Archiv für den Monat: März 2016

BGH-Urteil zur Arztkritik: Bewertungsportale müssen Belege liefern

Nachdem die bisherige Rechtsprechung zu Arztbewertungen im Internet aufgrund der Meinungsfreiheit und des Datenschutzes zumeist zu Gunsten des Portalbetreibers und damit zum Nachteil der Ärzte urteilte, wurde die Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) am 01.03.2016 (VI ZR 34/15) mit Spannung erwartet. Dieser urteilte nun, dass Betreiber von Bewertungsportalen künftig umfassendere Prüfpflichten zu erfüllen haben.

Im konkreten Fall klagte ein Zahnarzt gegen die Portalbetreiberin des Bewertungsportals Jameda auf Unterlassung des Verbreitens oder Verbreitenlassens einer anonymen Bewertung. In dieser anonymen Bewertung gab der Nutzer an, dass er den Kläger nicht empfehlen könne und erteilte für die Kategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ jeweils die Note 6, sodass sich in der Gesamtnote eine 4,8 ergab. Der klagende Zahnarzt bestritt jedoch, dass er den Bewertenden behandelt hatte.

Außergerichtlich forderte der Kläger Jameda deshalb zur Löschung der Bewertung auf. Zwar übersandte Jameda seinem Nutzer die Beanstandung des Zahnarztes. Die Weiterleitung der hierauf erfolgenden Antwort des Nutzers an den Zahnarzt verweigerte sie jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen. Eine Löschung der Bewertung erfolgte nicht.

In der Vorinstanz war die Klage zunächst erfolgreich, die hiergegen durch Jameda eingelegte Berufung führte allerdings zur Abweisung der Klage durch das Oberlandesgericht. Der Zahnarzt legte deshalb Revision ein und zog vor den Bundesgerichtshof.

Der VI. Senat des BGH stellte zunächst fest, dass eine Haftung der beklagten Portalbetreiberin für die von ihren Nutzern abgegebenen Bewertungen nur dann in Betracht komme, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt habe. Für deren Umfang seien die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Hierbei seien sowohl das Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, die Erkenntnismöglichkeiten des Providers als auch die Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu berücksichtigen. Es dürften deshalb keine Prüfungspflichten aufgebürdet werden, die zu einer wirtschaftlichen Gefährdung des Geschäftsmodells oder zu einer unverhältnismäßigen Erschwernis der Tätigkeit des Portalbetreibers führen würden.

Andererseits, so der BGH, bergen solche Bewertungsportale an sich ein größeres Risiko von Persönlichkeitsverletzungen, einerseits durch die Anonymität bzw. Pseudonymisierung der Bewertungen und andererseits durch die hierdurch erschwerten Möglichkeiten eines direkten Vorgehens gegen den Nutzer. Zum letzten Punkt ist zu sagen, dass der BGH mit Urteil vom 1.07.2014 – VI ZR 345/13 bereits entschieden hatte, dass ein Arzt von einem Bewertungsportalbetreiber keine Auskunft über die bei ihm hinterlegten Anmeldedaten des Bewertenden verlangen kann.

Aus diesen Gründen hat der BGH den Bewertungsportalbetreibern nun weitergehende Prüfungspflichten auferlegt und diese konkretisiert. Dementsprechend sei der Portalbetreiber verpflichtet, die Beanstandung des Arztes an den Bewertenden zu übersenden und diesen aufzufordern, den behaupteten Behandlungskontakt detailliert darzustellen und konkrete und möglichst umfassende Belege dafür zu liefern. Beispielhaft nannte der BGH hier Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien. Des Weiteren sei der Betreiber zur Weiterleitung derjenigen Informationen und Unterlagen an den Arzt verpflichtet, die ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG übermittelt werden können.

Kommentar des BVOU-Justitiars

Mit diesem Urteil hat der BGH somit erfreulicherweise endlich einmal ein positives Zeichen für die Ärzteschaft gesetzt. Aufgrund der gesteigerten Prüfpflichten der Portalbetreiber sollten für Ärzte nun wesentlich bessere Abwehrmöglichkeiten gegen nicht gerechtfertigte, objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptungen bestehen. Denn nunmehr muss der Portalbetreiber diesen Nachweis durch Belegvorlage führen. Dies gilt insbesondere, wenn fraglich bzw. streitig ist, ob überhaupt eine Behandlung stattgefunden hat. Gelingt dem Portalbetreiber dieser Nachweis nicht, besteht grundsätzlich ein Löschungsanspruch des Arztes.

