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Bürgerversicherung: Diskussion hält an

Berlin – Anlässlich des Beschlusses der SPD, Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU zu beginnen, hat der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, mit Blick auf das Gesundheitswesen erklärt: „Natürlich sind Verbesserungen möglich und teilweise auch notwendig. Jedoch wäre es fatal, aus Ideologie ein funktionierendes Gesundheitswesen auf den Kopf zu stellen und gefährliche Experimente einzugehen. Das Beispiel England zeigt aktuell sehr drastisch, wohin staatlich definierte Einheitsvergütungen und Bürgerversicherungen führen – nämlich zu einer schlechteren Versorgung für alle“.

Gassen regte angesichts der guten Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen an, die Grundleistungen nicht länger zu budgetieren: „Es ist eine Zumutung für Ärzte und Versicherte, dass zehn bis 20 Prozent der Leistungen nicht vergütet werden. Hierdurch könnte ein noch schnellerer Zugang der Patienten gewährleistet werden.“ Sein Vorstandskollege, der Allgemeinmediziner Dr. Stephan Hofmeister, unterstützte ihn: „Beginnen sollten wir mit der Abschaffung der Budgets bei den Grundleistungen. Hier beginnt unmittelbar die Versorgung der Patienten bei Haus- und Fachärzten.“

Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, appellierte an die SPD, sich nicht länger in der Jagd auf das „Phantom Zwei-Klassen-Medizin“ aufzureiben. Dies diffamiere nicht nur alle im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) tätigen Akteure, sondern verstelle den Blick für wirklich sinnvolle und längst überfällige Reformen des Gesundheitssystems.

Die Bürgerversicherung dürfe nicht das einzige Thema auf der gesundheitspolitischen Agenda sein, mahnte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands: „Bis heute sind viele Detailfragen zur konkreten Ausgestaltung der Bürgerversicherung ungeklärt. Auch deswegen haben wir uns weder für noch gegen eine Bürgerversicherung ausgesprochen, sondern immer wieder unsere Forderung nach einer vernünftigen und fairen Finanzierung der Primärversorgung wiederholt. Das ist unser Kernanliegen. In welchem Versicherungssystem dies am Ende des Tages geschieht, ist dabei zunächst zweitrangig.“

Wer die Patientenversorgung verbessern wolle, müsse den Honorardeckel bei der Vergütung für gesetzlich Versicherte abschaffen, forderte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes: „Ein Ende der Budgetierung heißt Ende der immer behaupteten Zwei-Klassen-Medizin“, so Dr. Dirk Heinrich. Der Verband reagiert damit auf die jüngsten Äußerungen von Unionsfraktionschef Volker Kauder, der SPD bei den Koalitionsverhandlungen beim Thema Gesundheit entgegenkommen zu wollen.

Die Reform der GKV-Honorare müsse unabhängig von der Bezahlung durch selbstzahlende, meist dann privat versicherte Patienten angegangen werden. Eine Angleichung der Honorare, wie von der SPD gefordert, käme einer Mammutaufgabe für mehrere Legislaturperioden gleich, warnte der NAV-Chef: „Alle Experten – auch die der SPD – sind sich einig: Eine einheitliche Gebührenordnung ist nicht umsetzbar; jedenfalls nicht binnen einer, nicht einmal binnen zweier Legislaturen. Fachleute schätzen, dass ein solches Projekt bestenfalls in zehn bis 15 Jahren zu verwirklichen ist.“

Quellen: KBV, HÄV, NAV, Hartmannbund

Ernährungsforscher erhält renommierten Preis

Potsdam-Rehbrücke – Professor Tim J. Schulz vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) wird am 14. März 2018 mit dem 60.000 Euro dotierten und international renommierten Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis ausgezeichnet werden.

Die Paul-Ehrlich-Stiftung ehrt den 38 Jahre alten Biochemiker und Ernährungsforscher Schulz für seine biomedizinischen Arbeiten zur Funktion von weißen und braunen Fettzellen.

