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Fördermöglichkeiten für Ergonomie im Homeoffice?

Ostfildern – Zwischen einem Notebook am Küchentisch und einem professionell ausgestatteten Homeoffice liegen oftmals Welten. Wer auch über die kommenden Monate und Jahre hier genauso leistungsfähig und ergonomisch arbeiten möchte wie im Büro, der muss einige umfangreiche Schritte tätigen. Inwieweit bietet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Unterstützung bei der Gestaltung des heimischen Arbeitsplatzes? Wir haben uns erkundigt.

Eine Förderung von Seiten der Rentenversicherung kommt nur in Betracht, wenn bestimmte Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen dauerhaft und nicht nur während der Pandemie daheim arbeiten und in der Firma keinen Arbeitsplatz mehr haben. Dann könnten Sie für zuhause die Förderung bekommen, die sie auch für ihren Arbeitsplatz in der Firma bekommen würden als Unterstützung für den finanziellen Zusatzaufwand des Arbeitgebers.

Die DRV sieht hingegen keine ergänzende Möglichkeit der Ausstattung des Arbeitsplatzes im pandemiebedingten Homeoffice, auch wenn die Voraussetzungen gegebenenfalls für einen orthopädischen Arbeitsstuhl im Büro vorliegen.

Aktuell gilt die in der Infosys Germany vom 29.07.2020 beschriebene Rechtsauffassung. Diese besagt, dass höhenverstellbare Schreibtische nicht gefördert werden. Orthopädische Arbeitsstühle nur bei bestimmten Diagnosen.

Bei einem pandemiebedingten Homeoffice-Arbeitsplatz handelt es sich um keinen “regulären Arbeitsplatz”. Homeoffice bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur noch einen Arbeitsplatz zu Hause hat. Beim pandemiebedingten “Homeoffice” sieht die DRV keinen Anspruch auf eine “Doppelausstattung”. Hier habe der Versicherte ja grundsätzlich die Möglichkeit, an seinen weiterhin vorhandenen Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers zurückzukehren, wenn er zu Hause gesundheitliche Problem hat. Die Empfehlung zum Homeoffice gelte nur dort, wo Homeoffice möglich ist. Und diese Voraussetzung ist dann nicht gegeben.

Prävention

Die Ausstattung des Arbeitsplatzes im pandemiebedingten Homeoffice fällt auch nicht unter Leistungen zur Prävention gemäß § 14 SGB VI. Bei Leistungen zur Prävention handelt es sich um medizinische Leistungen, die zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit an Versicherte erbracht werden, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Das Präventionsangebot der DRV soll Beschäftigte individuell dabei unterstützen, Risiken aus Lebens- und Arbeitswelt zu reduzieren und gleichzeitig ihre gesundheitlichen Ressourcen stärken. Darüber hinaus sollen ihre gesundheitlichen Kompetenzen durch Informationen und Übungen zu Themen wie Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung gefördert werden. Der Fokus liegt somit auf verhaltenspräventiven Leistungen, die idealerweise mit verhältnispräventiven Leistungen kombiniert werden können.

Quelle: DRV

TI: Kommt das aus für den Konnektor?

Wertheim – TI-Kritiker und -verweigerer haben schon lange bemängelt, dass die technischen Komponenten der 2005 geplanten Telematikinfrastruktur (TI) hoffnungslos veraltet seien. Zeitgemäße Lösungen wie die Arztvernetzung der baden-württembergischen Haus- und Facharztverträge zeigen schon bisher, dass Ärzte nicht generell vernetzungs- und technikfeindlich eingestellt sind. Offensichtlich hat nun auch bei der die TI betreibenden gematik unter der Führung von Dr. Markus Leyck Dieken ein Umdenken eingesetzt, wie einer im Dezember 2020 veröffentlichten Imagebroschüre zu entnehmen ist. Denn das digitale Gesundheitswesen, wie es von der Bundesregierung mit den drei Digitalisierungsgesetzen angedacht ist, wäre mit der derzeitigen TI nicht umsetzbar. Die 36 Seiten umfassende Broschüre hat den Titel „Arena für digitale Medizin – Whitepaper Telematikinfrastruktur 2.0 für ein föderalistisch vernetztes Gesundheitssystem“.