Mit der auferlegten Pflicht zur Weiterleitung von Informationen und Unterlagen wird aber nach Meinung des Verfassers nach wie vor kein Anspruch auf Herausgabe des Namens des Bewertenden begründet. Denn gemäß § 12 Abs. 1 TMG ist eine Weiterleitung von personenbezogenen Daten, die zur Bereitstellung des Telemediums erforderlich waren, unzulässig. Hierunter fallen in der Regel die im Nutzerprofil des Bewertungsportals gespeicherten Daten und somit grundsätzlich der Name und die sonstigen Anmeldedaten des Bewertenden. Diese dürfen folglich auch zukünftig nicht an den Arzt weitergeleitet werden.

Problematisch – und damit Gegenstand neuer gerichtlicher Entscheidungen – könnte es in Zukunft jedoch werden, wenn dem Portalbetreiber der Nachweis einer stattgefundenen Behandlung gelingt.

Fraglich ist zudem, wie weit die Prüfpflichten des Betreibers gehen, wenn die Behauptung eines angeblichen Behandlungsfehlers in der Bewertung im Raum steht. Nach Meinung des Verfassers müsste aufgrund der aktuellen BGH-Entscheidung dem Portalbetreiber auch hier die Nachweispflicht auferlegt werden. Immerhin kommt einer solch beanstandeten Rechtsverletzung erhebliches Gewicht zu, sodass dies bei Prüfung des Umfangs der zumutbaren Prüfpflichten von entscheidender Bedeutung sein muss. Welche konkreten Anforderungen an die Erfüllung der Nachweispflicht im Falle einer Behandlungsfehlerbehauptung zu stellen sind, wird letztendlich einer gerichtlichen Klärung vorbehalten bleiben.

Nach derzeitiger Auffassung des Verfassers dürfte ein solcher Nachweis eigentlich nur bei Vorliegen eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bzw. eines entsprechenden Gerichtsurteils im konkreten Fall als ausreichend angesehen werden. Es bleibt damit für diesen Fall abzuwarten, welche Ansicht eine zukünftige Rechtsprechung vertreten wird.

Dr. Jörg Heberer
Justitiar BVOU Berlin
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Medizinrecht
München

Völlig unterschätzt – die Bedeutung der Fachärzte in wirtschaftlicher Hinsicht

Berlin, 08.03.2016 – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) verdeutlicht in seiner aktuellen Veröffentlichung, dass die Fachärzte in Deutschland nicht nur in der Versorgung der Patienten, sondern auch unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, eine entscheidende Rolle spielen.

Dass die medizinische Versorgung in Deutschland weltweit ihresgleichen sucht, ist bekannt. „Welche Leistung die Fachärzteschaft in Klinik und Praxis darüber hinaus für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft erbringt, ist höchst anerkennenswert, aber in Zahlen oft unbekannt“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des SpiFa, Dr. Dirk Heinrich, die Intention des Facharztdachverbandes. Gut 71,2 Millionen Behandlun-gen am Patient werden pro Quartal durch Fachärzte in Klinik und Praxis erbracht. „Sie sind damit das Rückgrat unserer medizinischen Versorgung“, so Heinrich weiter. Von den insgesamt 334.200 Ärzten in Klinik und Praxis beläuft sich der Anteil der Fachärzte auf insgesamt 87 Prozent.
Der Medizinisch-Ökonomische Fußabdruck veranschaulicht diesen Beitrag sowohl unter Versorgungsaspekten (medizinisch), als auch in der Darstellung der Brutto-wertschöpfungskette der Fachärzte für das Gesundheitswesen in Deutschland (ökonomisch). Er beschreibt die Rolle des Facharztes als Unternehmer und Arbeits-platzgarant über den reinen Versorgungsbereich hinaus für die gesamte Gesund-heitswirtschaft. Diese verzeichnet derzeit über fünf Millionen Beschäftigte. Im Ver-gleich dazu liegt die Beschäftigtenzahl in der deutschen Automobilindustrie mit knapp 775.000 Menschen (BMWI, 2016) deutlich niedriger.
Heinrich: „Der Medizinisch-Ökonomische Fußabdruck ist eine selbstbewusste Be-schreibung der Leistung der Fachärzteschaft und ihrem Anteil für Wirtschaft und Ge-sellschaft. Er veranschaulicht die gesamtwirtschaftliche Bedeutung.“
„Als größter Facharztdachverband Deutschlands wollen wir zeigen, welch beachtli-chen „Fußabdruck“ die Fachärzteschaft hinterlässt und damit das enorme Leistungs-potenzial verdeutlichen und würdigen. Wir nennen dies den „Medizinisch-Ökonomischen Fußabdruck der Fachärzte“. Unser kürzlich gegründetes wissen-schaftliches Institut, das „Deutsche Institut für Fachärztliche Versorgungsforschung (DIFA), wird zukünftig den Medizinisch-Ökonomischen Fußabdruck weiter entwickeln und veröffentlichen. Wir hoffen, dass die Darstellung zur Versachlichung der Diskus-sion auch im Bezug auf ärztliche Einkommen beiträgt.“
Die Broschüre steht zum Download unter www.spifa.de zur Verfügung.

