Archiv für den Monat: März 2018

DRG

DRG-Forum: Diskussion über DRG-Pflegekostenreform

Berlin – Der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht die Zukunft der Krankenhauslandschaft in Deutschland differenziert. „Die Krankenhäuser sind das Rückgrat der Versorgung“, betonte er auf dem diesjährigen Nationalen DRG-Forum Mitte März in Berlin. „Sie stellen sicher, wenn andere nicht mehr im Dienst sind.“ Damit müssten sie auch Unzulänglichkeiten „an anderen Stellen“ überdecken.

Spahn: Zu viele Kliniken, zu wenig Geld

Gleichzeitig blieb Spahn bei seiner früheren Aussage, es gebe zu viele Krankenhäuser. „Das Hauptthema ist aber nicht die Zahl“, stellte er klar. Entscheidend sei, ob und wie abgestimmt Kliniken arbeiteten und wie sie gemeinsam die Versorgung in einer Region gestalteten. Als eine Aufgabe nannte er, Krankenhäuser finanziell so auszustatten, dass sie nicht gezwungen würden, in ein Überangebot und Leistungsausweitungen auszuweichen. Weiter festnageln ließ sich der Minister nicht, weder in der Frage, ob die heutige monistische Investitionsfinanzierung der Kliniken erhalten bleiben solle, noch ob Bund oder Krankenkassen einbezogen werden sollten. „Ich bin kein Phantast“, sagte Spahn. Man könne kein Thema, das Deutschland seit Jahren beschäftige, mal eben lösen.

Gaß: Ausgliederung der Pflegekosten aus den DRG birgt auch Risiken

Zuvor hatte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, gefordert, man müsse endlich Lösungen für das Thema Investitionsfinanzierung finden und deutliche Maßnahmen in Richtung Bürokratieabbau und Überregulierung finden. „Patienten wünschen sich neben guter Medizin und guter Pflege auch menschliche Zuwendung“, ergänzte er. Dass die Tarifsteigerungen demnächst vollständig ausgeglichen werden sollen, lobte er. Dass die Pflegekosten aus den DRG herauskalkuliert werden sollen und vollständig finanziert, eröffnet nach seiner Auffassung Chancen, birgt aber auch Risiken, beispielsweise mangelnde Flexibilität im Personaleinsatz und kleinteilige Nachweispflichten. So besteht nach Ansicht von Gaß die Gefahr, dass andere Berufsgruppen im Krankenhaus hierdurch ins Hintertreffen geraten und der „Skillmix“ nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Heimig: Pflegelastkatalog kann nur bedingt helfen

Bedenken zur Herauslösung der Pflegekosten aus den DRG äußerte Dr. Frank Heimig, Geschäftsführer des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus gGmbH (InEK): „Ich bin mir nicht sicher, was genau Pflege ist und wie ich sie abgrenzen soll. Aber das müsste ich, wenn wir sie aus dem DRG-System herausnehmen sollen.“ Die Daten, die man nutze, seien nicht auf die Pflege hin plausibilisiert. Für den Aufwand auf Intensivabteilungen beispielsweise gebe es keine bundeseinheitlichen Definitionen. Gleichzeitig berichtete Heimig, dass man auf der Basis von Daten aus den DRG-Kalkulationskrankenhäusern an einem sogenannten Pflegelastkatalog arbeite. Dieser könne aber keinen patientenindividuellen Pflegebedarf abbilden, sondern nur einen durchschnittlichen Aufwand in den DRG in Abhängigkeit von der Versorgung auf Normal- oder Intensivstationen, und sei deshalb nicht einfach eine Blaupause.

Rau: Landesbasisfallwerte werden sinken müssen

Die Zielsetzung, Pflegepersonalkosten unabhängig von den DRG zu vergüten, sei „ein tiefer Einschnitt“, urteile Ferdinand Rau, Referatsleiter „Wirtschaftliche Fragen der Krankenhäuser“ im Bundesgesundheitsministerium. Dies müsse auch zu einer Absenkung der Landesbasisfallwerte führen. Schnell sei man hier auch beim Thema der Zweckbindung von Mitteln, die dann nicht mehr für die ärztliche Vergütung oder Investitionen verwendet werden könnten. Für die Krankenhäuser sei dies „herausfordernd“.

VSOU 2018: Der BVOU auf der Frühjahrstagung in Baden-Baden

Berlin/Baden-Baden – Vom 26. bis 28. April 2018 laden die süddeutschen Orthopäden und Unfallchirurgen zur VSOU-Frühjahrstagung in das Kongresshaus nach Baden-Baden ein. Unter dem Motto „Mobilität durch Fortschritt“ wollen die Kongressteilnehmer aktuelle Themen, die in O und U bewegen, diskutieren und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft werfen. Die Veranstaltung bietet ihren Besuchern ein vielfältiges Programm, das unter anderem der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) mitgestaltet hat.

Die 66. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) steht unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Steffen Ruchholtz und Prof. Maximilian Rudert. Zu den wissenschaftlichen Schwerpunkten des Kongresses zählen in diesem Jahr die Themen Alterstraumatologie, Osteologie, E-Health, Endoprothetik, Sportverletzungen und Sportschäden.

Der BVOU im Kongressprogramm

Als Teil des Kongressprogramms wird der BVOU sowohl zwei wissenschaftliche als auch eine politische Sitzung auf dem VSOU 2018 organisieren. In der wissenschaftlichen Sitzung am Donnerstag, den 26. April beleuchten verschiedene Vertreter aus Praxis und Klinik das Thema Schulterschmerz. Am Samstag, den 28. April werden Behandlungsstrategien bei chronischen Rückenschmerzen thematisiert. Die politische Sitzung, ebenfalls am Samstag, greift das Thema Honorierungssysteme auf. In der Diskussionsrunde, die von Dr. Johannes Flechtenmacher und Prof. Karl-Dieter Heller geleitet wird, werden Vertreter aus Politik, Klinik, Praxis sowie Vertreter der Krankenkassen Zukunftsperspektiven beleuchten und gemeinsam reflektieren. Darüber hinaus lädt das BVOU-Referat Niedergelassene Operateure am Freitag, den 27. April zu einer öffentlichen Sitzung ein. Hier gibt Dr. Peter Heppt unter anderem ein Update zu Kooperationsverträgen.

