Schlagwort-Archive: handchirurgie

Infobrief 3 2021: Die kindliche Wirbelsäule

Berlin – Der Infobrief 3 2021 mit dem Titelthema „die kindliche Wirbelsäule“ ist erschienen!

Kinderorthopädie verlangt eine hohe Sachkunde. Nur wer die kindliche Entwicklung versteht, versteht auch das muskulo-skelettale System der Erwachsenen. Die behandlungsbedürftigen Erkrankungen der Kinder müssen rechtzeitig erkannt und sicher von den Störungen unterscheiden werden, bei denen nur beratend eingegriffen werden muss. In der derzeitigen Weiterbildung ist die Kinderorthopädie nur unzureichend abgebildet. 

Die Zeitschrift informiert BVOU-Mitglieder wie immer auch über Themen aus Verbandsarbeit, Berufspolitik und O&U. 

Den Infobrief erhalten BVOU-Mitglieder in diesen Tagen zugeschickt. Lesen Sie hier das Heft online.

Infobrief 2 2021: Regenerative Medizin in O&U

Berlin – Der Infobrief 2 2021 ist erschienen! Dieser Infobrief informiert Sie über die Fortschritte der regenerativen Medizin in der Orthopädie. Die Beiträge zeigen, dass wir gerade eine zunehmende Biologisierung der Therapien erleben. Dieser Trend ist die radikalste Antwort auf die enormen Herausforderungen durch die vielen altersbedingten muskuloskeletalen Erkrankungen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden. Wir helfen unseren Patientinnen und Patienten am besten, wenn wir ihre Knorpelschäden frühzeitig reparieren oder durch kluge Prävention dafür sorgen, dass erst gar keine Knorpelschäden auftreten. Eine kurative und präventive Medizin ist immer besser als eine rein symptombezogene Medizin. Beides ist allerdings nicht so einfach. Die Zeitschrift informiert BVOU-Mitglieder wie immer auch über Themen aus Verbandsarbeit, Berufspolitik und O&U. 

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Infobrief 1 2021: Aktuelles aus Handchirurgie

Berlin – Die neue Ausgabe des BVOU-Infobriefs ist fertig!  Dieser Infobrief informiert Sie über aktuelle Entwicklungen und Trends in der Handchirurgie. Wir möchten Ihnen anhand verschiedener Themen demonstrieren, wie vielseitig die Handchirurgie ist. BVOU-Mitgliedern in der Weiterbildung, soll Interesse an einem Fachbereich geweckt werden, in welchem hochpräzise, basierend auf anatomischen Kenntnissen, mit filigraner manueller Geschicklichkeit und hohem Respekt vor der Integrität des Weichgewebes operiert wird. Doch vor jeder Operation steht im Bereich der Hand, vielleicht noch mehr als in anderen Fachbereichen, die gut abgewogene Indikationsstellung. Namhafte Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie stellen einen Querschnitt von Krankheitsbildern, Verletzungen und Behandlungsmöglichkeiten aus speziellen handchirurgischen Schwerpunkten vor. Die Zeitschrift informiert BVOU-Mitglieder wie immer auch über Themen aus Verbandsarbeit, Berufspolitik und O&U. 

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Update zu Beugesehnennähten

Sehnenverletzungen im Bereich der Hand und des Unterarms sind häufig. Zwar werden sie meist richtig erkannt, jedoch häufig in ihrem Ausmaß unterschätzt. In diesem Übersichtsartikel werden vor allem neue Aspekte und mögliche Schwierigkeiten bei der operativen Versorgung und Nachbehandlung von Beugesehnenverletzungen thematisiert.