Wie das Fachmagazin E-Health-Com berichtet, ist die Broschüre das Ergebnis strukturierter Interviews mit all ihren Gesellschafterorganisationen (1) und einer Diskussion in einem Strategieworkshop im Jahr 2020. Hingegen meldet der Nachrichtendienst www.aend.de am 15.2.21, dass die Veröffentlichung ohne Abstimmung mit den Gesellschaftern erfolgt sei und Anlass zu heftiger Kritik gegeben haben soll. Jedenfalls ist die Broschüre zunächst gefüllt mit vielen bunten Bildern und abstoßendem Marketing-Schönsprech. Details, wie die neue TI-Welt ganz genau aussehen soll, sind ebenso wenig zu entnehmen wie ein genauer Zeitplan und die nur oberbegriffliche Verwendung von Fachbegriffen lässt viel Interpretationsspielraum zu, was genau wann beabsichtigt ist: Nach „langem Dornröschenschlaf“ sei nun „der digitale Frühling für viele im deutschen Gesundheitssystem erwacht“, „angespornt von der internationalen Dynamik und den Chancen“ sei nun „ein Tatendrang in Deutschland spürbar“, das Whitepaper wolle „einen zielgerichteten und stimulierenden Impuls für die gemeinsame Gestaltung der digitalen Medizin im deutschen Gesundheitssystem setzen“, gleichzeitig lade man die „Nutzer der TI zum fokussierten Mehrwertdialog“ mit der gematik ein. Die Umstellung auf die TI 2.0 habe einen zeitlichen Horizont bis zum Jahr 2025 und solle schrittweise erfolgen. Dabei sieht die gematik die in Tabelle 1 genannten Herausforderungen und möchte die TI als „Arena für digitale Medizin“ gestalten, „wie ein modernes Olympiastadion, in dem eine Vielzahl an akkreditierten Top-Athleten und Teams in ihrer Disziplin antreten und nach transparenten Regeln zusammenspielen“. Klingt doch toll, oder?

Tab. 1: „Zentrale Herausforderungen, die mit der interaktiven Weiterentwicklung der TI gelöst werden sollen“
1 Flexibilität und Nutzerfreundlichkeit im Identitätsmanagement.
2 Universelle Erreichbarkeit der Dienste und Services der TI.
3 Betriebsstabilität und adaptive moderne Sicherheitskonzepte.
4 Intersektorale und internationale Interoperabilität.
5 Datensouveränität bei verteilten Diensten.
6 Dienst- bzw. anwendungsübergreifende Integration von Daten.

Auch auf die TI-Kritiker geht man zu: „Akzeptanzförderung“ gelinge „nur mit konsequenter Nutzerzentrierung“, „Zukunftsfähigkeit und langfristige Wirtschaftlichkeit“ erforderten „jetzt einen Technologiesprung“, „Verlässlichkeit, Verfügbarkeit und Vertrauenswürdigkeit“ seien „das Ergebnis eines neuen Betriebs- und Sicherheitsmodells“, „jetzt Tempo halten auf der Überholspur zur digitalen Medizin mit ganzheitlichem Ansatz und übergeordneten Zielbild“. Sind Sie etwa immer noch nicht überzeugt?

Tab. 2: „Die Architektur der TI 2.0 basiert auf sechs fundamentalen Säulen:“
1 Föderiertes Identitätsmanagement mit mehr Flexibilität und Nutzerfreundlichkeit durch einfache Nutzung von Identitätsbestätigungen der TI für eigene digitale Angebote der Nutzergruppen.
2 Universelle Erreichbarkeit der Dienste, Wegfall proprietärer IT-Lösungen, dadurch Kostensenkung und stabilerer Betrieb.
3 Moderne Sicherheitsarchitektur, eigenständige Bereitstellung von Diensten durch unterschiedliche Anbieter sie sicherer und effektiv.
4 Verteilte Dienste zur Verknüpfung von Daten verschiedener Quellen.
5 Interoperabilität und strukturierte Daten zur Verbesserung der Datenqualität für anwendungsfallbezogene Versorgung und Forschung.
6 Automatisiert verarbeitbares Regelwerk der TI zur automatisierten Prüfung von Sicherheit, Datenschutz und für Interoperabilität und Verfügbarkeit.

Wer genauer weiterliest, erfährt ansatzweise was gemeint sein könnte: Die Chipkarte wäre dann nicht mehr das ausschließliche Identifizierungsmittel. Smartcards wie elektronische Gesundheitskarte (eGK), elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) und Praxisausweis mit Securitiy-Module Card (SMC-B) würden durch ein modernes eID-System (elektronische Identifizierung) abgelöst. Unterstellt man einmal, dass damit keine subcutan implantierten NFC-Chips gemeint sind – ja, sowas gibt es wirklich schon (2) -, könnten Kammern, KVen, Krankenkassen u. a. als „Identity Provider“ die Authentifizierung der jeweils zugehörigen Nutzer übernehmen; das Einstecken von Karten in dafür zertifizierte Kartenlesegeräte könnte entfallen, die Versichertenkarte würde kontaktlos. Das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG), welches Mitte 2021 in Kraft treten soll, sieht bereits vor, dass Versicherte und Leistungserbringer ab 2023 solche digitalen Identitäten erhalten. Verschlüsselungen oder elektronische Signaturen würden in Rechenzentren verlagert.

