoller Helfer für osteologisch interessierte Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen wie z.B. Orthopäden/Unfallchirurgen, Internisten, Rheumatologen, Endokrinologen, Gynäkologen, Radiologen, Allgemein-Mediziner, Onkologen und Pädiater.
Frankfurt am Main – In einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung wird dafür plädiert, die Kliniklandschaft in Deutschland von dzt. 1364 Kliniken (Krankenhauspläne der Bundesländer) auf weniger als 600 zu senken. 666 Kliniken verfügten über 100 Betten oder weniger. Selbst lebensbedrohliche Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfälle könnten hier nicht immer und jederzeit suffizient behandelt werden. Der Patient wird damit Spielball des Zufalls. Der Raum Köln-Leverkusen könne auf 24 der 38 Häuser verzichten. Ziel ist eine Konzentrierung von Fachkompetenz und Fallzahlen und damit eine vermeintliche Qualitätssteigerung. Man darf mutmaßen, dass auch ökonomische Überlegungen eine wesentliche Rolle spielen. Die finanzielle Ausstattung vieler Kliniken ist prekär. Zudem sind die Klinik- und Bettenzahlen bezogen auf die Bevölkerungsanteile in Deutschland im europäischen Vergleich unbestritten hoch.
Applaus kommt von der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Eine stärkere Zentralisierung sei notwendig. Ausschlaggebend für eine qualitätsgesicherte
Versorgung seien eine gute technische Ausstattung der Häuser und erfahrene
Ärzte. Auch der Spitzenverband der Krankenkassen teilt inhaltlich viele Aspekte
der Studie.
Kritik gegen den vorgeschlagenen Kahlschlag kommt von vielen
Verbänden und Interessensgruppen. So verweist der Präsident der BÄK, Dr. Klaus
Reinhardt, auf die Bedeutung der Daseinsvorsorge und Sicherung einer gut
erreichbaren, wohnortnahen Gesundheitsinfrastruktur, wie die „Kommission
gleichwertige Lebensverhältnisse“ der Bundesregierung gerade erst gefordert
habe. Gerade im ländlichen Raum müsse die flächendeckende Versorgung der
Patienten sichergestellt werden. Dr. Gerald Gaß, Präsident der DKG, meint: „Wer
vorschlägt, von ca. 1600 Akutkrankenhäusern 1000 plattzumachen und die
verbleibenden 600 zu Großkliniken auszubauen, propagiert die Zerstörung von
sozialer Infrastruktur in einem geradezu
abenteuerlichem Ausmaß, ohne die medizinische Versorgung zu verbessern.“
Der ambulante Bereich wäre derzeit jedenfalls unfähig, die
wegfallenden Klinikbetten bei „Vollambulantisierung“ zu kompensieren. Zudem
wird gerade in kleineren Kliniken häufig auch temporär Pflege älterer Patienten
betrieben. Stationäre Pflegeinrichtungen oder gar familiäre Strukturen wären in
Deutschland bei Wegfall dieses „Puffers“ jedenfalls völlig überfordert. Die
Strukturmaßnahmen müssten daher die gesamte Gesundheitslandschaft und das
gesamte Gesundheitssystem in Deutschland umfassen. Kaum vorstellbar. Erst recht
nicht im Föderalismus.
Woher stammen solche „Ideen“?
Ein Blick gen Norden zeigt: die Dänen haben sich für einen etatistischen Ansatz einer solchen Neuordnung ihrer Kliniklandschaft entschieden. Seit 2007 läuft das „Superspital“-Programm. Gebaut werden 16 neue Kliniken für 6,6 Mrd. Euro. Bis 2025 sollen von den ehemals 79 Krankenhäusern in 2007 nur noch 53 übrig bleiben – davon 21 mit Notfallstationen. Die Kliniklandschaft wird völlig neu geordnet. Die Wege werden für die Patienten weiter. Über die Standorte der – neuen – Kliniken entscheidet zentral eine fünfköpfige Expertenkommission. Die Regionen müssen sich fügen. Ziele sind u.a. die Konzentration komplexer Eingriffe zur Steigerung der Qualität durch Expertise, Senkung von Krankenhausinfektionen durch Einzelzimmer, kürzere Verweildauern. In Norddänemark gibt es bereits Videoschaltungen in die Ambulanzen mit deren Hilfe erste Ferndiagnosen gestellt werden und eine Triage vorgenommen wird. In Dänemark ist bereits seit zehn Jahren eine telefonische Voranmeldung zwingend – über Hausarzt oder Hotline. Ähnliches soll in Deutschland nun auch eingeführt werden. Ein erster Gesetzentwurf liegt dazu vor.
Das dänische Modell ist aber auch nicht ohne Kritik. In einer aktuellen Studie der Denkfabrik Health Consumer Powerhouse landet das Land im europäischen Vergleich „nur“ noch auf Rang 4. Notfallstationen seien schwieriger erreichbar. Die Schweiz hingegen kommt auf Platz 1. Aber auch in der Schweiz kommt man um eine stärkere Konzentration der Spitäler nicht herum. Kleinere Spitäler müssten vermehrt in Zentren für ambulante Behandlungen umgewandelt werden, zumal der klassische Hausarzt vielerorts verschwindet.
Unbestreitbar allerdings ist, dass es in Deutschland in den
Ballungszentren ein Überangebot an Krankenhausbetten gibt. Eine sinnvolle,
arbeitsteilige Aufgabenteilung unterbleibt in der Regel. Alle bieten möglichst Alles
an – und konkurrieren zudem noch zunehmend mit ambulanten Einrichtungen und
Tageskliniken. Größe ist – vermeintlich – Marktmacht und: wer baut, muss „am
Netz“ gehalten werden. Dies führt zu einer Sucht, möglichst Maximalversorger mit
Bauvorhaben zu sein. Oder zu Begriffsmonstern wie „Supra-Maximalversorger“. Bei
allgemein begrenzten Mitteln werden die Kliniken baulich und bei der
technischen Ausstattung allerdings „ausgebremst“. Anspruch und Wirklichkeit
passen häufig nicht zueinander. Land und Träger kommen ihren investiven Verpflichtungen
nicht nach – weil kein Geld vorhanden ist. Zudem werden die DRG’s – sofern
„mengenanfällig“ – jährlich abgewertet. Das all dies zu Lasten der Qualität der
Patientenversorgung gehen muss und zu „Windhundrennen“ führt, ist leicht
nachvollziehbar. Die Frustrationstoleranz der Klinik-Angestellten ist
vielerorts schon überschritten…. Top-Fachärzte*innen verlassen inzwischen auch
Unikliniken und entscheiden sich für eine Selbstständigkeit in spezialisierten
Privatkliniken oder in der Niederlassung, da eine Klinikkarriere in leitender
Position zunehmend unattraktiv wird. Es entsteht ein Mangel an
hoch-qualifiziertem Fachpersonal: in der Ärzteschaft wie in der Pflege.
