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Vertragsabschlüsse für ein DMP rheumatoide Arthritis ab 1.10.

Berlin – Die rheumatoide Arthritis zählt zu den häufigsten rheumatischen Erkrankungen, etwa ein Prozent der Erwachsenen in Deutschland ist betroffen. Mit dem Ziel, das medizinische Versorgungsangebot zu verbessern, hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Anforderungen an ein strukturiertes Behandlungsprogramm (Disease Management Programm, DMP) beschlossen. Diese Anforderungen treten am 1. Oktober 2021 in Kraft. Die gesetzlichen Krankenkassen können ab diesem Zeitpunkt regionale Verträge mit Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und/oder Krankenhäusern schließen und ihren Versicherten das neue Versorgungsangebot zur Verfügung stellen. Patientinnen und Patienten haben damit künftig die Möglichkeit, sich im DMP leitliniengerecht betreuen und im Umgang mit ihrer Erkrankung schulen zu lassen.

Wesentliche Bestandteile des DMP

Das DMP richtet sich an erwachsene Patientinnen und Patienten mit einer gesicherten Diagnose der rheumatoiden Arthritis. Eine sorgfältige Diagnostik ist geboten, um zum einen die vielfältigen nichtentzündlich-rheumatischen Ursachen für Beschwerden – vor allem von degenerativen Gelenkveränderungen – abzugrenzen. Zum anderen ist sie aber auch entscheidend, um den weiteren Verlauf der Erkrankung abzuschätzen und die optimale therapeutische Strategie zu wählen.

Zu den therapeutischen Zielen des DMP gehört es in erster Linie, eine möglichst langanhaltende Remission – also eine fast völlige Entzündungs- und Beschwerdefreiheit – oder eine niedrige Krankheitsaktivität zu erreichen. Gelenkschäden sollen vermieden, die Funktionalität und Beweglichkeit verbessert und Schmerzen reduziert werden. Die vorgesehene Behandlung von Begleiterkrankungen trägt ebenfalls dazu bei, die Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten zu verlängern.

Die therapeutischen Maßnahmen, die der G-BA in die DMP-Anforderungen aufgenommen hat, reichen von lebensstilbezogenen Schulungen über Physio- und Ergotherapie bis hin zu Empfehlungen für eine medikamentöse Therapie mit Glukokortikoiden oder mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika in drei Therapiestufen und einem „Ausschleichen“ der Arzneimittelgabe.

Quelle: G-BA

DMP künftig auch bei rheumatoider Arthritis

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat für die rheumatoide Arthritis (RA) ein Disease-Management-Programm (DMP) beschlossen. Das strukturierte Behandlungsprogramm soll durch koordinierte Betreuung und Schulung von Patienten dazu beitragen, die Therapieziele zu erreichen und somit möglichst weitgehende Entzündungs- und Beschwerdefreiheit oder zumindest geringe Krankheitsaktivität zu erreichen.

„Der BVOU begrüßt den G-BA-Beschluss. Sowohl internistische als auch orthopädische Rheumatologen können nun als koordinierende Ärzte tätig sein“, kommentiert BVOU-Präsident Dr. Johannes Flechtenmacher die Entscheidung. „Und besonders kommt diese Entscheidung unseren Patienten, die an einer rheumatoiden Arthritis leiden, zugute.“

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch entzündliche systemische Autoimmunerkrankung: Aus noch ungeklärter Ursache greift das körpereigene Abwehrsystem die Innenhaut der Gelenke an. Unbehandelt führt die Erkrankung zu einer Zerstörung der Gelenke. Auch Sehnen, Bänder, Schleimbeutel und innere Organe können befallen werden und zu einer verkürzten Lebenserwartung führen.

Wesentliche Bestandteile des DMP

Das DMP richtet sich an erwachsene Patientinnen und Patienten mit einer gesicherten Diagnose der rheumatoiden Arthritis. Eine sorgfältige Diagnostik ist zum einen geboten, um die vielfältigen nicht-entzündlich-rheumatischen Ursachen für Beschwerden – vor allem von degenerativen Gelenkveränderungen – abzugrenzen. Zum anderen ist sie aber auch entscheidend, um den weiteren Verlauf der Erkrankung abzuschätzen und die optimale therapeutische Strategie zu wählen.

Zu den therapeutischen Zielen des DMP gehört es in erster Linie, eine möglichst langanhaltende Remission – also eine fast völlige Entzündungs- und Beschwerdefreiheit – oder eine niedrige Krankheitsaktivität zu erreichen. Gelenkschäden sollen vermieden, die Funktionalität und Beweglichkeit verbessert und Schmerzen reduziert werden. Die vorgesehene Behandlung von Begleiterkrankungen trägt ebenfalls dazu bei, die Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten zu verlängern.

Die therapeutischen Maßnahmen, die der G-BA in die DMP-Anforderungen aufgenommen hat, reichen von lebensstilbezogenen Schulungen über Physio- und Ergotherapie bis hin zu Empfehlungen für eine medikamentöse Therapie mit Glukokortikoiden oder mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika in drei Therapiestufen und einem „Ausschleichen“ der Arzneimittelgabe.

Der G-BA legt den Beschluss nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor. Nach einer Nichtbeanstandung treten die Anforderungen an das DMP Rheumatoide Arthritis am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft. Anschließend können Verträge zur praktischen Umsetzung beschlossen werden.

Hintergrund – Disease-Management-Programme

Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme, die für bestimmte chronische Erkrankungen entwickelt und angeboten werden. Ein koordiniertes Vorgehen bei der Behandlung soll dazu beitragen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und unnötige Komplikationen und Folgeschäden zu vermeiden. Mittels Schulungen werden die Patientinnen und Patienten beim Umgang mit der Erkrankung und in ihrer Gesundheitskompetenz gestärkt.

Quelle: G-BA

https://edoucate.de/veranstaltung/70447

„Das Dutzend ist voll“ – DGORh-Intensivmeeting goes online

Berlin – Nachdem das XI. DGORh-Intensivmeeting, welches in Lübeck hätte stattfinden sollen, im letzten Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer fiel, zeigte sich bereits Ende 2020, dass eine Präsenzveranstaltung auch beim XII. DGORh-Intensivmeeting unwahrscheinlich wäre, sodass dieses erstmals als Zoom-Format online geplant und durchgeführt wurde.

Unter dem Motto „das Dutzend ist voll“, erfolgte nach der Begrüßung und Bericht des Präsidenten, Prof. Ralph Gaulke (Hannover), eine ausführliche Bestandsaufnahme des Arthritis-Registers und des Komplikationsregisters der DGORh. Obwohl das Melden an beide Register nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist es über die Jahre jetzt doch gelungen, diese, zumindest an einigen Kliniken, so fest zu etablieren, dass regelmäßig gemeldet wird. Die ersten Ergebnisse haben direkte klinische Relevanz. Beim Arthritis-Register besteht diese darin, dass aus der Form der Synovialitis und der Zelltypisierung in vielen Fällen eine spezifische Empfehlung für eine Medikamentengruppe zur Basistherapie abgeleitet werden kann. Beim Komplikationsregister, in welchem alle rheumachirurgischen Eingriffe mit der aktuellen Medikation und den Nebenerkrankungen gesammelt werden, zeichnen sich gleichfalls für einzelne Medikamente Trends ab, sodass diese in der perioperativen Dosierung einer individuellen Abwägung bedürfen. Die Differentialtherapie hängt zum Teil von dem Medikament selbst, aber auch von der Co-Medikation und den Komorbiditäten ab. Abschließend wurde über die Ratifizierung der Zusatzweiterbildung Orthopädischen Rheumatologie durch die Landesärztekammern berichtet. Bis auf eine Landesärztekammer ist dies bereits bundesweit umgesetzt. Keine der Landesärztekammern ist dabei wesentlich vom Text der von der Bundesärztekammer verabschiedeten Zusatzweiterbildung abgewichen.

