Archiv für den Monat: Januar 2018

Bundeskongress Chirurgie „Gemeinsam stark“

Nürnberg – Fortbildung, Innovationsbereitschaft und ökonomisches Handeln sind feste Bestandteile der chirurgischen Tätigkeit. Darauf setzt auch der Bundeskongress Chirurgie 2018, der vom 23. bis 24. Februar im Nürnberg Convention Center stattfindet.

Die unfallchirurgisch-orthopädischen Schwerpunkte liegen in diesem Jahr auf Verletzungen des Beckens sowie der Wirbelsäule. Unter dem Motto „Ran an den Rücken“ werden auch konventionelle Behandlungsmöglichkeiten des akuten und chronischen Rückenschmerzes diskutiert.

Wissenschaftliche Veranstalter der Bundeskongresses Chirurgie sind der Berufsverband der niedergelassenen Chirurgen Deutschland e.V. (BNC), der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) und der Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. (BAO).

Aktuelle S2k-Leitlinie Gonarthrose liegt vor

Berlin – „Die Behandlung von Gonarthrosen ist eine zentrale Aufgabe von Fachärzten und Fachärztinnen für Orthopädie und Unfallchirurgie. Deshalb ist die neue Leitlinie eine Hilfe für ambulant wie stationär tätige Kolleginnen und Kollegen.“ Mit diesen Worten hat Dr. Johannes Flechtenmacher, Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU), die aktuelle Veröffentlichung der Leitlinie Gonarthrose kommentiert.

Sie ist seit Kurzem auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fallgesellschaften e.V. (AWMF) zu finden. Die S2k-Leitlinie Arthrose trägt die Registernummer 033-004. Federführend war die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOOC).

Die Leitlinie soll dem Report zufolge dazu dienen, die Sicherheit bei Diagnose und Therapie der Gonarthrose zu erhöhen. „Ich bin überzeugt davon, dass damit eine sinnvolle Entscheidungshilfe für den Versorgungsalltag zur Verfügung steht“, betonte Flechtenmacher. „Das gilt ganz besonders für komplizierte Fallkonstruktionen. Wichtig ist, und das unterstützt die Leitlinie, nicht die Gonarthrose zu behandeln, sondern den betroffenen Patienten. Hierfür sind die aufgezeigten verschiedenen Therapiealgorithmen eine Hilfe.“

G-BA fasst Beschluss zu ASV Rheuma

Berlin – Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie müssen nicht zwingend zum sogenannten Kernteam für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) im Bereich der rheumatologischen Erkrankungen gehören. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Ende vergangenen Jahres beschlossen. Die gesamte Entscheidung zur ASV, auch die über diese Öffnungsklausel, liegt derzeit zur Prüfung beim Bundesgesundheitsministerium. Für die Zugehörigkeit zum Kernteam hatte sich in den vergangenen Monaten das Referat Orthopädische Rheumatologie des BVOU unter Leitung von Dr. Uwe Schwokowski und Prof. Wolfgang Rüther eingesetzt.

Seit 1. April 2014 gibt es mit der ASV ein neues Behandlungsangebot für Patienten, die an einer schweren oder seltenen Erkrankung leiden. Die Behandlung erfolgt durch interdisziplinäre Ärzteteams in Praxen und Kliniken. Erstmals sollen Vertragsärzte und Krankenhausärzte gemeinsam die ambulante hochspezialisierte Versorgung zu gleichen Rahmenbedingungen übernehmen. Details regelt der G-BA. Wegen des Umfangs der Regelungen und der kaum überschaubaren Detailvorgaben hat er sich allerdings schon viel Kritik gefallen lassen müssen.

Nach zwei Monaten Suche geht es auch ohne O und U im Kernteam

Zuletzt wurde die ASV für rheumatologische Erkrankungen auf den Weg gebracht. Im Wortlaut heißt es im jüngsten Beschluss zum Unterpunkt „personelle Anforderungen“: „Die Voraussetzungen zur Beteiligung des Fachgebiets Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie im ASV-Team entfällt, wenn in dem für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung relevanten Einzugsbereich kein geeigneter Kooperationspartner vorhanden ist oder dort trotz ernsthaften Bemühens innerhalb eines Zeitraumes von mindestens zwei Monaten kein zur Kooperation bereiter geeigneter Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie zu finden ist.“

G-BA: Zu wenig Orthopäden mit Zusatzweiterbildung Rheumatologie

Der G-BA überarbeitete damit einen Beschluss von Dezember 2016 zur ASV Rheuma und legte vor allem Leistungskonkretisierungen fest. Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA, erklärte, es wäre nicht sachgerecht gewesen, „das Zustandekommen von Rheuma-ASV-Teams daran scheitern zu lassen, dass die Zahl der Orthopäden mit rheumatologischer Zusatzweiterbildung stark rückläufig ist“.