Eine Option: altersbedingte Knochenbrüche besser therapieren

„Tim Schulz hat mit seiner exzellenten Arbeit einen großen Beitrag zum Verständnis der Fettzellentwicklung und -funktion geleistet“, sagt Tilman Grune, wissenschaftlicher Vorstand des DIfE. „Seine Erkenntnisse sind nicht nur aus ernährungsphysiologischer Sicht relevant, sondern auch aus medizinischer Sicht, denn sie zeigen neue Wege auf, bedeutende Volksleiden wie Adipositas, aber auch damit verbundene Krankheiten wie altersbedingte Knochenbrüche, besser zu therapieren.“

„Wir wissen, dass Übergewicht in der älteren Bevölkerung besonders weit verbreitet ist“, so Schulz. „Ältere Menschen haben auch häufig untypische, sogenannte ektopische Fettzellansammlungen im Knochenmark oder der Muskulatur. Diese Ansammlungen verringern die Regenerationsfähigkeit der betroffenen Gewebe und fördern deren Funktionsverlust sowie das Entstehen von Stoffwechselerkrankungen. Doch warum ist dies so, was passiert auf zellulärer und molekularer Ebene? Das sind spannende Fragen, die wir klären müssen, um neue Präventions- und Behandlungsstrategien entwickeln zu können.“

Kenntnis von weißen und brauen Fettzellen ist noch neu

Erst seit einigen Jahren ist bekannt, dass Erwachsene neben weißem auch braunes Fettgewebe besitzen. Während weiße Fettzellen hauptsächlich der Energiespeicherung und der Wärmedämmung dienen, erzeugen braune Fettzellen Wärme und schützen den Körper auf diese Weise davor, auszukühlen. Beide Fettzelltypen erfüllen damit wichtige physiologische Funktionen. Allerdings können Fettzellen auch dazu beitragen, Krankheiten zu begünstigen.

In einer aktuellen Veröffentlichung haben Schulz und sein Team vor kurzem gezeigt, dass eine fettreiche Ernährung – insbesondere in Kombination mit einem fortgeschrittenen Alter – dazu führt, dass sich im Knochenmark vermehrt spezialisierte (Fett-)Vorläuferzellen ausbreiten. Diese tragen letztlich zu Fettansammlungen im Knochen bei. Dabei setzen die Fettzellen vermehrt ein bestimmtes Enzym frei, das nicht nur die Knochenheilung, sondern auch die Blutbildung im Knochenmark beeinträchtigt. Dieses Enzym ist auch aus der Diabetesforschung bekannt und durch seit Jahren erprobte Medikamente (Gliptine) hemmbar.

Wirkstoffe eventuell auch für Knochenheilung bestimmter Patienten einsetzbar

Die Forscher gehen nun aufgrund ihrer Ergebnisse davon aus, dass diese Therapeutika nicht nur zuckerkranken Menschen helfen, sondern vielleicht auch die Knochenheilung bei älteren, übergewichtigen Patienten verbessern können. Das muss aber erst noch in klinischen Studien gezeigt werden. Darüber hinaus hat Schulz in vielen zellbiologischen Untersuchungen beobachtet, dass auch die Zusammensetzung der Nahrung die Stammzellen des Knochens direkt beeinflusst. Sie bestimmt, ob aus den Stammzellen Knochen- oder Fettvorläuferzellen hervorgehen. Daher will Schulz mit seinem Team künftig untersuchen, inwiefern bestimmte Ernährungsformen und Nahrungsmittelinhaltstoffe dazu geeignet sind, die für die Knochenheilung verantwortlichen Stammzellen zu unterstützen. Schon heute würden die Forschungsergebnisse zeigen, – so Schulz – dass Menschen viel für ihre Knochengesundheit tun können, indem sie besonders im Alter auf ein normales Körpergewicht und eine ausgewogene Ernährung achten.