Informations- und Serviceangebote am BVOU-Stand

Darüber hinaus präsentiert sich der BVOU an allen drei Kongresstagen zusammen mit der Akademie Deutscher Orthopäden (ADO) an einem gemeinsamen Stand (2.06, 2. OG). Interessierte erhalten dort Informationen zu den verschiedenen Serviceleistungen des BVOU. Vor Ort informiert Olga Zöllner von der Funk-Gruppe zu Versicherungsangeboten und Jeannine Hauke von der Deutschen Arzt AG zum Zweitmeinungsvertrag. Auch besteht die Möglichkeit, sich ein Orthinfom-Profilbild anfertigen zu lassen.

Termine im Überblick

Thema Zeit Ort
Wissenschaftliche Sitzung „Schulterschmerz“ Do, 26.04.2018
8.00 – 9.30 Uhr
KS III (2. OG)
Öffentliche Sitzung des BVOU: AK für Niedergelassene Operateure Fr., 27.04.2018
08:00 – 09:45 Uhr
SR 10 (2. OG)
Wissenschaftliche Sitzung „Behandlungsstrategien bei chronischem Rückenschmerz“ Sa, 28.04.2018
8.30 – 10.00 Uhr
KS III (2. OG)
Podiumsdiskussion: Aktuelle gesundheitspolitische Themen in O und U Sa, 28.04.2018
11.00 – 12.30 Uhr
Auditorium (UG)

Jens Spahn und die Aktion Orthofit „Zeigt her Eure Füße“

Berlin – Was wird der bisherige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium in seiner Amtszeit als Bundesgesundheitsminister anpacken – und was nicht? Wie ist er einzuschätzen? Darüber berichten derzeit landauf, landab die Medien. Jens Spahn wird am Donnerstag gleich drei Gelegenheiten haben, sich dazu zu äußern: Bei seiner Amtsübergabe, beim Deutschen Pflegetag und bei der Eröffnung des DRG-Forums in Berlin.

Welche Rolle die Kindergesundheit und die fachärztliche Versorgung bei seinen Plänen in der nächsten Legislaturperiode spielen werden, ist offen. Auf jeden Fall hat der neue Bundesgesundheitsminister im Jahr 2011 die Aktion Orthofit „Zeigt her Eure Füße“ des BVOU unterstützt. Damals besuchte er im November gemeinsam mit dem heutigen Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und BVOU-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Gassen und dem Orthofit-Förderer Christian Bahrmann eine Grundschule in Berlin.

Die Aufklärungskampagne Orthofit vermittelt Kindern spielerisch ein Bewusstsein für ihre Füße und dafür, was sie selbst für ihre Fußgesundheit tun können. Mitglieder des BVOU gehen dabei gezielt auf Schulen, Kitas oder Sportvereine zu, um dort Prävention so zu gestalten, dass Spaß an viel Bewegung vermittelt wird. Die nächste Aktionswoche findet vom 26. bis 30. November 2018 statt.

ABDA-Symposium: Warnung vor Opioid-Missbrauch

Berlin – Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat ihren Leitfaden zum Arzneimittelmissbrauch komplett überarbeitet, der zuletzt 2011 aktualisiert wurde. Vorgestellt wurde er auf einem Symposium zu Fakten und Herausforderungen rund um dieses Thema. Sogenannte Substanzgebrauchsstörungen, wie Missbrauch und Sucht heute zusammenfassend bezeichnet werden, sind kein kleines Problem in Deutschland. Das erläuterte Prof. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Etwa 1,5 Millionen Arzneimittelabhängige gebe es hierzulande, rund zwei Drittel seien von Benzodiazepinen und sogenannten Z-Substanzen abhängig. Schulz thematisierte auch den Arzneimittelmissbrauch im Freizeitsport und die Leichtigkeit, mit der man zum Beispiel Steroide im Internet kaufen könne.

Opioidabhängigkeit steigt – Zu viele Verordnungen bei nicht-Tumorschmerzpatienten

Dass die Anzahl der Todesfälle steigt, bei denen Benzodiazepine eine Rolle spielen, erwähnte Prof. Christoph Stein, Direktor der Klinik für Anästhesiologie des Berliner Universitätsklinikums Charité. Seiner Meinung nach ist Deutschland auch gefährdet, ähnlich hohe Zahlen an Opioidabhängigen zu riskieren wie die USA in den letzten Jahren. Viel zu oft würden die Substanzen bei Patienten mit nicht-Tumorschmerz eingesetzt, bemängelte er, viel zu lange habe sich das Märchen gehalten, Schmerzpatienten könnten hiervon nicht abhängig werden.

2015 hätten die USA und Deutschland nicht mehr so weit auseinander gelegen, was den Opioidverbrauch anbelange. Die Tagesdosen pro Empfänger gingen stetig nach oben. Stein verwies auch auf den jüngsten Arzneiverordnungs-Report von 2017: Danach sind nichtopioide Analgetika wie Diclofenac oder Ibuprofen ebenfalls im Verbrauch nach oben gegangen. Unter den umsatzstärksten Arzneimittelgruppen haben dem Report zufolge die Analgetika 2016 auf Platz 8 gelegen.