Nach der Statistik der Bundesärztekammer für das Jahr 2016 besaßen 116 berufstätige Ärztinnen und Ärzte aus O und U die Zusatzbezeichnung. Dies entsprach einer Zunahme um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr und keinem Rückgang. Über den Schwerpunkt Rheumatologie verfügten 2016 weiterhin noch 379 Ärztinnen und Ärzte aus O und U, über eine Anerkennung des Teilgebiets Rheumatologie 16.

In dem Dokument „Tragende Gründe zum Beschluss des G-BA“ werden die Entscheidungsgründe näher benannt. Dort wird angeführt, der Bedarf, bei rheumatologischen Erkrankungen einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie heranzuziehen, habe in den letzten Jahren deutlich abgenommen: „Ehemals häufige Spätkomplikationen, die eine operative Intervention und den Einbezug nötig gemacht hatten, treten unter den neuen konservativen Therapieverfahren nur noch sehr selten auf. So kann eine fortschreitende Gelenkzerstörung bei einem Großteil der Patienten vermieden werden.“

G-BA: Biologika haben Therapienotwendigkeiten verändert

Allenfalls ältere, schon länger erkrankte Patienten sowie solche, die Biologika nicht vertrügen, würden von der Expertise der Orthopäden mit Zusatzweiterbildung Rheuma profitieren. Allerdings verfügten über diese nur sehr wenige: „In Anbetracht der erkennbar geringen Notwendigkeit, einen derart spezialisierten Facharzt in der Behandlung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen einzubeziehen, und der begrenzten Verfügbarkeit dieser spezialisierten Orthopäden und Unfallchirurgen, wurde eine Öffnungsklausel vorgesehen.“

Diese wird auch damit begründet, dass in Deutschland „derart große Distanzen zwischen Rheumatologen und Orthopäden und Unfallchirurgen mit Zusatzweiterbildung liegen, dass eine Kooperation im Sinne der ASV nicht zweckmäßig erscheint. Zudem erfüllt eine Vielzahl dieser Fachärzte nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an der ASV“. Dazu zählt unter anderem, dass jeder Arzt mit Interesse an der ASV pro Jahr mindestens 240 erwachsene Rheumapatienten behandeln muss.

Derzeit können sechs Krankheitsbilder in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) behandelt werden. In den Anlagen zur ASV-Richtlinie wurde unter anderem festgelegt, aus welchen Fachrichtungen sich das behandelnde ASV-Team zusammensetzt, welche Ärzte bei Bedarf hinzugezogen werden können und welche Leistungen zum Behandlungsumfang gehören.

Wiedereröffnung des Deutschen Orthopädiemuseums

Frankfurt am Main – Deutschlands einziges Museum über die Entwicklung der Orthopädie und die Behandlung orthopädischer Erkrankungen wurde nach einem Jahr Umbau am 12. Januar 2018 in Frankfurt am Main wiedereröffnet. Das „Deutsche Orthopädische Geschichts-und Forschungsmuseum“ in den Räumen der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim ist Spiegelbild der rasanten Entwicklung der Orthopädie in Deutschland seit den Anfängen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

„Wir sind sehr froh darüber, das Museum nach monatelanger Umbauphase dem Publikum wieder zugänglich machen zu können,“ freut sich Prof. Andrea Meurer, Ärztliche Direktorin und Geschäftsführerin der Orthopädischen Uniklinik sowie 1. Vorsitzende des Trägervereins des Museums. „Die Ausstellung ist sowohl für Nichtmediziner als auch für Mediziner verständlich und veranschaulicht wie wichtig die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates ist – vom Kind bis zum älteren Menschen.“

Die Sammlung gibt anhand vieler historischer Original-Exponate Einblick in die Entwicklung der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Zu sehen sind unterschiedlichste technische Hilfsmittel, die in den vergangenen Jahrhunderten behinderten Menschen halfen, beweglich zu bleiben. In der Museumsbibliothek dokumentieren mehr als 5.700 Bücher drei Jahrhunderte Orthopädiegeschichte. Das 1959 gegründete Deutsche Orthopädische Geschichts- und Forschungsmuseum war bis 1995 in Würzburg untergebracht. Angesicht der wachsenden Fülle von Exponaten erfolgte die Verlegung in Räumlichkeiten des Klinikums Friedrichsheim in Frankfurt.