www.spifa.de Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa) ist ein Dachverband fachärztlicher Berufs-verbände. Das Ziel des SpiFa ist die Darstellung der übergeordneten Interessen der Fachärzte in Pra-xis und Klinik sowie deren politische Durchsetzung auf Bundes- und auch auf Landesebene. Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) setzt sich für die berufspolitischen Interessen der niedergelassenen und in der Klinik tätigen Fachärzte ein.
www.sanakey.de
Die Sanakey GmbH ist Trägerin des gesellschafts- und gesundheitspolitischen Think-Tanks des Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa).
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Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa)
Herausgeber (V.i.S.d.P.): Dr. med. Dirk Heinrich, Dr. med. Axel Schroeder,
Dr. med. Christian Albring, Dr. med. Hans-Friedrich Spies
SpiFa-Hauptgeschäftsführer: Lars F. Lindemann – SpiFa e.V.
Straße des 17. Juni 106-108 – 10623 Berlin
SpiFa-Pressekontakt: presse@spifa.de

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Vorderer Kreuzbandriss: Erneute Ruptur bei Jugendlichen häufig

Sydney, Australien – Die Zunahme von sportlichen Freizeitaktivitäten und die zunehmende Beteiligung an sportlichen Wettkämpfen führen auch bei Kindern und Jugendlichen immer häufiger zu Kreuzbandverletzungen. Nach einem Riss des vorderen Kreuzbandes ist in den meisten Fällen eine operative Rekonstruktion die Therapie der Wahl, um das Kniegelenk des Jugendlichen wieder zu stabilisieren. Wie australische Forscher nun allerdings zeigen konnten, ist fast jeder dritte Jugendliche in den folgenden 15 Jahren nach dem Kreuzbandersatz von einer erneuten Kreuzbandruptur betroffen.

Für ihre Studie nutzten die australischen Mediziner die Daten einer Fallserie von 288 Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren. Diese hatten nach einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes entweder ein Patellasehnen-Transplantat (20 Prozent) oder ein Hamstring-Transplantat (80 Prozent) erhalten. Durchschnittlich 16,5 Jahre nach der Operation nahmen die Patienten an einer Befragung teil, wobei sie Angaben zu erneuten Symptomen, einer wiederholten Kreuzbandverletzung und zur familiären Vorgeschichte machten.

Die Auswertung der Wissenschaftler ergab, dass sich 31 Prozent der Befragten eine erneute Kreuzbandruptur zugezogen hatten. Bei 11,2 Prozent der Patienten riss das eingesetzte Transplantat, bei 13,6 Prozent das vordere Kreuzband des anderen Knies. Bei 6,3 Prozent der Befragten traten sogar beide Verletzungen auf.

In den ersten zwei Jahren nach dem Eingriff blieb das Risiko für einen Riss des Transplantats besonders hoch: Bei 8 Prozent der befragten Patienten riss das Transplantat in diesem Zeitraum. Nach 15 Jahren waren noch insgesamt 83 Prozent der Kreuzbandplastiken intakt.

Die verwendete Rekonstruktionstechnik hatte dabei keinerlei Auswirkung auf das Risiko einer Reruptur. Einen entscheidenden Einfluss hatte allerdings die Familienanamnese: traten auch bei Eltern oder Geschwistern Kreuzbandrupturen auf, so erhöhte sich das Risiko für einen Riss des Transplantats um das 3,6-Fache. Bei negativer Familienanamnese waren nach 15 Jahren noch 90 Prozent der Kreuzbandplastiken intakt, bei positiver Anamnese nur 69 Prozent.

Eine Ruptur des kontralateralen vorderen Kreuzbandes war nach 15 Jahren bei fast jedem fünftem Patienten (19 Prozent) aufgetreten. Einen Zusammenhang zur Familienanamnese konnten die Forscher hierbei nicht feststellen. Allerdings waren Patienten nach der Wiederaufnahme von Ballsportarten (89 Prozent) im Vergleich zu denjenigen, die diese Sportarten nicht erneut praktizierten (78 Prozent) deutlich häufiger von einer Kreuzbandverletzung am anderen Knie betroffen.

Zusammenfassend rieten die Forscher dazu, nach einer Rekonstruktionsoperation des vorderen Kreuzbandes mit der Rückkehr zu intensivem Sport mindestens zwölf Monate zu warten. Hierbei verwiesen sie auf Untersuchungen, die gezeigt hatten, dass der Einheilungsprozess von Kreuzband-Transplantaten bis zu zwölf Monaten dauern kann und die neuromuskuläre Leistung mindestens zwölf bis 18 Monate beeinträchtigt ist. Allerdings müsse in weiteren Studien gezeigt werden, dass eine verzögerte Wiederaufnahme der sportlichen Tätigkeit die Häufigkeit weiterer Kreuzbandverletzungen tatsächlich vermindert.