Der Kliniker verwies zudem auf einen Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2013, demzufolge schon damals erkennbar war, dass Opioide überwiegend für chronischen nicht-Tumorschmerz eingesetzt werden. Patienten mit chronischen Schmerzen, meist mit chronischen Rückenschmerzen, seien das allergrößte Problem, ebenso solche mit chronischen Kopfschmerzen. Dem Beitrag sei auch zu entnehmen, dass von 2000 zu 2010 eine Zunahme bei schwächer wirksamen wie stark wirksamen Opioiden für chronische nicht-Tumorschmerz-Patienten stattgefunden habe. Dabei wisse man, dass starke Opiate bei diesen Patienten gar nicht gut wirkten.

Zahlreiche Klagen gegen US-Firmen wegen aggressiver Werbung

In den USA laufen nach Steins Darstellung mittlerweile zahlreiche Klagen gegen opiatproduzierende Firmen. Ende 2017 sei eine Zusammenfassung zu diesem Thema im New England Journal of Medicine erschienen, wonach die aggressive Vermarktung von Opiaten eine Rolle gespielt habe. Eine der meistzitierten Substanzen sei dabei OxiContin. Dies könne man sich übers Internet besorgen.

Für chronische Schmerzpatienten sollten nicht nur Medikamente verordnet werden, sondern sie müsse man in multimodalen, interdisziplinären Programmen behandeln, forderte Stein. Diese gebe es aber viel zu selten, in Deutschland wie in den USA. Die Kostenträger spielen dabei seiner Meinung nach eine wichtige Rolle: Kollegen und er hätten beispielsweise an der Charité 18 Jahre lang versucht, eine interdisziplinäre Schmerzklink in Berlin einzurichten, aber: Die Krankenkassen hätten dies nicht gewollt, weil sie offenbar nicht an interventionelle Maßnahmen glaubten.

„Alltagsdoping“ wird teilweise toleriert

Auch die Nachfrage nach leistungssteigernden Mitteln und solchen, die das persönliche Wohlbefinden verbessern sollen, ist dem Eindruck der Apotheker nach gestiegen, berichtete der Präsident der Apothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer. Dass immerhin rund die Hälfte der Bevölkerung dies einer Onlineumfrage zufolge toleriert, zumindest zu bestimmten Anlässen, erläuterte Corina Frahn vom Forschungsinstitut Forsa.

ANOA: Konservative Behandlungen im Aufwind

Berlin – Nicht-operative Behandlungen erlebten im stationären Bereich derzeit ein „Revival“, sagt die Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer Akut-Kliniken (ANOA) mit Bezug auf aktuelle Zahlen der Krankenkassen sowie des Statistischen Bundesamtes. „Während vor allem im akut-stationären Bereich die konservative Therapie lange Zeit vernachlässigt wurde, werden heute immer mehr Patienten mit Erkrankungen am Muskel- beziehungsweise Skelettsystem konservativ behandelt“, so Dr. Matthias Psczolla, Geschäftsführer der ANOA.

Patienten und Krankenkassen würden immer öfter im Rahmen des Zweitmeinungsverfahrens bei Ärzten anfragen, ob nicht doch eine konservative Behandlung einer angedachten Operation vorgeschaltet werden könne. „Nicht-operative Behandlungen werden im stationären Bereich immer stärker nachgefragt“, fasst Psczolla seine Beobachtungen zusammen und verweist auf das ANOA-Konzept, das in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren entstanden sei.

Der Verbund, der sich auf akute und chronifizierte Erkrankungen des Bewegungssystems einschließlich eines breiten Spektrums an Schmerzerkrankungen spezialisiert hat, umfasst inzwischen 28 Kliniken. Das ANOA-Konzept sei international einmalig, so Psczolla. Damit könne die konservative Therapie nicht mehr nur ambulant, sondern auch wieder stationär durchgeführt werden.

Service für Schmerzpatienten und Kassen: Neuer Internetauftritt

Um der steigenden Nachfrage nach nicht-operativen Behandlungen im stationären Bereich zu entsprechen und interessierte Patienten und Krankenkassen zielgerichtet über die Möglichkeiten nicht-operativer Verfahren zu informieren, hat die ANOA nun ihren Internetauftritt unter www.anoa-kliniken.de weiter ausgebaut. Die neue Homepage bietet betroffenen Patienten unter anderem die Möglichkeit, mit nur wenigen Klicks über eine „Umkreissuche“ die nächsten ANOA-Kliniken zum eigenen Wohnort herauszufinden.

„Uns liegt es ganz besonders am Herzen, sowohl den Patienten als auch den Krankenkassen mit Hilfe unseres neuen Internetauftrittes die Vorteile und Chancen zu vermitteln, die unser modernes konservatives Behandlungskonzept auf hohem Niveau für Schmerzpatienten mit sich bringt“, sagt ANOA-Geschäftsführer Matthias Psczolla.

Quelle: ANOA

Telematik

Telematikinfrastruktur: Anschließen oder abwarten?

Berlin – Mehr als 100.000 Arzt- und Psychotherapeutenpraxen müssen sich bis zum 31. Dezember 2018 an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen haben, sonst drohen ihnen nach derzeitigem Stand ab Januar 2019 Honorarkürzungen. Erst einige tausend Praxen haben die Installation bisher vornehmen lassen. Denn nach wie vor gibt es nur einen einzigen Anbieter für den dafür notwendigen Konnektor.

Zugleich sinken die Erstattungspauschalen für die TI-Komponenten mit jedem Quartal. Dies sollte der Preisentwicklung Rechnung tragen, die von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband erwartet wurde, sobald mehrere Anbieter auf dem Markt seien. Doch da dies noch immer nicht der Fall ist – weitere zugelassene Produkte werden frühestens zum II. Quartal erwartet, hat die KBV vor Kurzem Nachverhandlungen angekündigt, um das Preis- und Sanktionsrisiko von den Niedergelassenen fernzuhalten.