Präoperative Untersuchungen

Eine sorgfältige Anamnese und eingehende präoperative klinische Untersuchung sind unerlässlich. Der Mechanismus des Traumas gibt wichtige Informationen zur Einschätzung der Verletzung. Bei stumpfem Trauma kommt es eher zu Sehnenausrissen und Quetschverletzungen, spitze Verletzungen verursachen eher eine glatte Durchtrennung von Gefäßen, Nerven und/oder Sehnen. In der präoperativen Untersuchung der Hand müssen Sensibilität, Motorik und Durchblutung überprüft werden. Ergänzend sollten Röntgenaufnahmen zum Ausschluss einer knöchernen Beteiligung oder Inkorporation eines Fremdkörpers durchgeführt werden. Zur Untersuchung der Beugesehnen erfolgt die isolierte Prüfung der Sehnen des M. flexor digitorum superficialis (FDS), M. flexor digitorum profundus (FDP) und M. flexor pollicis longus. Die FDP-Sehne ist leicht zu testen. Hierzu wird das Mittelglied fixiert und der Patient aufgefordert, das Endgelenk zu beugen. Die FDS-Sehne wird isoliert untersucht, indem die anderen Finger durch den Untersucher in Streckung gehalten werden und der Patient angehalten wird, den betroffenen Finger zu beugen. Die Untersuchung der Beugesehnen ist eine rein klinische Untersuchung. Bei Verdacht auf eine Beugesehnenverletzung besteht die Indikation zur operativen Exploration. Weitere apparative Untersuchungen sind in der Regel nicht notwendig. In speziellen Fällen, wie z. B. bei älteren Sehnenverletzungen, ist die klinische Untersuchung manchmal nicht eindeutig. Hier kann eine Ultraschall- oder MRT-Diagnostik sinnvoll sein.

Zoneneinteilung von Beugesehnenverletzungen Verletzungen in Zone 2 stellen eine besondere Herausforderung dar.

Einteilung von Beugesehnenverletzungen

Beugesehnenverletzungen werden anhand ihrer Lokalisation in Zonen (Abb. 1) eingeteilt. Je nach Zone können unterschiedliche Schwierigkeiten in der Versorgung auftreten. Läsionen in Zone 1 entsprechen ansatznahen Verletzungen der tiefen Fingerbeugesehne. Wenn der distale Sehnenstumpf weniger als 1 cm lang ist, ist in der Regel eine primäre knöcherne Refixation (mittels Knochenanker oder transossärer Naht) nötig. Wenn mehr als 1 cm Sehnenstumpf zur Verfügung steht, kann eine direkte Sehnennaht erfolgen. Sollte es zu einer Verkürzung der Beugesehne um mehr als 1 cm kommen, kann dies zu dem sogenannten „Quadriga“-Phänomen führen: anatomisch teilen sich die tiefen Fingerbeugesehnen einen gemeinsamen Muskelbauch und bilden somit eine funktionelle Einheit. Eine verminderte Beweglichkeit in einem Finger führt somit zu einer verminderten Flexion in den anderen Fingern. Die Behandlung von Beugesehnenverletzungen in Zone 2 stellt eine Herausforderung dar. Die Schwierigkeit besteht in der engen räumlichen Nähe der oberflächlichen und tiefen Beugesehnen sowie deren Sehnenscheiden. 1948 wurde von Sterling Bunnell für diese Zone daher der Begriff Niemandsland („no man’s land“) geprägt, da bis in die 1960er-Jahre Beugesehnenverletzungen in diesem Bereich unweigerlich mit katastrophalen funktionellen Ergebnissen verbunden waren. Durch die Weiterentwicklung von Operationstechniken und Nachbehandlungsmöglichkeiten kann heute eine direkte Naht durchgeführt werden. Diese erfordert jedoch eine besondere chirurgische Expertise. So kann es z. B. aufgrund der besonderen anatomischen Situation sinnvoll sein, auf die Naht einer der beiden Beugesehnen zu verzichten, um Verklebungen zu vermeiden. Verletzungen der Zonen 3–5 sind in der Regel unproblematisch und können mit einer direkten Naht und gegebenenfalls mit einer einfachen Ruhigstellung behandelt werden.