Geöffnet ist das Museum von Montag bis Freitag zwischen 10 und 12 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Führungen außerhalb der Öffnungszeit sind nach Vereinbarung möglich.

Nachwuchsförderung auf dem VSOU 2018

Baden-Baden – Die Nachwuchsförderung ist seit Jahren ein wesentlicher Bestandteil des VSOU-Kongresses. Auch auf der diesjährigen 66. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen e.V. sollen die Nachwuchskräfte mit einem attraktiven Programm für das facettenreiche Fach O und U begeistert werden. Die Veranstaltung findet vom 26. bis 28. April 2018 im Kongresshaus Baden-Baden unter der Leitung von Prof. Steffen Ruchholtz und Prof. Maximilian Rudert statt.

 „Unser Ziel ist es, die angehenden Kollegen von der Vielfältigkeit und den Möglichkeiten unseres Fachgebietes zu überzeugen“, erklärt Ruchholtz. Neben dem Tag der Vorklinik und einer Podiumsdiskussion in Zusammenarbeit mit dem Jungen Forum O&U werden ferner Fortbildungskurse für den Nachwuchs veranstaltet. „Die geplante Arthroskopie-Challenge an Simulatoren bietet für die angehenden und jüngeren Kollegen eine Basis, ihr Geschick in einem Wettkampf zu erproben“, hebt Rudert hervor.

Die wissenschaftlichen Kurzvorträge bieten zudem dem wissenschaftlich tätigen Nachwuchs die Möglichkeit, ihre Ergebnisse dem kritischen Publikum in einem wohlwollenden Rahmen zu präsentieren und sich so auf weitere Kongresse vorzubereiten. Zu jedem Hauptthema wird der beste Vortrag mit dem VSOU-Vortragspreis 2018 ausgezeichnet. Der Preis ist mit jeweils 500 Euro dotiert.

Neu: Arthroskopie-Challenge

Ein Highlight auf dem Kongress 2018 ist die Arthroskopie-Challenge. „Verblüffend echt“ und „ein ausgezeichnetes Learning-Tool“ – das sind zwei vielfach geäußerte Stimmen zu den hochwertigen ASK-Simulatoren, die hier zum Einsatz kommen. Assistenten und Studenten mit ersten operativen Erfahrungen können an den Arthroskopie-Simulatoren trainieren und ihr operatives Können unter Beweis stellen. Die Teilnehmer mit den höchsten Punkte-Scores werden durch die VSOU prämiert.

Bürgerversicherung anscheinend vom Tisch

Berlin – Die Führungsspitzen von CDU/CSU und SPD haben sich darauf geeinigt, Gespräche über die Bildung einer großen Koalition aufnehmen zu wollen. Die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche haben sie in einem knapp 30-seitigen Papier zusammengefasst, das dem BVOU vorliegt. Das Thema Bürgerversicherung wird in der Vereinbarung nicht mehr erwähnt. Union und SPD haben aber festgehalten, die Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wieder einführen zu wollen. Auch sollen schrittweise kostendeckende Beiträge zur GKV aus Steuermitteln für Bezieher von Arbeitslosengeld II aufgebracht werden.

In Krankenhäusern sollen für alle bettenführenden Abteilungen Personaluntergrenzen eingezogen werden, nicht nur für pflegeintensive Bereiche. SPD und Union streben zudem eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen an, „verbunden mit der Nachweispflicht, dass dies auch tatsächlich bei den Beschäftigten ankommt“. Weiter wurde festlegt, Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen auszubauen und eine sektorenübergreifende Versorgung besonders bei der Notfallversorgung durch „nachhaltige Schritte“ einzuleiten. Außerdem seien erhöhte Investitionen in Krankenhäusern für Umstrukturierungen, neue Technologien und Digitalisierung notwendig, heißt es im Abschlusspapier.

Um den Schutz von Selbstständigen zu verbessern, soll eine „gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht“ eingeführt werden für die, die nicht anderweitig schon abgesichert sind. Die Mindestkrankenversicherungsbeiträge für kleine Selbstständige sollen reduziert werden.

Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sagte in einer ersten Reaktion, es habe „offenbar die Sachlichkeit obsiegt in den Sondierungsgesprächen, zumindest nach dem, was man bisher hat hören können“. Dies gelte auch für die Bürgerversicherung. „Wir haben sicherlich an der ein oder anderen Stelle Verbesserungsbedarf, aber es gab sicherlich überhaupt keine Notwendigkeit, hier einen Systemumbruch in Form einer Bürgerversicherung voranzutreiben mit unkalkulierbaren Folgen für die gesamte Versorgung und letztlich auch für die Beitragszahler.“ Es sei insofern gut, dass das Thema vom Tisch sei.

Vielfältige Reaktionen auf NC-Urteil

Berlin – Zum Jahreswechsel haben zahlreiche Akteure im Gesundheitswesen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin reagiert. Der Erste Senat hatte am 19. Dezember die Vorschriften als teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt und Nachbesserungen bis Ende 2019 angemahnt. Gegen die Abiturnote als Eignungskriterium für ein Medizinstudium bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken – sofern es mindestens ein weiteres Kriterium gibt. Den Hochschulen sind Spielräume bei der Studienbewerberauswahl zuzubilligen – aber sie müssen standardisiert, strukturiert und nachvollziehbar sein. Dass der Gesetzgeber für die Auswahlverfahren keine hinreichend breit angelegten Eignungskriterien vorgebe, sei nicht verfassungskonform. Außerdem kritisierte das Gericht den Verzicht darauf, die Wartedauer in der Wartezeitquote zu beschränken.

Montgomery: Patienten brauchen nicht nur Spitzenforscher

„Das Urteil beinhaltet eine heftige Ohrfeige für eine kleinstaatliche Bildungspolitik, die es nicht schafft, das Abitur bundesweit chancengleich und chancengerecht zu gewährleisten”, urteilte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Er sieht durch das Urteil auch den Vorschlag Kammer bestätigt, ein bundesweites Assessment durchzuführen: „Unsere Patienten brauchen nicht nur Spitzenforscher. Sie brauchen auch gute Ärzte mit sozialen Kompetenzen und der Bereitschaft, aufs Land zu gehen.“

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßte das Urteil. „Es berücksichtigt, dass es neben einer guten Note – die weiterhin wichtig bleiben wird – auch weitere und andere Faktoren gibt, die zeigen, ob ein Studienplatzbewerber auch ein guter Arzt sein könnte“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen.

Der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, forderte einen Ausbau der Studienplatzkapazitäten – und eine Vorbereitungszeit für Medizinstudenten in der Versorgung von mindestens sechs Monaten: „Hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen, und es werden somit wieder mehr Ärzte in der kurativen Versorgung arbeiten.“

Marburger Bund: Mehr Studienplätze – Ersatzbedarf wächst

Wie die Bundesärztekammer nutzte auch der Marburger Bund (MB) das Urteil, um eine Ausweitung der Studienplatzkapazitäten zu fordern: „Die Anzahl der Medizinstudienplätze hindert durch die Begrenzung auf ein Niveau, wie es 1990 in der alten Bundesrepublik bestand, viele geeignete Bewerber an der Aufnahme ihres Wunschstudiums“, sagte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des MB. „Auch deshalb brauchen wir mindestens zehn Prozent mehr Studienplätze.“ Ein solcher Kapazitätsausbau sei auch versorgungspolitisch geboten: „Der Ersatzbedarf an Ärzten wächst von Jahr zu Jahr – nicht nur wegen des allgemeinen demografischen Wandels, sondern vor allem auch wegen der Ruhestandswelle, die auf die Ärzteschaft zurollt, wenn die Babyboomer-Generation in den nächsten zehn bis 15 Jahren aus dem Beruf ausscheidet.“

Chancen auf einen Medizinstudienplatz sind drastisch gesunken

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit zwei Vorlagen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen befasst, wie bereits einer Pressemitteilung vom 8. August 2017 zu entnehmen war. Im Kern ging es um das Recht auf chancengleichen Zugang zum Hochschulstudium im Rahmen bestehender Ausbildungsplatzkapazitäten. Weiter hieß es: „Wegen der drastisch angestiegenen Zahl von Studienplatzbewerbern für Humanmedizin bei kaum gestiegener Zahl der verfügbaren Studienplätze hat sich die Kapazitätssituation zunehmend verschärft.“ Während zum Wintersemester 1994/95 noch jeder zweite Bewerber mit einem Studienplatz rechnen durfte, konnte dies 20 Jahre später im Wintersemester 2014/2015 fast nur noch jeder fünfte. Und: Die Dauer der Wartezeit für einen Studienplatz in der Wartezeitquote beträgt mittlerweile 15 Semester.