Die Studie mit dem Titel „Fifteen-Year Survival of Endoscopic Anterior Cruciate Ligament Reconstruction in Patients Aged 18 Years and Younger” wurde in der Februar-Ausgabe des American Journal of Sports Medicine veröffentlicht.

AstraZeneca – Gezielte OIC-Behandlung mit Moventig

Opioide werden in verschiedensten Bereichen zur Therapie chronischer Schmerzen eingesetzt. Die Wirkungsweise der Opioide basiert auf ihrer Bindung an µ-Rezeptoren im Gehirn. Allerdings binden sie auch an µ-Rezeptoren im Darm und können so eine Opioid-induzierte Obstipation (OIC) verursachen. Die OIC als eine der häufigsten Nebenwirkungen der Opioid-Therapie bedeutet für betroffene Patienten eine sehr starke Beeinträchtigung und einen hohen Leidensdruck. Mit seinem Präparat Moventig adressiert der Arzneimittelhersteller AstraZeneca dieses Problem und bietet den ersten oral einzunehmenden, peripher wirkenden Opioidrezeptor-Antagonisten.

Als Unternehmen mit einer langen Tradition in der Schmerztherapie hat AstraZeneca mit Moventig und dessen Wirkstoff Naloxegol ein sicheres Mittel zur gezielten und effizienten Behandlung der OIC entwickelt. Als Begleitmedikation parallel zu einer Opioid-Therapie hilft Moventig Patienten, bei denen Laxantien nur unzureichend gewirkt haben. Im Video berichten Dr. Alexander Freitag, Brand Manager Naloxegol bei AstraZeneca, und Prof. Dr. med. Martin Storr, Gastroenterologe, von den Vorteilen und der Wirkungsweise von Moventig.

Weitere Informationen zu AstraZeneca finden Sie hier.

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VSOU 2016: Workshop Personalführung und Unternehmensstrategie für die Praxis

Workshop Personalführung und Unternehmensstrategie

Ein Angebot vom BVOU für Niedergelassene und Praxisgründer in Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Veranstaltung findet am Samstag, 30.04.2016 in Baden-Baden im Rahmen des VSOU-Kongresses statt.

30.04.2016, 09:00 – 11:30 Uhr
Radisson Blu Badischer Hof Hotel Baden-Baden, Lange Straße 47

In zwei Workshops werden zentrale Herausforderungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis beleuchtet:

  • Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der Praxis
  • Unternehmensstrategie und Businessplan

Ziel der Veranstaltung ist es, den  Teilnehmern ein Paket mit praktisch anwendbaren Werkzeugen mitzugeben.

Für diese Workshop-Reihe am Vormittag ist eine Anmeldung erforderlich. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Den Link finden Sie unten.

Workshop I:
Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der Arztpraxis

Workshopleiter
Jens Hollmann, medplus-kompetenz, Hamburg

Das Seminar macht Sie mit Führungsmodellen in Theorie und Praxis für die besonderen Anforderungen einer zukunftsorientierten Praxis vertraut. Sie erhalten in diesem Seminar einen Überblick über aktuelle Personalentwicklungs­instrumente und konkrete Anwendungstipps für Ihren Praxisalltag.

Workshop II:
Unternehmensstrategie und Businessplan

Workshopleiter
Dr. med. Tobias Vogel, München

  1. Was ist ein Businessplan und wie ist er strukturiert?
    Professor Stefan Terkatz, Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft, Bremen
  2. Wozu benötige ich einen Businessplan in der Gründungs- und Entwicklungsphase einer Praxis?
    Florian Sprösser, Filialleiter der Deutschen Apotheker und Ärztebank Rosenheim
  3. Best practice: So sieht ein Businessplan für eine orthopädisch-unfallchirurgische Praxis aus.
    Dr. med. Alexander Rucker, MHBA
    Orthopädie am Altheimer Eck, München

Anschließend Podiumsdiskussion.

Wir erwarten eine lebendige Diskussion sowie praktische Empfehlungen sowie Tipps und Tricks für Praxisgründer und junge Niedergelassene.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Hier geht es zur Anmeldung.

Diese Veranstaltung wird unterstützt von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.

Ein neues Format in der Kongresslandschaft

Mit neuen Elementen wird Wissenschaft praxisorientiert aufgearbeitet.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Joachim Grifka (Regensburg/Bad Abbach) und Univ.-Prof. Dr. med. Ulrich Stöckle (Tübingen), Kongresspräsidenten der 64. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfall-chirurgen in Baden-Baden (28.-30.4.2016), erläutern, was diese Jahrestagung über das rein Fachliche hinaus noch attraktiv macht.