Therapien beim Charcot-Fuß

Im Gastvortrag berichtet Dr. Ulrich Illgner aus Koblenz über die operative und konservative Therapie des Charcot-Fußes. Er betont ausdrücklich, dass der Charcot-Fuß keine exquisite Erkrankung des Diabetikers sei, sondern dass dieser auch bei der idiopathischen Neuropathie oder bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vorkomme. Grundsätzlich handelt es sich um eine schubartig und progredient voranschreitende Erkrankung von Knochen und Weichteilen, in deren Mittelpunkt immer eine Polyneuropathie steht und die unbehandelt zu einem völligen Zusammenbruch des Fußes mit konsekutiven Ulzerationen und (Super-) Infektionen führt. Eingeteilt werden sollte die Erkrankung nur noch in aktive und nicht-aktive Stadien. Die konservative Behandlung eines aktiven Stadiums im Total-Contact-Cast (TCC), welche in Amerika und weltweit standardmäßig durchgeführt wird, ist in Deutschland nicht so etabliert, stattdessen werden hier häufig abnehmbare Orthesen eingesetzt. Ulrich Illgner zitierte hier eine Studie von Professor Andrew Bolton aus Manchester: Der Erfolg der konservativen Therapie aktiver Stadien des Charcotfußes ist bei Verwendung nicht abnehmbarer immobilisierender Gipsverbände signifikant höher als bei allen abnehmbaren Versorgungen. Die Dauer des aktiven Stadiums, Ulkushäufigkeit, Zeit im Krankenhaus und Anzahl der Operationen sinken im TCC signifikant. Dieser Unterschied erklärt sich durch die mangelnde Compliance der Patienten, welche abnehmbare Orthesen aus Bequemlichkeit häufig ablegen. Dies geschieht insbesondere nachts zu Hause, z.B. bei Toilettengang. Für die Ausheilung des Charcot-Fußes ist jedoch eine konsequente Ruhigstellung erforderlich. Die operative Therapie sollte nach Möglichkeit minimalinvasiv erfolgen. Als Implantate empfiehlt Illgner hier perkutan eingebrachte Steinmann-Nägel oder Fixateur-Systeme, welche dann problemlos wieder entfernt werden könnten. Die interne Osteosynthese geht, aufgrund des Voranschreitens der Charcot Osteoarthropathie, der Ataxie mit Fehl-/Überbelastung des Fußes durch die Polyneuropathie und damit auch der Unfähigkeit ein Bein teilzubelasten häufig mit Implantatversagen einher. Der wichtigste Unterschied zur Osteitis ist das Fehlen entzündlicher Laborparameter, hier insbesondere das CRP. Bei offenen Wunden hingegen, bei denen im Wundgrund der Knochen freiliegt, ist von einer Osteitis auszugehen. Die Behandlung ist entsprechend verschieden, so sollte die Osteitis primär operativ, die Osteoarthropathie hingegen primär konservativ behandelt werden. Entscheidend ist aber, dass es sich um eine klinische Diagnose und eine lebenslang progrediente Erkrankung handelt. Regelmäßige klinische Kontrollen, das Aufklären des Patienten und die kontinuierliche Anpassung der orthopädischen schuhtechnischen Versorgung nach Erreichen des inaktiven Stadiums mit adäquater Weichbettung und Schuhen ist entscheidend für den Langzeiterfolg, die Vermeidung von Amputation.

Fokus auf das Handgelenk

An den Gastvortrag schlossen sich zwei parallele Sitzungen zur operativen und konservativen Therapie an. In der operativen Sitzung wurden die Entwicklung und der aktuelle Stand der Handgelenkendoprothetik ausführlich durch Herrn Dr. Arnold aus Bremen erläutert. Er sieht für die Handgelenkendoprothese Indikationen, diese sollten jedoch sehr eng gestellt werden. So ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche endoprothetische Versorgung ein ankylisierender oder sekundär arthrotischer Krankheitsverlauf. Ein höhergradiger Knochenverlust und ein mutilierendes, d.h. instabiles, Handgelenk stellen Kontraindikationen dar, da hier rezidivierende Fehlstellungen und Luxationen zu erwarten sind.

Im zweiten Vortag berichtete Dr. Ludwig Bause aus Sendenhorst über die stadiengerechte Stabilisierung des Handgelenkes, hier zeigt sich ein deutlicher Trend weg von der totalen, radiometakarpalen Arthrodese hin zu den radiokarpalen Teilarthrodesen. Ob eine radiolunäre oder radioskapholunäre Arthrodese indiziert ist, hängt maßgeblich von der Stabilität der Weichteile ab. Kritisch wird von beiden Vortragenden die Resektion des Ellenköpfchens gesehen, da es durch den Verlust der Spannung der Membrana interossa zu einer longitudinalen Instabilität des Radius kommt, welche häufig zu Beschwerden führt. Im Zeitalter moderner Immunsuppression, in der die Patienten mobiler sind und auch körperlich anstrengendere Tätigkeiten durchführen, ist die Stabilität des Unterarmes essentiell für eine gute Gebrauchsfähigkeit der Hand.

Update Osteoporose

Als Referenten für die konservative Sitzung konnten dieses Jahr ausgewiesene Experten gewonnen werden. Zu Beginn gab Professor Maus aus Düsseldorf ein Update zur Osteoporose. Nach einem sehr prägnanten Überblick über die Erkrankung und deren Diagnostik ging er vor allem auf die große Bedeutung der Risikoeinteilung der Patienten vor Einleitung einer zielgerichteten Therapie ein. Als Hochrisiko-Patienten werden solche unter Cortisontherapie, von denen viele als Risikofaktor auch an einer entzündlich rheumatischen Erkrankung leiden, angesehen. Mit dem schon seit einigen Jahren zugelassenen Teriparatid und dem vor kurzem zugelassenen Romosozumab stehen zwei verschiedene osteoanabole Substanzen zur Verfügung. Bei Hochrisiko-Patienten wurde in Studien gezeigt, dass zuerst die Gabe von osteoanabolen Substanzen für ein Jahr, gefolgt von antiresorptiven Therapien einen großen Nutzen haben kann. Hierbei muss aber auch die genau Zulassung der einzelnen Medikamente beachtet werden, auch um Komplikationen zu vermeiden. Die Vorstellung beim Kieferchirurgen oder Zahnarzt vor Einleitung der Therapie wird ebenso empfohlen, wie eine Antibiotikaprophylaxe bei größeren zahnärztlichen Eingriffen.

Entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen

Anschließend hielt Prof. Torsten Witte aus Hannover einen Übersichtsvortrag über den aktuellen Stand der Diagnostik und differenzierten Behandlung der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasisarthritis und der axialen Spondylarthritis. Während bei der rheumatoiden Arthritis die Biologika schon als “Klassiker” bezeichnet werden können, “spiele die Musik bei den JAK-Inhibitoren”. Bei diesen kommt es auf die verschiedenen JAK-Rezeptoren an, auf die Einfluss genommen werde. Ob tatsächlich eine relevante Erhöhung des Risikos für Thrombosen und Embolien bestehe, sei noch nicht abschließend geklärt. Bei der Psoriasisarthritis helfen die TNFα-Blocker in aller Regel sehr gut. Il17- Inhibitoren zeigten eine besonders gute Wirkung bei der Enthesitis und Il23-Inhibitoren beim Hautbefall. Mit Upadacitinib sei nun auch ein JAK-Inhibitor zur Behandlung der Psoriasisarthritis zugelassen. Bei der Behandlung der axialen Spondylarthritis ist bemerkenswert, dass eine Studie in Mecklenburg-Vorpommern bei ca. 17 % der gesunden Vergleichsgruppe MRT-Veränderungen gezeigt habe, die die aktuellen Kriterien einer Sakroiliitis erfüllten. Daher sollte bei Veränderungen im MRT die diagnostische “Latte höher gehängt” werden, um Übertherapien zu vermeiden.

Abschließend stellte Prof. Michael Bernateck aus Hannover dar, dass für den Rheumapatienten die schnelle Einstellung auf eine suffiziente Basistherapie insbesondere mit Biologika oder JAK-Inhibitoren eine hervorragende Schmerztherapie sei. Ferner solle im Rahmen des meist vorliegenden Mixed-Pain der neuropathische Schmerz gezielt erfragt, diagnostiziert und behandelt werden. Das gleiche gelte für Schlafstörung, Depression und Angst. Um dann in einem individuellen, differenzierten und oft multimodalen Ansatz die Schmerzlinderung, die für die meisten Patienten im Mittelpunkt steht, schnell und sicher zu erreichen. Hier ergaben sich in der ebenfalls lebhaften Diskussion auch sehr gute Ansätze für eine interdisziplinäre Herangehensweise. Ferner könnten auch Opioide sicher und zielgerichtet eingesetzt werden. Diese Therapie bedarf der Kontrolle und sollte bei Nichtansprechen oder Verdacht auf Missbrauch zügig ausgeschlichen werden.

Insgesamt zeigte sich ein hervorragendes Ineinandergreifen der Vorträge, in deren Mittelpunkt die klinische Untersuchung und das Eingehen auf dem Patienten standen, um eine zielgerichtete, differenzierte und individuelle Therapie zu ermöglichen. Ebenso wurde der überragende Effekt einer frühzeitigen Einleitung einer effizienten Basistherapie betont. Ein interdisziplinäres Herangehen wurde als gewinnbringend angesehen.

Im konservativen wie im operativen Block wurden die Vorträge von sehr ausführlichen und teils kontroversen Diskussionen begleitet, wodurch der Erkenntnisgewinn für die Teilnehmer erheblich gesteigert werden konnte. In einer kurzen Zusammenfassung durch die Moderatoren beider Sitzungen, wurden auch den Teilnehmern der jeweils anderen Sitzung die Kernaussagen der Vorträge und Diskussionen vermittelt. Danach erfolgte die Verabschiedung ins sonnige Wochenende.