Der „reguläre” Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis geht in diesem Jahr an den  US-Amerikaner Anthony Cerami (77) und den israelischen Staatsbürger David Wallach (72). Er ist mit 120.000 Euro dotiert und wird wie der Nachwuchspreis am 14. März 2018 in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Die beiden Wissenschaftler werden für ihre Forschung zum Botenstoff TNF und dessen Wirkung im Entzündungsgeschehen ausgezeichnet.

Quelle: DIfE, Paul Ehrlich-Stiftung

 

Bewegungsschienen: Vorbericht publiziert

Berlin – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht derzeit, ob Patientinnen und Patienten, die an Knie- oder Schultergelenk operiert wurden oder konservativ behandelt werden müssen, vom Training mit motorbetriebenen (passiven) Bewegungsschienen profitieren. Den vorläufigen Ergebnissen zufolge zeigen die Schienen bei drei von insgesamt sieben Vergleichen, die in Studien untersucht wurden, einen Vorteil – allerdings jeweils nur für einzelne Endpunkte, nämlich beim Schmerz oder beim Bewegungsumfang. Mit Ausnahme der Indikation Kniegelenksersatz sei die Studienlage „eher dürftig“, heißt es. Bis zum 30. Januar können Personen und Institutionen können noch Stellungnahmen zum Vorbericht abgeben.

Studienlage am besten nach Knie-Totalendoprothese

Insgesamt wurden 33 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) zu insgesamt sieben Fragestellungen einbezogen. Motorbetriebene Bewegungsschienen (Continuous passive Motion = CPM) wurden entweder im zusätzlichen Einsatz zur Physiotherapie untersucht oder als Ersatz für diese. Sechs der Studien bezogen sich auf Indikationen an der Schulter, die übrigen 27 auf das Knie.

Am besten ist dem IQWiG zufolge die Datenlage für die CPM als Zusatz zur Physiotherapie nach dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks. Aus den hierzu vorliegenden 21 Studien konnte das Institut Daten von insgesamt 1.649 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auswerten, bei den übrigen sechs Fragestellungen waren es dagegen jeweils weniger als 150.

Was den Endpunkt Bewegungsumfang betrifft, hat die CPM bessere Ergebnisse vorzuweisen, wenn sie ergänzend zu Physiotherapie unmittelbar nach dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks in der Klinik angewendet wird. Einen Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen zeigen die Daten allerdings nur, wenn das Knie mindestens sechs Stunden täglich trainiert wird. Bei weniger als sechs Stunden können Patientinnen und Patienten dagegen ihr Knie nicht besser beugen. Vorteile oder Nachteile zeigt die CPM bei dieser Indikation für keinen der übrigen Endpunkte, seien es Schmerz, Kniefunktion, Notwendigkeit erneuter Eingriffe oder Lebensqualität.

Schultersteife und Rotatorenmanschettenruptur: Weniger Schmerzen

Für die konservative Behandlung der Schultersteife lagen drei Studien mit insgesamt 128 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor, die CPM gegen Physiotherapie testeten. In Hinblick auf Schmerz zeigen die Ergebnisse einen Hinweis auf einen höheren Nutzen der CPM: „Dies ist allerdings der einzige Nutzenaspekt, bei denen CPM Patientinnen und Patienten laut Studien einen Vorteil bietet.“ Weniger Schmerzen haben demnach auch Patientinnen und Patienten mit einer Rotatorenmanschettenruptur, einer operationsbedürftigen Verletzung von Sehnen an der Schulter. Die hier maßgebliche Studie verglich Physiotherapie plus CPM mit Physiotherapie allein. Das IQWiG sieht hier einen Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen. Vorteile bei anderen Endpunkten lassen die Daten indes nicht erkennen.