Eine gezielte regionale Schließung einzelner Kliniken in
konsentiert überversorgten Gebieten könnte hier hilfreich sein – bei der
Allokation von finanziellen wie von Fachkräfte-Ressourcen. Hierzu müsste
allerdings zunächst die Erkenntnis reifen und ein übergreifender politischer
Wille vorhanden sein. Damit ist auch weiterhin nicht zu rechnen. Weitere
Möglichkeiten wären die Konzentrierung von operativen Eingriffen auf
spezialisierte Kliniken mit klar definierten Mindestmengen und
Qualitätskontrollen. Hier könnten sich Politik und Kostenträger mit den
spezialisierten chirurgischen Fachgesellschaften und Verbänden abstimmen, die
wissen, wo die Expertise „sitzt“ – ohne Berührungsängste. Auch damit ist leider
nicht zu rechnen.
Damit bleibt die Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung
in erster Linie ein allerdings
beachtenswerter Beitrag zur Füllung des Sommerlochs. Die Kliniken werden
wohl weiter im „kollektiven Würgegriff“ bleiben.
Trier – Die Alterung der Bevölkerung nimmt kontinuierlich zu. Die Lebenserwartung hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Somit hat die Alterstraumatologie in unserem Fach Orthopädie und Unfallchirurgie eine zunehmende Bedeutung. Im klinischen Alltag hat sich die Zusammenarbeit mit einem Geriater etabliert.
Die Behandlungsziele sind das Erreichen einer schnellstmöglichen Mobilisation unter Vollbelastung und die Rückführung des Patienten in den Status quo ante zu erreichen. Für die
Umsetzung dieser Ziele ist ein Behandlungsteam aus Unfallchirurg, Anästhesist,
Geriater, Gesundheits- und Krankenpfleger, Physiotherapeut, Ergotherapeut,
Sozialarbeiter und Osteologe erforderlich.
Das vorliegende
Buch richtet sich an alle diese Beteiligten im therapeutischen Team.
Es ist
praxisnah orientiert aufgebaut. Einleitend wird der aktuelle Wissensstand von
Knochen- und Muskelschwund, sowie der Demenz zusammengefasst. Dann geht es im
praktischen Teil über Ernährung, der perioperativen Betreuung, operativen
Versorgung typischer Verletzungen bis zur geriatrischen Nachbetreuung.
Abschließend
werden alltagsrelevante Fallbeispiele vorgestellt. Zur kritischen Diskussion auf
den jeweiligen Fall bezogen regen die anschließenden Fragen und Antworten an.
Damit wird
dieses gut strukturierte und auf das im Alltag wesentliche komprimierte
Fachwissen abgerundet.
Die
Herausforderungen der Unfallversorgung geriatrischer Patienten nehmen zu. Eine
Zertifizierung oder Zentrumsbildung für Alterstraumatologie erfordert die
interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Evaluation derartiger Versorgungskonzepte
ergab, dass sich die Krankenhaussterblichkeit reduzierte. Auch die Liegezeit
auf der Intensivstation konnte reduziert werden.
So gibt dieses
Buch Hilfestellung, die eigenen klinischen Strukturen und Abläufe in der
stationären unfallchirurgischen Versorgung geriatrischer Patienten zu
überprüfen und somit zu verbessern.
Friedrich
Nietzsche formuliert es treffend: „Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen,
auf denen wir höher steigen.“ Nicht nur wir als Behandelnde entwickeln uns und
steigen höher, auch die Qualität unserer täglichen Arbeit. Die Voraussetzung
dazu ist aber, dass wir die Hindernisse und Schwierigkeiten im Alltag erkennen.
Ich empfehle
dieses Buch für den klinischen Alltag als kompaktes Übersichtswerk der
Alterstraumatologie.
Wertheim – In den App Stores gibt es zahlreiche Apps für Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die diesen das Leben leichter machen können. Verbreitet sind Programme, die beim Management von Arztbesuchen, Medikation, Ernährung und Bewegungstherapie helfen, den Erkrankungsverlauf und die Laborwerte dokumentieren oder als Schmerztagebuch dienen. Selbsthilfegruppen wie die Rheumaliga nutzen Apps um auf regionale Angebote aufmerksam zu machen, andere Apps dienen zum Austausch mit anderen Betroffenen in der community. Doch gibt es auch Anwendungen, die für den rheumatologisch tätigen Arzt interessant sind, vielleicht gerade für den nicht versierten Spezialisten? Wir haben im April 2019 einmal im Apple-App-Store eingekauft, der rheumatologische Warenkorb in alphabetischer Reihenfolge sieht so aus:
1000 Arthritis Wörterbuch Englischsprachiges Wörterbuch von Sand Apps Inc. mit eher patientenadressierten, einfachsten Definitionen von Fachbegriffen rund um rheumatische Erkrankungen zum Preis von 3,49€. Für Ärzte können aber die Links zu öffentlichen Bilddateien interessant sein.
ART Arthritis & Rheumatology, IJRD International Journal of Rheumatic Diseases und AC&R Arthritis Care & Research Die drei kostenlosen, englischsprachigen Apps des Wiley-Verlags zeigen Abonnenten die Online-Ausgaben von „Arthritis & Rheumatology“ (American College of Rheumatology), „International Journal of Rheumatic Diseases“ (Asia Pacific League of Associations for Rheumatology) bzw. „Arthritis Care & Research“ (American College of Rheumatology) an. Das Abo ist jeweils kostenpflichtig. Die in der App vorgesehene Möglichkeit zum Download kostenfreier Inhalte funktionierte zum Testzeitpunkt nicht.
ArthritisID PRO Gut gemachtes, wahlweise englisch- oder französischsprachiges, kostenloses Diagnosetool, welches anhand auszuwählender betroffener Gelenke und einiger nachfolgender Fragen eine erste rheumatologische Verdachtsdiagnose liefert. Zu neun Krankheiten sind weitere Informationen abrufbar, fünf Videos zeigen Untersuchungstechniken.
DAS Calculator Die kostenlose, englischsprachige App bietet ein übersichtliches Tool zur Berechnung von DAS28-CRP mit vier oder drei Variablen sowie ein Tool zur Umrechnung von DAS in DAS28. Gegen einen in-app-Kauf in Höhe von 2,29 Euro können zehn weitere Tools genutzt werden.