Schon der Auftakt zeigt den Anspruch, den die 64. Auflage der VSOU-Jahrestagung Ende April diesen Jahres hat: Festredner Prof. Dr. jur. Heribert Prantl wird mit dem Vortragsthema „Medizin zwischen Ökonomie und Ethik“ das ärztliche Handeln im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlichem Anspruch beleuchten. „Gerade in der heutigen Zeit ist dies ein besonders aktuelles Thema“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Stöckle – gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Grifka Kongresspräsident dieser Tagung in Baden-Baden – die Wahl Prantls als Festredner. Dass man als Arzt wirtschaftlich handeln müsse, sei Konsens, ergänzt Grifka. „Die qualitativ hervorragende medizinische Versorgung muss aber immer unstrittig bleiben“, fügt Grifka an.

Dass in diesem Zusammenhang das Thema GOÄ aufgegriffen wird, ist mehr als logisch. „Die neue GOÄ ist längst überfällig. In wohl keinem anderen Bereich wird seit mehr als 25 Jahren mit der gleichen Gebührenordnung gearbeitet. Diese wird sowohl dem persönlichen Aufwand als auch dem apparativen Aufwand bei entsprechenden Operationen nicht mehr gerecht“, nennt Stöckle Gründe für die Aufnahme der GOÄ in den Kongress-Diskurs. Grifka sieht auch die Patienten betroffen: „Einbußen in der privatärztlichen Vergütung werden auch ihre Konsequenz für gesetzlich krankenversicherte Patienten haben, weil aufgrund der Unterdeckung im kassenärztlichen Bereich viele Kollegen die Behandlung der gesetzlich versicherten Patienten persönlich über Einnahmen aus der privatärztlichen Behandlung subventionieren.“

Das Kongressmotto: „Was, Wann, Wie“ verspricht viele konkrete Handlungsempfehlungen für das Fach. „Diese Fragenfolge bestimmt unser tägliches Handeln zentral. In dem Maße, wie wir durch wissenschaftliche Evaluation, Diagnostik und Therapie beurteilen können, wie unser Behandlungsergebnis durch outcome-Messungen überprüft wird und wie Patienten eine ,Reparaturmentalität‘ entwickelt haben und einen höchsten Anspruch an die Wiederherstellung der Funktionalität formulieren, müssen wir unser Vorgehen exakt definieren“, erläutert Grifka die Intention des Kongressmottos. Stöckle ergänzt, man wolle durch den juristischen Aspekt in Vorleistung gehen und damit mögliche juristische Folgen abwenden. Er verweist darauf, dass allzu häufig von juristischer Seite diagnostische Leistungen gefordert werden, die von ökonomischer Seite nicht immer vergütet werden: „Als Beispiel sei hier die eher großzügige Anwendung eines Schädel-CTs genannt bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma.“ Die juristische Problematik werde in zahlreichen Sitzungen eingebunden – teils als Berichte aus Schlichtungsstellen, teils als Erfahrungs-berichte von erfahrenen Gutachtern vor Gericht.

Ein Kongress in O&U darf selbstredend die gemeinsame Entwicklung dieses in seiner Zusammenführung noch jungen Fachs nicht übergehen. Zumal Grifka 2008 als Gründungspräsident der DGOU persönlich „Aktivist“ bei der Zusammenführung der beiden Fachgesellschaften für Orthopädie und chirurgie war. „Mit der Zusammenführung der Gesellschaften haben wir formal nachvollzogen, was inhaltlich schon vorgegeben war. Seit 2004 gibt es die gemeinsame Weiterbildungsordnung für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Im internationalen Vergleich haben wir früher in Deutschland eine Sonderrolle belegt, indem Orthopädie und Unfallchirurgie getrennt waren“, beschreibt Grifka das Vergangene. Er beschreibt allerdings auch Probleme im Täglichen: „Es gibt erhebliche Asymmetrien in der Weiterbildung. Hier würde ich mir mehr Kollegen mit einem konstruktiven Ansatz wünschen. Auch bei der Besetzung von Chefarztstellen gibt es noch schwierige Verhältnisse.“ Das mittelfristige Ziel müsse ein eigenes Gebiet sein, analog zur Geburtshilfe und Gynäkologie.

Das alles aber müsse auf der Basis des gemeinsamen Facharztes ruhen, betonen beide Kongresspräsidenten: „Darauf aufbauend die Spezialisierungen in ,Spezielle Orthopädie‘ und ,spezielle Unfallchirurgie‘ weiter entwickeln, um unsere international führende Position in der Versorgung von Unfallverletzten sowie auch in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungssystems mit geeigneten konservativen und operativen Verfahren weiter auszubauen“, meint Stöckle. Erst nach dem Facharzt gibt es die Spezialisierung wie Kinderorthopädie, Rheuma-orthopädie, physikalische Therapie und Handchirurgie. „Mit der neuen Weiterbildungsordnung müssen wir unsere Ausrichtung besser gliedern: Wir dürfen keine Inhalte der speziellen Unfallchirurgie für den Facharzt fordern.“

Als absolutes Novum in der Kongresslandschaft hat Grifka ein neues Format entwickelt:

Einen Weiterbildungscontest. In einem Verfahren, wie wir es von privaten Fernsehsendern kennen, treten Teams von Weiterbildungsassistenten gegeneinander an, um klinische Fälle zu lösen. Dem Siegerteam winkt ein Stipendium der VSOU für den kanadischen Orthopädenkongress.