Quelle: IQWiG 

Barmer: Physiotherapiekosten gestiegen

Berlin – Die Ausgaben für Hilfsmittel, die Barmer-Versicherte benötigen, sind im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent gestiegen (+ 84 Millionen Euro), die Ausgaben für Heilmittel um drei Prozent (+ 26 Millionen Euro). Die Gesamtausgaben für Hilfsmittel haben damit erstmals die Schwelle von einer Milliarde Euro bei der Barmer überstiegen. Die Ausgaben für Heilmittel betrugen rund 847 Millionen Euro. Die Anzahl der damit versorgten Versicherten blieb nahezu gleich. Allerdings gibt es nach Angaben der Barmer enorme regionale Unterschiede. Das geht aus dem jüngsten Heil- und Hilfsmittelreport der Krankenkasse hervor.

Physiotherapie benötigte drei Viertel der Heilmittelkosten

Drei Viertel der Heilmittelkosten gehen dem Bericht zufolge auf physiotherapeutische Behandlungen zu­rück. Im Jahr 2016 betrugen die Gesamtausgaben hierfür 537 Millionen Euro. Damit stiegen die Ausgaben für physiotherapeutische Leistungen in diesem Jahr absolut um 17,8 Millionen Euro. Die Ausgaben pro Versicherten verzeichnen dabei mit fast fünf Prozent pro Jahr einen kon­stanten Anstieg. Mehr als die Hälfte der physiotherapeutischen Behandlungen erfolgte aufgrund von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Die Kosten für Frauen liegen in nahezu allen Altersgruppen über denen der Männer im jeweils gleichen Alter. Mit zunehmendem Alter steigt das Kostendelta zwischen den Geschlechtern an. Als Therapiemodelle haben Massagen mit weniger als drei Prozent eine nachrangige Relevanz und eine rückläufige ökonomische Bedeutung.

Enorme regionale Spannbreite

„Betrachtet man die Physiotherapieausgaben pro Versicherten nach Bundesland, fällt die enorme Spannbreite auf“, heißt es weiter im Bericht. Sie reichte im Jahr 2016 von 50 Euro in Bremen bis zu 81 Euro in Sachsen und rund 82 Euro in Berlin. Hier seien weitere Analysen nötig, forderte Barmer-Vorstand Prof. Christoph Straub. Er prognostizierte weitere Steigerungen infolge des im April in Kraft getretenen Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes. Es sieht unter anderem vor, dass die Bindung von Budgetsteigerungen an die Entwicklung der Grundlohnsumme aufgehoben wird, sowie Modellversuche auf Basis eines sogenannten Blankorezepts. „Es besteht die Gefahr erheblicher Kostensteigerungen, wenn Patienten länger oder aufwändiger behandelt werden, als es rein medizinisch notwendig wäre“, warnte Straub.

Hausärzte sind Hauptverordner von Physiotherapie

Für den Bericht wurde auch analysiert, wer vor allem Physiotherapie verordnet. Hierzu heißt es: „Insgesamt sind es im Wesentlichen zwei Arztgruppen: Mit weitem Abstand führend ist die Gruppe der Hausärzte (rund 46 Prozent), mit etwa einem halb so großen Verordnungsanteil folgen die Orthopäden (rund 28 Prozent). Gemeinsam sind diese beiden Arztgruppen für etwa drei Viertel der Verordnungen verantwortlich.“

Quelle: Heil- und Hilfsmittelreport der Barmer

SpiFa-Argumente gegen Bürgerversicherung

Berlin – „Das Informationspapier ,Warum eine Bürgerversicherung zu einer echten Zweiklassenmedizin führt – Mythen und Legenden, politische Lügen und Wahrheiten‘ setzt sich mit den Argumenten der Befürworter auseinander und entzaubert die politischen Wunschvorstellungen, Fehlannahmen und Unwahrheiten.“ Mit diesen Worten hat der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa), Dr. Dirk Heinrich, auf eine neue Veröffentlichung hingewiesen. Gerade weil eine Bürgerversicherung nicht mit einem harten Schnitt kommen werde, sei es erforderlich, sich mit einzelnen Schritten dorthin und ihren Risiken zu befassen.