DAS28/ACR-EULAR criteria Kleines, übersichtliches, englischsprachiges und kostenloses Tool zur Berechnung von DAS28, CDAI/SDAI und ACR-EULAR-Kriterien.
DoseChecker Die einfache, kostenlose, englischsprachige App berechnet die körpergewichtsabhängige Hydroxychloroquindosis. Die Eingabe kann in pounds oder kg erfolgen, ausgegeben wird das Dosierschema nach der ABW-Methode in Übereinstimmung mit den AAC-Guidelines 2016.
EULAR School App In einem passwortgeschützten Bereich sind laut Produktbeschreibung nur für registrierte Teilnehmer der EULAR School of Rheumatology EULAR-Empfehlungen, Tools, bildgebende Befunde und online-Kurse zugänglich. Ein Testzugang wurde auf Anfrage leider nicht zur Verfügung gestellt.
Mobile Leitlinien Innere Medizin Die umfangreiche App der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) stellt kostenlos und deutschsprachig die Leitlinien zu zahlreichen Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet zur Verfügung. Enthalten sind auch die S1-Leitlinie zur RA von 2012 mit Tools zur Berechnung von DAS28-Score, EULAR-Diagnosekriterien und Therapiealgorithmus der RA.
ÖGR RheumaGuide Die kostenlose App des österreichischen MedMedia Verlags verspricht im App Store Hilfestellungen bei Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen des Rheumatischen Formenkreises basierend auf der Kurzfassung der 2013 herausgegebenen Leitlinien für die Praxis RA, PsA und SpA. Angekündigt werden Scorerechner, Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation und Links zu DMARD Aufklärungsbögen. Eine erforderliche Registrierung als medizinisches Personal funktionierte zum Testzeitpunkt von Deutschland aus nicht.
RA Augemented Reality Englischsprachiges, kostenloses Lehrmodul, welches Elemente der virtuellen Realität einbindet, um insbesondere die Rolle von Zytokinen im Entzündungsprozess der RA darzustellen. Eine Hilfefunktion, die dem Anwender die Handhabung der technisch gut gemachten App erklärt, fehlt leider.
RAPID Clinician Educator Kostenlose Lehr-App zur RA, englischsprachig mit zahlreichen Videos, insgesamt nicht sehr umfangreich. Zusätzlicher Patientenguide mit zahlreichen Videos.
RAUSSA Sehr schöne, wohl auch dank Sponsoring von Pfizer kostenlose und einfach zu bedienende App zur Sonografie und Duplexsonografie von Gelenken und Sehnen mit Darstellung der korrekten Schnittebenen am anatomischen Präparat und beispielhaften Befunden aller Stadien. Beim ersten Start der App muss man bestätigen, als Arzt in Spanien tätig zu sein, was aber nicht weiter geprüft wird.
RAVE Mobile Die englischsprachige App bietet einerseits Tools zur Scoreberechnung bei Ankylosierender Spondylitis, Psoriasisarthritis und Rheumatoider Arthritis, SLE ist in Vorbereitung. Anderserseits werden englischsprachige Fortbildungsinhalte bereitgestellt.
RheumaHelper Übersichtlicher, kostenloser englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 19 Krankheiten und 12 Aktivitätsscores, darüber hinaus Newsfeedfunktion.
Rheuma IQ Übersichtlicher englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 17 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises von „Adult Still’s disease“ bis „Sjogren’s syndrome 2016“, Tools zur Berechnung der Krankheitsaktivität von elf Erkrankungen („ASDAS“ bis „Vasculitis Damage Index“). Kostenlos.
Rheuma-VOR Kostenlose, deutschsprachige App, die anhand von wenigen an den Patienten zu richtender Fragen in drei Minuten bei der Frühdiagnose und Differenzierung zwischen RA, Psoriasis Arthritis und axialer Spondylarthritis helfen soll. Ärzte in Niedersachsen, Rheinland Pfalz und dem Saarland können die Terminvermittlungsfunktion der Rheuma-VOR-Koordinationszentrale gleich aus der App heraus nutzen.
Rheuma Schweiz Education Laut App Store soll die App interaktive Fortbildungsveranstaltungen auf dem neuesten Stand der Wissenschaft für Fachleute bieten. Zum Testzeitpunkt war mit der kostenlosen App lediglich eine Fortbildung über Injektionstechniken zum Preis von 7,99 Euro als in-app- Kauf möglich. Diesen Einkauf haben wir uns gespart.
Rheumatoid Arthritis @PoC Laut App Store kostenlose, englischsprachige Wissensdatenbank mit Tools zur RA. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.
Roche Rheumatologie App Kostenlose, deutschsprachige App mit den drei Inhalten Rheumatoide Arthritis, Riesenzellarthritis und ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Übersichtlich gestaltet sind Diagnosekriterien, Aktivitätsscores, Klassifikationen, Therapiealgorithmen sowie Fachinformationen und Anwenderhinweise zu den für die drei Krankheiten verfügbaren Produkte von Roche abrufbar. Vorgesehene Funktionen eines Veranstaltungskalenders und eine Newsfunktion waren zum Testzeitpunkt nicht mehr auf aktuellem Stand.
SensAR Laut Beschreibung im App Store Tool zur Bestimmung der Schäden an Händen und Füßen mit dem SENS-Index (simple erosion narrowing score). Kostenlos. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.
Thieme Rheumatologie visuell Rheumatologische Bilddatenbank klinischer u. radiologischer Befunde von „Achenbach-Syndrom“ bis „Zoster unter Rituximab-Therapie“, deren Inhalte auch zur persönlichen Nutzung in Vorträgen, Fortbildungen und zu Lehrzwecken dienen. Wahlweise in deutsch oder englisch und kostenlos, Sponsoring von abbvie.
Auch für den rheumatologisch tätigen oder interessierten Arzt gibt es einige gute Apps im App Store, zum Teil mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang und in unterschiedlicher Qualität. Nur einige Apps erfordern eine Verifikation als Arzt, z. B. mit doccheck. Besonders praktisch für die Kitteltasche und die sinnvollste App-Anwendung sind die zum Teil umfangreichen Tools zur Berechnung von Scores zur Klassifikation und Krankheitsaktivität wie z. B. Rheumahelper. Gut gemacht ist auch das englischsprachige Diagnosetool ArthritisID PRO. Sehr gut gefällt auch die RAUSSA-App zur Sonografie und das feature zur Terminvereinbarung beim Rheumatologen bei Rheuma-VOR. Fast alle Inhalte sind erfreulicherweise kostenlos. Wer dann noch gute Apps für betroffene Patienten empfehlen kann, kann die Betreuung seiner Rheumapatienten durch Nutzung von Smartphones verbessern. Perspektivisch können telemedizinische Lösungen wie die DAAG-Videosprechstunde das Betreuungsangebot abrunden.