Nachdem die Zertifikate der ersten für die jetzige TI ausgegebenen Konnektoren ab 2022 auslaufen, wären dabei bisher nicht näher definierte Übergangslösungen nötig, die auch für TI-Frühanwender eine unterbrechungsfreie sukzessive Umstellung parallel zum Regelbetrieb der TI ermöglichen. Auch ist dem Papier nicht zu entnehmen, dass etwa der weitere Rollout der bereits beschlossenen TI-Anwendungen (wir berichteten) wie Notfalldatenmanagement, elektronischer Medikationsplan, eArztbrief, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, elektronische Patientenakte oder eRezept wegen der in Aussicht gestellten Neuerungen nicht umgesetzt oder verzögert würde. Denn weitere Verzögerungen bei deren Inbetriebnahme sind offensichtlich nicht erwünscht, obwohl technisch gesehen die 180°-Wende in Vorbereitung ist: Versicherte und Leistungserbringer hätten später über das Internet mit Mobilgeräten und Apps direkten Zugang zu Diensten der TI, auch außerhalb geschützter Umgebungen. Der kostenintensiv durchgesetzte Konnektor und das konnektorabhängige Virtual Private Network (VPN) (3) der TI 1.0 könnten entfallen, da das geschlossene Netz für Datenaustausch nicht mehr über eine harte physikalische Netzwerkgrenze definiert würde. Hierdurch wären Kosten und Störanfälligkeit reduziert. Zugriffsberechtigungen würden durch die Fachdienste und mit weiteren Schutzmechanismen („Zero Trust Networkings“ (4)) geregelt: Nutzer erhielten also keinen universellen Zugang zu einem geschlossenen Netz mehr, sondern berechtigte Nutzer erhalten über ihre Zugangsschnittstelle nur Zugang zu einzelnen, für sie freigegebenen Fachdiensten. Ob damit letztlich mehr Datensicherheit gewährleistet werden kann, wird durchaus unterschiedlich diskutiert.

Vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gibt es zu den Plänen bisher wohl noch keine Stellungnahme. Die gematik definiert ihre neue Rolle quasi als Zulassungsstelle für die Akteure.  Neue Akteure könnten so leichter eingebunden werden und sektor- und anwendungsübergreifende Dienste leichter etabliert werden. Patientendaten könnten nicht mehr auf den Servern der Arztpraxen, sondern standardisiert („Interoperabilitätsstandard HL7-FHIR“ (5)) und nach dem TI-Regelwerk in Cloudlösungen auf zentralen Servern außerhalb der Praxen mit „unlimited Resources und Economies of Scale (6)“ liegen, die dann auch für Auswertungen für datenbasierte Diagnostik in der Medizin zur Verfügung stünden. Der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) sieht das erwartungsgemäß positiv und hält „Cloud-Computing-Angebot deshalb für unabdingbar für eine zukunftsgerechte digitalisierte Gesundheitsversorgung“. Tabelle 3 zeigt seine Forderungen im aktuell erschienenen Positionspapier.

Tab. 3: Fünf Kernforderungen des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg) für den erfolgreichen Einsatz von Cloud-Lösungen in der Gesundheitsversorgung (https://www.bvitg.de/0121-positionspapier-cloud/)
1 Bundesweit einheitliche IT-Sicherheitsrichtlinie, welche die unterschiedlichen Landesrichtlinien ersetzt und eine bundeslandübergreifende Nutzung von Cloud-Computing ermöglicht.
2 Länderübergreifende Datenschutzrichtlinie als Ersatz für die unterschiedlichen Landesdatenschutzrichtlinien.
3 Konsequentes politisches Bekenntnis zu Cloud-Lösungen und damit einhergehend die Aufwertung gegenüber der bisherigen regional begrenzten Praxis der Datenspeicherung und -verarbeitung
4 Anreize für den flächendeckenden Einsatz von Cloud-Lösungen, insbesondere vor dem Hintergrund der Förderung von KI- und Big-Data-Anwendungen
5 Klarer Rechtsrahmen, welcher den DS-GVO-konformen Datenaustausch über nationale Grenzen möglich macht