Heinrichs Argumente lauten zusammengefasst:

  1. In Deutschland besteht keine Zweiklassenmedizin, weil die medizinische Versorgung für gesetzlich und privat versicherte Patienten gleich ist.
  2. Privatversicherte entziehen sich nicht der Solidarität. Die Privatversicherung resultiert aus dem gesellschaftlichen Konsens, dass gutverdienende Bürger für sich selbst sorgen können.
  3. Die GKV wird durch die Bürgerversicherung nicht stabilisiert. Auch bislang Privatversicherte bringen eine Krankheitslast und damit Kostendruck in das System. Bei rund 80 Prozent der Privatversicherten liegt das Einkommen zudem unter der Beitragsbemessungsgrenze.
  4. Die PKV, das einzige System, das Altersrückstellungen vorsieht, wird durch ein vollständig umlagefinanziertes ersetzt. Damit wird die Generationengerechtigkeit weiter verschlechtert.
  5. In Aussicht gestellte Wahlmöglichkeiten von Versicherten werden faktisch abgeschafft. Am Ende eines fehlenden Wettbewerbs stehen Einheitskasse und Einheitsversicherung.
  6. Ein einheitliches Honorarsystem würde nicht zu mehr Gerechtigkeit führen. Es würde zudem zehn bis fünfzehn Jahre dauern, ein solches zu entwickeln. Die Ärzteschaft hat einen Anspruch auf eine eigenständige ärztliche Gebührenordnung, die ihre Leistungsfähigkeit und gesellschaftliche Verantwortung widerspiegelt.

Quelle: SpiFa

Ab 2018 werden Orthopädie-EFA in BaWü gefördert

Stuttgart – „Wir sind froh, dass es nun auch für das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie Entlastungsassistentinnen in der Facharztpraxis gibt. Angesichts der demografischen Herausforderungen brauchen wir qualifizierte Mitarbeiterinnen, an die Ärztinnen und Ärzte wichtige Routinearbeiten delegieren können.“

Mit diesen Worten hat Dr. Burkhard Lembeck, Landesvorsitzender Württemberg des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) und dortiger MEDI-Sprecher, das neue Angebot einer Orthopädie-EFA gewürdigt. „Wir hoffen, dass sich viele Praxisteams zur Weiterbildung von Entlastungsassistentinnen entscheiden“, ergänzte er. Die jetzige Honorierung der Orthopädie-EFA sei ein Anfang. Praxen erhalten danach einen Aufschlag von fünf Euro pro Beratungspauschale im Quartal. Dieser ist auf 200 Pauschalen im Quartal begrenzt.

Hintergrund: Ab 1. Januar 2018 fördern AOK Baden-Württemberg und Bosch BKK auch im Facharztvertrag Orthopädie die besondere Tätigkeit der „Entlastungsassistentin in der Facharztpraxis“ (EFA). Sie soll den Arzt durch die Übernahme delegationsfähiger Aufgaben unterstützen und damit zu einer verbesserten Patientenversorgung beitragen. Derzeit sind EFA bereits in den Fachgebieten Kardiologie, Gastroenterologie und Neurologie aktiv. Im neu hinzugekommenen Bereich Orthopädie/Unfallchirurgie hat die Weiterbildung zur EFA im September 2017 begonnen. Insgesamt rechnet MEDI Baden-Württemberg über alle Fachgebiete bis Ende 2017 mit rund 400 weitergebildeten EFA.