Dr. Karsten Braun, LL. M. BVOU-Bezirksvorsitzender Heilbronn Franken
Köln – Im Frühjahr dieses Jahres haben drei Gerichte unabhängig voneinander entschieden: Ärzte und Heilpraktiker müssen das ungewollte Anlegen von sogenannten Basis-Profilen auf dem Artbewertungsportal Jameda nicht dulden. Zwei Kammern des Landgerichts Bonn und das Landgericht Wuppertal gaben damit den Klagen zweier Zahnärzte und einer Heilpraktikerin gegen Jameda Recht, die sich wegen der fehlenden Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten auf dem Portal auf die Verletzung des Datenschutzrechts berufen hatten[1]. Jameda kämpft allerdings weiter um sein Geschäftsmodell und hat gegen die Entscheidungen Berufung eingelegt.
Ein
„Basis“-Profil auf Jameda enthält nicht viel: Name und Adresse des Arztes sowie
die Bewertungen von Patienten werden dort veröffentlicht. Ansonsten ist das
Profil nichtssagend und leer: Fast alle Felder und Funktionen, die das Portal
zur ansprechenden Gestaltung des eigenen Profils anbietet, können nur gegen
eine monatliche Zahlung befüllt werden. So bleibt insbesondere das Feld mit dem
Portraitfoto frei, stattdessen ist dort nur ein Schattenriss zu sehen. Auch die
Homepage der Praxis wird nicht angegeben. Schon gar nicht können Ärzte, die
keinen Vertrag mit Jameda haben, „weitere Informationen“ über ihre Leistungen
angeben oder Fotos, Artikel oder Videos hochladen. In den freien Feldern finden
sich dagegen direkte Anprachen an den Noch-Nicht-Kunden, so z.B.: „Sind Sie Dr. XY? Vervollständigen Sie jetzt
Ihr Profil und geben Sie so neuen Patienten einen Eindruck von Ihnen und Ihrer
Praxis.“. Bei dem fehlenden Profilbild heißt es: „Dieser Arzt hat leider noch kein Portrait hinterlegt.“ Ein Hinweis
auf die Kostenpflichtigkeit dieser Einträge ist nicht ohne weiteres zu finden.
Außerdem wird das Profil noch für Werbung von Drittunternehmen genutzt. Mitten
im Basis-Profil findet sich – genau wie an den seitlichen Rändern – Werbung
z.B. für Reiseanbieter, Versicherungen oder Banken. Bezahlte „Premium“-Profile
können dagegen mit einer Vielzahl von Inhalten bis hin zur Onlinebuchung für
Termine bestückt werden, die fast die eigene Praxishomepage überflüssig machen
könnten.
Im
vergangenen Jahr hatte eine Kölner Hautärztin vor dem Bundesgerichtshof
erfolgreich auf Profillöschung geklagt. Das Gericht war der Ansicht, dass
Jameda sich nicht (mehr) neutral verhalte, indem zahlenden Kunden „verdeckte
Vorteile“ verschafft würden. Daher durften die Daten der Ärztin nicht ohne ihre
Zustimmung verwendet werden. Allerdings: wer sich gegenüber Jameda auf das
Urteil berief, wird weiterhin abgewiesen. Jameda hatte im Nachgang zu der
Entscheidung einige Änderungen in der Profilgestaltung vorgenommen und meint
deswegen, dass Ärzte nun wieder akzeptieren müssten, in dem Portal ungewollt
aufzutauchen. Jameda beruft sich darauf, dass das Portal einen Beitrag zur
Transparenz im Gesundheitswesen leiste und ein öffentliches Interesse an einer
vollständigen Ärztelistung bestünde.
Allerdings
kamen die drei mit der Sache befassten Gerichte nun zu dem Ergebnis, dass die
Änderungen nicht ausreichten, um Jameda (wieder) die notwendige Neutralität zu
verschaffen. Die Kläger hatten vorgebracht, dass die Möglichkeit, das eigene
Profil nur gegen Entgelt aufbessern zu können, für den Portalnutzer nicht
erkennbar sei und bezahlte Einträge attraktiver als die „Zwangs-Profile“ seien.
Weiterhin würde Jameda die ungewollt angelegten „Basis-Profile“ dazu benutzen,
für zahlende Jameda-Kunden indirekt Werbung zu machen. Berücksichtigt wurde
unter anderem auch, dass sich Ärzte durch die unterschiedliche Gestaltung der
Profile zu einer Mitgliedschaft gedrängt fühlen könnten. Daher würde – so auch
die drei Entscheidungen – das Interesse der Betroffenen das Interesse von
Jameda an der Datennutzung überwiegen. Damit fehlt es an den Voraussetzungen
für eine Datenverarbeitung ohne Einwilligung.
Ob
die Profile am Ende wirklich gelöscht werden müssen, werden nun die
Oberlandesgerichte entscheiden. Die erste Entscheidung ist im Herbst diesen
Jahres zu erwarten.
Dr. Frauke Schmid-Petersen ist Rechtsanwältin bei HÖCKER Rechtsanwälte
in Köln und seit 1999 auf dem Gebiet des Medienrechts tätig und war in den
genannten Verfahren als Prozessvertreterin für die jeweiligen Ärzte tätig.
[1] LG Bonn
Urt. v. 28.3.2019. Az. 18 O 143/18, Urt. v. 29.3.2019, Az. 9 O 157/18 und LG
Wuppertal, Urt. v. 29.03.2019, Az. 17 O 178/18.
Berlin/ Baden-Baden – Auf der BVOU-Mitgliederversammlung am 4. Mai 2019 in Baden-Baden wählten die Anwesenden PD Dr. Christian Merle in den BVOU-Gesamtvorstand und zum Vertreter Leitender Ärzte und Oberärzte in O und U. Im Interview spricht er über die Anforderungen an seinen Beruf und darüber, wie sich junge Ärztinnen und Ärzte trotz der wachsenden Herausforderungen zu leitenden Positionen begeistern lassen können.
