Berlin – Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie müssen nicht zwingend zum sogenannten Kernteam für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) im Bereich der rheumatologischen Erkrankungen gehören. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Ende vergangenen Jahres beschlossen. Die gesamte Entscheidung zur ASV, auch die über diese Öffnungsklausel, liegt derzeit zur Prüfung beim Bundesgesundheitsministerium. Für die Zugehörigkeit zum Kernteam hatte sich in den vergangenen Monaten das Referat Orthopädische Rheumatologie des BVOU unter Leitung von Dr. Uwe Schwokowski und Prof. Wolfgang Rüther eingesetzt.
Seit 1. April 2014 gibt es mit der ASV ein neues Behandlungsangebot für Patienten, die an einer schweren oder seltenen Erkrankung leiden. Die Behandlung erfolgt durch interdisziplinäre Ärzteteams in Praxen und Kliniken. Erstmals sollen Vertragsärzte und Krankenhausärzte gemeinsam die ambulante hochspezialisierte Versorgung zu gleichen Rahmenbedingungen übernehmen. Details regelt der G-BA. Wegen des Umfangs der Regelungen und der kaum überschaubaren Detailvorgaben hat er sich allerdings schon viel Kritik gefallen lassen müssen.
Nach zwei Monaten Suche geht es auch ohne O und U im Kernteam
Zuletzt wurde die ASV für rheumatologische Erkrankungen auf den Weg gebracht. Im Wortlaut heißt es im jüngsten Beschluss zum Unterpunkt „personelle Anforderungen“: „Die Voraussetzungen zur Beteiligung des Fachgebiets Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie im ASV-Team entfällt, wenn in dem für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung relevanten Einzugsbereich kein geeigneter Kooperationspartner vorhanden ist oder dort trotz ernsthaften Bemühens innerhalb eines Zeitraumes von mindestens zwei Monaten kein zur Kooperation bereiter geeigneter Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie zu finden ist.“
G-BA: Zu wenig Orthopäden mit Zusatzweiterbildung Rheumatologie
Der G-BA überarbeitete damit einen Beschluss von Dezember 2016 zur ASV Rheuma und legte vor allem Leistungskonkretisierungen fest. Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA, erklärte, es wäre nicht sachgerecht gewesen, „das Zustandekommen von Rheuma-ASV-Teams daran scheitern zu lassen, dass die Zahl der Orthopäden mit rheumatologischer Zusatzweiterbildung stark rückläufig ist“.
Nach der Statistik der Bundesärztekammer für das Jahr 2016 besaßen 116 berufstätige Ärztinnen und Ärzte aus O und U die Zusatzbezeichnung. Dies entsprach einer Zunahme um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr und keinem Rückgang. Über den Schwerpunkt Rheumatologie verfügten 2016 weiterhin noch 379 Ärztinnen und Ärzte aus O und U, über eine Anerkennung des Teilgebiets Rheumatologie 16.
In dem Dokument „Tragende Gründe zum Beschluss des G-BA“ werden die Entscheidungsgründe näher benannt. Dort wird angeführt, der Bedarf, bei rheumatologischen Erkrankungen einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie heranzuziehen, habe in den letzten Jahren deutlich abgenommen: „Ehemals häufige Spätkomplikationen, die eine operative Intervention und den Einbezug nötig gemacht hatten, treten unter den neuen konservativen Therapieverfahren nur noch sehr selten auf. So kann eine fortschreitende Gelenkzerstörung bei einem Großteil der Patienten vermieden werden.“
G-BA: Biologika haben Therapienotwendigkeiten verändert
Allenfalls ältere, schon länger erkrankte Patienten sowie solche, die Biologika nicht vertrügen, würden von der Expertise der Orthopäden mit Zusatzweiterbildung Rheuma profitieren. Allerdings verfügten über diese nur sehr wenige: „In Anbetracht der erkennbar geringen Notwendigkeit, einen derart spezialisierten Facharzt in der Behandlung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen einzubeziehen, und der begrenzten Verfügbarkeit dieser spezialisierten Orthopäden und Unfallchirurgen, wurde eine Öffnungsklausel vorgesehen.“
Diese wird auch damit begründet, dass in Deutschland „derart große Distanzen zwischen Rheumatologen und Orthopäden und Unfallchirurgen mit Zusatzweiterbildung liegen, dass eine Kooperation im Sinne der ASV nicht zweckmäßig erscheint. Zudem erfüllt eine Vielzahl dieser Fachärzte nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an der ASV“. Dazu zählt unter anderem, dass jeder Arzt mit Interesse an der ASV pro Jahr mindestens 240 erwachsene Rheumapatienten behandeln muss.
Derzeit können sechs Krankheitsbilder in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) behandelt werden. In den Anlagen zur ASV-Richtlinie wurde unter anderem festgelegt, aus welchen Fachrichtungen sich das behandelnde ASV-Team zusammensetzt, welche Ärzte bei Bedarf hinzugezogen werden können und welche Leistungen zum Behandlungsumfang gehören.