Bewegungsschienen: Vorbericht publiziert

Berlin – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht derzeit, ob Patientinnen und Patienten, die an Knie- oder Schultergelenk operiert wurden oder konservativ behandelt werden müssen, vom Training mit motorbetriebenen (passiven) Bewegungsschienen profitieren. Den vorläufigen Ergebnissen zufolge zeigen die Schienen bei drei von insgesamt sieben Vergleichen, die in Studien untersucht wurden, einen Vorteil – allerdings jeweils nur für einzelne Endpunkte, nämlich beim Schmerz oder beim Bewegungsumfang. Mit Ausnahme der Indikation Kniegelenksersatz sei die Studienlage „eher dürftig“, heißt es. Bis zum 30. Januar können Personen und Institutionen können noch Stellungnahmen zum Vorbericht abgeben.

Studienlage am besten nach Knie-Totalendoprothese

Insgesamt wurden 33 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) zu insgesamt sieben Fragestellungen einbezogen. Motorbetriebene Bewegungsschienen (Continuous passive Motion = CPM) wurden entweder im zusätzlichen Einsatz zur Physiotherapie untersucht oder als Ersatz für diese. Sechs der Studien bezogen sich auf Indikationen an der Schulter, die übrigen 27 auf das Knie.

Am besten ist dem IQWiG zufolge die Datenlage für die CPM als Zusatz zur Physiotherapie nach dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks. Aus den hierzu vorliegenden 21 Studien konnte das Institut Daten von insgesamt 1.649 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auswerten, bei den übrigen sechs Fragestellungen waren es dagegen jeweils weniger als 150.

Was den Endpunkt Bewegungsumfang betrifft, hat die CPM bessere Ergebnisse vorzuweisen, wenn sie ergänzend zu Physiotherapie unmittelbar nach dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks in der Klinik angewendet wird. Einen Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen zeigen die Daten allerdings nur, wenn das Knie mindestens sechs Stunden täglich trainiert wird. Bei weniger als sechs Stunden können Patientinnen und Patienten dagegen ihr Knie nicht besser beugen. Vorteile oder Nachteile zeigt die CPM bei dieser Indikation für keinen der übrigen Endpunkte, seien es Schmerz, Kniefunktion, Notwendigkeit erneuter Eingriffe oder Lebensqualität.

Schultersteife und Rotatorenmanschettenruptur: Weniger Schmerzen

Für die konservative Behandlung der Schultersteife lagen drei Studien mit insgesamt 128 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor, die CPM gegen Physiotherapie testeten. In Hinblick auf Schmerz zeigen die Ergebnisse einen Hinweis auf einen höheren Nutzen der CPM: „Dies ist allerdings der einzige Nutzenaspekt, bei denen CPM Patientinnen und Patienten laut Studien einen Vorteil bietet.“ Weniger Schmerzen haben demnach auch Patientinnen und Patienten mit einer Rotatorenmanschettenruptur, einer operationsbedürftigen Verletzung von Sehnen an der Schulter. Die hier maßgebliche Studie verglich Physiotherapie plus CPM mit Physiotherapie allein. Das IQWiG sieht hier einen Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen. Vorteile bei anderen Endpunkten lassen die Daten indes nicht erkennen.

Quelle: IQWiG 

Barmer: Physiotherapiekosten gestiegen

Berlin – Die Ausgaben für Hilfsmittel, die Barmer-Versicherte benötigen, sind im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent gestiegen (+ 84 Millionen Euro), die Ausgaben für Heilmittel um drei Prozent (+ 26 Millionen Euro). Die Gesamtausgaben für Hilfsmittel haben damit erstmals die Schwelle von einer Milliarde Euro bei der Barmer überstiegen. Die Ausgaben für Heilmittel betrugen rund 847 Millionen Euro. Die Anzahl der damit versorgten Versicherten blieb nahezu gleich. Allerdings gibt es nach Angaben der Barmer enorme regionale Unterschiede. Das geht aus dem jüngsten Heil- und Hilfsmittelreport der Krankenkasse hervor.

Physiotherapie benötigte drei Viertel der Heilmittelkosten

Drei Viertel der Heilmittelkosten gehen dem Bericht zufolge auf physiotherapeutische Behandlungen zu­rück. Im Jahr 2016 betrugen die Gesamtausgaben hierfür 537 Millionen Euro. Damit stiegen die Ausgaben für physiotherapeutische Leistungen in diesem Jahr absolut um 17,8 Millionen Euro. Die Ausgaben pro Versicherten verzeichnen dabei mit fast fünf Prozent pro Jahr einen kon­stanten Anstieg. Mehr als die Hälfte der physiotherapeutischen Behandlungen erfolgte aufgrund von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Die Kosten für Frauen liegen in nahezu allen Altersgruppen über denen der Männer im jeweils gleichen Alter. Mit zunehmendem Alter steigt das Kostendelta zwischen den Geschlechtern an. Als Therapiemodelle haben Massagen mit weniger als drei Prozent eine nachrangige Relevanz und eine rückläufige ökonomische Bedeutung.

Enorme regionale Spannbreite

„Betrachtet man die Physiotherapieausgaben pro Versicherten nach Bundesland, fällt die enorme Spannbreite auf“, heißt es weiter im Bericht. Sie reichte im Jahr 2016 von 50 Euro in Bremen bis zu 81 Euro in Sachsen und rund 82 Euro in Berlin. Hier seien weitere Analysen nötig, forderte Barmer-Vorstand Prof. Christoph Straub. Er prognostizierte weitere Steigerungen infolge des im April in Kraft getretenen Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes. Es sieht unter anderem vor, dass die Bindung von Budgetsteigerungen an die Entwicklung der Grundlohnsumme aufgehoben wird, sowie Modellversuche auf Basis eines sogenannten Blankorezepts. „Es besteht die Gefahr erheblicher Kostensteigerungen, wenn Patienten länger oder aufwändiger behandelt werden, als es rein medizinisch notwendig wäre“, warnte Straub.

Hausärzte sind Hauptverordner von Physiotherapie

Für den Bericht wurde auch analysiert, wer vor allem Physiotherapie verordnet. Hierzu heißt es: „Insgesamt sind es im Wesentlichen zwei Arztgruppen: Mit weitem Abstand führend ist die Gruppe der Hausärzte (rund 46 Prozent), mit etwa einem halb so großen Verordnungsanteil folgen die Orthopäden (rund 28 Prozent). Gemeinsam sind diese beiden Arztgruppen für etwa drei Viertel der Verordnungen verantwortlich.“

Quelle: Heil- und Hilfsmittelreport der Barmer

SpiFa-Argumente gegen Bürgerversicherung

Berlin – „Das Informationspapier ,Warum eine Bürgerversicherung zu einer echten Zweiklassenmedizin führt – Mythen und Legenden, politische Lügen und Wahrheiten‘ setzt sich mit den Argumenten der Befürworter auseinander und entzaubert die politischen Wunschvorstellungen, Fehlannahmen und Unwahrheiten.“ Mit diesen Worten hat der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa), Dr. Dirk Heinrich, auf eine neue Veröffentlichung hingewiesen. Gerade weil eine Bürgerversicherung nicht mit einem harten Schnitt kommen werde, sei es erforderlich, sich mit einzelnen Schritten dorthin und ihren Risiken zu befassen.

Heinrichs Argumente lauten zusammengefasst:

  1. In Deutschland besteht keine Zweiklassenmedizin, weil die medizinische Versorgung für gesetzlich und privat versicherte Patienten gleich ist.
  2. Privatversicherte entziehen sich nicht der Solidarität. Die Privatversicherung resultiert aus dem gesellschaftlichen Konsens, dass gutverdienende Bürger für sich selbst sorgen können.
  3. Die GKV wird durch die Bürgerversicherung nicht stabilisiert. Auch bislang Privatversicherte bringen eine Krankheitslast und damit Kostendruck in das System. Bei rund 80 Prozent der Privatversicherten liegt das Einkommen zudem unter der Beitragsbemessungsgrenze.
  4. Die PKV, das einzige System, das Altersrückstellungen vorsieht, wird durch ein vollständig umlagefinanziertes ersetzt. Damit wird die Generationengerechtigkeit weiter verschlechtert.
  5. In Aussicht gestellte Wahlmöglichkeiten von Versicherten werden faktisch abgeschafft. Am Ende eines fehlenden Wettbewerbs stehen Einheitskasse und Einheitsversicherung.
  6. Ein einheitliches Honorarsystem würde nicht zu mehr Gerechtigkeit führen. Es würde zudem zehn bis fünfzehn Jahre dauern, ein solches zu entwickeln. Die Ärzteschaft hat einen Anspruch auf eine eigenständige ärztliche Gebührenordnung, die ihre Leistungsfähigkeit und gesellschaftliche Verantwortung widerspiegelt.

Quelle: SpiFa