Ein Schelm wer Böses dabei denkt? Verbesserte „Datenqualität für anwendungsfallbezogene Versorgung und Forschung“ ist bei kritischer Betrachtungsweise vielleicht auch nicht weit weg von noch mehr und noch besserer Kontrolle für „Akteure“, deren Zugang man auch jederzeit sperren kann. Und einen guten Aus- und Durchblick auf gläserne Patienten kann ich mir in der neuen „Arena“ auch gut vorstellen. Bei genauerem Hinsehen und Nachdenken dürfte sich die Freude der TI-Kritiker über den Wegfall des verhassten Konnektors somit vermutlich in Grenzen halten. Ich persönlich glaube daher nicht, dass diese bei diesen neuen Perspektiven schnell verstummen werden. Und dass auch dieses ambitionierte Projekt sicher wieder nicht gerade billig werden dürfte und im Gesundheitswesen dringend benötigte Gelder hin zur IT-Industrie verlagern wird, ist wohl ebenfalls absehbar. Diese ist ja schon bisher beim milliardenschweren Thema Telematikinfrastruktur ganz gut weggekommen.

Dr. Karsten Braun, LL. M.

BVOU Referat Presse/Medien

[1] Gesellschafter der gematik sind das Bundesministerium für Gesundheit, der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Apothekerverband, die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung.

[2] NFC: Near Field Communication, Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung, z. B. zum kontaktlosen Bezahlen mit Smartphones, siehe https://www.spiegel.de/video/nfc-chip-unter-der-haut-implantiert-trend-in-schweden-video-99029761.html oder auch https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bio-Implantat-von-der-Sparda-Bank-Bei-Baufinanzierung-zwei-NFC-Chips-gratis-4554879.html

[3] Ein Virtual Private Network ermöglicht eine verschlüsselte, zielgerichtete Übertragung von Daten über öffentliche Netze wie das Internet, um diese vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Innerhalb eines VPN sind verschiedene Teilnehmer zu einem in sich geschützten Teilnetz verbunden. Die zwischen den Teilnehmern entstehenden Tunnelverbindungen sind von außen nicht einsehbar.

[4] Sicherheitsansatz, bei dem eine strenge Überprüfung des Anwenders bzw. des Gerätes unabhängig von dessen Standort in Bezug auf das Netzwerk erfolgt. Durch das Einschränken, wer privilegierten Zugang zu einem Rechner oder einem Netzwerksegment innerhalb einer Organisation bekommt, werden die Möglichkeiten für Angreifer eingeschränkt. Netzwerkumgebungen, in denen dieses Sicherheitsmodell Anwendung findet, werden als Zero-Trust-Netzwerk bezeichnet. Hierbei wird keinem Benutzer oder Gerät standardmäßig vertraut, jeder Anwender erhält nur das unbedingt erforderliche Minimum an Rechten, Berechtigungen und Netzwerkkomponenten werden in kleine Segmente mit individuellen Zugangsanforderungen unterteilt, der gesamte Netzwerkverkehr wird protokolliert und auf verdächtige Aktivitäten untersucht.

[5] Fast Healthcare Interoperability Resources ist ein vom internationalen Normengremium HL7 erarbeiteter Standard für den Datenaustausch zwischen Softwaresystemen im Gesundheitswesen mit dem Focus auf mobiler Kommunikation.

[6] Skaleneffekt als Resultat der Nutzung des Gesetzes der Massenproduktion: Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre. Um Fixkosten zu senken wird in Unternehmen die Produktionsmenge bis zur Kapazitätsgrenze bei abnehmenden fixen Stückkosten ausgedehnt. Wird die Kapazität sogar durch Erweiterungsinvestitionen erhöht, setzen sich die Größenvorteile wachsender Betriebsgröße in Form zunehmender Skalenerträge fort.

Buchbesprechung: Corona – (ge)RECHT

Wertheim – Wenn das Coronavirus die Welt verändert, werden Fragen des Infektionsschutzrechts auf einmal auch für den am öffentlichen Leben interessierten juristischen Laien und Ärzte aus primär nicht mit der Behandlung von Infektionskrankheiten befassten Fachgruppen brandaktuell und interessant. Das 2021 erschiene 426 Seiten starke „Handbuch Infektionsschutzrecht“ aus dem C. H. Beck Verlag hätte zu keinem anderen Zeitpunkt besser erscheinen können. 13 fachkundige Juristen verschiedener deutscher Universitäten stellen darin das Infektionsschutzgesetz (IfSG) als Querschnittsmaterie aus öffentlichem Gesundheitsrecht mit Schnittstellen zum Verwaltungsrecht, Gefahrenabwehrrecht, Datenschutzrecht, Entschädigungsrecht, Umwelt- und öffentlichem Wirtschaftsrecht umfassend dar und konnten selbst das am 19.11.2020 in Kraft getretene Dritte Bevölkerungsschutzgesetz noch berücksichtigen. Zugegeben: Der Nichtjurist wird in diesem Buch vielleicht nicht bis ins letzte Detail hineinlesen und man muss diese Themen schon ein bisschen mögen, aber wer es genau wissen will und erheblich fundierter mitreden will als mit Politikwissen aus der Tageszeitung, der liegt mit diesem Buch genau richtig, auch zum nur Querlesen.