Fazit

Zusammenfassend ist die erstmalige rein virtuelle Ausrichtung des DGORh-Intensivmeetings als voller Erfolg zu werten. Die sonstigen Teilnehmerzahlen sind in den letzten Jahren auf einen Wert von 60 gestiegen. Für das virtuelle Intensivmeeting lagen 200 Anmeldungen vor, von denen sich dann tatsächlich 160 Kollegen/innen, trotz frühlingshaften Wetters, einloggten.

Die Erkenntnis aus diesem neuen Format ist, dass wir künftige DGORh-Intensivmeetings sehr wahrscheinlich, so es die Pandemie zulässt, als Hybridveranstaltungen abgehalten werden. So können die Vorteile einer Präsenzveranstaltung, nämlich der intensivere persönliche Austausch, mit denen der Onlinepräsenz, mit dem Wegfall der Anreise und Abreise, kombiniert werden.

Prof. Ralph Gaulke
Präsident der DGORh
Unfallchirurgische Klinik
Sektion Obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie
Medizinische Hochschule Hannover
gaulke.ralph@mh-hannover

Dr. Ulrich Illgner
Orthopädische Privatpraxis Seintsch und Illgner
Hohenzollernstrasse64
56068 Koblenz
Info@orthopaeden-koblenz.de

Rheuma-Apps für Ärzte

Wertheim – In den App Stores gibt es zahlreiche Apps für Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die diesen das Leben leichter machen können. Verbreitet sind Programme, die beim Management von Arztbesuchen, Medikation, Ernährung und Bewegungstherapie helfen, den Erkrankungsverlauf und die Laborwerte dokumentieren oder als Schmerztagebuch dienen. Selbsthilfegruppen wie die Rheumaliga nutzen Apps um auf regionale Angebote aufmerksam zu machen, andere Apps dienen zum Austausch mit anderen Betroffenen in der community. Doch gibt es auch Anwendungen, die für den rheumatologisch tätigen Arzt interessant sind, vielleicht gerade für den nicht versierten Spezialisten? Wir haben im April 2019 einmal im Apple-App-Store eingekauft, der rheumatologische Warenkorb in alphabetischer Reihenfolge sieht so aus:

1000 Arthritis Wörterbuch
Englischsprachiges Wörterbuch von Sand Apps Inc. mit eher patientenadressierten, einfachsten Definitionen von Fachbegriffen rund um rheumatische Erkrankungen zum Preis von 3,49€. Für Ärzte können aber die Links zu öffentlichen Bilddateien interessant sein.

ART Arthritis & Rheumatology, IJRD International Journal of Rheumatic Diseases und AC&R Arthritis Care & Research
Die drei kostenlosen, englischsprachigen Apps des Wiley-Verlags zeigen Abonnenten die Online-Ausgaben von „Arthritis & Rheumatology“ (American College of Rheumatology), „International Journal of Rheumatic Diseases“ (Asia Pacific League of Associations for Rheumatology) bzw. „Arthritis Care & Research“ (American College of Rheumatology) an. Das Abo ist jeweils kostenpflichtig. Die in der App vorgesehene Möglichkeit zum
Download kostenfreier Inhalte funktionierte zum Testzeitpunkt nicht.

ArthritisID PRO
Gut gemachtes, wahlweise englisch- oder französischsprachiges, kostenloses Diagnosetool, welches anhand auszuwählender betroffener Gelenke und einiger nachfolgender Fragen eine erste rheumatologische Verdachtsdiagnose liefert. Zu neun Krankheiten sind weitere Informationen abrufbar, fünf Videos zeigen Untersuchungstechniken.

DAS Calculator
Die kostenlose, englischsprachige App bietet ein übersichtliches Tool zur Berechnung von DAS28-CRP mit vier oder drei Variablen sowie ein Tool zur Umrechnung von DAS in DAS28. Gegen einen in-app-Kauf in Höhe von 2,29 Euro können zehn weitere Tools genutzt werden.

DAS28/ACR-EULAR criteria
Kleines, übersichtliches, englischsprachiges und kostenloses Tool zur Berechnung von DAS28, CDAI/SDAI und ACR-EULAR-Kriterien.

DoseChecker
Die einfache, kostenlose, englischsprachige App berechnet die körpergewichtsabhängige Hydroxychloroquindosis. Die Eingabe kann in pounds oder kg erfolgen, ausgegeben wird das Dosierschema nach der ABW-Methode in Übereinstimmung mit den AAC-Guidelines 2016.

EULAR School App
In einem passwortgeschützten Bereich sind laut Produktbeschreibung nur für registrierte Teilnehmer der EULAR School of Rheumatology EULAR-Empfehlungen, Tools, bildgebende Befunde und online-Kurse zugänglich. Ein Testzugang wurde auf Anfrage leider nicht zur Verfügung gestellt.

Mobile Leitlinien Innere Medizin
Die umfangreiche App der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) stellt kostenlos und deutschsprachig die Leitlinien zu zahlreichen Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet zur Verfügung. Enthalten sind auch die S1-Leitlinie zur RA von 2012 mit Tools zur Berechnung von DAS28-Score, EULAR-Diagnosekriterien und Therapiealgorithmus der RA.

ÖGR RheumaGuide
Die kostenlose App des österreichischen MedMedia Verlags verspricht im App Store Hilfestellungen bei Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen des Rheumatischen Formenkreises basierend auf der Kurzfassung der 2013 herausgegebenen Leitlinien für die Praxis RA, PsA und SpA. Angekündigt werden Scorerechner, Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation und Links zu DMARD Aufklärungsbögen. Eine erforderliche Registrierung als medizinisches Personal funktionierte zum Testzeitpunkt von Deutschland aus nicht.

RA Augemented Reality
Englischsprachiges, kostenloses Lehrmodul, welches Elemente der virtuellen Realität einbindet, um insbesondere die Rolle von Zytokinen im Entzündungsprozess der RA darzustellen. Eine Hilfefunktion, die dem Anwender die Handhabung der technisch gut gemachten App erklärt, fehlt leider.

RAPID Clinician Educator
Kostenlose Lehr-App zur RA, englischsprachig mit zahlreichen Videos, insgesamt nicht sehr umfangreich. Zusätzlicher Patientenguide mit zahlreichen Videos.

RAUSSA
Sehr schöne, wohl auch dank Sponsoring von Pfizer kostenlose und einfach zu bedienende App zur Sonografie und Duplexsonografie von Gelenken und Sehnen mit Darstellung der korrekten Schnittebenen am anatomischen Präparat und beispielhaften Befunden aller Stadien. Beim ersten Start der App muss man bestätigen, als Arzt in Spanien tätig zu sein, was aber nicht weiter geprüft wird.

RAVE Mobile
Die englischsprachige App bietet einerseits Tools zur Scoreberechnung bei Ankylosierender Spondylitis, Psoriasisarthritis und Rheumatoider Arthritis, SLE ist in Vorbereitung. Anderserseits werden englischsprachige Fortbildungsinhalte bereitgestellt.

RheumaHelper
Übersichtlicher, kostenloser englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 19 Krankheiten und 12 Aktivitätsscores, darüber hinaus Newsfeedfunktion.

Rheuma IQ
Übersichtlicher englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 17 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises von „Adult Still’s disease“ bis „Sjogren’s syndrome 2016“, Tools zur Berechnung der Krankheitsaktivität von elf Erkrankungen („ASDAS“ bis „Vasculitis Damage Index“). Kostenlos.

Rheuma-VOR
Kostenlose, deutschsprachige App, die anhand von wenigen an den Patienten zu richtender Fragen in drei Minuten bei der Frühdiagnose und Differenzierung zwischen RA, Psoriasis Arthritis und axialer Spondylarthritis helfen soll. Ärzte in Niedersachsen, Rheinland Pfalz und dem Saarland können die Terminvermittlungsfunktion der Rheuma-VOR-Koordinationszentrale gleich aus der App heraus nutzen.

Rheuma Schweiz Education
Laut App Store soll die App interaktive Fortbildungsveranstaltungen auf dem neuesten Stand der Wissenschaft für Fachleute bieten. Zum Testzeitpunkt war mit der kostenlosen App lediglich eine Fortbildung über Injektionstechniken zum Preis von 7,99 Euro als in-app- Kauf möglich. Diesen Einkauf haben wir uns gespart.

Rheumatoid Arthritis @PoC
Laut App Store kostenlose, englischsprachige Wissensdatenbank mit Tools zur RA. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.