PD Dr. Christian Merle, in Baden-Baden wurden Sie im BVOU-Gesamtvorstand als Vertreter der Oberärzte gewählt, stellen Sie sich doch einmal kurz vor: PD Dr. Christian Merle: Ich bin als Oberarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg tätig und leite hier seit 2018 das Endoprothetikzentrum. Meine Ausbildung habe ich ebenfalls in Heidelberg mit Rotation an die BG Unfallklinik Ludwigshafen und Auslandsaufenthalten an der University of Oxford und dem Hospital for Special Surgery in New York absolviert. Neben dem klinischen Schwerpunkt in der Primär- und Revisionsendoprothetik von Hüfte und Knie liegt auch mein wissenschaftliches Interesse im Bereich des Gelenkersatzes, insbesondere des Teilgelenkersatzes am Knie und der patientenindividuellen Endoprothetik. Als stellvertretender Leiter des Forums Mittelbau (FOURMit) der DGOU beschäftige ich mich unter anderem mit den berufspolitischen Themen der fachlichen und persönlichen Weiterbildung sowie Möglichkeiten der Qualifizierung nach dem Facharztabschluss. Ich freue mich, die Belange und Interessen der Fach- und Oberärzte/-innen als zahlenmäßig große Gruppe entscheidender Leistungsträger an deutschen Kliniken auch im BVOU vertreten zu dürfen.
Welche Ziele haben Sie sich für das erste Jahr gesetzt? D Dr. Christian Merle: Es gibt aus meiner Sicht zwei relevante Themen, die ich auch im BVOU gerne voranbringen möchte.
Das
exponentiell wachsende Wissen im Fachgebiet der muskuloskelettalen
Erkrankungen, die stetige Weiterentwicklung von Operationstechniken und
Implantatsystemen und die Sektions-/ Bereichsstruktur vieler Kliniken zeigen
den Bedarf an einer zunehmenden operativen Subspezialisierung der Fachärzte, um
eine qualitativ hochwertige, sichere und effiziente Patientenversorgung
gewährleisten zu können. Im englischsprachigen Raum wird dieser
Versorgungsrealität über strukturierte Fellowships Rechnung getragen; in
Deutschland hingegen ist das operative Weiterbildungsangebot nach dem Facharzt
sehr heterogen und nur unzureichend charakterisiert. Eine generalisierte und
fundierte Ausbildung, die das gesamte Spektrum der operativen und konservativen
Orthopädie und Unfallchirurgie abdeckt, muss zur Erlangung der Facharztkompetenz
weiterhin gewährleistet bleiben. Nach der Facharztprüfung stellen klinische
Fellowships eine attraktive und zukunftsfähige Möglichkeit dar, um dem
zunehmenden Bedarf an operativ hochspezialisierten Fachärzten gerecht werden zu
können. Wir haben in Heidelberg ein entsprechendes Rotationsmodell für
Fachärzte in den subspezialisierten Sektionen etabliert, welches auf große
Nachfrage und Zustimmung stößt und neben der klinischen auch die
wissenschaftliche Karriere individuell fördert. Potentiell können Fellowships
in die bereits vorhandenen Zusatzweiterbildungen für spezielle Orthopädie bzw.
Unfallchirurgie integriert werden und diese perspektivisch weiterentwickeln.
Hierfür ist jedoch eine transparente und einheitliche Definition von Umfang,
Dauer und curricularem Inhalt in Anlehnung an die qualitätsorientierten
Vorgaben der Sektionen der Fachgesellschaften in Deutschland erforderlich.
Des
Weiteren bin ich davon überzeugt, dass in Anbetracht der aktuellen
berufspolitischen Entwicklungen eine intensivere Zusammenarbeit der Klinikärzte
und der niedergelassenen Ärzte sowohl in der Patientenversorgung als auch der
Fort-/ und Weiterbildung von essentieller Bedeutung ist.
Abstimmungsschwierigkeiten, die insbesondere durch die Vielfältigkeit der
Tätigkeitsbereiche in unserem Fachgebiet entstehen, können durch intensivere
Kooperationen und eine bessere Vernetzung überbrückt werden.
Die heutigen Anforderungen an Oberärzte und Chefärzte in O und U gehen weit über die medizinische Expertise und Fachkenntnisse hinaus. Was zählt aus Ihrer Sicht dazu? PD Dr. Christian Merle: Neben einem stetig wachsenden Fachwissen und dem klaren Trend zur Subspezialisierung übernehmen in der Klinik tätige ärztliche Führungskräfte zunehmend Aufgaben, die organisatorische Prozesse, betriebswirtschaftliche und arbeitsrechtliche Aspekte, die Mitarbeiterführung sowie eine zielgerichtete interdisziplinäre Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit umfassen. Dies erfordert insbesondere in den chirurgischen Fächern eine hohe Belastbarkeit, Flexibilität und Organisationskompetenz. Hier bedarf es analog zur Vermittlung von Fachwissen innovativer Fort-/ und Weiterbildungsangebote sowie flexibler Arbeitsmodelle, um die berufliche Situation von Krankenhausärzten/-innen auch weiterhin für die besten Köpfe attraktiv zu sein.
Diese wachsenden Aufgaben an Krankenhausärzte in leitenden Positionen erfordern Handlungsbedarf: Sie unterstützen angehende Chefärzte und leitende Ärzte in O und U mit Vorträgen bei verschiedenen Fortbildungsangeboten. Welches Wissen möchten Sie an die Kolleginnen und Kollegen weitergeben? PD Dr. Christian Merle: In der Frage der individuellen Karriereplanung, die alle Fach- und Oberärzte intensiv beschäftigt, sind genau die o.g. Themen wie Organisation, Kommunikation, Ökonomie und Arbeitsrecht zunehmend relevant. Diese Inhalte können nicht nur durch ärztliche Kollegen vermittelt werden. Es besteht ein Bedarf an Kursformaten, in denen auch Experten aus den Bereichen Klinikmanagement, Rechts- und Personalberatung zu Wort kommen und Kompetenzen und Erfahrungen aus der Praxis ihres Fachgebiets teilen. Vor diesem Hintergrund wurde der CLOU- Kurs (Chefarzt und Leitender Arzt in O&U) vom Nichtständigen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und dem Forum Mittelbau der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) in Kooperation mit der AUC – Akademie der Unfallchirurgie, der Akademie Deutscher Orthopäden (ADO), dem Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) sowie dem Verband leitender Orthopäden und Unfallchirurgen (VLOU) entwickelt. Nach sehr positivem Feedback aus dem letzten Jahr wird der Kurs um die Perspektive Niederlassung erweitert und in diesem Jahr in Berlin am 13./14.09.2019 stattfinden.
Im CLOU+-Kursprogramm trägt Ihr Vortrag den Titel: Karrieresprungbrett Oberarzt?! Verraten Sie uns, was hinter diesem Titel steckt? Welcher Inhalt erwartet die Teilnehmer? PD Dr. Christian Merle: Die Oberarzttätigkeit in O&U ist trotz oder gerade wegen der vielzitierten “Sandwichposition” definitiv ein Karrieresprungbrett und bietet durch eigenverantwortliches Arbeiten ein hohes Entwicklungspotential. Neben dem klassischen Chefarztmodell stellen zunehmend auch Sektionsleitungen und Beleg-/Kollegialsysteme eine attraktive Alternative dar. Gerade in unserem Fachbereich gibt es eine dynamische Entwicklung der Karriereoptionen mit vielfältigen Chancen sowohl im klinischen als auch niedergelassenen Setting, die es kritisch und unter Berücksichtigung der individuellen Interessen und Qualifikationen zu bewerten gilt.
Herr
Dr. Merle, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BVOU
Berlin – Der BVOU-Gesamtvorstand hat sich auf seiner Januartagung am 26.01.2019 mit der Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) ausführlich befasst. Er kam nach kontroverser Diskussion und Bewertung der vorliegenden Informationen zu Risiken und Haftung damals mehrheitlich zur Ansicht, dass der Anschluss an die Telematik-Infrastruktur den BVOU-Mitgliedern zum damaligen Zeitpunkt nicht empfohlen werden sollte. Es wurde empfohlen, eher die gesetzlich vorgesehene Honorarkürzung bei nicht-fristgerechtem Anschluss in Kauf zu nehmen, als die mit dem Anschluss an die TI verbundenen und zum Jahresanfang 2019 noch nicht abschließend geklärten Risiken einzugehen.
Bereits in seinem damaligen Statement wies der Gesamtvorstand darauf hin, dass sich um eine rein subjektive Einschätzung handelt, für die keinerlei Haftung übernommen werden kann. Nach Änderung der Informations- und Rechtlage könne sich diese Meinung jederzeit ändern und jedes Mitglied sollte deshalb für sich selbst abwägen, welchen Weg es gehen möchte. Dieser Fall ist nun eingetreten, weshalb sich der Geschäftsführende Vorstand des BVOU zu einer Korrektur dieser Einschätzung und den daraus abgeleiteten Empfehlungen für seine Mitglieder entschlossen hat.
Haftungsausschluss bei ordnungsgemäßer TI-Anbindung
Ende Juni 2019 hat die Gematik auf Drängen der KBV festgestellt, dass Praxisinhaber nicht für Datenpannen einer korrekt an die Telematikinfrastruktur angeschlossenen Praxis-IT haftbar gemacht werden können. Weiterhin wurde von der Gematik nochmals bekräftigt, dass die TI kein Sicherheitsrisiko darstellt, wenn die zugelassenen Konnektoren vorschriftsgemäß aufgestellt und betrieben werden.
Ferner liegt nunmehr eine erste sozialgerichtliche
Entscheidung vor, die zum einen Verstoß der Telematikinfrastruktur gegen
Datenschutzrecht ablehnt sowie die Art und Höhe der Kostenerstattung bei der
Anschlusspflicht als rechtmäßig sowie die Kostenbeteiligung der Vertragsärzte
hieran als zumutbar und verfassungsgemäß einstuft (vgl. SG München, Beschluss
v. 22.03.2019 – S 38 KA 52/19 ER).
Sichere Anschlussvarianten an die TI
Gematik und KBV haben Merkblätter veröffentlicht, die die
empfohlenen Anschlussvarianten an die TI erklären und darstellen, wie die TI
zur Erhöhung der Sicherheit der Praxis-IT führt.
Reihenbetrieb
Sicherste Variante: Reihenschaltung des TI-Konnektors ohne Anbindung der Praxis-IT ans “normale” Internet
Nach diesen Informationen ist die Installationsvariante
„Reihenbetrieb“ als sicherste Installation einzuschätzen, da die gesamte Praxis
durch den Konnektor und die ausschließliche Anbindung an die TI optimal geschützt
wird. Über den Konnektor ist zusätzlich die Anbindung an das KV Safenet und
weitere sichere Internetdienste möglich.
Diese Installation bietet ein Plus an Sicherheit im Vergleich zur Internetanbindung einer Praxis über einen normalen Router wie z.B. die FritzBox mit oder ohne zusätzlicher Firewall.
Einschränkend muss festgestellt werden, dass jede Praxis überprüfen sollte, ob mit dieser Installation alle zuvor genutzten Installationen (Fernwartung, Remote-Zugriffe u.ä.) weiter im gleichen Umfang nutzbar sind. Hier sollte ggf. der Praxis-EDV-Dienstleister nachbessern, um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten.
Parallelbetrieb
Potentiell unsichere Variante: Parallelbetrieb erfordert zusätzliche Absicherung der IT-Infrastruktur in Verantwortung der Praxis (z.B. Firewall, Antivirus, eigener Mailserver etc.)
Auch im sogenannten „Parallelbetrieb“ ist die Praxis-EDV abgesichert, wenn sich die Praxis (wie bislang auch) selbst um Sicherheitsmaßnahmen wie Firewall und Virenschutz kümmert.
Werden diese Sicherheitsmaßnahmen durch die Praxis als Netzwerkbetreiber nicht ergriffen, ist die Praxis-EDV ebenso wie bereits vor dem Anschluss an die TI gefährdet und ggf. Hackerangriffen ausgesetzt. Die Praxis verstößt damit gegen die DSGVO, weil sie die erforderlichen Technisch-Organisatorischen Maßnahmen (TOM) zum Schutz von Patientendaten nicht ausreichend ergriffen hat. Dies hat jedoch nichts mit dem Anschluss an die TI zu tun und liegt wie vor der TI-Anbindung im Verantwortungsbereich der Praxis selbst.
Netztrennung für gleichzeitige, sichere Nutzung des Internets
Netztrennung bei gleichzeitiger Internet-Nutzung: Hier ist die Praxis-EDV hinter dem Konnektor geschützt während Internet-Rechner in einem separaten Netzwerk arbeiten.
PCs oder Netzwerkteile, die an das Internet über einen normalen Router etc. angeschlossen sind, sollten physisch vollständig von der Praxis-EDV und der TI getrennt werden. Damit ist der Zugriff auf Patientendaten auch für den Fall eines erfolgreichen Hackerangriffs ausgeschlossen. Dieses Szenario kann beispielsweise durch die Installation eines zusätzlichen WLAN erreicht werden, das über einen separaten Router ans Internet angebunden ist. Über einen solchen Kanal sollten auch Digitalisierungsprojekte wie Videosprechstunde und Online-Terminvergabe in der Praxis installiert werden.
Stand-Alone- oder Kioskbetrieb der TI
Kioskbetrieb: Kartenterminal wir unabhängig von der Praxis-EDV genutzt
Bei dieser Anschlussvariante ist die TI vollständig von der bereits existierenden Praxis-EDV getrennt. Mit dieser Variante kann lediglich die Online-Prüfung der Versichertenstammdaten erfolgen.
Dadurch ändert sich das Sicherheitsniveau der bisherigen Praxis-Installation nicht, schneidet die Praxis aber von allen zukünftigen Anwendungen der TI ab, wie z.B. elektronische AU, eRezept, eArztbrief und elektronische Patientenakten.
Deshalb ist diese Installationsvariante lediglich als
kurzfristige Übergangsvariante zu empfehlen, beispielsweise bis die gesamte
Praxis-EDV mit den erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen für einen
Parallelbetrieb ausgerüstet ist.
Digitalisierung kommt und basiert auf der TI
Der Referentenentwurf des „Digitale Versorgung Gesetz“ sieht
eine Reihe von Digitalisierungsprojekten vor, die per Gesetz bis Ende 2021
eingeführt werden sollen. Zentral ist beispielsweise die Anbindung an eine von
der Gematik und der KBV zu definierende zentrale elektronische Patientenakte
sowie das Recht des Patienten, diese Akte in jeder Praxis befüllt zu bekommen.
Dafür ist eine gesonderte Vergütung ebenso vorgesehen wie weitere Sanktionen bei Nichtanbindung an die TI. Weitere digitale Anwendungen im Gesundheitssystem wie die
elektronische AU, das eRezept und der eArztbrief, eine vom „normalen“ Internet
abgekoppelte elektronische Post zwischen Ärzten, werden ausschließlich auf der Telematikinfrastruktur
aufsetzen.
Die KBV schafft gerade die Grundlagen für eine sichere digitale E-Mail-Kommunikation zwischen Ärzten und Praxen, die auf der TI basiert und in die Praxis-EDV-Systeme integriert werden soll. So kann in Kombination mit den oben beschriebenen sicheren Anschlussvarienten an die TI sichergestellt werden, dass das Haupteinfallstor für Hackerangriffe auf Praxen und Kliniken verschlossen wird: E-Mails mit infizierten Anhängen, über die z.B. die sogenannten Kryptotrojaner in Praxisnetzwerke eingeschleust werden. Diese verschlüsseln dann die gesamten Praxis- und Patientendaten, was Grundlage für Erpressungen durch Cyberkriminelle und erhebliche Schäden ist.
Zusammenfassung: Empfehlung zum Anschluss an die TI
Des Weiteren drückt der Gesetzgeber aufs Tempo bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems und schafft mit der TI, dem TSVG sowie dem im Referentenentwurf vorliegenden „Digitale Versorgung Gesetz“ den rechtlichen Rahmen für die Einführung klar definierter digitaler Anwendungsszenarien im deutschen Gesundheitssystem.
Diesen Anforderungen müssen sich die Vertragsärzte und auch die Mitglieder des BVOU stellen. Wer sich dem Anschluss an die Telematikinfrastruktur weiter verweigert, wird spätestens ab dem Jahr 2022 von vielen Entwicklungen und Kommunikationspfaden abgehängt und hat mit weiteren Sanktionen zu rechnen, als die aktuell angedrohten Honorarkürzungen.
Der geschäftsführende Vorstand des BVOU empfiehlt in Anbetracht dieser aktuellen Entwicklungen den BVOU-Mitgliedern nunmehr den Anschluss an die Telematikinfrastruktur. Die Einschätzung des BVOU-Gesamtvorstandes wird damit revidiert.
Sollten in der eigenen Praxis-IT-Infrastruktur umfangreichere Sicherheitsmaßnahmen nachzurüsten sein, kann vorübergehend die Installation der Kiosk- bzw. Stand-Alone-Variante der TI erwogen werden, um die gesetzten Fristen zur Anbindung an die TI einzuhalten. Mittelfristig sollte jedoch eine der empfohlenen Installationsvarianten eingeführt werden, um an allen zukünftigen digitalen Diensten teilnehmen zu können, die über die TI eingeführt werden sollen.
Wertheim – Akupunktur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder der Kniegelenke durch Gonarthrose gehört zum kassenärztlichen Leistungsangebot vieler konservativ tätiger Orthopäden. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13.2.2019 (B 6 KA 56/17R) könnte vielen Akupunkteuren nun eine Honorarrückforderung drohen: Nach jahrelangem Weg durch die Instanzen hat das BSG in seinem Urteil höchste Anforderungen an die Dokumentation der Eingangsvoraussetzungen für Akupunktur als Krankenkassenleistung bestätigt, wie sie vielen Ärzten nicht bewusst sein dürften.
Danach reicht es nicht aus, dass die Voraussetzung einer 6-monatigen Beschwerdedauer anamnestisch oder durch Ankreuzen auf dem Eingangsdokumentationsbogen festgehalten wird. Der behandelnde Arzt muss den Patienten entweder in den beiden Quartalen unmittelbar vor der Akupunkturbehandlung in der eigenen Praxis wegen dieser Krankheit selbst behandelt haben oder alternativ eine Behandlung bei anderen Ärzten in den beiden Vorquartalen durch vorliegende Arztbriefe nachweisen können. Auch reicht eine frühere Behandlung derselben Krankheit vor diesem 6-Monatsintervall irgendwann in der Vergangenheit als Nachweis einer entsprechenden Beschwerdedauer nicht aus.
Der Fall in Kürze: BVOU-Mitglied Dr. B. (Name der Redaktion bekannt) hatte Patienten im Quartal II/2007 kassenärztlich mit Akupunktur behandelt. Die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur seien bei seinen Patienten erfüllt gewesen, so der betroffene Kollege. Er dokumentierte die Beschwerdedauer in den Behandlungsunterlagen, wie dem üblichen Eingangsdokumentationsbogen für Akupunktur. “Ich habe in bestem Glauben gehandelt, dass diese Dokumentation ausreichend ist” schildert der Betroffene sein Vorgehen. “Ich bin als guter Akupunkteur in der Region bekannt, die Krankenkassen haben mir diese Patienten sogar geschickt!”
Doch der Arzt erlebte sein blaues Wunder: Auf Antrag einer
großen Krankenkasse musste die zuständige KV im Jahr 2011 in 69
Behandlungsfällen eine Rückforderung der vergüteten Akupunkturleistungen nach
GOP 30790 und 30791 in Höhe von 9.322€ im Rahmen einer Richtigstellung
festsetzen, da in den beiden Vorquartalen bei den behandelten Patienten keine
entsprechende ICD-Diagnose in den Quartalsabrechnungen kodiert und somit das
geforderte mindestens sechsmonatige ärztlich dokumentierte Schmerzintervall
nicht festgestellt werden konnte.