Grifka: „Unser Fachgebiet hat einen hervorragend qualifizierten Nachwuchs. Das Publikum wird in jeder Runde dieses Wettbewerbes abstimmen, welches Team weiter kommt. Wir dürfen uns alle auf einen spannenden Kongress freuen!“

Noch ein Grund mehr also, die Tagung Ende April auf keinen Fall zu verpassen.

Weitere Informationen unter: www.vsou.de

Pressekontakt:

Semikolon, Inge Kölle, Kaiserstraße 67, D-76437 Rastatt

Tel.: +49 (0) 7222 / 154275, Fax: +49 (0) 7222 / 154281, koelle@semikolon.de

 

 

Gesundheitsversorgung: Vorhandene ambulante fachärztliche Versorgungsstrukturen einfach mal nutzen!

Bessere Patientenversorgung durch Überwindugn der Sektorengrenzen!

Berlin, 02.03.2016 – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) unterstützt die Forderung nach einer Überwindung der Sektorengrenzen zur Verbesserung der Patientenversorgung, deren Notwendigkeit die Gesundheitsexperten Prof. Dr. Jürgen Wasem und Prof. Dr. Ferdinand Gerlach aus den Ergebnissen des neuen Krankenhausreports des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) ableiten . Neue Strukturen müssen dafür jedoch nicht entwickelt werden.

„Es ist generell richtig, dass wir eine grundlegende Neuausrichtung für die fachärztliche ambulante Versorgung brauchen“, so der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), Lars F. Lindemann. Allerdings müssten dafür keine neuen Versorgungsstrukturen entwickelt werden, denn diese Strukturen wurde beispielsweise mit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV), insbesondere für die sektorenübergreifende Versorgung, bereits geschaffen. Sie müsse lediglich endlich entbürokratisiert und angemessen genutzt werden. „Und – das Geld muss der Leistung folgen“, so Lindemann weiter. Erste Erfahrungen in der ASV zeigen deutlich, dass sowohl Ärzte in Klinik als auch in Praxis sehr wohl hervorragende Patientenversorgung über die Sektorengrenzen hinweg leisten. Dies gilt z.B. im Belegarztsystem. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Hürden sind hierbei aber zu hinterfragen.

„Wer Patchwork in der Versorgung beseitigen will, muss den Mut haben, über Patientensteuerung und dabei insbesondere über den Einweisungsvorgang ins Krankenhaus zu sprechen. Wenn von 18 Millionen im Krankenhaus behandelten Patienten, 3,7 Millionen Einweisungen vermieden werden können, dann zeigt dies das Potenzial zur Verbesserung der Versorgung.“

„Die Sektorengrenzen müssen abgesenkt werden, nur darf dies nicht durch die schlichte Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung erfolgen. Dem behandelnden Facharzt muss ohne bürokratische Hemmnisse die Möglichkeit offen stehen, mit seinen Patienten gemeinsam die Sektorengrenzen zu überschreiten, um für ihn optimale Behandlungserfolge zu erreichen. Für das Handeln des Facharztes steht dabei die Freiberuflichkeit seiner ärztlichen Tätigkeit im Vordergrund. Es kommt zur Verbesserung der Versorgung gerade nicht darauf an, das Leitbild des angestellten Klinikarztes in die ambulante Welt zu übertragen, sondern Vorteile des selbstständig wirtschaftlich tätigen Arztes für beide Sektoren zu nutzen und sinnvoll zu verknüpfen.

So zeigen einzelne Beispiele bereits heute, dass ambulant tätige Ärzte sehr wohl auch in der Lage sind, die Trägerschaft eines Krankenhauses zu übernehmen, was am Ende viel schneller zur Überwindung der Sektorengrenze führt als neue Vorschriften.“

 

 

Versorgungssituation der Rheumapatienten in Deutschland

Ratzeburg – Dr. med. Uwe Schwokowski, niedergelassener Orthopäde mit dem Schwerpunkt Rheumatologie aus Schleswig-Holstein und Leiter des Referats Orthopädische Rheumatologie des BVOU, hat die aktuelle Versorgungssituation der Rheumapatienten in Deutschland und die Rolle der Orthopäden in diesem Kontext mit Blick auf aktuelle Zahlen und Einschätzungen von anderen Verbänden und Gruppierungen bewertet.

