Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt es in einer Stellungnahme, dass die Krankenkassen in der besseren Verzahnung und Steuerung der Notfallversorgung Potenziale sehen. Damit bezieht sie sich auf ein Gutachten des AQUA-Instituts im Auftrag des Verbands der Ersatzkassen (vdek). „Allerdings fehlt das notwendige Bekenntnis, bei der Bereitstellung der finanziellen Ressourcen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wer die Notfallversorgung wirklich verbessern will, muss auch sicherstellen, dass Notfälle egal ob im ambulanten oder stationären Bereich nicht länger strukturell unterfinanziert und durch Budgetregelungen gedeckelt werden”, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.
„Einem durchschnittlichen Erlös von rund 40 Euro pro ambulanten Notfall stehen Fallkosten von mehr als 100 Euro gegenüber und summieren sich auf eine deutschlandweite Unterdeckung von einer Milliarde Euro“, so der Hinweis der DKG. Zurzeit liefen Verhandlungen zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen, die die Vergütung grundsätzlich neu strukturieren sollten. Insgesamt solle das System stärker „krankheitsschwereorientiert“ ausgerichtet werden. Doch die gesetzliche Vorgabe, bis zum 31. Dezember 2016 zu einem neuen Vergütungssystem zu kommen, werden von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung blockiert und ausgebremst, kritisiert die DKG.
Krankenhausdirektoren: Verzahnung bietet Potenzial
„Die zunehmende Inanspruchnahme unserer Notfallaufnahmen in Fällen, wo dies nicht nötig ist, brennt uns in den Krankenhäusern schon lange auf den Nägeln. Deshalb begrüßen wir Vorschläge, das Problem gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten zu lösen“, erklärte der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands, Dr. Josef Düllings, als Reaktion auf das Gutachten. „In einer Verzahnung und zentralen Steuerung der Notfallversorgung erkennen auch wir viel Potenzial für Verbesserungen.“ Bisher hätten vor allem die Krankenhäuser auf die Zunahme der Patienten reagiert, ihre Notaufnahmen technisch und personell aufgestockt und so genannte Triage-Systeme zur Erstbewertung und Weiterleitung der Patienten entsprechend der Schwere ihrer Erkrankung eingeführt.
Die Krankenhausdirektoren fürchten aber, dass die Frage der Finanzierung neuer Strukturen zu Lasten der Kliniken gehen könnte. Bei einer gemeinsamen Verantwortung von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern müsse auch eine für beide Seiten faire Finanzierung selbstverständlich sein. Der Gesetzgeber müsse auch aus Sicht des VKD die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung aus der Gesamtvergütung ausgliedern: „Nur so werden wir zu einer gemeinsamen, neuen Struktur der ambulanten Notfallversorgung kommen.“
„Wir unterstützen den Ansatz von Kooperationen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenhäusern“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. „Es bräuchte Strukturen, die es ermöglichen, dass die Bereitschaftsdienstpraxen der KVen enger mit den Klinikambulanzen zusammenarbeiten. Die Notfälle, die einer stationären Behandlung oder Diagnostik bedürfen, werden in die Ambulanz geleitet, wo sich die Klinikkollegen um sie kümmern. Die ambulanten Patienten versorgen die Vertragsärzte. Wo genau solche Schlüsselstandorte eingerichtet würden, müssten die regionalen Experten entscheiden. Hier bräuchte es entsprechende Vereinbarungen von KVen und Kliniken. Dann dürfte es allerdings in diesen Regionen keine Doppelstrukturen der Notfallversorgung mehr geben.“
Gutachten: Keine Patientensteuerung
Das Gutachten des AQUA-Instituts im Auftrag des vdek listet verschiedene Schwachstellen in der ambulanten Notfallversorgung auf. Dazu zählt das Institut unter anderem unklare Zuständigkeiten aus Patientensicht, keine Patientensteuerung, lückenhafte oder unattraktiv organisierte vertragsärztliche Strukturen – und Patienten, die ihr gesundheitliches Problem nicht richtig einschätzen können.
Sabine Rieser