Denn wie schon im hochinteressanten Grundlagenkapitel deutlich wird, ist niemals zuvor eine Infektionskrankheit so verrechtlicht worden wie COVID-19 und hat nie zuvor ein Virus eine so heftige Kontroverse ausgelöst. 2020 stellte der Verwaltungsgerichtshof München fest: „Die Corona-Pandemie ist ein seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland erstmalig auftretendes Ereignis, das derzeit mit bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen gehandhabt wird, die auf eine Pandemie dieser Größenordnung nicht zugeschnitten sind.“ Und auch Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnungen Ausnahmen und Abweichungen von Parlamentsgesetzen vorsehen darf (§§5, 5a IfSG), die uns als Ärzte besonders betreffende kontroverse Debatte über den Status des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) mit den gegenläufigen Freiheitsrechten und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschäftigen die Öffentlichkeit bis heute.

Insofern hat die Pandemie auch die Juristen vor ganz neue Fragestellungen und Herausforderungen gestellt, die das Buch neben vielen anderen Inhalten penibel aufarbeitet. Wer beispielsweise wissen will, wie sich die Regelzuständigkeit von Landesbehörden für den Vollzug des IfSG als Bundesgesetz (Art. 83, 84 GG) ergibt, wie sich das Robert-Koch-Institut (§ 4 Abs. 1 S. 1 IfSG) und das Paul-Ehrlich-Institut (§ 77 Abs. 2 AMG) legitimieren oder wie ein Feststellungsbeschluss des Deutschen Bundestages über das Vorliegen einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (§ 5 Abs. 1 S, 1 IfSG) die Gewaltenteilung verändert,  Exekutivbefugnisse zentralisiert und die Rechtsetzung entparlamentarisiert, der findet Antworten im Buch schneller als in den eigentlichen Rechtsquellen und dazu noch sorgfältig kommentiert. Dies kommt gerade dem Nichtjuristen entgegen. Die Kapitelüberschriften der insgesamt 10 Kapitel verraten nur diesem vielleicht nicht auf Anhieb, welche interessanten Fragen wo im Buch beantwortet werden, aber ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis hilft schnell weiter. So versteckt sich zum Beispiel die Antwort auf die Frage nach der Legitimität von Grenzkontrollen innerhalb der EU in Pandemiezeiten hinter der zunächst trocken erscheinenden Kapitelüberschrift „Binnenmarktrechtliche Grundlagen des Infektions- und Gesundheitsschutzrechts“, welches dem Leser dann jedoch zu einer netten Auffrischung über vielleicht lang vergessenes Schulwissen über den europäischen Binnenmarkt oder die Solidaritätsklausel der Mitgliedsstaaten im Katastrophenfall (Art. 222 AEUV) verhilft. Den Blick auf die globalisierte Welt öffnet Kapitel 3 über die völkerrechtlichen Grundlagen des Infektionsschutzes mit dem Menschenrecht auf Gesundheit in Art. 25 Abs. 1 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, die WHO und internationale Gesundheitsvorschriften (IHR).

Die den Grundlagenkapiteln nachgeordneten Kapitel zum deutschen Recht gehen dann sehr ins Detail, der Interessierte findet hier alles von A wie „Allgemeinverfügung“ und „Ausgangssperre“ bis „Zoonose“ und „Zweckbindungsgrundsatz“. Sie würdigen auf juristischem Fachniveau die betroffenen Referenzgebiete des Querschnittrechts. Für niedergelassene Ärzte dürften dabei insbesondere die Abschnitte zum Thema Impfen, Priorisierung, Impfpflicht, Infektionsmeldepflicht, Corona-Datenspende- und Contact-Tracing-App, Corona-Testverordnung oder Ausgleichszahlungen und Entschädigungstatbestände von Interesse sein. Krankenhausärzte werden die dargestellten Themen Freihaltepauschalen, Finanzierung zusätzlicher Intensivbetten oder Erhöhung des Pflegeentgeltwerts sowie die Triage als Rechtsproblem im Hinblick auf die Kategorie IV der „Hoffnungslosen“ und die Angst vor der „Veralltäglichung der Triage“ interessieren. Aber auch der Bezug von Infektionsschutzrecht zum Umweltrecht ist in Zeiten von „Fridays for Future“ von allgemeinbildendem Charakter. Und wie aktuell auch für forschende und anwendende Mediziner die Fragen des Gewerberechts bei Tätigkeiten mit Krankheitserregern sein können, zeigen die gegen den Lübecker Forscher Prof. Winfried Stöcker im Zusammenhang mit der von ihm betriebenen Corona-Impfstofferprobung vom PEI erhobenen Vorwürfe der Herstellung und Verabreichung eines Impfstoffes ohne Genehmigung. Stöckers Anwalt ist FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki. Dieser sagt: „Für die Herstellung eines Impfstoffes bedarf der Arzt keiner Genehmigung, sofern dies nicht gewerbsmäßig geschieht“. Wer wissen will, ob das PEI oder Kubicki recht haben, muss Kapitel 10 im Buch lesen.