„Die Ärzte dürfen nicht den Schaden haben, wenn die Telematikinfrastruktur nicht fristgerecht und kostenneutral in den Praxen aufgebaut werden kann“, mahnte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel bei der KBV-Vertreterversammlung Anfang März. Deshalb wolle die KBV die Finanzierung der TI-Komponenten mit dem GKV-Spitzenverband neu verhandeln. Außerdem wolle sie auch auf die Politik zugehen, um eine Fristverlängerung um ein weiteres halbes Jahr bis Mitte 2019 zu erwirken.

Ob die KBV damit Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Die Reaktionen in der Ärzteschaft auf die Entwicklung der Telematikinfrastruktur sind unterschiedlich. Während viele immer noch abwarten und beobachten, haben andere ihre Praxis bereits angeschlossen. Eine eindeutige Handlungsempfehlung kann hier nur schwer gegeben werden. „Das ist eine Ermessens- und auch eine Mentalitätsfrage“, sagt BVOU-Vizepräsident Dr. Henning Leunert. Er selbst wartet lieber noch ab und kümmert sich zunächst um einen geeigneten Internetanschluss für seine Praxis, wie er im Interview berichtet. BVOU-Mitglied Dr. Peter Kalbe war bei neuen Technologien schon immer früh mit dabei. Er hat die TI-Installation bereits vornehmen lassen und erklärt im Interview, was Kolleginnen und Kollegen dabei beachten sollten.

Interview: „Ich warte lieber, bis die Technik ausgereift ist“

Berlin – Anschließen oder abwarten? Dr. Henning Leunert, niedergelassener Orthopäde und Unfallchirurg aus Brandenburg und Vizepräsident des BVOU, im Kurzinterview über seine Einschätzung der derzeitigen Lage der Telematikinfrastruktur (TI) und seine Pläne für die eigene Praxis.

Herr Dr. Leunert, halten Sie es für realistisch, dass sich bis zum Ende des Jahres alle Arztpraxen an die TI anschließen können?

Dr. Henning Leunert: Nein, definitiv nicht. Erstens glaube ich nicht, dass es eine ausreichende Menge von Konnektoren geben wird und zweitens halte ich es nicht für machbar, alle Praxen bis dahin anzuschließen. Deshalb ist es auf jeden Fall notwendig, dass hier bei der Frist und den Erstattungspauschalen noch einmal nachverhandelt wird, wie es die KBV Dr. Thomas Kriedel zufolge nun auch plant. Denn nach dem E-Health-Gesetz sind die Krankenkassen dazu verpflichtet, die Kosten für die Anbindung an die TI zu tragen, auch wenn sich nun alles nach hinten verschiebt aufgrund der Schwierigkeiten auf Seiten der Industrie.

Was würden Sie Ihren Kollegen derzeit raten: Besser noch abwarten und die weitere Entwicklung beobachten? Oder jetzt aktiv werden und sich Angebote einholen?

Leunert: Das ist eine Ermessens- und auch eine Mentalitätsfrage. Wer sehr IT-affin ist, für den ist es vielleicht die richtige Entscheidung, die Installation bereits jetzt vornehmen zu lassen. Irgendwann müssen wir uns ohnehin alle anschließen. Allerdings höre ich sowohl von Kollegen, die sich bereits angeschlossen haben, als auch zum Beispiel erst kürzlich in einer Informationsveranstaltung unserer KV, dass die Technik nicht völlig reibungslos läuft und es nach wie vor einige Probleme gibt.

In jedem Fall sollten die Kolleginnen und Kollegen bei jedem Angebot prüfen, dass ihnen auch vertraglich zugesichert wird, wann genau die Installation erfolgt. Und man sollte nur das bezahlen, was auch gefördert wird.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit noch die größten Hürden und Probleme im Hinblick auf die TI?

Leunert: Das größte Problem ist aus meiner Sicht, dass es derzeit nur einen Hersteller gibt, der die notwendigen Konnektoren anbietet. Eigentlich ist man davon ausgegangen, dass mittlerweile drei verschiedene Hersteller auf dem Markt sein würden. Der derzeitige Anbieter wirbt zugleich damit, dass man sich frühzeitig an die TI anschließen lassen solle, um die anfangs noch höhere Förderung nicht zu verpassen. Das setzt die Kolleginnen und Kollegen natürlich erheblich unter Druck und lässt Unsicherheit entstehen.

Außerdem heißt es von verschiedenen Seiten, dass die Konnektoren, die bereits ausgeliefert wurden, eventuell noch einmal nachgerüstet werden müssen bzw. ein Update benötigen. Dies wird sicherlich, wenn es denn so ist, kein großes Problem darstellen. Es zeigt allerdings, dass die ganze Hardware noch nicht völlig ausgereift ist.

Auch was die Förderung der Kartenlesegeräte angeht, gibt es noch Schwachstellen. In einer Praxis mit bis zu drei Ärzten bekommt man nur ein Lesegerät erstattet. Das ist aus meiner Sicht zu wenig, sowohl für den regulären Praxisbetrieb als auch zum Beispiel für den Nachtdienst mit mehreren Ärzten. Ich glaube, dass da gerade größere Praxen wahrscheinlich noch einmal nachrüsten müssen, was nach derzeitigem Stand allerdings nicht finanziell gefördert wird.