Roche Rheumatologie App
Kostenlose, deutschsprachige App mit den drei Inhalten Rheumatoide Arthritis, Riesenzellarthritis und ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Übersichtlich gestaltet sind Diagnosekriterien, Aktivitätsscores, Klassifikationen, Therapiealgorithmen sowie Fachinformationen und Anwenderhinweise zu den für die drei Krankheiten verfügbaren Produkte von Roche abrufbar. Vorgesehene Funktionen eines Veranstaltungskalenders und eine Newsfunktion waren zum Testzeitpunkt nicht mehr auf aktuellem Stand.

SensAR
Laut Beschreibung im App Store Tool zur Bestimmung der Schäden an Händen und Füßen mit dem SENS-Index (simple erosion narrowing score). Kostenlos. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.

Thieme Rheumatologie visuell
Rheumatologische Bilddatenbank klinischer u. radiologischer Befunde von „Achenbach-Syndrom“ bis „Zoster unter Rituximab-Therapie“, deren Inhalte auch zur persönlichen Nutzung in Vorträgen, Fortbildungen und zu Lehrzwecken dienen. Wahlweise in deutsch oder englisch und kostenlos, Sponsoring von abbvie.

Auch für den rheumatologisch tätigen oder interessierten Arzt gibt es einige gute Apps im App Store, zum Teil mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang und in unterschiedlicher Qualität. Nur einige Apps erfordern eine Verifikation als Arzt, z. B. mit doccheck. Besonders praktisch für die Kitteltasche und die sinnvollste App-Anwendung sind die zum Teil umfangreichen Tools zur Berechnung von Scores zur Klassifikation und Krankheitsaktivität wie z. B. Rheumahelper. Gut gemacht ist auch das englischsprachige Diagnosetool ArthritisID PRO. Sehr gut gefällt auch die RAUSSA-App zur Sonografie und das feature zur Terminvereinbarung beim Rheumatologen bei Rheuma-VOR. Fast alle Inhalte sind erfreulicherweise kostenlos. Wer dann noch gute Apps für betroffene Patienten empfehlen kann, kann die Betreuung seiner Rheumapatienten durch Nutzung von Smartphones verbessern. Perspektivisch können telemedizinische Lösungen wie die DAAG-Videosprechstunde das Betreuungsangebot abrunden.

Dr. Karsten Braun, LL. M.
BVOU-Bezirksvorsitzender Heilbronn Franken

Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie: Anspruch und Wirklichkeit

Berlin – Seit vielen Jahren besteht ein deutliches Versorgungsdefizit in der Rheumatologie in Deutschland. Vor über zehn Jahren stand in der Präambel eines Kooperationsvertrages des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh) und einem Hausärzteverbund das Zitat des BDRh-Vorsitzenden Dr. Edelmann:

„Die umfassende Betreuung von Patienten mit entzündlichen Gelenkveränderungen wie rheumatoider Arthritis, Psoriasisarthritis und auch Morbus Bechterew sind in Deutschland noch weit vom Optimum entfernt.“

Die frühe Überweisung vom Hausarzt zum internistischen Rheumatologen sollte dieses Problem lösen. Weitere Strukturverträge zwischen dem BDRh und Hausärzten mit verschiedenen Krankenkassen folgten unter eindeutigem Ausschluss von Orthopäden und Orthopädischen Rheumatologen.

Memorandum der DGRh 2008

In einem Memorandum zur „Rheumatologischen Versorgung von akut und chronisch Rheumakranken in Deutschland“ der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) aus dem Jahr 2008 wurde die rheumatologische Unterversorgung Deutschlands mit Zahlen belegt und für je 100.000 Einwohner (2) internistische Rheumatologen gefordert (1). Das entspricht einem bundesweiten Bedarf von 1.300 – 1.600 internistischen Rheumatologen. Nach dieser Forderung hätte die Zahl der internistisch-rheumatologisch tätigen Fachärzte seit 2008 nahezu verdoppelt werden müssen. Der Beitrag von Orthopäden und Unfallchirurgen sowie Orthopädischen Rheumatologen war allerdings weder in der Statusfeststellung, noch in den daraus abgeleiteten Forderungen der DGRh für eine Verbesserung der rheumatologische Versorgung berücksichtigt worden.

Statusupdate 2016

Eine Aktualisierung des Memorandums von 2008 wurde als Update 2016 veröffentlicht (1). Es wird festgestellt, dass der Versorgungsbedarf und das Versorgungsdefizit im Vergleich zu 2008 unverändert weiter besteht, sich allerdings die Therapieoptionen und Therapiestrategien (treat to target) sowie die erreichbaren Therapieziele (Remission) verändert haben. Dies habe Auswirkungen auf den rheumatologischen Versorgungsbedarf und führte trotz bestehender Unterversorgung zu einer Ausweitung der von den Rheumatologen beanspruchten Rolle:

„Der internistische Rheumatologe hat die spezifische Aufgabe, die Versorgung von Personen mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen, insbesondere mit entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen, inflammatorischen/immunologischen Systemerkrankungen, endokrinen und metabolischen Erkrankungen mit rheumatischer Symptomatologie sowie schweren Verlaufsformen anderer muskuloskelettaler Erkrankungen verantwortlich zu leiten, zu steuern und zu begleiten.“

Zu diesem erweiterten Patientenkollektiv gehören in Deutschland ca. 1,5 Mio Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die von 776 internistischen Rheumatologen versorgt werden sollen (fast 6.000 Patienten pro Arzt).

Trotz dieser bereits eindrucksvollen Dysbalance erklärt die DGRh im Memorandum von 2016 „auf der Ebene der spezialisierten fachärztlichen Versorgung fachärztlich tätige Internisten für die ambulante Versorgung von … rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen zuständig“. Wie will diese kleine Facharztgruppe auch noch weitere muskuloskelettale Erkrankungen behandeln, wenn sie es schon nicht allein schafft, die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu versorgen? Die DGRh stellte immerhin fest, daß diese Aufgabe von den internistischen Rheumatologen nicht allein zu bewältigen ist. Deshalb soll mit Hausärzten, weitere ärztlichen Fachrichtungen und nichtärztlichen Heilberufen bei entsprechender Qualifikation in der Versorgung unkomplizierter Verläufe zusammengearbeitet werden.

Anspruch und Wirklichkeit der rheumatologischen Versorgung

In dem Memorandum der DGRh werden für eine hochwertige ambulante Versorgung von Rheumapatienten folgende Voraussetzungen gefordert:

Anspruch: Primär versorgende Ärzte (Allgemeinmediziner, Orthopäden etc.) müssen über grundlegendes rheumatologisches Wissen verfügen, um Patienten mit Bedarf an rheumatologischer Mitbetreuung sicher von solchen ohne diesen Bedarf zu unterscheiden.

Wirklichkeit: Kann das wirklich der Allgemeinmediziner? Der Orthopäde und Unfallchirurg lernt dies in seiner Weiterbildung und der Orthopädische Rheumatologe hat diesbezüglich eine 2-jährige Zusatzweiterbildung abgeleistet.

Anspruch: Hat der internistische Rheumatologe eine entzündlich-rheumatische Krankheit festgestellt, so wird er den Patienten entsprechend informieren, die Therapie einleiten und im Bedarfsfall auch die Heil- und Hilfsmittelversorgung vornehmen.

Wirklichkeit: Die Hilfsmittelversorgung erfolgt leider noch viel zu selten in Absprache mit dem Orthopäden und Unfallchirurgen bzw. dem Orthopädischen Rheumatologen.

Anspruch: Bei den meisten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist eine Überwachung des Verlaufs durch den internistischen Rheumatologen in regelmäßigen Abständen erforderlich.

Wirklichkeit: Viele Verläufe sind aus der Erfahrung von Orthopädischen Rheumatologen unkompliziert. Aber eine Kontrolle 1x jährlich könnte nicht schaden.

Anspruch: Ein Patient mit Gelenkschmerzen oder anderen Symptomen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung benötigt den unmittelbaren Zugang zu seinem Hausarzt. Dieser muss ein rheumatologisches Basiswissen aufweisen, um eine erste Sichtung und ggf. eine Überweisung vornehmen zu können. Hat der primär versorgende Arzt den begründeten Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, sollte der Zugang zum internistischen Rheumatologen innerhalb von zwei Wochen gewährleistet sein.

Wirklichkeit: Aktuell beträgt die Wartezeit für einen Termin beim internistischen Rheumatologen ca. drei bis sechs Monate (Prof. Matthias Schneider, Düsseldorf, DGRh-Pressekonferenz 9/2018)  

Versorgungsbedarf und Wartezeiten

Die Differenz zwischen bedarfsgerechter und tatsächlicher Versorgung ist immens. Am 31.12.2015 gab es in Deutschland in der ambulanten internistisch-rheumatologischen Versorgung 665 Vertragsärzte oder angestellte Ärzte und 111 ermächtigte Rheumatologen an Kliniken. Da 155 von diese 665 Ärzten in der hausärztlichen Versorgung standen, waren deutschlandweit sogar nur 510 Fachärzte für die internistisch-rheumatologische Versorgung aktiv, was bei 1,5 Mio Patienten völlig unzureichend ist.