Dr. med. Karsten Braun, LL. M.

BVOU Referat Presse/Medien.

Zahlen zur vertragsärztlichen Versorgung Januar bis September 2020

Berlin – Nach dem deutlichen Einbruch der Behandlungsfallzahlen mit dem Beginn der ersten Corona-Pandemiewelle im März 2020 hat sich die Inanspruchnahme vertragsärztlicher und vertragspsychotherapeutischer Leistungen erst gegen Ende Mai allmählich wieder erholt. Im Juni deuteten sich Nachholeffekte an. Auswertungen der Frühinformation zum dritten Quartal zeigen nun, dass substanzielle Nachholeffekte, die die Verluste aus der ersten Jahreshälfte hätten kompensieren können, nicht zu erkennen sind. Während die Gesamtfallzahlen der in den Praxen behandelten Patienten im Zeitraum in der ersten Pandemiewelle vom 1. bis 28. April und vom 29. April bis 26. Mai 2020 um 23 bzw. 15 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums lagen, blieben die Werte im dritten Quartal im Mittel noch immer um 0,3 Prozent unter den Vergleichszahlen von 2019. Die stärksten Rückgänge sind dabei für Fälle mit persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt in der kinderärztlichen und fachärztlichen Versorgung zu verzeichnen. Hier war der Einbruch mit 34 bzw. 26 Prozent im Zeitraum vom 1. bis 28. April 2020 im Vergleich zum Vorjahr besonders deutlich. Vom 26. August bis 30. September 2020 liegt die Gesamtfallzahl mit 0,6 bzw. 1,5 Prozent nur unwesentlich über den Werten des Vorjahreszeitraums. Im gleichen Zeitraum nahmen die hausärztlich betreuten Fälle lediglich um 0,3 Prozent zu.

Ermutigend seien hingegen die sprunghaft gestiegenen Impfzahlen in den vertragsärztlichen Praxen, so der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried: „Der deutliche Anstieg von Behandlungsfällen mit Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken im März 2020 zeigt, dass die Vertragsärztinnen und -ärzte schnell auf die krisenhafte Situation reagiert und die Empfehlungen zum Schutz der Patienten zügig umgesetzt haben. So sind in den ersten drei Quartalen 3,5 Millionen Pneumokokken- und Influenza-Impfungen mehr vorgenommen worden als im Vorjahreszeitraum. Davon waren allein im September 1,8 Millionen zusätzliche Influenza-Impfungen. Das entspricht einem Plus von 165 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Zahlen zeigen eines sehr deutlich: Die niedergelassene Ärzteschaft steht bereit, die Bevölkerung in Deutschland sicher, schnell und flächendeckend gegen das COVID-19-Virus zu impfen, sobald Bund und Länder die dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen haben.“

Das sind die zentralen Ergebnisse des heute veröffentlichten Zi-Trendreports zur Entwicklung der vertragsärztlichen Leistungen von Januar bis September 2020. Der Bericht basiert auf den Frühinformationen aus den ärztlichen Abrechnungsdaten von 15 bzw. 16 der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen für die ersten drei Quartale 2020 sowie aggregierten Informationen aus den Abrechnungsdaten 2019. Er knüpft an die Ergebnisse des zweiten Zi-Trendreports zum 1. Halbjahr 2020 an.