Bereits im Jahr 2008 hielt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie fest: „Wenn in einem Bereich kein internistischer Rheumatologe erreichbar ist, dann soll ein orthopädischer Rheumatologe diese Arbeit übernehmen.“ Als anschauliches Beispiel führt Uwe Schwokowski hier das Herzogtum Lauenburg an, in dessen Kreisstadt Ratzeburg er niedergelassen ist. „In dem Kreis mit rund 200.000 Einwohnern ist kein internistischer Rheumatologe niedergelassen – hier bin ich mit meiner Praxis die einzige Anlaufstelle für betroffene Patienten“, sagt er und demonstriert damit die Bedeutung orthopädischer Rheumatologen für die Sicherstellung der Versorgung.

Nach der Definition der European League Against Rheumatism (EULAR) sollten Menschen mit rheumatologischen Symptomen innerhalb von sechs Wochen einem in der Diagnose und Differentialdiagnose der rheumatoiden Arthritis kundigen Arzt vorgestellt werden. Dies bezieht vor allem den orthopädischen Rheumatologen (ORh) mit ein, aber auch den rheumatologisch fortgebildeten Orthopäden (RhefO), der mittels ADO-Zert-Kursen auf seine Rolle als Bindeglied zwischen einer normalen Orthopädie-Praxis und dem ORh vorbereitet wurde.

Die Blaupause für die Fortbildungsaktivitäten der Orthopädischen Rheumatologie, unterstützt vom BVOU und der ADO, lieferten die Deutschen Rheuma-Liga und deren Präsidentin Prof. Dr. med. Erika Grominca-Ihle, die sich ebenfalls zur Bedeutung des orthopädischen Rheumatologen geäußert haben. So hält die Rheuma-Liga fest, dass die Versorgung rheumatologischer Patienten ein interdisziplinäres Team erfordere und der orthopädische Rheumatologe bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen in jedem Fall frühzeitig mit einzubeziehen sei.

Des Weiteren macht die Deutsche Rheuma-Liga darauf aufmerksam, dass viele orthopädische Rheumatologen aufgrund der defizitären Versorgungsstrukturen in der Rheumatologie langjährige Erfahrungen in der medikamentösen Therapie haben und damit die Versorgungssituation verbessern. Auch in der Diagnostik entzündlich-rheumatischer Erkrankungen spiele der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie eine wichtige Rolle.

Mit dem strukturierten und zertifizierten Kursprogramm der ADO, an dessen Ende der RhefO steht, würden viele der von der Deutschen Rheumaliga geforderten Inhalte wesentlich vertieft, sagt Schwokowski. So bilden die Kurse I und II den Orthopäden und Unfallchirurg in der Früherkennung und frühen Behandlung fort und erhöhen so die Chance, Rheumapatienten früher zu detektieren. „Die Kurse wurden bereits von zehn Prozent der rund 6.000 Orthopäden und Unfallchirurgen besucht“, sagt der Ratzeburger Orthopäde und Rheumatologe.

Auch das 2008 von der Kommission Versorgung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie herausgegebene Memorandum zur „Rheumatologischen Versorgung von akut und chronisch Rheumakranken in Deutschland“ nähme auf den Orthopäden und dessen Einbindung bei der Versorgung von Rheumapatienten Bezug, so Schwokowski weiter.

So hält das Memorandum unter anderem fest, dass internistische Rheumatologen bei jeder Krankheit grundsätzlich die Zusammenarbeit mit weiteren Medizinern – und hierbei insbesondere rheumatologisch weitergebildeten Orthopäden und Rheumachirurgen – reflektieren sollten.

Ebenfalls aus diesem Memorandum stammt die Formel, dass ein internistischer Rheumatologe auf 50.000 Einwohner kommen sollte. Insgesamt wären für Deutschland demnach 1.300 internistische Rheumatologen ideal. „Nicht einbezogen, und das erstaunt nicht, sind die Orthopäden und ORh“, sagt Schwokowski – und dass, obwohl die Versorgung allein durch die internistischen Rheumatologen nicht sichergestellt werden kann.

Zieht man aktuelle Zahlen heran, so könnte man dieses Problem als „interdisziplinär gelöst“ erachten. Denn laut der KBV gibt es aktuell 750 internistische Rheumatologen und 556 orthopädische Rheumatologen in Deutschland.

„Also wäre die Vorgabe mit etwas gutem politischem Willen erfüllbar, wenn es denn zu einer breiteren Kooperation kommen würde“, erläutert Dr. Schwokowski. Um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, plant das Referat Rheumatologie des BVOU für 2016 eine Qualitätsoffensive mit dem Titel „Rheumatologie – Orthopäden können helfen“. „Wir wollen Rheuma früh erkennen, Rheuma früh behandeln“, sagt Schwokowski.