Die Versorgungsrealität dieser Patienten hat sich durch die Memoranden der DGRh seit 2008 nicht verändert, da mit diesen Papieren ausschließlich die Eigeninteressen der internistischen Rheumatologen durchgesetzt werden sollten. Das Ergebnis ist eine Unterversorgung mit daraus resultierenden erheblichen Wartezeiten. Auch perspektivisch besteht wenig Hoffnung auf eine wesentliche Steigerung der Zahl der internistischen Rheumatologen: Die Zahl der derzeit weitergebildeten Ärzte reicht kaum aus, um die aus Altersgründen ausscheidenden Rheumatologen zu ersetzen.

Lösungsvorschläge der DGRh

Im Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie 2016 werden Vorschläge zu Lösung des Problems und ein ausführlicher Forderungskatalog an die Gesundheitspolitik formuliert. Die einfachste Lösung, Orthopäden und Unfallchirurgen und insbesondere die Orthopädischen Rheumatologen in die Primärdiagnostik und -Therapie mit einzubeziehen, findet sich nicht. Der Orthopädische Rheumatologe wird im gesamten Text nur einmalig erwähnt. Allerdings ging es hier konkret darum, ihn aus der Bedarfsplanung herauszuhalten. Dies wohl vor allem im Hinblick auf das ASV-Verfahren Rheumatologie, das 2016 bei einigen Verbänden für eine Goldgräberstimmung sorgte.

Die Rolle der orthopädischen Rheumatologie

Ungeachtet der gewünschten Exklusivität der internistischen Rheumatologen durch die DGRh versorgen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie seit Jahrzehnten eine erhebliche Zahl von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen.

Einen ersten Faktencheck liefern zwei jüngst publizierte Übersichtsartikel aus dem Jahr 2018. Die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit Rheumatoidarthritis (RA) haben sich in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert (2). Dies zeigt sich in einem deutlichen Rückgang der Krankheitsaktivität, einer Verbesserung der Lebensqualität sowie des Funktionsstatus betroffener Gelenke sowie im Anstieg der Erwerbstätigkeit.

Bundesweit werden ungefähr zwei Drittel der RA-Patienten internistisch-rheumatologisch (mit-)betreut. Ein Drittel der Patienten wird von Hausärzten und Orthopäden versorgt. Unsere Fachgruppe wird in der Regel primär von Patienten mit Beschwerden des Bewegungssystems aufgesucht, insbesondere bei Gelenk- und Rückenbeschwerden. Orthopäden und Unfallchirurgen können dank ihrer Weiterbildung eindeutig zwischen entzündlichen und nicht entzündlichen rheumatischen Erkrankungen differenzieren.

Zu beachten ist, daß Orthopäden und Hausärzte unabhängig vom Antikörperstatus ihre Patienten sehr viel seltener mit DMARDs versorgen, als internistische Rheumatologen (2, 3). Dies hat vermutlich mit den Regressängsten vieler Kolleginnen und Kollegen zu tun, kann aber auch in der mangelnden Erfahrung mit Biologica begründet sein.

Den Patienten entgeht in diesen Fällen eine moderne effektive Rheumatherapie. Hier besteht bei Orthopäden und Unfallchirurgen Informations- und Fortbildungsbedarf, wie er z.B. durch das RhefO-Kurskonzept der ADO adressiert wird. Auch die Delegation bestimmter Therapieoptionen und Teilschritte an geschultes Fachpersonal wie die Orthopädisch-Rheumatologische Fachassistenz (ORFA) ist denkbar, um den Versorgungsbedarf zu befriedigen.

Umfrage bei Orthopäden und Unfallchirurgen

Bei einer Umfrage des BVOU unter rheumatologisch aktiven Orthopäden und Unfallchirurgen (allesamt Teilnehmer der RhefO-Kursreihe der ADO) gaben die Antwortenden zu über 40% an, Rheumatoide Arthritiden zu behandeln (Abb. 1). Jeweils ca. 20 % der behandelten Rheumapatienten verteilen sich auf die Diagnosen M. Bechterew, Psoriasisarthritis sowie andere Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.

Abbildung 1: Diagnoseverteilung von behandelten Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=145). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Aus seiner langjährigen Praxiserfahrung heraus kann Dr. Uwe Schwokowski Erfahrungsberichte bestätigen, daß sich bei Überweisungen von Hausärzten zu internistischen Rheumatologen nur bei 2 von 10 Patienten die Verdachtsdiagnose „Rheuma“ bestätigt. Diese fehlgeleiteten Patienten sind Hauptursache der langen Wartezeiten beim internistischen Rheumatologen.

Würde der Orthopäde und Unfallchirurg und erst recht der Orthopädische Rheumatologe regelhaft in den Versorgungsprozeß einbezogen, könnten viele Fehlüberweisungen vermieden und die Sprechstunden der internistischen Rheumatologen spürbar entlastet werden. Die internistischen Rheumatologen hätten sehr viel mehr Vakanzen für Akutfälle, wirklich bedürftige Rheumapatienten und vor allem die komplexen Therapien bei schweren Verläufen.

Spektrum rheumatologisch tätiger Orthopäden und Unfallchirurgen

Orthopäden und Unfallchirurgen sowie Orthopädische Rheumatologen sind in der täglichen Praxis in der Lage, durch Anamnese und körperliche Untersuchung sowie spezifische Diagnostik wie bildgebende Verfahren (Sonographie und Röntgen) und Laboruntersuchungen, eine Diagnose zu stellen. Sie beherrschen die gängigen Klassifikationssysteme und können selbständig die Initialtherapie starten. Dabei verordnen Sie vor allem Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide.

Lediglich ein Drittel der Kolleginnen und Kollegen verschreiben auch die moderneren DMARDs regelhaft (Abb. 2). Hier besteht vor allem die Befürchtung, das eigene Arzneimittelbudget zu überziehen und Regressforderungen ausgesetzt zu sein. Dieses Risiko ist heute bei intakter Kommunikation mit der zuständigen KV fast zu vernachlässigen. Bitte wenden Sie sich bei diesbezüglichen Fragen gern an die Autoren oder die BVOU-Geschäftsstelle.

Abbildung 2: Verordnung von Arzneimitteln zur Therapie rheumatischer Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Bei einer Umfrage zur Versorgungsrealität bei Orthopäden und Unfallchirurgen, die Rheumapatienten behandeln, gaben knapp 60% der Antwortenden an, bis zu 50 Rheumapatienten pro Quartal zu behandeln. Bei ca. 40% der Antwortenden waren es deutlich mehr (siehe Abb. 2).

Abbildung 3: Anzahl behandelter Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis pro Quartal (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Bei deutlich größeren Erhebungen zur Versorgungsrealität von Rheumapatienten sind Orthopäden und Unfallchirurgen bei bis zu 30% der Rheumapatienten unmittelbar an der Versorgung beteiligt. Siehe dazu den folgenden Beitrag von Dr. Johannes Flechtenmacher.

Orthopäden und Unfallchirurgen tragen bereits heute zu einer erheblichen Entlastung der internistischen Rheumatologen bei. Dieser Versorgungsbeitrag könnte bei einer Kooperation auf Augenhöhe, wie sie in einzelnen Regionen Deutschlands bereits gelebte Realität ist, in Zukunft noch deutlich gesteigert werden.

Daß diese Kooperationen regional funktionieren, zeigt auch die Erhebung des BVOU. Der Anteil der Kolleginnen und Kollegen, der die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung selbst stellt, ist ebenso hoch wie der Anteil der Kollegen, die dies in enger Kooperation mit einem internistischen Rheumatologen tut (Abb. 4).

Abbildung 4: Diagnosestellung bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Perspektiven für die Orthopädische Rheumatologie

Es wird Zeit, Orthopäden und Unfallchirurgen und die Orthopädischen Rheumatologen als kollegiale Partner wahrzunehmen, die in der Rheumaversorgung eine wichtige Rolle spielen.

Zertifikat „Rheumatologisch fortgebildeter Orthopäde – RhefO“

Über die Akademie Deutscher Orthopäden hat der BVOU seit 2012 spezielle Intensivkurse zur Vertiefung der Kenntnisse in der Rheumatologie für Orthopäden und Unfallchirurgen angeboten. In einem dreistufigen Curriculum wird das nötige Fachwissen von der Früherkennung über die Diagnosestellung bis zum Einstieg in die spezielle Rheumatherapie vermittelt. An diesem Kurssystem haben seither 1.800 Teilnehmer an 75 Wochenendkursen teilgenommen, über 500 Kolleginnen und Kollegen haben alle drei Kurse belegt. Das Zertifikat zum „Rheumatologisch Fortgebildeten Orthopäden (RhefO)“ haben bislang leider deutlich weniger Kollegen beantragt, weil die Regularien neben dem Besuch der Kursreihe bislang den Besuch weiterer Fortbildungsveranstaltungen verlangten. Das Erlangen des RhefO-Zertifikates wurde zum Jahresbeginn 2019 erleichtert. Wer alle drei Kurse des RhefO-Curriculums durchläuft, erhält das RhefO-Zertifikat unter der Bedingung, alle 2 Jahre einen RhefO-Refresherkurs zu belegen. Dies macht wegen der rasanten Entwicklung der Arzneimitteltherapie in der Rheumatologie auch Sinn.