Das Zeitfenster für die operative Versorgung

Eine wissenschaftlich belegte Empfehlung zum optimalen Zeitpunkt der operativen Versorgung liegt aufgrund fehlender Daten nicht vor. Die Arbeitsgruppe von Stone und Davidson konnte zeigen, dass zumindest in Hinsicht auf die postoperative Infektionsrate keine Nachteile durch eine Versorgung innerhalb der ersten Woche entstehen. Auch ein funktioneller Nachteil konnte nicht nachgewiesen werden. In der Praxis ist eine sofortige Versorgung der Beugesehnenverletzung somit nicht zwingend erforderlich, solange Sensibilität und Durchblutung des Fingers nicht beeinträchtigt sind. Liegt eine isolierte Beugesehnenverletzung vor, sollte eine operative Versorgung üblicherweise innerhalb einiger Tage angestrebt werden. Die direkte Sehnennaht ist 3–4 Wochen nach der Verletzung erschwert durch eine zunehmende Degeneration und Retraktion der Sehnenenden sowie Narben- und Adhäsionsbildung. Sie geht mit gehäuft schlechten Ergebnissen einher und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. In diesem Fall kann eine sekundäre Sehnenrekonstruktion erforderlich sein.

Beugesehnennähte in WALANT-Technik: Abblassen der Finger nach Injektion mit Articain 1% mit Adrenalinzusatz von 1:200.000 Trotz Verzicht auf eine Blutsperre wird im Operationsgebiet eine gute Übersicht erreicht. Die bis zum A1-Ringband retrahierten Sehnen wurden über eine zusätzliche proximale Inzision dargestellt und nach distal mobilisiert.

Die operative Versorgung

Die adäquate Versorgung einer Beugesehnenverletzung wird unter kontrollierten Bedingungen im Operationssaal durchgeführt. Da es sich vornehmlich um Stich- und Schnittverletzungen handelt, sind Begleitverletzungen häufig. Betreffen diese Gefäße und Nerven, sind weitere Ressourcen, wie Mikroskop, mikrochirurgische Instrumente, Nahtmaterial und mikrochirurgisch geschultes Personal erforderlich. Ist eine adäquate Versorgung des Patienten in der Aufnahmeklinik nicht gewährleistet, sollte er in eine spezialisierte Einrichtung überwiesen werden. Für den Erfolg der Operation ist auch eine Nachbehandlung durch spezialisierte Handtherapeuten essenziell.

Anästhesie

Klassischerweise erfolgt die Operation in Plexusanästhesie. Zunehmend werden Operationen an Sehnen seit mehreren Jahren aber auch in der sogenannten WALANT-Technik operiert. Bei der WALANT-(Wide Awake Local Anesthesia, No Tourniquet) oder wide-awake-Anästhesie wird ein Lokalanästhetikum mit Zusatz von Adrenalin injiziert. Die durch das Adrenalin hervorgerufene Vasokonstriktion führt zu einer Blutarmut im Operationsgebiet, sodass die zusätzliche Anlage einer Blutsperre nicht notwendig ist. Die Anwendung von Lokalanästhetika mit Adrenalinzusatz an den Akren wurde in der Vergangenheit kritisch gesehen. Bei Aufarbeitung der tatsächlich dokumentierten Fälle konnten Nekrosen der Finger jedoch nicht direkt auf den Adrenalinzusatz zurückgeführt werden. Eine Literaturrecherche von Publikationen zwischen 1980 und 2000 ergab für die Anwendung von Lidocain mit Adrenalinzusatz keinen einzigen dokumentierten Fall einer Fingernekrose. Im angloamerikanischen Raum wird die WALANT-Technik in der elektiven Handchirurgie sowie in der Traumachirurgie seit mehreren Jahren angewendet, sodass die sichere Anwendbarkeit von Adrenalin an den Fingern mittlerweile durch eine große multizentrische Studie bestätigt werden konnte. Die Vasokonstriktion kann zu einem Abblassen der Finger führen. In der Regel normalisiert sich die Durchblutung innerhalb von 6 Stunden, ohne eine kritische Ischämie des Fingers zu erreichen (Abb. 2). In der Praxis wird empfohlen, bei Anwendung der WALANT-Technik, das Antidot Phentolamin, einen RezeptorenAntagonisten, vorrätig zu halten. Der besondere Vorteil der WALANT-Anästhesie in der Handchirurgie besteht darin, dass die Stabilität und Gleitfähigkeit von Sehnen bereits intraoperativ überprüft werden kann, da der Patient während der Operation die Finger aktiv bewegen kann.

Operative Technik

Der operative Zugang muss abhängig von der vorbestehenden Wunde gewählt werden. Senkrecht zu Beugefurchen verlaufende Narben sind zu vermeiden. Zeigt sich die Beugesehnenscheide verletzt, muss diese weiter eröffnet werden, um die Beugesehne auf Verletzungen zu überprüfen. Während der Exploration müssen zusätzlich Gefäßnervenbündel dargestellt und deren Kontinuität überprüft werden. Die Beugesehnen werden von fünf Ringbändern fixiert (A1–A5). Insbesondere die Ringbänder A2 und A4 haben eine Bedeutung für die mechanische Führung der Sehnen am Knochen. Sind die Ringbänder A2 und A4 zerstört oder insuffizient, können die Beugesehnen den vorgesehenen Verlauf ändern. Sie heben sich dabei beugeseitig beim Anspannen der Sehnen ab (Bogensehneneffekt oder „bowstringing“). In der Vergangenheit war man der Ansicht, dass insbesondere die Ringbänder A2 und A4 unter allen Umständen erhalten werden sollten. Die Behandlung der Sehnenscheide hat sich jedoch in den letzten Jahren verändert. Aktuelle Studien zeigen, dass eine sehr gute Funktion des Fingers erhalten bleibt, selbst wenn diese oder mehrere Ringbänder teildurchtrennt wurden. Aktuell wird daher empfohlen, Ringbänder soweit als möglich zu erhalten, jedoch ist eine Teileröffnung bei entsprechend intakten umgebenden Ringbändern durchaus möglich und auch nötig, um ein freies Gleiten der Sehne zu ermöglichen. Können Ringbänder nicht ausreichend erhalten werden, empfiehlt sich eine sekundäre Ringbandrekonstruktion nach Ende der Sehnenheilung und abgeschlossener Bewegungstherapie. Die Sehnenexkursion kann intraoperativ mit konventionellen Anästhesieverfahren ausschließlich passiv getestet werden.Die WALANT-Technik erlaubt zusätzlich eine aktive Testung sowohl der Gleitfähigkeit der Sehne als auch der Stabilität des verbleibenden Ringbandsystems. Häufig retrahieren die Sehnenenden. Es gibt verschiedene Techniken, die Sehnen wieder in die Wunde zu mobilisieren. Die Sehne sollte vorsichtig behandelt und nicht gequetscht werden. Es kann ein einmaliger Versuch durchgeführt werden, die Sehne mit einer stumpfen Klemme aus der Sehnenscheide zu mobilisieren. Ist eine Mobilisation nicht möglich, empfiehlt es sich, einen weiteren Zugang proximal der Verletzung zu schaffen und den Sehnenstumpf von proximal nach distal vorzuschieben. Die Blutversorgung der oberflächlichen und tiefen Beugesehnen wird u. a. über die Vincula tendinum longa und brevia gewährleistet. Diese werden idealerweise bei der Sehnennaht geschont.

Technikbeispiele der Beugesehnennaht

Die Sehnennaht

Vor über 100 Jahren beschrieb Kirchmayr eine Technik zur Beugesehnennaht, die in Variationen bis heute gängig ist. Es besteht eine große Auswahl an Nahttechniken (Abb. 3). Anzahl der Kernnähte, Fadenmaterial und Fadenstärke bestimmen die Stabilität einer Sehnennaht. Eine Erhöhung der Anzahl an Kernnähten (Stränge) erhöht die Stabilität der Sehnennaht, vermindert jedoch gleichzeitig die Gleitfähigkeit der Sehne durch das eingebrachte Fadenmaterial. Biomechanisch sind mindestens 4 Kernnähte notwendig, um frühzeitige, aktive Beugeübungen zu ermöglichen. Deshalb wird von vielen Autoren derzeit die 4-Strangnaht als Standard angesehen, obwohl ein klinischer Vorteil gegenüber der einfacheren 2-Strangnaht in Metaanalysen nicht gesichert ist. Zur Sehnennaht können unterschiedliche Nahtmaterialen eingesetzt werden. Da es durch geflochtene Fäden zu einer Traumatisierung des Sehnengewebes beim Durchzug des Fadenmaterials kommen kann, wird in der Regel monophiles Nahtmaterial empfohlen. Sowohl für resorbierbares als auch für nicht resorbierbares Nahtmaterial kann eine Vielzahl von Argumenten angebracht werden. In der Praxis hat sich jedoch bislang kein eindeutiger Vorteil für eines der beiden Konzepte gezeigt, sodass die Wahl des Nahtmaterials nach wie vor sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Auch die Fadenstärke hat einen Einfluss auf die Stabilität der Sehnennaht. Je größer die Fadenstärke, desto mehr Stabilität wird erreicht. Wir verwenden für die Kernnähte in der Regel einen langsam resorbierbaren Faden der Stärke 3/0. Eine zusätzliche epitendinöse Ringnaht mit einem monofilen Faden der Stärke 6/0 galt bisher als Standard, da sie die Stabilität der Sehnennaht um bis zu 50% erhöht und die Lücken- sowie Wulstbildung im Nahtbereich durch eine Feinadaptation verringert. Dieses Konzept wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. So wird von einigen Autoren eine leichte Wulstbildung sogar angestrebt und die Ringnaht eher negativ bezüglich der Gleitfähigkeit der Sehne angesehen.

 

Die Nachbehandlung

Eine stabile Sehnennaht ist wichtig für die Sehnenheilung. Aufgrund von Umbauvorgängen in der genähten Sehne ist nach 1–3 Wochen die Gefahr einer Nahtinsuffizienz am höchsten. Erst mit dem Beginn der Remodellierungsphase nach 4 Wochen erlangt die Sehne wieder Stabilität. Die Nachbehandlung von Sehnenverletzungen ist von höchster Wichtigkeit. Es ist deshalb für die Handchirurgen sehr wichtig, ein spezielles Nachbehandlungsnetzwerk zu schaffen. Zur Rehabilitation gibt es unterschiedliche Protokolle, die je nach Qualität der Sehnennaht und Einschätzung der Compliance des Patienten angewendet werden. Sie reichen von vollständiger Ruhigstellung über kontrolliert passive Übungsprogramme bis hin zu früh aktiven Rehabilitationsprotokollen:

Ruhigstellung

Die Behandlung mit Ruhigstellung im Gips nach Cifaldi, Collins und Schwarze wird heutzutage nur noch bei Kleinkindern angewandt. Die Ruhigstellungsdauer beträgt hier ca. 4 Wochen im Oberarmgips bzw. Faustverband.

Passive Nachbehandlung

Die passive Mobilisation nach Beugesehnenverletzungen wurde von Duran und Houser im Jahr 1975 beschrieben. Die Ruhigstellung erfolgt zunächst in einer Schiene in Entlastung der Beugesehnen. Aus der Schiene heraus wird in Begleitung eines Therapeuten mit der passiv durchgeführten Beugung und Streckung der Finger begonnen. Nach 4 Wochen wird die Flexion der Schiene vermindert und zusätzliche Halteübungen („place and hold“) durchgeführt.

Kontrolliert passive Nachbehandlung

Zu den bekanntesten Nachbehandlungsprotokollen gehört die kontrolliert passive Bewegungstherapie („early passive motion“ oder „controlled passive motion“) nach Kleinert. Grundlage der Behandlung ist die passive Flexion unter Zügelung durch Gummibänder und die freie aktive Extension unter Schienenprotektion. In Eigentherapie und zusätzlicher Anleitung eines Therapeuten erfolgen die stündliche Wiederholung der aktiven Extension sowie die zusätzliche Wiederholung von isoliert passiver Flexion in den Mittel- und Endgelenken.

Kontrolliert passive und aktive Nachbehandlung

Die dauerhafte Beugestellung durch das Zügelsystem kann zu Beugekontrakturen in den Mittelund Endgelenken führen. Chow et al. entwickelten das Kleinert-Regime im Jahre 1987 weiter und präsentierten das Chow-Washington-Regime („controlled passive and active motion“). Grundlage des Konzepts ist die Modifikation der Kleinert-Schiene. Aus einem durchgehenden Gummiband entstanden 2 Bänder mit unterschiedlichen Stärken: ein kräftiges Band für den Erhalt der Flexionsstellung der Finger und ein weniger starkes Gummiband während der aktiven Extension. Zusätzlich zur aktiven Extension des Mittel- und Endgelenks wird das Grundgelenk passiv in maximaler Beugung gehalten, um Kontrakturen zu verhindern.

Kontrolliert aktive Nachbehandlung

Im Jahr 1989 führten Small et al. eine kontrolliert aktive Bewegungstherapie („controlled active motion“) ohne Zügelführung ein. Dieses Konzept eignet sich für gut führbare und motivierte Patienten bei ausreichend stabiler Sehnennaht. Eine dorsal angelegte Schiene hält das Handgelenk in Flexionsstellung, die Grundgelenke in etwa 60°-Beugung und die Interphalangealgelenke in 0°-Stellung. Die Schiene lässt die freie, bis zur distalen Hohlhandbeugefurche reichende Flexion und Extension der Finger zu. Eine neuere Entwicklung stellt der Manchester Short Splint dar. Diese Schiene umfasst Mittelhand und Finger, die Grundgelenke werden bei 30°, das Handgelenk bei 45° Extension geblockt. Je nach Bedarf können die unterschiedlichen Behandlungskonzepte kombiniert werden. Eine Vollbelastung der Sehne wird erst nach 12 Wochen erreicht. Die Rupturrate wird nach primärer Beugesehnennaht auf 4–17% geschätzt.

Fazit

Sehnenverletzungen im Bereich der Hand und des Unterarms sind häufig. Eine detaillierte klinische Untersuchung ist essentiell. Bei Patienten mit Stich- oder Schnittverletzungen mit Verdacht auf eine Beugesehnenverletzung ist eine sofortige, notfallmäßige Versorgung bei intakter peripherer Durchblutung nicht zwingend notwendig, sollte aber zeitnah angestrebt werden. Die Zuweisung zu einem Handchirurgen ist sinnvoll, da Verletzungen meist richtig erkannt, jedoch häufig in ihrem Ausmaß unterschätzt werden. Häufig finden sich Begleitverletzungen der Nerven und Arterien. Der Erfolg der Beugesehnenchirurgie ist nicht nur abhängig von der Nahttechnik oder einer besonderen Nachbehandlung. Gute Ergebnisse sind von vielen Details während der gesamten Behandlungsdauer abhängig und können nur in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit erreicht werden. Videos und Fallbeispiele zur WALANT-Technik sowie Literaturquellen können bei den Autoren angefragt werden.

Deine Hand verdient Experten!

Die Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie (DGH) freut sich Ihnen in diesem Infobrief des BVOU den Themenschwerpunkt „Handchirurgie“ vorzustellen. Der Fokus soll dabei nicht auf der Berufspolitik sondern auf der praktischen und inhaltlichen Handchirurgie liegen. Wir möchten Ihnen anhand verschiedener Themen demonstrieren, wie vielseitig die Handchirurgie ist.  Sofern Sie noch in der Weiterbildung sind, wollen wir Ihr Interesse an einem Fachbereich wecken, in welchem hochpräzise, basierend auf anatomischen Kenntnissen, mit filigraner manueller Geschicklichkeit und hohem Respekt vor der Integrität des Weichgewebes operiert wird. Doch vor jeder Operation steht im Bereich der Hand, vielleicht noch mehr als in anderen Fachbereichen, die gut abgewogene Indikationsstellung.

Namhafte Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie stellen Ihnen in den folgenden Artikeln einen Querschnitt von Krankheitsbildern, Verletzungen und Behandlungsmöglichkeiten aus Ihren speziellen handchirurgischen Schwerpunkten vor.

Für Verletzungen der Beugesehnen der Finger, welche in einem Moment der Unachtsamkeit jedem von uns widerfahren können, schildert Kai Megerle aus München aktuelle Standards der Behandlung und Nachbehandlung. Simon Thelen aus Düsseldorf gibt Ihnen eine Übersicht über Fingerfrakturen und deren Behandlung mit dem vielleicht etwas überraschenden Fazit, dass auch für uns chirurgisch ausgebildete und geschulte Spezialisten manchmal weniger (operieren) mehr (Funktion) bedeuten kann und eine
handchirurgisch indizierte und durch spezialisierte Handtherapeuten durchgeführte konservative Therapie die beste Option darstellt.

Bei schwereren kindlichen Verletzungen steigen Anspannung, Mitgefühl und vielleicht auch Sorge vor möglichen Konsequenzen (Stichwort „Kadi-Verletzungen“), insbesondere
wenn eine Fraktur mit einer Nervenläsion einhergeht. Wir sind sehr dankbar, dass Wiebke Hülsemann aus Hamburg Ihre Expertise auf dem Gebiet der frakturassoziierten Nervenverletzungen der oberen Extremität bei Kindern mit uns teilt.

Nervenkompressionssyndrome sind demgegenüber deutlich geläufiger, aber sie gehen über Karpaltunnel- und Sulcus-ulnaris-Syndrom hinaus, wie die Gruppe um Leila
Harhaus aus der BG Klinik Ludwigshafen in ihrer schönen Übersicht deutlich macht. Ihre Take-home-message lautet: „Anatomy is the key.“ Vom Schlüssel zur Schlüsselloch-Chirurgie: Die Arthroskopie erfreut sich auch an der Hand zunehmender Verbreitung, bleibt aber eine technische Herausforderung aufgrund der räumlich recht beengten Situation im Bereich des Handgelenkes. Eva-Maria Baur aus Penzberg/Murnau schildert
uns die Möglichkeiten der Arthroskopie bei akuten Verletzungen des Handgelenks, die mittlerweile weit über die reine Diagnostik oder das Debridement bei Läsionen des TFCCKomplexes oder des SL-Bandes hinausgehen.

Den Bogen schließt schließlich Martin Lautenbach aus Berlin, der sich dem anspruchsvollen Thema der Rheumahandchirurgie annimmt. Auch wenn Deformitäten der Finger und des Handgelenkes dank der modernen medikamentösen Behandlung dieses großen Spektrums an Erkrankungen deutlich seltener werden, ist der vorgestellte, klare Algorithmus von umso höherem Wert.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und freuen uns, darüber, dass Sie uns gemäß dem Motto des Patientenportals der DGH „Deine Hand verdient Experten“ Ihre Patienten mit nicht-alltäglichen Problemen an der Hand anvertrauen. Wir hoffen zusätzlich, dass wir mit diesen Übersichtsarbeiten Ihr Interesse an den vielfältigen Themen der Handchirurgie weiter geweckt haben und freuen uns über begeisterungsfähigen Nachwuchs!

In diesem Sinne, eine informative und spannende Lektüre!