Das neue Modul wurde vom BVOU in Zusammenarbeit mit dem Institut für Fortbildung und Versorgungsforschung der MEDI-Verbünde entwickelt. Das Fortbildungskonzept, welches 80 Unterrichtseinheiten umfasst, ist von der Bundesärztekammer zertifiziert. Im Fokus des Curriculums stehen die Krankheitsbilder Rückenschmerz, Gelenkerkrankungen, Osteoporose und Arthrose. Teilnehmerinnen müssen sich an insgesamt acht Schulungswochenenden qualifizieren. Nach einer erfolgreichen Online-Abschlussprüfung erhalten sie ein Weiterbildungszeugnis.

BVMed: Jeden Anfangsverdacht vermeiden

Berlin – Da erste Anhaltspunkte für ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption ausreichen können, müssen Unternehmen alles tun, um einen Anfangsverdacht zu vermeiden. Hierbei helfen die vier Grundprinzipien Trennung, Transparenz, Dokumentation und Äquivalenz, die im Kodex Medizinprodukte beschrieben werden. Darauf hat der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) bei der 9. BVMed-Healthcare Compliance-Konferenz am 30. November hingewiesen. Dazu waren rund 150 Teilnehmer zusammengekommen. Prof. Dr. Hendrik Schneider von der Universität Leipzig empfahl, die Grenzen zwischen erlaubter Kooperation und strafbarer Korruption sehr genau zu betrachten. Dies geht aus einer Pressemitteilung des BVmed hervor.

Sponsoring von Fortbildungen nur in engem Rahmen

Im Rahmen der Konferenz wurde demnach auch darauf hingewiesen, dass Unternehmen ärztliche Fortbildung kaum mehr risikolos sponsern können: „Eine vollkommene Risikominimierung bei der direkten Unterstützung der passiven Teilnahme von Ärzten an drittorganisierten Konferenzen durch die Unternehmen kann nur erreicht werden, indem die Unternehmen die Unterstützung zukünftig gänzlich einstellen“, heißt es in der Pressemitteilung. Für die MedTech-Unternehmen sei es aber weiterhin möglich, bei eigenen Anwenderschulungen die Teilnahme von medizinischen Fachkräften direkt finanziell zu unterstützen oder bei drittorganisierten Konferenzen eine Ausbildungszuwendung („educational grant“) an medizinische Einrichtungen oder Organisationen zu geben, so der Compliance Officer Bernhard Fischer von Johnson & Johnson Medical.

Vergütung bis zum 2,3-fachen Satz nach GOÄ: mehrheitsfähig, aber nicht rechtssicher

Diskutiert wurde bei der Konferenz auch über die Frage der Angemessenheit der Vergütung. „Hier muss die Verhältnismäßigkeit im weiteren und im engeren Sinne gewahrt sein“, stellte Schneider klar. Er vertrat dem BVMed zufolge die Ansicht, dass Vergütungen bis zum 2,3-fachen Satz nach GÖA bei freiberuflichen Kooperationen angemessen sind. Diese Ansicht sei „mehrheitsfähig, aber noch nicht durch die Rechtsprechung bestätigt“.

Sascha Kuhn von der Anwaltskanzlei Simmons & Simmons benannte Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Vergütung. Dies seien die Vergütungssätze der Gebührenordnung für Ärzte, aber im Einzelfall auch Zeitaufwand, Schwierigkeitsgrad, Qualifikation und Reputation. Zu weiteren Kriterien der Staatsanwaltschaft und der Rechtsprechung gehören nach seiner Kenntnis die Plausibilität der Zielsetzung der Zusammenarbeit, der Wert und die Anzahl der Vorteile, der zeitliche Abstand zwischen der Zuwendung und der Leistung, die Einhaltung von Regelungen außerhalb des Strafrechts oder die Beachtung berufsrechtlicher Vorschriften.