Abbau von Abrechnungshürden und Regressen

Regressängste bei Arzneimittel- und Laborbudgets sowie der unbezahlte Mehraufwand der Rheumaversorgung hält viele interessierte Orthopäden und Unfallchirurgen davon ab, in die Versorgung von Rheumapatienten einzusteigen. Hier sind die Kassenärztlichen Vereinigungen gefordert, Abhilfe zu schaffen und die Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Orthopäden und Unfallchirurgen an der Rheumaversorgung attraktiver zu gestalten.

Rheumanetzwerke für die strukturierte Rheumaversorgung

Mit Hilfe von Rheuma-Netzen nach dem folgenden Schema gelingt es vor Ort häufig in interdisziplinärer Kooperation zwischen Hausärzten, Orthopäden und Rheumatologen unkompliziert und unbürokratisch die Versorgung von Rheumapatienten zu optimieren. Wäre dies nicht auch ein Ansatz für ein neues Memorandum aller an der Rheumaversorgung in Deutschland beteiligten Arztgruppen? Gemeinsam können internistische Rheumatologen, Hausärzte sowie Orthopäden und Unfallchirurgen mit der RhefO-Zusatzqualifikation oder der Zusatzweiterbildung „Orthopädische Rheumatologie“ die Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland sicherstellen.

Dr. Uwe Schwokowski, Dr. Jörg Ansorg

Literatur

  1. Memorandum zur Versorgungsqualität in der Rheumatologie (2016). Z Rheumatol 2017 · 76:195–207; Springer-Verlag Berlin Heidelberg
  2. Albrecht K, Zink A (2018): Versorgungssituation der rheumatoiden Arthritis in Deutschland. Akt Rheumatol 2018; 43: 369–374; Springer-Verlag Berlin Heidelberg
  3. Strahl A, Schneider O, Frankenhauser-Mannuß J et al. (2018): Prävalenz, Komorbidität und interdisziplinäre Versorgung der Rheumatoiden Arthritis – Versicherungsdaten zur ambulanten und stationären Versorgung in Baden-Württemberg. Z Rheumatol 2018; 77:113–126; Springer-Verlag Berlin Heidelberg

Orthopädische Rheumatologie: „Gut für unser Image“

Berlin – Wie können niedergelassene Orthopäden für entzündlich-rheumatische Erkrankungen sensibilisiert und für eine komplexe Therapie motiviert werden? Dr. Uwe Schwokowski, BVOU-Referatsleiter, geht auf die Situation der Orthopädischen Rheumatologie im Rahmen der Versorgungsrealität in Deutschland ein und erörtert, was sich an der derzeitigen Situation ändern muss.

Herr Dr. Schwokowski, seit vielen Jahren gibt es ein Versorgungsdefizit in der Rheumatologie in Deutschland. Rund 1,5 Millionen Menschen leiden unter entzündlichrheumatischen Erkrankungen und erhalten häufig keine adäquate Behandlung. Was ist die Ursache?
Dr. Uwe Schwokowski:
Das Hauptproblem an der derzeitigen Situation lässt sich an dem folgenden Punkt ausmachen: Es gibt in Deutschland zu wenig rheumatologische Spezialisten. Aktuell sind ungefähr 750 internistische und 500 zugelassene Orthopädische Rheumatologen in der Niederlassung tätig. In einem Memorandum zur Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland von 2016 werden 1350 internistische Rheumatologen zur ausreichenden Versorgung in Deutschland gefordert. Leider werden in diesem Memorandum als Kooperationspartner der internistischen Rheumatologen lediglich die Hausärzte genannt. Die Orthopädinnen und Orthopäden, die auf Grund ihrer Weiterbildung am ehesten in der Lage sind, in der Früherkennung und primärdiagnostik die Versorgungslage zu verbessern, werden also nicht mit einbezogen.

Welchen Grund hat das?
Dr. Schwokowski:
Das ist auch mir nicht ersichtlich, ich sehe hier jedoch vordergründig berufspolitische Interessen.

Können Sie das näher erläutern?
Dr. Schwokowski:
Die Orthopäden und Unfallchirurgen sind Primäransprechpartner bei schmerzhaften Gelenk- und Rückenerkrankungen. Sie sind in der Lage, zwischen einem entzündlichen oder nicht entzündlichen Krankheitsbild zu differenzieren. Außerdem sind sie in der Lage, neben der Diagnosestellung auch eine medikamentöse Frühtherapie einzuleiten. Ich sehe den Orthopäden nicht als Konkurrenten der internistischen Rheumatologen, sondern vielmehr als Partner. Er kann als sogenannter Gatekeeper fungieren und dem Internisten zeitintensive Vorarbeit abnehmen.

Halten wir uns einmal vor Augen: Der Anspruch der internistischen Rheumatologen – laut dem Memorandum 2016 – einen Patienten innerhalb von zwei Wochen in einer Frühsichtungssprechstunde zu übernehmen, ist bei der derzeitigen Versorgungslage Augenblicklich definitiv utopisch. Professor Matthias Schneider aus Düsseldorf hat in einer Pressekonferenz zum Rheumatologen-Kongress 2018 in Mannheim über eine Terminwartezeit von drei bis sechs Monaten berichtet. Da eine Diagnosestellung und ein anschließender Therapiebeginn drei Monate nach dem ersten Symptom einer rheumatischen Erkrankung von hoher Wichtigkeit ist, ist die augenblickliche Situation mit den vorhandenen Wartezeiten nicht tragbar. Deswegen: Orthopäden müssen mehr miteinbezogen werden.

Welche Lösungsvorschläge haben Sie aus Sicht des BVOU-Referatleiters? Was fordern Sie konkret?
Dr. Schwokowski:
Aus meiner Sicht, und das sind die Erfahrungen aus vielen Kursen zur Ausbildung zum rheumatologisch fortgebildeten Orthopäden (RhefO), haben viele Kollegen einfach Ängste vor Arzneimittel- und Laborregressen. Als Lösungsansatz muss hier gefordert werden, dass in allen Bundesländern diagnosebezogene Arzneimittel- und Laborbudgets eingesetzt werden.

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass die Behandlung und die Anamneseerhebung und auch die Behandlung eines Rheumapatienten sehr viel mehr Zeit kostet, dies aber in keiner Weise finanziell für den Orthopäden abgebildet wird. Die Ziffer 18320, die man in so einem Fall anwenden könnte, steht dann in Konkurrenz zur Ziffer 18220 bei Erstkontakt, beziehungsweise in Konkurrenz zur Ziffer 18311 bei Drittkontakt pro Quartal. Unsere Forderung hier: Diese speziellen Rheumatologie-Leistungen des Orthopäden müssten auch entsprechend honoriert werden. Und: Die Ziffer 18320 darf nicht in Konkurrenz zu anderen Ziffern stehen.

Warum ist es so bedeutsam, dass eine entzündlich-rheumatologische Erkrankung im Frühstadium bereits diagnostiziert wird?
Inwieweit hat sich die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen in den letzten 20 Jahren verändert?
Dr. Schwokowski:
In den letzten 20 Jahren hat sich die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen nicht nur geändert, sondern gar revolutioniert, insbesondere durch den Einsatz von Biologika. Professor Klaus Krüger aus München beschrieb das als „turbulente Zeiten in der Rheumatologie“. Heutzutage gelingt es, entzündlich-rheumatische Erkrankungen zwar nicht zu heilen, aber weitestgehend zu stoppen. Wir sprechen hier von einer Remission, also von einem Stillstand des rheumatischen Geschehens. Das ist keine Utopie mehr, sondern wird aktuell schon bei mehr als der Hälfte der Patienten erreicht. Wichtig aber ist: Je früher die entsprechende Therapie eingeleitet wird, um so weniger Schäden sind bei dem Patienten zu erwarten und die Veränderungen, die wir von früher mit Gelenkzerstörungen oder völliger Gelenkversteifung der Wirbelsäule bei Morbus Bechterew kennen, treten unter einer frühzeitigen Therapie heute einfach nicht mehr auf.

Welche Fachrichtungen sollten zur Optimierung der Behandlung von Rheumapatienten aus Ihrer Sicht kooperieren?
Dr. Schwokowski:
Da entzündlich-rheumatische Erkrankungen Systemerkrankungen sind und nicht nur allein das Gelenk befallen, sondern eben auch andere Strukturen, ist eine Kooperation essentiell. Neben den internistischen und Orthopädischen Rheumatologen spielt der Hausarzt und der Orthopäde in der Früherkennung eine bedeutende Rolle, in der erweiterten Diagnostik dann natürlich auch der RhefO. Andere Fachgruppen wie der Dermatologe, der Gastroenterologe, der Augenarzt sind bei zusätzlichem Befall der Haut, des Darms oder des Auges hinzuzuziehen. Die Interaktion einzelner Fachgruppen ist unabdingbar, denn die Erfahrung vieler internistischer Rheumatologen ist, dass bei einer Überweisung vom Hausarzt mit einer Verdachtsdiagnose Rheuma, von zehn Patienten tatsächlich zwei eine entzündliche rheumatische Erkrankung haben. Hier würde ein Versorgungspfad vom Hausarzt zunächst zum Orthopäden bzw. RhefO Abhilfe schaffen. In der speziellen Rheumatherapie mit innovativen Medikamenten ist eine enge Kooperation zwischen Orthopäden, Orthopädischen Rheumatologen und internistischen Rheumatologen anzustreben.

Was kann der Rheumapatient selbst zur Verbesserung des Krankheitsverlaufes beitragen?
Dr. Schwokowski:
Hier sollte auf jeden Fall das Schlagwort „gesunde Lebensweise“ fallen: Eine gesunde Ernährung und viel Bewegung spielen eine bedeutsame Rolle. Außerdem ist „positives Denken“ gerade unter den heutigen therapeutischen Optionen aus meiner Sicht von großer Bedeutung. Wichtig ist, dass der Patient aufgrund der Erkrankung nicht in eine Depression verfällt. Deswegen strebe ich stets meine Leitworte an: „Zuversicht bei Arzt und Patient“.

Wie können niedergelassene Orthopäden vermehrt für entzündlich-rheumatische Erkrankungen sensibilisiert und für eine komplexe Therapie motiviert werden?
Dr. Schwokowski:
Die von mir erläuterten Probleme können schnell zu einer moralischen Demotivation führen. Vielmehr jedoch sollte man sich einmal die positiven Aspekte vor Augen halten: Allen voran sind das aus meiner Sicht zufriedene Patienten und Behandlungserfolge, die ich durch innovative Therapien erzielen kann. Das Image der Praxis wird durch die Rheuma-Spezialisierung aufgewertet und das Selbstwertgefühl steigt.

Welches Beispiel fällt Ihnen an dieser Stelle aus Ihrem Berufsalltag ein?
Dr. Schwokowski:
Der typische Morbus Bechterew-Patient zum Beispiel ist zwischen zwei und fünf Uhr morgens wegen starker Rückenschmerzen schlaflos. Er muss sich bewegen und wandert nachts durch seine Wohnung. Nach erfolgreicher Behandlung bei mir in der Praxis und Verabreichung eines Biologikums, kommt der Patient nach wenigen Wochen wieder zu mir und schwärmt: „Herr Doktor, das ist der absolute Wahnsinn. Ich habe das erste Mal seit 20 Jahren wieder durchgeschlafen, so wie Sie mir das versprochen haben.“ Wenn ich mich an diese Erlebnisse erinnere, bekomme ich selbst jetzt noch Gänsehaut, denn: Ich habe zufriedene und glückliche Patienten. Genau für solche Erlebnisse arbeite ich. Und die tägliche Arbeit hat mir deswegen immer große Freude bereitet. Diese positiven Erlebnisse übertragen sich im Übrigen auch auf das gesamte Praxisteam, und das bedeutet: Rheumatologie beeinflusst das eigene Image und das der Praxis sehr positiv.

Herr Dr. Schwokowski, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Janosch Kuno, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BVOU

RhefO – Aktualisierte Fortbildungsmodalitäten 2019

Ratzeburg – Nach Anregungen von Teilnehmern der RhefO-Zertifizierungskurse und nach Absprache mit dem Geschäftsführer des BVOU, Herrn Dr. Ansorg wurden folgende Änderungen zur Erlangung des RhefO-Zertifikates und zur Re-Zertifizierung beschlossen. Diese sollen nicht nur das Erreichen der Zertifikate für die Teilnehmer erleichtern, sondern auch die Bearbeitung durch die Mitarbeiter der Akademie Deutscher Orthopäden (ADO) des BVOU.

Ziel ist es, durch Vereinfachung der Modalitäten, ohne zusätzliche Fortbildungseinheiten mehr Kollegen zur Beantragung des Zertifikates bewegen zu können.  Rückwirkend wird es auch für diejenigen möglich sein, das Zertifikat 2019 nachträglich zu erlangen, die von 2013 bis 2018 ihre drei Kurse absolviert haben und im Jahr 2019 einen Refresher-Kurs absolvieren bzw. einen Zert-Kurs II bzw. III wiederholen.

Abhängig von der Nachfrage werden weitere Termine bekanntgegeben.

Weitere Informationen und Anmeldungen über die ADO in Berlin durch Anette Köhler,  Tel : 030 – 797444404.

Re-Zertifizierungen sind jährlich auch für bereits fortgebildete RhefOs im Rahmen der Refresher Kurse bzw. Kurs II/III empfehlenswert, also aktuell für 2019.

Voraussetzung für den RhefO 2019 (Termine unten)

Teilnahme an drei samstags-Kursen:

I – Früherkennung rheumatischer Erkrankungen

II – Frühbehandlung rheumatischer Erkrankungen

III – Behandlung weiterer rheumatischer Erkrankungen

Diese Kurse enden jeweils mit einer Lernzielkontrolle und Sie erhalten einzelne Bescheinigungen für die Kurse I und II sowie das RhefO Zertifikat nach dem III Kurs.

Der BVOU wird wegen der gesteigerten Nachfrage von Patienten zu rheumatischen Erkrankungen über Orthinform eine Landkarte mit den RhefOs entwickeln, so dass Patienten im Falle einer entzündlich rheumatischen Erkrankung ihren kompetenten Ansprechpartner direkt vor Ort finden können.  Ich finde das großartig, denn diese Bewerbung bedeutet neben einem großen Benefit für die Patienten, durchaus auch eine positive Außendarstellung für O und U im Rahmen der Rheumatologie.

Der BVOU wird,  wegen der gesteigerten Nachfrage von Patienten zu rheumatischen Erkrankungen, über Orthinform eine Landkarte mit den RhefOs entwickeln, so dass Patienten im Falle einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung ihren kompetenten Ansprechpartner direkt vor Ort finden können.  Ich finde das großartig, denn diese Bewerbung bedeutet, neben einem großen Benefit für die Patienten, durchaus auch eine positive Außendarstellung für O und U im Rahmen der Rheumatologie.

Interessant ist auch, dass in einigen KVen der RhefO inzwischen bekannt gemacht worden ist und als Verhandlungsgrundlage zur Verbesserung der Versorgungslage bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen dient. Dies war immer mein Wunsch und ich hoffe, dass bei den RhefOs dann bei entsprechender Leistung auch das Geld folgen wird.

Für diese Verhandlungen mit den KVen brauchen wir dringend Daten. Die 10 Fragen in der aktuellen Umfrage sind schnell beantwortet und werden vom BVOU ausgewertet. Eine intensivere Befragung wird von der Firma Novartis durchgeführt und mit 150 € honoriert. Ich möchte Sie herzlich bitten, uns mit Ihrer Teilnahme zu helfen, um bessere Verhandlungspositionen zu erreichen. In der Novellierung der ZWBO Orthopädische Rheumatologie könnte eine berufsbegleitende Übergangsregelung für schon vorgebildete Kollegen ins Gespräch kommen. Wenn es da in Zukunft zu Verhandlungen mit der BÄK kommen sollte, brauchen wir dringend Daten!

Dr. Uwe Schwokowski

Leiter des Referates Orthopädische Rheumatologie im BVOU

Orthopädische Rheumatologie: Kursreihe zum „RhefO“

Umfrage zur Versorgungslage in der Rheumatologie

Liebe Mitglieder,
mit dem folgenden Anschreiben und der Bitte, an der verlinkten Umfrage teilzunehmen, wünscht Dr. Uwe Schwokowski eine besinnliche Weihnachtszeit:

Die Novelle der ZWBO Orthopädische Rheumatologie hat jetzt auch die vorletzte Hürde bei der STÄKO unbeschadet genommen. Nun hängt es von den einzelnen Landesärztekammern ab, ob auch in jedem Bundesland die geplante Reform in dieser Form übernommen wird.

Wie schon in meinem Artikel III-2018 beschrieben, bin ich Mitglied einer Task force „Bündnis Orthopädische Rheumatologie“, die sich zum Ziel gesetzt hat, die konservativen Inhalte der O/U im Sinne der Orthopädischen Rheumatologie intensiv zu fördern. Der erste Schritt ist ein gemeinsamer Auftritt beim VSOU 2019, bei dem wir 6 Slots am 3. und 4.5. hintereinander in einem Saal unter dem Motto : „ Konservative Orthopädie heute – Orthopädische Rheumatologie morgen “ vorstellen werden.

In einer gemeinsamen Sitzung am 13.12.2018 in Frankfurt haben die Mitglieder dieser Task force die Inhalte für den VSOU zusammengestellt. Diese Präsentationen mit den Fachbereichen Manuelle Medizin, Osteologie, orthopädische Schmerztherapie, Rehabilitation, Technische Orthopädie und entzündlich rheumatische Gelenkerkrankungen dürften jeden O/U aus der Niederlassung oder Weiterbildung ansprechen.

In derselben Sitzung haben wir den folgenden Beschluss gefasst, der für jeden rheumatologisch interessierten O/U von Bedeutung sein könnte. Im Rahmen der neuen Zusatzweiterbildung ORh wird es voraussichtlich eine Übergangsregelung von 3 Jahren geben. Das bedeutet, dass bereits „fertige O/U“ berufsbegleitend diesen Zusatz erwerben können, ohne eine 2 jährige Weiterbildungszeit zu absolvieren. Die Task force erarbeitet für jeden Fachbereich einen Vorschlag, welche Qualifikation der Kandidat vorweisen muss, um den ORh zu erlangen. Diese Vorgaben würden dann für Diskussionen und Absprachen mit der Bundesärztekammer dienen.

Bei den entzündlich rheumatischen Erkrankungen haben viele Kollegen bereits die Fortbildung zum RhefO absolviert. Hier könnte ich mir durch entsprechende Refresherkurse oder gezielte Curricula vorstellen, dass dies u.a. die Voraussetzung für diesen Bereich sein könnte . Eine Kooperation mit einem internistisch rheumatologischen Kollegen mit 50 Fällen über 1 Jahr wird zusätzlich in der ZWBO gefordert. Interessierten empfehle ich, schon jetzt Fälle zu sammeln, die in Kooperation mit Internisten ablaufen.

Inwieweit überhaupt eine größere Anzahl von O/U Interesse an einer solchen Weiterbildung hat, möchte ich durch eine Frageaktion von 10 Fragen im Link erfahren. Das Ergebnis könnte für weitere Verhandlungen mit der BÄK bedeutsam sein, ist doch weiterhin das Versorgungsdefizit in der Rheumatologie ein großes Thema. Deutlich weitere Erkenntnisse könnten wir als Referat Orthopädische Rheumatologie im BVOU durch eine Frageaktion mit entsprechenden Daten durch Novartis Pharma gewinnen. Eine Aufwandsentschädigung für eine Interview von ca 1 ½ Stunden wird gezahlt.

Unterstützen Sie uns bitte und zeigen Sie Ihr Interesse durch entsprechende Kreuze im Link.

Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende. Aus meiner Sicht war es für die ORh ein sehr gutes Jahr. Die ASV ist mit den ORh gestartet, die ZMWBO verspricht uns eine Perspektive, die Orthopädische Rheumatologie ( konservative Orthopädie ) im europäischen Sinne anzupassen und unsere Interessen insbesondere auch für eine verbesserte Patientenversorgung darzustellen. Weiterhin sehr erfolgreich wird der Orthopäden Vertrag in Baden Württemberg gelebt. Die letzten 2 Wochenenden hatte ich wieder das Vergnügen, in Stuttgart die MFA Schulung über entzündliche Gelenkerkrankungen durchzuführen. Im Einklang mit den Mitreferenten der anderen Fachbereiche stelle ich fest, dass ein großes Interesse bei unseren Mitarbeiterinnen besteht und auch damit die konservativen Inhalte unseres Faches gestärkt werden.

Um ein Bild von der aktuellen Versorgungssituation rheumatischer Erkrankungen in der orthopädischen Praxis zu erhalten, bitten wir Sie außerdem um Beantwortung der 10 Fragen. Dies wird nicht länger als 3 Minuten Ihrer Zeit beanspruchen.

Euer/Ihr Uwe Schwokowski

Zi-Analyse zur Versorgung bei rheumatoider Arthritis

Berlin – Mit welchen Medikamenten werden Patienten behandelt, bei denen erstmals eine rheumatoide Arthritis (RA) festgestellt wurde? Dieser Frage gingen Autoren für eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) zum ersten Mal für ganz Deutschland nach.

Entzündungshemmende Medikamente aus der Wirkstoffgruppe der DMARDs (engl. disease-modifying antirheumatic drugs) nehmen eine Schlüsselrolle bei der Therapie ein. Die Zi-Studie mit Daten aus den Jahren 2009 bis 2015 zeigt, dass bei etwa 44 Prozent der RA-Patienten im ersten Jahr nach Diagnosestellung DMARDs eingesetzt werden. Jüngere Patienten erhalten diese dabei in knapp 53 Prozent der Fälle, während ältere Patienten bevorzugt Glukokortikoide erhalten. Bei gemeinsamer Betreuung neu erkrankter RA-Patienten durch Rheumatologen und Hausärzte wird eine sehr hohe Versorgungsrate mit DMARDs von fast 80 Prozent erreicht. Dies zeigt: Je früher ein Rheumatologe in die Behandlung eingebunden wird, desto eher kommen DMARDs zum Einsatz.

Regionale Unterschiede bei der Verordnung, beispielsweise in Hamburg


Die Analyse geht auch der Frage regionaler Unterschiede im Verordnungsverhalten nach. Hierzu schreiben die Autoren unter anderem: „Mit 29 beziehungsweise 2,4 Prozent fanden sich die nied­rigsten Verordnungsanteile von Rheumatologen in Schleswig-Holstein und Hamburg. Hamburg zeichnete sich insgesamt durch ein auffallend anderes Verordnungsmuster von DMARDs aus. Knapp die Hälfte aller DMARD-Verordnungen (47 Prozent) stammte von Hausärzten oder hausärzt­lichen Internisten, und im Gegensatz zu allen anderen KV-Bereichen spielten andere Fachinternisten als Rheumatologen (27 %) sowie Orthopäden (17 %) eine nennenswerte Rolle bei der Verschreibung von DMARDs.“

Zur Erklärung wird ergänzt: „Neben Hausärzten, die in Hamburg vorwiegend die Basistherapie bei RA verantworten, gibt es hier Fachinternisten und Orthopäden, die mit rheumatologischem Schwerpunkt, aber ohne offizielle Facharzt- beziehungsweise Zusatzbezeichnung einer Ärztekammer arbeiten. Diese Schwerpunkttätigkeit lässt sich in den Arzneiverordnungsdaten jedoch nicht … ableiten, und die Ärzte werden nach ihrer ursprünglichen Facharztbezeichnung gruppiert. Dass dennoch eine spezialisierte Behandlung stattfindet, wird durch die in Hamburg vergleichsweise hohe Ver­ordnungsprävalenz von DMARDs gesamt wie auch bDMARDs unterstützt.“

Keine Informationen zu konservativen Behandlungsmethoden

Auch mit weiteren therapeutischen Optionen befasst sich die Studie. Hierzu heißt es: „Da der Datenkörper keine Informa­tion zu konservativen Behandlungsmethoden wie Physio- oder Ergotherapie enthält, konnte die Bedeutung dieser Therapiemaßnahmen bei Patienten mit inzidenter RA nicht unter­sucht werden. Bei einem Teil der Patienten ohne DMARD-Verordnung könnten diese kon­servativen Behandlungsmethoden jedoch zunächst die Therapie der Wahl gewesen sein, wenn in Einklang mit der Leitlinie zunächst keine DMARD-Verordnung notwendig war.“

Quelle: Zi/ Versorgungsatlas

Kein Zeitplan für DMP Rheumatoide Arthritis

Berlin – Zwar hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Ende 2017 eine Leitliniensynopse für ein DMP Rheumatoide Arthritis vorgelegt. Doch erfahrungsgemäß wird es noch etliche Zeit dauern, bis ein solches Chronikerprogramm Patienten in Deutschland zur Verfügung steht.

Im April 2017 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG beauftragt, seine Leitlinienrecherchen zu rheumatoider Arthritis und Osteoporose zu aktualisieren. Die Beratungen über diese Chronikerprogramme sollten möglichst im September 2017 wiederaufgenommen werden, hieß es damals. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde der G-BA seinerzeit beauftragt, zunächst Anforderungen an die DMP Rückenleiden und Depressionen zu beraten. In der Folge mussten die Beratungen zum DMP Rheumatoide Arthritis und Osteoporose zurückgestellt werden.