Seinem Widerspruch, dass dieses im Eingangsbogen nach EBM 30790 entsprechend dokumentiert sei, wurde nicht stattgegeben. In den vom BVOU als Musterprozess anwaltlich unterstützten Verfahren wiesen sowohl das SG München (S 39 KA 307/12) 2014 als auch das LSG München (L 12 KA 221/14) 2016 die Klage des Orthopäden ab und folgten der Ansicht von KV und Krankenkasse. Wie im Text von Dr. Heberer dargestellt hat sich nun auch das BSG in seiner Entscheidung 2019 den Vorinstanzen angeschlossen. Die entstehungsgeschichtliche Auslegung der Einführung der EBM Ziffern 30790 und 30791 lege nahe, dass Akupunktur als zusätzliche Behandlungsoption mit Ausnahmecharakter nicht schon zu Beginn einer Schmerzbehandlung zum Einsatz kommen solle.
Dr. Karsten Braun, Wertheim, Bezirksvorsitzender Heilbronn-Franken
Berlin – Der Konnektor zur Anbindung der Praxen an die Telematikinfrastruktur (TI) stellt nach Auskunft der gematik kein Sicherheitsrisiko dar. Die Betreibergesellschaft betont zugleich, dass Ärzte und Psychotherapeuten nicht für Schäden infolge von Sicherheitslücken der TI haften.
„Endlich hat die gematik auf das Drängen der KBV reagiert und zu wichtigen Fragen von Sicherheit und Datenschutz Stellung bezogen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel am Donnerstag den PraxisNachrichten. Medienberichte über angeblich fehlerhaft gelegte Anschlüsse hatten in den vergangenen Wochen eine Debatte über die Sicherheit insbesondere der Konnektoren ausgelöst, die ähnlich einem Router Praxen mit der Telematikinfrastruktur (TI) verbinden. Dabei ging es auch darum, wer im Schadensfall haftet.
Keine Haftung bei ordnungsgemäßer Nutzung
In einem heute veröffentlichten Informationsblatt zu Datenschutz und Haftung stellt die gematik klar, dass eine Haftung des Arztes oder Psychotherapeuten ausscheidet, sofern die zugelassenen Konnektoren vorschriftsgemäß verwendet, aufgestellt und betrieben würden. Dies sei sowohl nach der Datenschutz-Grundverordnung als auch nach jeder anderen vergleichbaren zivilrechtlichen Norm der Fall, „da nach allen haftungsrechtlichen Tatbeständen den Datenverarbeiter ein Verschulden für den eingetretenen Schaden treffen muss“.
In diesem Zusammenhang weist die gematik auch darauf hin, dass dieses im Übrigen auch für jegliche strafrechtliche Haftung des Arztes bei der Nutzung eines Konnektors gelte.
Kein Sicherheitsrisiko
Die gematik hat zudem häufig vorgebrachte Kritikpunkte bezüglich des Konnektors geprüft und konnte dabei weder Fehler im Zulassungsprozess noch Lücken in den Sicherheitsvorgaben feststellen. Ihr Fazit: Der Konnektor stellt kein Sicherheitsrisiko für die Praxen dar. Dies gelte auch für die zugelassenen Anwendungen und Dienste der TI, deren Anbieter der gematik regelmäßig ihre Sicherheitsleistung nachweisen müssen.
Neue PraxisInfo zur Konnektor-Installation
Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Datensicherheit gab es immer wieder auch Fragen von Ärzten und Psychotherapeuten zur Installation des Konnektors. Denn nach den Vorgaben der gematik sind zwei Standard-Varianten möglich: Reihenbetrieb und Parallelbetrieb. Beide sind bei fachgerechtem Anschluss und Betrieb sicher.
Um für mehr Klarheit zu sorgen, hat die KBV eine Praxisinformation erstellt, die beide Varianten vorstellt und die Unterschiede erläutert. So sichert im Reihenbetrieb die Firewall des Konnektors alle daran angeschlossenen Geräte wie Kartenterminals und Praxis-Computer ab. Das Internet kann nur über einen speziell gesicherten Secure Internet Service oder einen vom Praxisnetzwerk getrennten PC genutzt werden.
Im Parallelbetrieb ist der Konnektor dagegen ein gleichwertiger Teil des Praxisnetzwerks. Seine Firewall kann folglich nicht genutzt werden. Die Praxis muss – wie bisher auch schon – spezielle Sicherheitsmaßnahmen wie Firewall und Virenschutz ergreifen, um sich vor Angriffen von außen zu schützen.
Muster für Installationsprotokoll
Damit Praxen die Ausführung der Installation besser nachvollziehen und vom IT-Dienstleister dokumentieren lassen können, stellt die gematik ein Muster-Installationsprotokoll bereit. Dabei geht es nicht nur um technische Aspekte, sondern zum Beispiel auch darum, ob eine ausreichende Beratung zu wesentlichen Sicherheitsaspekten erfolgt ist.
Die Materialien sind dabei sowohl hilfreich für Praxen, die noch an die TI angebunden werden, als auch für solche, die bereits über einen TI-Anschluss verfügen und noch keine vollständige Dokumentation darüber haben.
Berlin – Die Telematikinfrastruktur (TI) und die drohenden Sanktionen haben in den vergangenen Monaten die Gemüter erregt. Insbesondere die Befürchtung, dass trotz rechtzeitiger Bestellung der Komponenten aufgrund des Liefer- und Installationsengpasses der Industrie der notwendige Stammdatenabgleich nicht rechtzeitig vorgenommen werden kann und unverschuldet die Sanktionierung droht, hat für Empörung gesorgt. Das berichtet die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN).
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat aktuell eine positive Neubewertung der Vorgaben im Rahmen eines rechtlichen Vermerkes den Kassenärztlichen Vereinigungen zukommen lassen:
Wer bis zum 31. März 2019 die TI-Komponenten bestellt hat, bleibt ohne Sanktionen, wenn er den Stammdatenabgleich bis zum 30. September 2019 durchführt.
Im Detail: Nach dem Vermerk der KBV erfolgt eine verbindliche Interpretation der oben genannten Vorschriften dahingehend, dass für den Fall, dass im 1. Quartal 2019 die Bestellung der Komponenten für die TI-Infrastruktur nachgewiesen werden kann, das 1. und 2. Quartal 2019 sanktionslos bleibt. Die Durchführung des Stammdatenabgleiches wird von der KVN für Praxen mit nachgewiesener rechtzeitiger Bestellung beginnend für das 3. Quartal 2019 geprüft. Die Mitteilung der KBV bestätigt nunmehr einen weiteren Spielraum für die Installation und erstmalige Durchführung des Stammdatenabgleich in das 3. Quartal hinein. Mithin dürfte sich dadurch die aktuelle Problematik der verspäteteten Installationen und befürchteten Kürzung entschärft haben.