Quelle: Pressemitteilung BVMed

Daten zu rheumatoider Arthritis veröffentlicht

Berlin – Die Zahl der Patienten, die in Deutschland von einer rheumatoiden Arthritis (RA) betroffen sind, ist einer Auswertung des Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) höher als bisher angenommen. Ältere Schätzungen gingen von einer Erkrankungshäufigkeit von etwa 0,8 bzw. 0,9 Prozent der Bevölkerung aus, tatsächlich lag die Zahl den Zi-Daten zufolge im Jahr 2014 bundesweit bei etwa 1,2 Prozent.

Außerdem nehmen immer mehr RA-Patienten die vertragsärztliche Versorgung in Anspruch. Während im Jahr 2009 nur etwa 526.000 gesetzlich Krankenversicherte wegen einer RA in ärztlicher Behandlung waren, waren es im Jahr 2015 rund 666.000 Patienten. Dies entspricht einem Zuwachs von 24 Prozent in sechs Jahren. Als Grundlage für die Daten des Zi dienten vertragsärztliche Abrechnungsdaten.

Auswertung zu RA-Patienten auf Basis von Daten aus dem Selektivvertrag in Baden-Württemberg

Erst vor kurzem wurden RA-Daten aus einer Fall-Kontroll-Studie veröffentlicht, an der der BVOU mitgewirkt hatte. Basis waren Routinedaten von rund 3,4 Millionen Versicherten der AOK Baden-Württemberg. Sie wurden hinsichtlich Arztkontakten, Prävalenz, Inzidenz und Komorbiditäten bei RA auf der Basis ambulanter und stationärer Diagnosen aus dem Jahr 2013 ausgewertet. Die Studie zählt zur Reihe der Veröffentlichungen, die durch gemeinsame Analysen der Vertragspartner in den Selektivverträgen in Baden-Württemberg erst möglich wurden.

Die Studienautoren gelangten zu dem Schluss, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis in Deutschland nicht optimal versorgt sind. Dies sei bedenklich, weil Betroffene eine erhöhte Morbidität im Vergleich zur Gesamtbevölkerung haben. Aus den Daten der AOK-Studie lässt sich je nach Falldefinition eine Prävalenz von bis zu 1,05 % ermitteln. Patienten der Rheumagruppe zeigten signifikant häufiger Komorbiditäten als die der Kontrollgruppe, vor allem in Bezug auf Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes. Sie beanspruchten ambulante Gesundheitsleistungen auch signifikant häufiger.

Vor allem ältere RA-Patienten sind zu selten bei Spezialisten

Nahezu alle RA-Patienten suchten im analysierten Jahr ihren Hausarzt auf (99 %), 54 % einen internistischen Rheumatologen, 41 % einen Orthopäden/Unfallchirurgen. Vor allem ältere Patienten fielen bei der Analyse der Facharztkontakte negativ auf: Ein gutes Drittel im Alter zwischen 80 bis 84 war bei gar keinem Spezialisten, bei den über 85-Jährigen sogar mehr als die Hälfte. Und: Während in der Kontrollgruppe lediglich 17 % der Versicherten mindestens einmal stationär versorgt wurden, waren es in der RA-Gruppe 32 Prozent. Dabei war neben der rheumatoiden Arthritis Herzinsuffizienz die nächsthäufige behandelte Krankheit.

Die Autoren schränken allerdings ein, dass ihre Daten nicht originär für Forschungszwecke erhoben wurden und deshalb nur eingeschränkt repräsentativ sind. Sie gehen gleichwohl davon aus, dass RA-Patienten kränker sind als die Allgemeinbevölkerung und mehr Leistungen in Anspruch nehmen. „Die Ergebnisse der Studien unterstreichen die Notwendigkeit einer engen interdisziplinären und intersektoralen Zusammenarbeit und Kommunikation“, heißt es deshalb.

PVS-Verband: Broschüre zur Bürgerversicherung

Berlin – Der PVS-Verband ist in einer Ausarbeitung der Frage nachgegangen, welche konkreten Auswirkungen der – mit der Einführung einer Bürgerversicherung verbundene – Honorarwegfall für die Ärzte, die medizini­sche Infrastruktur und letztlich die Versicherten haben würde. „Die Ergebnisse zeigen: Im Fall eines einheitlichen Vergütungssystems ent­spräche der Verlust bei den Arzthonoraren im Schnitt einem Minus von mehr als 49.000 Euro für jeden in Deutschland ambulant niedergelassenen Mediziner. Besonders hart trifft der Einnahmenrückgang den fachärztlichen Bereich“, heißt es in der Studie. Praxisinvestitionen würden damit kaum mehr finanzierbar sein, heißt es weiter. Die fachärztliche Versorgung würde in die Krankenhäuser verlagert werden müssen, da eine klassische Facharztpraxis nicht mehr tragbar wäre.

Die Möglichkeit einer Großen Koalition von Union und SPD beziehungsweise einer Minderheitenregierung hat die Befürchtungen wieder anwachsen lassen, es könne zu einer Bürgerversicherung kommen. Dazu hatten sich verschiedene Verbände und Organisationen im Gesundheitswesen geäußert. So erklärte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery: „Wer die Bürgerversicherung will, der startet den Turbolader in die Zwei-Klassen-Medizin. Noch gehört unser Gesundheitssystem zu den besten der Welt, mit freier Arztwahl und einer Medizin auf hohem Niveau. Alle Umfragen zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger unser Gesundheitswesen als gut bewerten und erhalten wollen.“

Quellen: PVS-Verband, BÄK

TK-Studie: Rückenschmerzen belasten Schlaf

Hamburg – Die Schlafqualität der Bundesbürger korreliert mit gesundheitlichen Beschwerden. „Je schlechter die Erwachsenen in Deutschland schlafen, desto mehr sind sie von Muskelverspannungen und Rückenschmerzen, von Kopfschmerzen und Magenbeschwerden betroffen“, heißt es in der Schlafstudie der Techniker Krankenkasse (TK). Dafür befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Juli 2017 im Auftrag der TK einen bevölkerungsrepräsentativen Querschnitt von Erwachsenen.

Zwei Drittel der Befragten gaben an, gut zu schlafen. Ein Viertel schläft offenbar weniger als sechs Stunden, ein weiteres Viertel rund sechs Stunden, die Hälfte sieben Stunden und mehr. Stress sei einer der Hauptauslöser dafür, dass Menschen relativ schlecht schliefen, sagte Dr. Jens Baas, TK-Vorstandsvorsitzender. Dazu kommen nach seinen Worten äußere Umstände: Der Studie zufolge hat jeder Zehnte sein Smartphone auf dem Nachttisch, von den unter 30jährigen jeder Fünfte.

Flex-Beschäftigte schlafen schlechter – und haben häufiger Rückenprobleme

Erkennbar sei, dass die, denen es gesundheitlich gut gehe, auch schnell in den Schlaf fänden, sagte TK-Marktforscher Peter Wendt. Von den sogenannten Flex-Beschäftigten (Berufstätige mit unregelmäßigen Arbeitszeiten oder Schichtdienst) bekämen zwei Drittel zu wenig Schlaf, mehr als bei den Berufstätigen insgesamt. Menschen, die mit Schmerzen in Rücken und Muskulatur zu tun hätten, zeigten die meisten Auffälligkeiten beim Schlaf, sagte Wendt: Von den Befragten klagten im Zusammenhang mit schlechtem Schlaf und seinen Folgen 38 Prozent über Probleme mit dem Rücken und der Muskulatur, bei den Flex-Beschäftigten sogar 42 Prozent. Auf der Skala der gesundheitlichen Beschwerden lag diese Nennung damit ganz oben. Die Antworten der Befragten bestätigen zudem, dass Frauen die schlechteren Schläfer als Männer sind, vor allem offenbar, weil sie leichter im Schlaf zu stören sind und ihre Sorgen mit ins Bett nehmen.