Ein weiteres Problem ist, dass viele Patienten noch die alten Gesundheitskarten haben, die mit den neuen Geräten gar nicht mehr lesefähig sind. Und bis diese alle von den Krankenkassen ausgetauscht werden können, wird es sicher noch dauern. Hier habe ich schon Bedenken, dass die Krankenkassen vielleicht erst einmal überfordert sind, wenn dann auf einmal eine Flut von Anfragen kommt. Das heißt, selbst wenn man als Praxis dann angeschlossen ist, kann es auch von dieser Seite zu zusätzlichen Beeinträchtigungen kommen. In meinen Augen sind noch viele Dinge ungeklärt, die dann erst im Praxisalltag so richtig zu Tage treten werden.

Welche Konsequenz ziehen Sie daraus für Ihre eigene Praxis: Planen Sie trotzdem bereits den Anschluss an die TI? Oder warten Sie lieber noch ab?

Leunert: Wir schrecken derzeit noch davor zurück, unsere gesamte EDV mit den TI-Komponenten umzurüsten, um dann vielleicht ein System zu haben, das noch nicht wirklich rund läuft und ausgereift ist.

Außerdem haben wir, was unseren Telefon- und Internetanschluss betrifft, derzeit noch gar nicht die Voraussetzungen, um unsere Praxis an die TI anschließen zu können. Wir wollen uns also zunächst erst einmal internetmäßig aufrüsten und eine eigene DSL-Leitung einrichten lassen, die dafür notwendig ist. Das würde ich auch alle Kolleginnen und Kollegen raten: Als erstes einmal die Leistung der anliegenden Internetleitung prüfen zu lassen.

Ansonsten warten wir aber erst einmal ab. Ich vertraue da nun auf die KBV und Dr. Kriedel und Dr. Gassen, die angekündigt haben, dass nachverhandelt wird und dass weitere Firmen mit ihren Geräten im ersten Halbjahr auf den Markt kommen werden. Deshalb schließe ich auch nicht aus, dass ich möglicherweise im dritten Quartal dann auch eine Bestellung aufgebe. Aber im Moment sind wir da eher zurückhaltend. Ich warte lieber, bis die Technik ausgereift ist und dann angeschlossen wird, wenn sie auch direkt funktioniert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Anne Faulmann.

Interview: „Ich denke, die Beobachtungsphase ist vorbei.“

Berlin – Viele Ärzte warten mit dem Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) noch ab, da der notwendige Konnektor nach wie vor nur von einem Hersteller angeboten wird. Andere haben den Schritt bereits gemacht und die neue Technik in ihrer Praxis installieren lassen. Einer davon ist BVOU-Mitglied Dr. Peter Kalbe, niedergelassener Facharzt für Chirurgie sowie Orthopädie und Unfallchirurgie in einer Gemeinschaftspraxis in Niedersachsen. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen und erklärt, was Kolleginnen und Kollegen beachten sollten.

Herr Dr. Kalbe, warum haben Sie sich dazu entschlossen, sich bereits frühzeitig an die TI anzuschließen?

Dr. Peter Kalbe: Grundsätzlich sind wir bei neuen Technologien immer früh dabei gewesen, um sie zu testen und ihre Vorteile nutzen zu können. Wir haben frühzeitig eine EDV eingeführt und sind seit langem eine papierlose Praxis. Auch den Anschluss an die TI sehe ich vor allem als Einstieg in eine neue Technologie, die uns künftig eine einfachere und sicherere Kommunikation ermöglichen kann, gerade zum Beispiel über den eArztbrief. Dieser wäre für uns vor allem auch für die Kommunikation mit dem Krankenhaus vor Ort, mit dem wir kooperieren, von großem Vorteil. So könnten wir endlich von dem veralteten Kommunikationsmittel Fax-Arztbrief wegkommen.

Außerdem wollte ich nicht in den Pulk von Installationen geraten, der jetzt zu erwarten ist. Denn je weiter das Jahr voranschreitet, desto schwieriger wird es sicher werden, noch Termine für den Anschluss zu bekommen. Ein weiteres Argument ist natürlich auch die finanzielle Förderung. Nach der jetzt gültigen Finanzierungsvereinbarung ist es ja so, dass die Erstattungsbeträge ab dem dritten Quartal 2018 deutlich absinken werden. Zwar plant die KBV, hier nochmals nachzuverhandeln. Aber man kann nicht sicher sein, dass sie damit auch erfolgreich sein wird.

Wie sind Sie vorgegangen und wie lange hat es bei Ihnen insgesamt gedauert – vom Einholen eines Angebots bis zur Installation in Ihrer Praxis?

Kalbe: Es war ein kontinuierlicher Prozess, der sich über das letzte Jahr hingezogen hat, seit wir die ersten Informationen erhalten haben. Aber die definitive Entscheidung ist im Spätsommer letzten Jahres gefallen. Wir haben uns für ein Komplettpaket zu einem Festpreis entschieden, wobei uns vertraglich zugesichert wurde, dass tatsächlich nur die Kosten berechnet werden, die auch von den Kassen refinanziert werden, sofern eine eventuelle Verzögerung in der Verantwortung des Anbieters liegt. Das kann ich jedem nur empfehlen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir auch bereits einen festen Installationstermin erhalten, der für den 20. Dezember angelegt wurde. Das heißt, es waren also einige Monate Vorlauf.

Die SMC-B-Karte habe ich dann, sobald es möglich war, bei der Bundesdruckerei beantragt. Das war ungefähr Anfang Dezember und damit schon etwas zeitkritisch. Denn die Karte und die zugehörige PIN mussten pünktlich zum Installationstermin in der Praxis sein. Beides wurde allerdings nicht zusammen, sondern einzeln nacheinander zugeschickt. Leider kam der PIN-Brief dann auch nicht pünktlich zum 20. Dezember in unserer Praxis an, sodass die Installation an dem Tag nicht komplett abgeschlossen werden konnte. Unser Techniker musste sich danach noch einige Male per Fernwartung zuschalten, um noch die Softwareangleichung und alles Weitere vorzunehmen.

So konnten wir den ersten Stammdatenabgleich leider auch nicht mehr wie geplant im alten Jahr durchführen, sondern erst am 2. Januar 2018. Dadurch hätten wir im Grunde einige hundert Euro an Fördergeldern für den Konnektor verloren. Faktisch waren wir durch unseren Vertrag abgesichert und mussten nur das bezahlen, was uns von den Kassen zum Zeitpunkt des ersten Stammdatenabgleichs erstattet wurde.

Wie lange hat die eigentliche Installation bei Ihnen gedauert? Und hat sie den Praxisbetrieb beeinträchtigt?

Kalbe: Wir haben eine große Praxis mit einer zusätzlichen Zweitpraxis. Dadurch war es etwas aufwendiger, weil wir in zwei Betriebsteilen installieren mussten. So haben wir insgesamt einen knappen Arbeitstag gebraucht. Aber in einer normalen Praxis ist wohl ein Zeitraum von etwa zwei bis drei Stunden das normale Maß, wie ich auch von anderen Kollegen aus orthopädischen Praxen gehört habe. Außerdem muss man natürlich bedenken, dass wir uns bereits sehr früh für einen Anschluss entschieden haben und damit auch noch einige technische Schwierigkeiten hatten. So ist das bei einem solchen neuen System nun einmal. Deshalb kann man unsere Praxis hier auch nicht unbedingt als Benchmark heranziehen. Die Kollegen, die jetzt installieren, berichten mir, dass bei ihnen alles problemlos läuft.

Der Praxisbetrieb wurde durch die Installation eigentlich nicht beeinträchtigt. Da die EDV nicht komplett heruntergefahren werden muss, kann alles nebenher installiert werden. Das ist also problemlos während des laufenden Betriebes möglich.

Sind Sie mit der neuen Technik gut zurechtgekommen? Gab es Dinge, die für Sie neu waren oder vielleicht zunächst nicht ganz klar?

Kalbe: Sowohl bei den neuen E-Health-Kartenterminals als auch bei der SMC-B-Karte war uns zunächst nicht ganz klar, wie viele wir brauchen würden, da wir mehrere Ärzte sind und zwei Betriebsteile haben. Gerade bei den SMC-B-Karten gab es am Anfang sehr unterschiedliche Angaben. Wir hatten aufgrund einer falschen Information für jeden Betriebsteil dann eine solche Karte bestellt. Das brauchten wir aber eigentlich gar nicht, denn die Regel ist: pro Betriebsstätten-Nummer (BSNR) eine SMC-B-Karte.

Es kann natürlich sein, dass man bei verschiedenen Betriebsteilen, die jeweils ein eigenes Netz haben, dann auch zwei Konnektoren braucht. Aber bei uns laufen beide Betriebsteile über einen Server. Dementsprechend haben wir auch nur einen Konnektor und brauchen dafür auch nur eine SMC-B-Karte. Diese wird dann in ein E-Health-Kartenterminal eingesetzt und der Zugang zum TI-Netzwerk damit freigeschaltet. Es können dann mehrere Kartenlesegeräte darüber mit eingebunden werden.

Wir haben zunächst nur ein Kartenlesegerät pro Betriebsteil bestellt, um zu testen, ob das ausreichend ist, und im Moment kommen wir damit sehr gut hin. Denn das Gerät kann auch von mehreren Plätzen aus angesteuert werden, weil es anders als früher nicht mehr direkt an einen Computer angeschlossen, sondern zentral in das gesamte Netzwerk eingebunden ist. Auch das war uns am Anfang einfach noch nicht klar. Deshalb war es in gewisser Hinsicht auch ein bisschen Learning by doing.

Lief die Technik bei Ihnen bisher reibungslos? Oder gab es am Anfang im Praxisbetrieb technische Schwierigkeiten?

Kalbe: Ja, die gab es. Anfangs mussten wir das System teils neu hochfahren, weil noch nicht alles zuverlässig funktioniert hat. Aber das kommt bei einer solchen neuen Technik, die im großen Rahmen ausgerollt wird, auch nicht ganz unerwartet. Wir haben hier aber immer schnell Hilfe erhalten, da wir einen direkten Ansprechpartner haben und die Probleme schnell beseitigt werden konnten. Mittlerweile läuft das System stabil.

Es kursiert derzeit die Information, dass der verfügbare Konnektor technisch bereits wieder veraltet sei und hier demnächst ein Update notwendig würde. Ist Ihnen das bekannt und hat Sie Ihr Anbieter dazu bereits informiert?

Dieses Gerücht – und mehr ist es ja auch nicht – habe ich auch vernommen. Der Hersteller sowie auch die gematik, als zulassende Institution für alle TI-Komponenten, haben das mittlerweile als haltlos bezeichnet. Die diskutierte Größe des Hauptspeichers (RAM) des Konnektors sei kein behindernder Faktor für die zukünftigen Anwendungen. Dies kann ich als Anwender natürlich nicht beurteilen. Sollte es später durch einen zu kleinen Hauptspeicher des Konnektors tatsächlich zu Problemen kommen, setze ich auf die Kulanz des Anbieters bei einem eventuell notwendigen Austausch.

Wie hat sich die tägliche Arbeit in Ihrer Praxis seit dem Anschluss verändert? Nimmt der Stammdatenabgleich mehr Zeit in Anspruch?

Kalbe: Nein, bei den modernen Karten ist der Abgleich in einigen Sekunden erledigt. Für gewöhnlich wechselt man ja ohnehin ein paar Worte mit dem Patienten. In dieser Zeit können problemlos die Stammdaten abgeglichen werden. Das bedeutet, wie ich ganz klar sagen muss, überhaupt keine Beeinträchtigung des Praxisbetriebes.