„Die COVID-19-Pandemie hat tiefe Spuren in der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung hinterlassen. Die vor allem im zweiten Quartal eingebrochene Nachfrage nach vertragsärztlichen Leistungen hat sich zwar weitgehend normalisiert, Nachholeffekte im dritten Quartal 2020 sind allerdings weitgehend ausgeblieben. Das gilt vor allem für die besonders sensible Versorgungsschnittstelle der Präventionsleistungen. Vorsorgeuntersuchungen wie Hautkrebs- oder Mammographie-Screening sind von März bis Mai um bis zu 97 Prozent eingebrochen. Viele Patientinnen und Patienten sind bislang noch nicht wieder in die ambulante Versorgung zur Früherkennung von potenziell ernsthaften Erkrankungen zurückgekehrt. Gleiches gilt für diejenigen mit chronischen Krankheiten, wie etwa in der onkologischen Versorgung oder bei den Disease-Management-Programmen (DMP)“, sagte von Stillfried.

Im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. September 2020 gab es insgesamt rund 9,4 Millionen Behandlungsanlässe wegen des klinischen Verdachts oder des Nachweises einer SARS-CoV-2-Infektion. Dabei sind in dieser Zeit rund 4,5 Millionen PCR-Tests auf SARS-CoV-2 vertragsärztlich abgerechnet worden. Vom 15. Juni bis 30. September 2020 gingen über 37.000 Behandlungsanlässe auf eine Warnung durch die Corona-Warn-App zurück. Bei rund 70 Prozent dieser Behandlungsanlässe wurde im Anschluss daran ein PCR-Test vorgenommen.

Während die Zahl an Behandlungsfällen mit persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt bis Ende Mai gegenüber dem Vorjahr gesunken ist, sind die Fälle mit telefonischer Beratung und Kontakte per Videosprechstunde ab März 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich angestiegen. So sind im Zeitraum vom 4. März bis zum 30. September 2020 insgesamt 4,5 Millionen ausschließlich telefonische Beratungen (ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt) abgerechnet worden. Das sind fast 2 Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum. Hinzu kamen im zweiten Quartal weitere 450.000 Stunden für telefonische Beratung, die über die im zweiten Quartal 2020 zeitweise in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingeführten Zuschläge vergütet wurden. Bei den Videosprechstunden setzt sich der Anfang März 2020 beginnende Zuwachs an Behandlungsfällen im Verlauf von April bis September weiter fort. So sind im Zeitraum vom 4. März bis zum 30. September 2020 insgesamt fast 1,7 Millionen Videosprechstunden vorgenommen worden. Im Vorjahreszeitraum lag diese Zahl bei wenigen tausend. Die Häufigkeit der telefonischen Beratung und der Videosprechstunde folgt dem Pandemieverlauf und nimmt im zweiten Quartal wieder ab. Bei den Videosprechstunden steigen die Fallzahlen dann ab September erneut an.

Die Entwicklung der Psychotherapie-Fallzahlen stellt sich erwartungsgemäß bei den Einzeltherapien anders dar als bei den Gruppentherapien. Während bei den Einzeltherapien der stärkste Rückgang in der Woche vom 18. März bis 24. März zu beobachten ist und sich die Fallzahlen bereits ab Ende Mai wieder dem Vorjahreswert annähern, brechen die Fallzahlen bei den Gruppentherapien bis Ende April zunehmend ein (-60 Prozent in den ersten vier Aprilwochen) und erreichen erst Ende Juli wieder das Vorjahresniveau.

Quelle: Zi

Wirkungsgleiche Regelungen für pandemiebedingte Ausfälle extrabudgetär vergüteter Leistungen  

Berlin – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) begrüßt, dass der zum 1. Januar 2021 außer Kraft getretene Schutzschirm für die vertragsärztlichen Leistungserbringer verlängert werden soll, fordert aber wirkungsgleiche Regelungen auch für pandemiebedingte Ausfälle extrabudgetär vergüteter Leistungen.

Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für den Entwurf eines Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vorgelegt. Der SpiFa begrüßt ausdrücklich, dass der Schutzschirm für die vertragsärztliche Versorgung verlängert werden soll. Angesichts der Tatsache, dass 19 von 20 Covid-19 Patienten ambulant behandelt werden und damit die Hauptlast durch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte getragen wird, hält der SpiFa die Verlängerung für ein wichtiges und notwendiges Signal an all diejenigen, die jeden Tag dafür sorgen, dass sich die Kliniken auf die schweren Verläufe konzentrieren können. Da jeder Einzelfall zählt, sollten die KVen über genügend Spielraum verfügen, um auf jede Praxis individuell eingehen zu können.