Ambulante Versorgung im Krankenhaus: Experten kritisieren „Wildwuchs“

Berlin – In den letzten drei Jahrzehnten sind zahlreiche neue Formen der ambulanten Versorgung im Krankenhaus entstanden: von Notfallambulanzen über ambulantes Operieren im Krankenhaus bis hin zur Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV). Diese Leistungen haben die Versorgungslandschaft erweitert, durch uneinheitliche Regelungen aber auch verkompliziert und so die Hürden zwischen den Sektoren eher verstärkt als abgebaut. Dies kritisierten Experten anlässlich der Veröffentlichung des neuen Krankenhaus-Reports des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Bei einer Pressekonferenz am 29. Februar in Berlin stellten die Experten den „Krankenhaus-Report 2016: Ambulant im Krankenhaus“ vor und diskutierten die gegenwärtige Situation der ambulanten Versorgung in den deutschen Kliniken sowie der sektorübergreifenden Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Hierbei bemängelten sie insbesondere den „Wildwuchs“, der durch die Vielzahl ambulanter Leistungen und unterschiedlicher Regelungen entstanden sei.

Einheitlicher Ordnungsrahmen von der Politik gefordert

Mitherausgeber und Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem stellte angesichts der Fülle von Versorgungsmöglichkeiten fest: „Hinter dieser Vielfalt steckt kein rationales Ordnungsprinzip. De facto werden hier identische Leistungen in verschiedene Rechtsformen verpackt und dann auch noch unterschiedlich vergütet.“ Deshalb müsse die Politik an der Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Leistungen sowie Kliniken und Niedergelassenen endlich einheitliche Spielregeln für alle und einen neuen Ordnungsrahmen vorgeben.

Mauern abbauen, Kooperation stärken

Auch Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, kritisierte die Strukturprobleme zwischen den Sektoren: „Das deutsche Gesundheitswesen ist wie ein geteiltes Land. Zwischen Kliniken und Praxen verläuft eine kaum überwindbare Mauer, die für Patienten gefährlich und für alle viel zu teuer ist.“ Denn das Fehlen einheitlicher Spielregeln und die deshalb höchst unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und Anreizsysteme auf beiden Seiten führten vielfach zu konträren Interessen und Zielen, so Gerlach. Echte Zusammenarbeit sei weder vorgesehen noch möglich.

„Statt einer sinnvollen Kooperation im Interesse eines individuellen Patienten resultiert eine ineffiziente Konkurrenz mit diversen vermeidbaren und daher letztlich inakzeptablen Folgen“, mahnte Gerlach. Hierzu zählten Informationsbrüche und Missverständnisse ebenso wie Behandlungsfehler, Mehrfachdiagnostik und vermeidbare hohe Arztkontakte. Laut Gerlach seien Hausärzte für die hier notwendige Lotsenfunktion prädestiniert, befänden sich aber innerhalb des Gesundheitssystems in einer geschwächten Position. Deshalb forderte er eine regional vernetzte, sektorübergreifende Versorgung, in der die Honorare für stationäre Kurzzeitfälle und vergleichbare ambulante Behandlungen angeglichen werden.

Die fachärztlich-ambulante Versorgung müsse ein Ganzes werden

Auch der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Martin Litsch betonte, dass dem Bereich der fachärztlich-ambulanten Versorgung konsistente, übergreifende Strukturen und damit ein „großes Ganzes“ fehle. „Auf Schnittstellenprobleme wurde bislang von der Politik mit zahlreichen Einzellösungen reagiert. Die bisherigen Modelle inklusive der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung sind sicher gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das kann so nicht bleiben, da muss der Gesetzgeber noch mal neu ansetzen“, so Litsch. „Was ich mir wünsche, ist mehr Miteinander statt dieses andauernden Jeder-gegen-Jeden mit Sonderinteressen und Systemegoismen. Die Leistungserbringer müssen sich darauf einlassen, gemeinsame Qualitäts-, Verwaltungs- und Finanzierungsstandards zu entwickeln, sonst kommen wir nicht weiter.“ Hierzu brauche es allerdings einen verlässlichen Rahmen.

Voraussetzung für eine Neuausrichtung der fachärztlich-ambulanten Versorgung sei mehr Transparenz. Dazu sei eine einheitliche Dokumentation von ambulanten und fachärztlich-ambulanten Leistungen notwendig. So könne man Doppelstrukturen und Qualitätseinbußen sichtbar machen und damit Vergleichbarkeit schaffen. In einem zweiten Schritt müsse sektorübergreifend festgelegt werden, welche Kapazitäten und Strukturen für den Bedarf wirklich notwendig seien. „Wenn wir so weit sind, kann ein neuer ordnungspolitischer Rahmen abgesteckt werden“, so Litsch.

Weitere Informationen zum „Krankenhaus-Report 2016: Ambulant im Krankenhaus“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK