Archiv für den Monat: September 2016

DKOU 2016 - Zurück in die Zukunft

DKOU-Thema: Herausforderung durch Hochbetagte

Berlin – Jedes Jahr erleiden über 700.000 hochbetagte Menschen in Deutschland einen Bruch des Oberschenkels, der Wirbel oder der Arme – Tendenz stark steigend. Altersbrüche zählen aufgrund des demografischen Wandels mittlerweile zu den häufigsten Ursachen für eine Krankenhauseinweisung und spätere Pflegebedürftigkeit. Menschliches Leid und Immobilität, aber auch hohe Kosten für das Sozialwesen gehen damit einher. Um die Rehabilitation unfallgeschädigter hochbetagter Patienten zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) Richtlinien für die optimale Versorgung erarbeitet. Kliniken, die diese Richtlinien erfüllen, können sich als AltersTraumaZentrum DGU® zertifizieren lassen. Welche Aspekte bei der Versorgung älterer Patienten berücksichtigt werden müssen, erklären Experten auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin. Darauf weisen DKOU und DGU in einer Pressemitteilung hin.

Die Behandlung von Knochenbrüchen bei Senioren sei durch ihr hohes Alter und die damit einhergehenden Begleiterkrankungen erschwert, so Prof. Dr. Ulrich Liener, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU): „Die hochbetagten Patienten sind häufig gebrechlich, haben kognitive Einschränkungen und leiden an Herz- oder Niereninsuffizienz.“ Dieser komplexen Gesamtsituation der Patienten könne man nur durch einen ganzheitlichen Behandlungsansatz gerecht werden. Ähnlich den Stroke Units für die Schlaganfallbehandlung haben Orthopäden und Unfallchirurgen jetzt spezielle Zentren etabliert, in denen sie gemeinsam mit Altersmedizinern, Pflegekräften und Physiotherapeuten zusammenarbeiten.

„Internationale Studien an älteren Patienten mit Knochenbrüchen zeigen, dass die Behandlung in einem interdisziplinären und multiprofessionellen Team gemeinsam mit Altersmedizinern im Vergleich zur Standardbehandlung zu wesentlich besseren Ergebnissen führt“, erklärt Prof. Dr. Florian Gebhard, einer der Kongress-Präsidenten des DKOU 2016. Deutlich mehr der Ältesten könnten nach Akutphase und Rehabilitation wieder ihre Selbstständigkeit zurückgewinnen und zu Hause leben. Das erhöht deren Lebensqualität deutlich und spart Pflegekosten.

Quelle: DGU

DKG fordert mehr Geld für die Notfallversorgung

Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt es in einer Stellungnahme, dass die Krankenkassen in der besseren Verzahnung und Steuerung der Notfallversorgung Potenziale sehen. Damit bezieht sie sich auf ein Gutachten des AQUA-Instituts im Auftrag des Verbands der Ersatzkassen (vdek). „Allerdings fehlt das notwendige Bekenntnis, bei der Bereitstellung der finanziellen Ressourcen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wer die Notfallversorgung wirklich verbessern will, muss auch sicherstellen, dass Notfälle egal ob im ambulanten oder stationären Bereich nicht länger strukturell unterfinanziert und durch Budgetregelungen gedeckelt werden”, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

„Einem durchschnittlichen Erlös von rund 40 Euro pro ambulanten Notfall stehen Fallkosten von mehr als 100 Euro gegenüber und summieren sich auf eine deutschlandweite Unterdeckung von einer Milliarde Euro“, so der Hinweis der DKG. Zurzeit liefen Verhandlungen zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen, die die Vergütung grundsätzlich neu strukturieren sollten. Insgesamt solle das System stärker „krankheitsschwereorientiert“ ausgerichtet werden. Doch die gesetzliche Vorgabe, bis zum 31. Dezember 2016 zu einem neuen Vergütungssystem zu kommen, werden von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung blockiert und ausgebremst, kritisiert die DKG.

Krankenhausdirektoren: Verzahnung bietet Potenzial

„Die zunehmende Inanspruchnahme unserer Notfallaufnahmen in Fällen, wo dies nicht nötig ist, brennt uns in den Krankenhäusern schon lange auf den Nägeln. Deshalb begrüßen wir Vorschläge, das Problem gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten zu lösen“, erklärte der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands, Dr. Josef Düllings, als Reaktion auf das Gutachten. „In einer Verzahnung und zentralen Steuerung der Notfallversorgung erkennen auch wir viel Potenzial für Verbesserungen.“ Bisher hätten vor allem die Krankenhäuser auf die Zunahme der Patienten reagiert, ihre Notaufnahmen technisch und personell aufgestockt und so genannte Triage-Systeme zur Erstbewertung und Weiterleitung der Patienten entsprechend der Schwere ihrer Erkrankung eingeführt.

Die Krankenhausdirektoren fürchten aber, dass die Frage der Finanzierung neuer Strukturen zu Lasten der Kliniken gehen könnte. Bei einer gemeinsamen Verantwortung von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern müsse auch eine für beide Seiten faire Finanzierung selbstverständlich sein. Der Gesetzgeber müsse auch aus Sicht des VKD die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung aus der Gesamtvergütung ausgliedern: „Nur so werden wir zu einer gemeinsamen, neuen Struktur der ambulanten Notfallversorgung kommen.“

„Wir unterstützen den Ansatz von Kooperationen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenhäusern“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. „Es bräuchte Strukturen, die es ermöglichen, dass die Bereitschaftsdienstpraxen der KVen enger mit den Klinikambulanzen zusammenarbeiten. Die Notfälle, die einer stationären Behandlung oder Diagnostik bedürfen, werden in die Ambulanz geleitet, wo sich die Klinikkollegen um sie kümmern. Die ambulanten Patienten versorgen die Vertragsärzte. Wo genau solche Schlüsselstandorte eingerichtet würden, müssten die regionalen Experten entscheiden. Hier bräuchte es entsprechende Vereinbarungen von KVen und Kliniken. Dann dürfte es allerdings in diesen Regionen keine Doppelstrukturen der Notfallversorgung mehr geben.“

Gutachten: Keine Patientensteuerung

Das Gutachten des AQUA-Instituts im Auftrag des vdek listet verschiedene Schwachstellen in der ambulanten Notfallversorgung auf. Dazu zählt das Institut unter anderem unklare Zuständigkeiten aus Patientensicht, keine Patientensteuerung, lückenhafte oder unattraktiv organisierte vertragsärztliche Strukturen – und Patienten, die ihr gesundheitliches Problem nicht richtig einschätzen können.

Sabine Rieser

©privat

KV-Wahl: Wieder mehr Spielraum für ärztliche Entscheidungen

Ahrensburg – „Der überwiegende Teil der von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) umgesetzten Regelungen ist durch Gesetze bestimmt, die nicht von der KVSH beeinflusst werden können“, weiß Dr. Dennis Wolter. Schon in den letzten sechs Jahren war er Mitglied der dortigen Vertreterversammlung (VV). Wenn er wiedergewählt wird, will er dazu beitragen, den ärztlichen Spielraum zu vergrößern und sich für eine angemessenere Honorierung engagieren. Wolter ist in Ahrensburg in einer Praxisgemeinschaft mit seinem Kollegen Dr. Helge Hansen niedergelassen.

7 Fragen an Dr. Dennis Wolter

BVOU.net: Warum kandidieren Sie für die Vertreterversammlung (VV)?
Wolter:
Die KV steuert entscheidend den Arbeitsalltag der Kassenärzte in Schleswig-Holstein und ist damit der bestimmende Faktor unserer täglichen Arbeit. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass die KV Schleswig-Holstein stark ist und die Interessen der Kassenärzte Berücksichtigung finden. Seit 2010 bin ich Mitglied der Vertreterversammlung der KVSH, habe also bereits Erfahrungen sammeln können.

BVOU.net: Wofür steht Ihre Liste?
Wolter: Ich bin kein Mitglied einer Liste, weil das in Schleswig-Holstein nicht üblich ist. Bei uns steht jeder Kandidat für sich selbst. So ist das auch bei mir. Ich bin als Orthopäde aber auch Vertreter unserer Fachgruppe O und U. Durch die eigene Erfahrung habe ich einen geschärften Blick für die Sorgen und Nöte der Kollegen und werde daran arbeiten, unsere Situation zu verbessern. Die Zusammenarbeit mit dem Landesvorsitzenden des BVOU, Dr. Christian Hauschild, funktioniert sehr gut. Wir informieren uns gegenseitig und stimmen uns bei anstehenden Entscheidungen ab.

BVOU.net: Wofür wollen Sie sich engagieren, wenn Sie gewählt werden?
Wolter: Die KVSH wie die gesamte Selbstverwaltung wird vom Gesetzgeber zunehmend seinen politischen Zielen unterworfen. Leider hat das zu häufig nichts mit einer Verbesserung der Versorgung der Patienten zu tun und entspricht zudem eher selten den Wünschen der Ärzte. Der überwiegende Teil der von der KVSH umgesetzten Regelungen ist durch Gesetze bestimmt, die nicht von der KVSH beeinflusst werden können. Das ist frustrierend. Ich will dafür sorgen, dass der Einfluss der Ärzte auf die Entscheidungen wieder größer wird. Dazu ist eine starke und einige KVSH erforderlich.

Ein weiteres wichtiges Anliegen von mir: Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) als Grundlage der Abrechnung ist derzeit nicht in der Lage, die Untersuchungen und Behandlungen in einer Praxis angemessen abzubilden. Gesetzgeberische Maßnahmen sowie Honorarverteilungs- und EBM-Maßnahmen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten am Ende eines langen Arbeitstages nicht wissen, was sie für ihre Arbeit erhalten. Notwendig ist die Vergütung von Einzelleistungen neben pauschalierten Vergütungsformen, die das jeweils arztgruppenspezifische Leistungsspektrum abbilden. Für diese Leistungen muss es feste und kostendeckende Preise geben, die jährlich an die wirkliche Kostenentwicklung angepasst werden.

Was mir auch noch wichtig ist: Für die Vertragsärzte stellt das Regressrisiko eine massive Bedrohung dar. Allein schon die Stellung eines Prüfantrags durch die Krankenkassen führt zu einem nicht hinnehmbaren Arbeitsaufwand und einer massiven Verunsicherung, selbst wenn dann gar kein Regress festgesetzt wird. Die Gefahr eines Regresses stellt auch eine erhebliche Hemmschwelle für junge Ärzte dar, sich für die ambulante Versorgung zu entscheiden. Die Richtgrößenprüfungen mit ihren Regressen müssen daher abgeschafft werden.

BVOU.net: Welches Versorgungsthema wollen Sie dann vor allem vorantreiben?
Wolter: Erstens die Beibehaltung der hohen Qualität der Behandlung unserer Patienten durch in ihrer Therapieentscheidung unabhängige und freiberuflich tätige Ärztinnen und Ärzte. Zweitens die Optimierung der Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Vertragsärzte und die Förderung von vernetzen Strukturen.

Drittens der Einsatz dafür, dass wir uns in unserer täglichen Arbeit auf die ärztliche Tätigkeit konzentrieren können. Für alles andere müssen Lösungen gefunden werden. Und viertens die Steuerung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen: Die Patienten sollten in Zukunft mehr Verantwortung tragen für ihr Verhalten in Bezug auf die Inanspruchnahme von Leistungen und für ein gesundheitsbewusstes Verhalten.

BVOU.net: Und welches Honorarthema wollen Sie vorantreiben?

Wolter: Da erscheinen mir drei Themenbereiche wichtig: Wir brauchen zum einen eine leistungsgerechte und transparente Vergütung aller von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erbrachten Leistungen. Die Verpflichtung zur unbegrenzten Abgabe von Leistungen bei weiterbestehenden Budgets ist nicht akzeptabel. Zum anderen müssen alle Leistungen, die über die Kriterien wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig (kurz: WANZ) hinausgehen, extra vergütet werden. Ich denke da an qualitativ besonders „gute” Leistungen, quasi Schulnote 2, im Vergleich zu „ausreichenden“ Leistungen, also sozusagen Schulnote 4.

Und schließlich müssen die Krankenkassen einsehen, dass es Leistungen gibt (Stichwort: Individuelle Gesundheitsleistungen), die nicht die WANZ-Kriterien erfüllen und trotzdem sinnvolle und nutzenbringende Angebote für Patienten sind. Es gibt sehr gute Kriterien zur Erbringung dieser Leistungen. Die Krankenkassen müssen diesbezüglich ihre Blockadehaltung aufgeben.

BVOU.net: Wie wollen Sie es schaffen, Zeit für die Arbeit in der VV zu erübrigen?
Wolter: Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich diese Zeit auch in einer nächsten Wahlperiode aufbringen kann. Die Tätigkeit als Abgeordneter kostet ohne Zweifel Zeit, die ich mir dafür aber gerne nehme. Bisher hat das nicht zu einer Vernachlässigung von Familie oder Freunden geführt.


BVOU.net:
Wie motivieren Sie sich, wenn Sie einmal gar keine Lust auf Berufspolitik haben?
Wolter: Mir ist bisher die Lust nicht ausgegangen. Wenn das so wäre, würde ich nicht wieder kandidieren. Ich habe das Gefühl, dass sich die Berufspolitik aus der Praxis eines Vertragsarztes nicht heraushalten lässt. Es gibt aber Tage, da sind andere Dinge wichtiger. Dann bleibt der Computer ausgeschaltet und das Mobiltelefon still. Es ist gesund, sich Raum zur Regeneration zu schaffen, mit der Familie etwas zu unternehmen, ein Konzert oder das Theater zu besuchen oder Sport zu treiben. Ich versuche, die Balance zu halten.

(Das Interview führte Sabine Rieser. Der BVOU veröffentlicht zurzeit regelmäßig Interviews mit Orthopäden und Unfallchirurgen, die für die KV-Wahlen kandidieren.)

Weiterführende Informationen:

KV-Wahlen 2016: Die Termine für ganz Deutschland

Weitere Interviews:

KV-Wahlen 2016: Die Kandidaten aus O und U im Gespräch

Präsentation AQUA Institut 2016

Ersatzkassen fordern bessere Strukturen für ambulante Notfälle

Berlin – Dreh- und Angelpunkt einer besseren Versorgung von ambulanten Notfällen müssen sogenannte Portalpraxen an allen Krankenhäusern Deutschlands werden, die rund um die Uhr an der stationären Notfallversorgung teilnehmen. Die Portalpraxis sollte in der Regel aus einer festen Anlaufstelle für die Notfallpatienten bestehen sowie aus einer ambulanten Notdienstpraxis, die ebenfalls am Krankenhaus angesiedelt sein sollte.

Dies ist eine von sechs Forderungen, die der Verband der Ersatzkassen (vdek) gestern zur Verbesserung der ambulanten Notfallmedizin erhoben hat. Grundlage ist ein Gutachten des AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Darin werden zahlreiche Empfehlungen zur Reform der ambulanten Notfallversorgung und zu einer besseren Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Notdienst sowie dem Rettungsdienst gegeben. AQUA hat dafür unter anderem 26 Experten befragt.

G-BA arbeitet an Konzept für Notfallversorgung

Der vdek verweist darauf, dass der Gemeinsame Bundesausschuss derzeit an einem Stufenkonzept für die stationäre Notfallversorgung arbeitet. Es soll bis Ende des Jahres vorliegen. Das Krankenhausstrukturgesetz schreibt vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) den Notdienst auch durch Kooperation und gemeinsame Organisation mit Krankenhäusern sicherstellen sollen.

„Wir brauchen transparentere Strukturen in der Notfallversorgung. Immer mehr Patienten steuern im Notfall das Krankenhaus an, auch wenn sie eigentlich ambulant hätten behandelt werden können“, sagte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek. Unklare Sprechstundenzeiten und Anlaufstellen der niedergelassenen Ärzte, unklare Aufgabenteilung zwischen ambulantem und stationärem Notdienst und die Unsicherheit der Patientinnen und Patienten seien die Hauptgründe dafür.

Deshalb würden jährlich bis zu 25 Millionen Menschen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser behandelt, mit steigender Tendenz. Mit Bezug auf Aussagen von Fachgesellschaften verweist der vdek darauf, dass ein Drittel der Patienten bedenkenlos im niedergelassenen Bereich behandelt werden könnten.

85 Prozent der Bereitschaftspraxen sind schon an Kliniken

Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, Leiter des AQUA-Instituts, erläuterte, dass es derzeit rund 600 Notdienstpraxen in der Verantwortung der KVen gebe. Bereits heute seien 85 Prozent an Kliniken angegliedert. Der Experte verwies darauf, dass es zahlreiche Begriffe wie Notdienstpraxis, Bereitschaftsdienstpraxis, Anlaufpraxis oder Portalpraxis gebe. Das AQUA-Institut habe eine Portalpraxis definiert als zentrale Anlaufstelle. Dort solle der Behandlungsbedarf der Patienten standardisiert eingeschätzt und die Patienten in die jeweils angemessene Versorgungsstruktur geleitet werden. Zusätzlich könne eine Notdienstpraxis der KV zur Behandlung der Patienten in die Portalpraxis integriert werden.

Als sinnvolle Option nennt das Gutachten auch, gemeinsame Leitstellen für den Rettungsdienst und Portalpraxen einzurichten. Auch Angebote für besondere Patientengruppen wie Ältere oder Multimorbide seien hilfreich, beispielsweise ein Case-Management. Dies könne dazu beitragen, dass diese Patienten seltener ins Krankenhaus kämen. Ein Problem sei aber auch die Anspruchshaltung der Bürger: „Die Frage, was ich selbst tun kann, wird viel zu selten erörtert“, so Szecsenyi. Dafür gebe es aber auch zu wenig hilfreiche Angebote.

Mehr Geld sollten die Krankenkassen für eine verbesserte ambulante Notfallversorgung nicht ausgeben müssen, stellte die vdek-Vorstandsvorsitzende klar: Die Bezahlung sei Teil der ambulanten Gesamtvergütung. Aus Portalpraxen solle man Patienten zudem in die Regelversorgung zurückverweisen, wenn ihre Behandlung nicht dringlich sei. Portalpraxen verursachten nicht zwingend mehr Kosten, befand Szecsenyi. Wenn viele Kliniken nahe beieinanderlägen, benötige man möglicherweise Absprachen, wer die Portalpraxis übernehme. Es könne ja auch als ein ökonomischer Vorteil erkannt werden, „wenn in einem Krankenhaus nur Fälle sind, die dort auch hingehören“.

Sabine Rieser

Reha: Münchner Kliniken vereinbaren Kooperation

München – Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und die Medical Park-Klinikgruppe haben zum 1. August einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Ziel ist es, die Behandlung von Patienten, die beispielsweise nach einer Hüftoperation oder einem Schlaganfall einen Rehabilitationsaufenthalt benötigen, sektorübergreifend zu optimieren.  

Mit der Kooperation wollen die Rehakliniken von Medical Park und das Münchner Universitätsklinikum ihre Zusammenarbeit medizinisch und organisatorisch noch besser koordinieren. So soll Patienten ein nahtloser Übergang vom Akut- in den Rehabereich ermöglicht und die Qualität der Behandlung weiter verbessert werden. Darüber hinaus sieht der Vertrag vor, auch die wissenschaftliche Kooperation der beiden Partner zu verstärken.

„Ich freue mich, dass wir zum Wohle der Patienten die Stärken des Klinikums der LMU München und von Medical Park bündeln konnten – so kann Behandlung und Betreuung wie aus einer Hand überzeugend gewährleistet werden“, sagte Dr. Ulrich R. Mauerer, Vorsitzender des Vorstandes Medical Park anlässlich der Vertragsunterzeichnung.

Reibungslose Verlegung und optimale Weiterbehandlung

Viele Stellschrauben sind notwendig, bis ein Patient zeitnah in die passende Anschlussbehandlung verlegt werden kann. „Um diesen Prozess zu optimieren, haben wir einen Kooperationsvertrag geschlossen, der eine nahtlose Übernahme und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gewährleistet“, sagte Prof. Dr. Jörg-Christian Tonn, stellvertretender Ärztlicher Direktor am Klinikum der LMU.

Dank eng abgestimmter Kommunikationswege sollen Patienten des Universitätsklinikums, die einen stationären Rehaaufenthalt benötigen, künftig rascher und reibungsloser in eine Rehaklinik der Medical Park-Klinikgruppe verlegt werden können. Darüber hinaus soll der Ausbau der Kooperation eine qualitativ hochwertige Weiterbehandlung in den Medical Park-Einrichtungen im Anschluss an die akutstationäre Behandlung gewährleisten.

Das Klinikum der Universität München versorgt als Maximalversorger schwer kranke Patienten, die im Nachgang zum stationären Aufenthalt zum Teil einer schnellen Anschlussheilbehandlung in wohnortnahen Rehabilitationseinrichtungen bedürfen, erklärte Tonn. „Mit der gemeinsamen Kooperation mit Medical Park bauen wir die Zusammenarbeit in diesem Versorgungsbereich kontinuierlich weiter aus“,  so der stellvertretender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums. Davon könnten Patienten mit neurologischen bzw. neurochirurgischen, orthopädischen und kardiologischen Krankheitsbildern profitieren. Die Wahlfreiheit des Patienten hinsichtlich des Anbieters der rehabilitativen Leistung bleibe von dem Kooperationsvertrag selbstverständlich unberührt, so die Kliniken.

Quelle: Klinikum der Universität München/Medical Park-Klinikgruppe

DGU legt aktuellen TraumaRegister-Jahresbericht vor

Berlin – Das TraumaRegister DGU® (TR-DGU) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) verzeichnet 30.557 Schwerverletzte für das Jahr 2015. Sie mussten nach einem schweren Unfall intensivmedizinisch behandelt werden. Am TR-DGU beteiligen sich aktuell 615 deutsche Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU®. Darauf verweist die DGU in einer Pressemitteilung.

11 Prozent der erfassten Patienten stammen demnach aus internationalen Kliniken, die sich am TR-DGU beteiligen, beispielsweise aus Österreich und der Schweiz. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen TraumaRegister-Jahresbericht für den Behandlungszeitraum 2015 hervor. Die DGU stellt die bundesweiten Zahlen zur Versorgung Schwerverletzter am 9. September 2016 auf dem Jahrestreffen der Unfallchirurgen in Dortmund vor.

„Die Bilanz zeigt, dass der Anteil schwerverletzter Senioren kontinuierlich zunimmt. Diese Entwicklung im weltweit größten klinischen Schwerverletztenregister unterstreicht unsere Bemühungen, die Alterstraumatologie für die Zukunft gut aufzustellen“, sagt DGU-Generalsekretär Professor Dr. Reinhard Hoffmann im Vorfeld des Jahrestreffens – eine gemeinsame Veranstaltung vom TraumaRegister DGU®, der DGU-Sektion Notfall- und Intensivmedizin, Schwerverletztenversorgung (NIS) und dem TraumaNetzwerk DGU®.

Das TraumaRegister wurde 1993 gegründet. Über 200.000 Fälle aus über 600 Kliniken aus weltweit 11 Ländern sind im TR-DGU dokumentiert. Mit mehr als 30.000 Fällen pro Jahr ist es eines der weltweit größten klinischen Schwerverletztenregister.                 DGU

Osteoporose: Neuer Antikörper unterdrückt Knochenabbau

Würzburg – Bei der Suche nach verbesserten Medikamenten zur Behandlung der Knochenkrankheit Osteoporose setzt die Forschung unter anderem auf das Protein Sclerostin, das im Knochenstoffwechsel eine Rolle spielt. Hemmt man seine Funktion, wird der Knochenabbau unterdrückt. Würzburger Forscher haben nun erstmals einen gegen Sclerostin wirksamen Antikörper in kristalliner Form dargestellt und seine Wirkungsweise analysiert.

Erste klinische Studien mit einem Sclerostin-hemmenden Antikörper der Firmen Amgen und UCB zeigten eine Zunahme der Knochenmasse bei Osteoporose-Patienten. Aktuell laufen weiterführende Studien unter anderem in Würzburg, München und Dresden.

Suche nach neuen Antikörpern

In einem von der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt arbeiten Würzburger Wissenschaftler gemeinsam mit weiteren Projektpartnern daran, neue Antikörper zu erzeugen, die sich gegen Sclerostin richten.

Dabei haben die Forscher nun erstmals einen gegen Sclerostin wirksamen Antikörper in kristalliner Form dargestellt und seine Wirkungsweise genauer analysiert. „Sie könnten das Design neuer, hochwirksamer Antikörper gegen Sclerostin vorwärts bringen”, so Dr. Verena Boschert vom Julius-von-Sachs-Institut der Universität Würzburg.

Zusammenarbeit mit der Industrie

Die Würzburger Forscher kooperieren bei diesen Arbeiten mit der Industrie. Gemeinsam mit der Firma AbD Serotec, die ihre deutsche Niederlassung in Puchheim hat, wurden zuerst rund zehn Antikörper entwickelt, die vielversprechend schienen. In Zellkulturen zeigte sich dann, dass genau einer davon gegen Sclerostin wirksam ist.

Gemeinsam mit dem niederländischen Unternehmen Pepscan und dem Leibniz-Institut für molekulare Pharmakologie in Berlin wurden außerdem ein sogenanntes Epitop-Mapping und NMR-Studien durchgeführt. Diese Analysenmethoden brachten zutage, an welcher Stelle genau sich der Antikörper an Sclerostin heftet.

Die nächsten Forschungsschritte

„Bislang haben wir nur den Antikörper kristallisiert und untersucht“, sagt Boschert. Als nächstes ist nun geplant, den Antikörper gemeinsam mit dem Abschnitt von Sclerostin zu kristallisieren, an den er bindet. Auf diese Weise sollten sich noch detailliertere Informationen über die Art und Weise der Bindung gewinnen lassen.

Die Ergebnisse der Forscher wurden am 24. August online unter dem Titel „The sclerostin-neutralizing antibody AbD09097 recognizes an epitope adjacent to sclerostin’s binding site for the Wnt co-receptor LRP6“ in der Fachzeitschrift Open Biology veröffentlicht.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg

NVL Kreuzschmerz zur Kommentierung freigegeben

Berlin – Die komplett überarbeitete 2. Auflage der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Nicht-spezifischer Kreuzschmerz steht ab sofort bis zum 29. September 2016 zur öffentlichen Konsultation bereit. Dies gab das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) gestern bekannt. Fachkreise und Interessierte sind eingeladen, die Leitlinie kritisch zu begutachten und zu kommentieren.

Nicht-spezifische Kreuzschmerzen gehören heute in zahlreichen Industriestaaten zu den häufigsten Volkskrankheiten. Um die Qualität der Kreuzschmerztherapie in Deutschland zu verbessern und Ärzten fundierte Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben, wurde im Jahr 2010 die NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz verabschiedet. In der Leitlinie wird beschrieben, wie eine bestmögliche, sektorenübergreifende Versorgung von Patienten mit akuten oder chronischen nicht-spezifischen Kreuzschmerzen erfolgen sollte.

Auf Basis einer systematischen Recherche wurde die NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz nun komplett überarbeitet und steht seit gestern zur öffentlichen Konsultation bereit. Fachkreise und Interessierte sind eingeladen, ihre Kommentare bis einschließlich 29. September 2016 per E-Mail an nvl@azq.de abzugeben. Dafür soll ein Kommentierungsbogen verwendet werden, der auf der Website des ÄZQ heruntergeladen werden kann.

Nach Ablauf der Konsultationsphase leitet das ÄZQ die eingegangenen Kommentare an die Mitglieder der Leitliniengruppe der NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz weiter. Die Leitliniengruppe entscheide dann nach sorgfältiger Prüfung über deren Berücksichtigung.

Das Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien steht unter der Trägerschaft von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Als gemeinsames Kompetenzzentrum von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung für Qualität und Wissenstransfer im Gesundheitswesen wurde das ÄZQ mit der Durchführung des Programms beauftragt.

Anne Faulmann/ÄZQ