Kleinere Probleme gab es allerdings dadurch, dass relativ viele Patienten noch die alten Gesundheitskarten der ersten Generation bei sich haben und man ihnen zunächst erklären muss, dass diese nicht mehr gültig sind und sie eine neue Karte beantragen müssen. Aber die KV Niedersachsen hat für diesen Fall ein hilfreiches Informationsblatt entworfen, das man dem Patienten aushändigen kann.

Was sollten Ärzte beachten, die den TI-Anschluss noch vor sich haben?

Kalbe: Ich würde auf jeden Fall raten, jetzt aktiv zu werden und sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen. Ich denke, die Beobachtungsphase ist vorbei. Wir hören auch, dass viele andere Kollegen den Anschluss jetzt beantragt und sich Termine gesichert haben.

Wenn man ein gutes Angebot von einem Hersteller erhält, spricht meines Erachtens nichts dagegen, dieses auch wahrzunehmen. Wichtig dabei ist, dass einem vertraglich zugesichert wird, dass man nur das bezahlen muss, was auch refinanziert wird. Am besten sollte man, wenn möglich, eine Pauschale vereinbaren. Denn es ist völlig unwägbar, welche technischen Schwierigkeiten in der eigenen Praxis-Konstellation vielleicht auftreten können. Außerdem ist es aus strategischen Gründen sinnvoll, alles über einen Anbieter laufen zu lassen. Dann hat man auch einen eindeutigen Ansprechpartner, wenn Probleme oder Fragen auftreten sollten. Wenn man zum Beispiel gute Erfahrungen mit dem eigenen Systemhaus und dessen Partnern hat – mit denen man ja meistens auch schon längere Zeit zusammenarbeitet, dann kann man sich durchaus auch dafür an sie wenden, wenn es entsprechende Angebote gibt.

Das ist natürlich leicht gesagt, aber auch nicht immer einfach. Denn nach meinen Informationen bieten noch nicht einmal alle Anbieter von Praxisverwaltungssystemen das entsprechende Software-Update für die TI an. Außerdem gibt es auch nach wie vor nur einen zertifizierten Konnektor, obwohl mehrere weitere angekündigt sind.

Aufgrund dieser technischen Schwierigkeiten steht die TI nach wie vor oft in der Kritik. Viele Ärzte bleiben zögerlich. Denken Sie, dass sich bis zum Ende des Jahres alle Arztpraxen an die TI anschließen können und werden?

Kalbe: Ich halte es aus organisatorischer Sicht für eher unrealistisch, dass sich bis zum Ende des Jahres alle anschließen können. Gleichzeitig halte ich es für nicht tragbar, wenn die Ärzte, nur weil sie vielleicht nicht mehr rechtzeitig einen Termin für den Anschluss bekommen haben, dann auf den Kosten sitzen bleiben oder sogar mit Honorareinbußen zu rechnen haben, weil sie ab dem 1. Januar 2019 noch keinen Stammdatenabgleich durchführen können.

Die Ärzteschaft setzt sich auf vielen Ebenen für eine weitere Fristverlängerung ein und dafür, dass auch die Erstattungsbeträge erneut nachverhandelt werden, damit die Kolleginnen und Kollegen nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Aber gerade deshalb sollten nun auch die Ärzte selbst aktiv werden und zeigen, dass sie sich dieser neuen Technik nicht verschließen. Nur so kann man auch sinnvoll gegenüber der Politik argumentieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Anne Faulmann.

Patientenleitlinie: Behandlung von Rückenschmerzen

Gemeinsame Pressemitteilung von DGOU und BVOU

zum Tag der Rückengesundheit am 15. März 2018

Patientenleitlinie zeigt Menschen mit Rückenschmerzen Behandlungsoptionen auf

Berlin, 08.03.2018: Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) und der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) weisen anlässlich des Tages der Rückengesundheit am 15. März 2018 auf die Nationale VersorgungsLeitlinie nicht-spezifischer Kreuzschmerz (NVL) als Version für Patienten hin. Die Patientenleitlinie informiert Betroffene darüber, wie Kreuzschmerzen aus ärztlicher Sicht eingeordnet und behandelt werden können. Beispielsweise erklärt sie, warum Bewegung statt Bettruhe bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen wichtig ist und Ärzte häufig nicht sofort eine Bildgebung veranlassen. Die 100-seitige Publikation können sich Betroffene auf der Website des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) unter www.patienten-information.de herunterladen. Zu den wichtigsten Empfehlungen liegen Kurzinfos von je einer Seite vor. „Vielfach suchen Patienten nach vertrauenswürdigen Quellen im Internet. Mit der Patientenleitlinie erhalten sie Einblick in die ärztliche Vorgehensweise bei Rückenschmerzen. Den behandelnden Mediziner kann die Leitlinie jedoch nicht ersetzen“, erläutert DGOU-Generalsekretär Prof. Bernd Kladny.

Die Patientenleitlinie richtet sich an Menschen mit Kreuzschmerzen, bei denen es keine Hinweise auf eine gefährliche Ursache oder krankhaft veränderte Strukturen als Ursache gibt – man spricht hierbei vom nicht-spezifischen Rückenschmerz. Wenn Kreuzschmerzen akut auftreten, erhoffen sich Patienten häufig Sicherheit durch ein Röntgenbild oder eine Magnetresonanztomographie (MRT). Bildgebende Diagnostik ist jedoch bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen zunächst überflüssig. „Fehlen Hinweise auf gefährliche oder spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen wie Frakturen, Infektionen oder einen Bandscheibenvorfall, helfen eine symptomatische Behandlung und Bewegung. Röntgen- oder MRT-Aufnahmen bringen da zu Beginn keinen Nutzen. Ein Gespräch mit dem Patienten und eine sorgfältige körperliche Untersuchung sind viel wichtiger“, erklärt BVOU-Präsident Dr. Johannes Flechtenmacher.

Die Patientenleitlinie überträgt die für Ärzte formulierten wissenschaftlichen Empfehlungen der NVL in eine allgemeinverständliche Sprache. Hinter nicht-spezifischen Rückenschmerzen steckt nur selten eine ernsthafte Erkrankung. In 60 bis 85 Prozent aller Fälle ist der Grund für die Schmerzen nicht eindeutig erkennbar. Stress, mangelnde Bewegung, verspannte Muskeln, aber auch psychische Belastungen können die Probleme auslösen. Die Schmerzen verschwinden innerhalb weniger Wochen von selbst. „Wichtig ist, auch bei Rückenschmerzen in Bewegung zu bleiben“, sagt Dr. Matthias Psczolla, Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Manuelle Medizin und Spezielle Schmerztherapie. „Denn moderate Bewegung stärkt die Rückenmuskulatur, schmiert die Gelenke und massiert die Bandscheiben. Dies ist wichtig für einen gesunden Rücken. Muskeln, Wirbel, Bandscheiben, Gelenke und Bänder müssen perfekt zusammenspielen, damit sich der Rücken gut bewegen kann und funktioniert. Bettruhe dagegen ist schädlich, denn sie kann die Beschwerden verstärken.“

Die wichtigsten Empfehlungen der Patientenleitlinie Kreuzschmerz:

Zurückhaltende Diagnostik: Beim Fehlen „roter Fahnen“ als Warnhinweis auf eine gefährliche Erkrankung soll der Einsatz bildgebender Verfahren erst geprüft werden, wenn die Schmerzen länger als vier bis sechs Wochen anhalten.

Bewegung statt Bettruhe: Ärzte sollen Patienten zu körperlicher Aktivität auffordern und von Bettruhe abraten. Denn werden die Muskeln geschont, werden sie schnell schwach. Jede Art von Bewegung ist hilfreich bei der Genesung.

Schmerzmittel: Wenn Kreuzschmerzen so heftig sind, dass Betroffene eine Schonhaltung einnehmen, können schmerzlindernde Medikamente helfen. Sie können unterstützen, damit Schmerzen nicht so stark wahrgenommen werden und die so wichtige Bewegung möglich ist.

Psyche und soziales Umfeld beachten: Bereits beim ersten Arztkontakt sollen Belastungen im persönlichen Umfeld des Patienten, Schwierigkeiten mit der Familie oder dem Arbeitsplatz besprochen werden, damit die Rückenschmerzen nicht chronisch werden.

Massage, Akupunktur & Co: Massage und Akupunktur gelten als Verfahren, die eher passives Verhalten fördern. Sie sollten deshalb nicht oder nur in Verbindung mit aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden.

Chronische Schmerzen – Kombinierte Behandlung: Bessern sich Kreuzschmerzen nach einigen Wochen nicht, sollten unterschiedliche Behandlungsansätze kombiniert werden. Ein Schwerpunkt bleibt die Bewegung, daneben können psychologische Therapieangebote, medikamentöse Schmerzbehandlung und Maßnahmen zur Stressbewältigung eine Rolle spielen.

Hintergrund:

Grundlage für die Patientenleitlinie ist die Nationale VersorgungsLeitline (NVL) Nicht-spezifischer Kreuzschmerz. Die 2. Auflage wurde 2017 von Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlicht. Sie entstand in Zusammenarbeit mit zahlreichen Organisationen und Fachgesellschaften. Daran beteiligt waren auch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) und die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU).

Veranstaltungshinweis:

Das Thema Wirbelsäule ist eines der Schwerpunktthemen auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 23. bis 26. Oktober 2018 in Berlin.

Kontakt für Rückfragen:

Susanne Herda, Swetlana Meier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06 oder -00
E-Mail: presse@dgou.de

Sabine Rieser
Leitung Kommunikation und Pressearbeit
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU e.V.)
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 797 444 51
E-Mail: sabine.rieser@bvou.net

BÄK: Fragen und Antworten zu Antikorruption

Berlin – Die Verunsicherung darüber, wie das seit Juni 2016 geltende Antikorruptionsgesetz in der praktischen Umsetzung korrekt anzuwenden ist, hält an. Vor allem Fragen der angemessenen Vergütung von Leistungen sind nach Meinung vieler Ärztinnen und Ärzte noch offen. Eine Projektgruppe „Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ der Bundesärztekammer (BÄK), die von deren Vorstand gegründet wurde, hat vor kurzem damit begonnen, wichtige Fragen aufzugreifen und zu beantworten. Dieser Fragen-Antworten-Katalog wird nach und nach erweitert.

Neben grundsätzlichen Erläuterungen zum Gesetz enthält die Übersicht auch zahlreiche Fallkonstellationen, deren Problematik und (mögliche) Unlauterkeit beschrieben wird. Zu den Beispielen zählt eine Konstellation, nach der sich zwei Orthopäden, die eine Berufsausübungsgemeinschaft betreiben, mit jeweils 25 Prozent an einer Sanitätshaus GmbH im Gebäude der Praxis beteiligt haben. Weitere Beispiele befassen sich mit einem Vertrag eines niedergelassenen Arztes, der im Umfang von 13 Wochenstunden als Teilzeitangestellter in einem Krankenhaus arbeitet, sowie der Vereinbarung eines niedergelassenen Arztes, der honorarärztlich in einem Krankenhaus tätig ist. Vereinbart sind für ihn keine festen Arbeitszeiten, sondern er wird bei Bedarf zur Behandlung einzelner Patienten angefordert.

Genauere Erläuterungen zu den einzelnen Fallbeispielen finden Sie in den PDFs anbei sowie auf den Seiten der Bundesärztekammer.