Der SpiFa fordert zudem, wirkungsgleiche Regelungen auch für pandemiebedingte Ausfälle aller extrabudgetären Leistungen und Präventionsleistungen in das EpiLage-Fortgeltungsgesetz aufzunehmen und diese Ausgleichzahlungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzieren. Allein die Früherkennungen und wichtigen Vorsorgeuntersuchungen sind von März bis Mai 2020 laut einer Auswertung der KBV um 97 Prozent eingebrochen, trotz einer langsamen Erholung im dritten Quartal kann daher von einem Nachholeffekt noch nicht die Rede sein. In den Jahren 2021 und 2022 ist von mehr fortgeschrittenen Tumorerkrankungen auszugehen, die nicht mehr operiert oder bestrahlt werden können.

„Vor dem Hintergrund, dass ein nicht unerheblicher Teil fachärztlicher Leistungserbringer überwiegend extrabudgetäre vertragsärztliche Leistungen erbringt, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden, ist es aus Sicht des SpiFa nicht hinnehmbar, dass diese Leistungserbringer bei nicht von ihnen zu vertretenden Fallzahlrückgängen in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdendem Umfang, ohne vergleichbar schützenden Ausgleich bleiben sollen“, so Lars Lindemann, Hauptgeschäftsführer des SpiFa.

Quelle: SpiFa

 

Telematik

Neue Technikpauschalen für TI-Anwendungen

Berlin – Praxen erhalten für die zusätzlichen stationären Kartenterminals für die medizinischen Fachanwendungen eine höhere Erstattung. Für die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept gibt es zudem neue Technikpauschalen. Darauf haben sich KBV und GKV-Spitzenverband geeinigt.

Vorausgegangen waren Entscheidungen des Bundesschiedsamtes, nachdem sich die Verhandlungspartner zunächst nicht auf eine Anpassung der Finanzierungsvereinbarung zur Telematikinfrastruktur (TI) einigen konnten.

Für die zusätzlichen stationären Kartenterminals, die für das Notfalldatenmanagement und den elektronischen Medikationsplan in den Behandlungsräumen notwendig sind, erhalten Praxen nun 595 Euro. Das sind 60 Euro mehr als bisher. Die höhere Pauschale kann auch für Geräte abgerechnet werden, die seit dem 1. Oktober 2020 angeschafft wurden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Zusatzpauschale NFDM/eMP in Höhe von 60 Euro ausgelaufen.

Neu: Technikkosten für ePA und eRezept aufgenommen

Die TI-Finanzierungsvereinbarung berücksichtigt zudem nun kommende Anwendungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) und das elektronische Rezept (eRezept). Für die Nutzung der ePA sind ein weiteres, noch nicht am Markt erhältliches Konnektor-Update sowie ein Modul für das Praxisverwaltungssystem (PVS) notwendig.

Das Bundesschiedsamt hatte dafür eine gemeinsame Pauschale in Höhe von 550 Euro festgesetzt. KBV und GKV-Spitzenverband haben diese zur Klarstellung in eine Konnektor-Update-Pauschale in Höhe von 400 Euro sowie eine ePA-Integrationspauschale in Höhe von 150 Euro für die PVS-Anpassung aufgeteilt. Zusätzlich erhöht sich die Betriebskostenpauschale um 4,50 Euro pro Quartal.

Um das eRezept nutzen zu können, wird lediglich eine weitere PVS-Anpassung notwendig sein. Die dafür vorgesehene Integrationspauschale beträgt nach der Entscheidung des Bundesschiedsamts 120 Euro. Die Betriebskostenpauschale wird um 1 Euro pro Quartal erhöht.

Pauschalen auch für Ärzte ohne persönlichen Patienten-Kontakt

Mit den Neuregelungen erhalten nun auch Ärzte ohne persönlichen Patienten-Kontakt die Konnektor-Update-Pauschale für das Notfalldatenmanagement (NFDM) und den elektronischen Medikationsplan, und zwar rückwirkend zum 1. Oktober 2020 (530 Euro). Auch die neuen Pauschalen für das ePA-Update und die Einbindung in das PVS werden sie abrechnen können.

Keine zusätzliche Pauschale für NFDM-Modul

Für das Update auf NFDM hatte die KBV zudem die gesonderte Finanzierung eines PVS-Moduls in Höhe von 249 Euro gefordert, da die derzeit bestehende Update-Pauschale in Höhe von 530 Euro von der Industrie allein für das Konnektor-Update berechnet wird. Das Bundesschiedsamt hat die Forderung der KBV jedoch abgelehnt.

Quelle: KBV

Homeschooling lastet auf den Rücken der Kinder

Berlin – Geschlossene Schulen, Kitas und Sportvereine, Ausgangssperren, dunkle und kalte Jahreszeit: All das führt hinsichtlich der verlängerten Lockdown-Beschränkungen, die gestern auf der Bund-Länder-Konferenz beschlossen wurden, zu gravierenden Gesundheitsproblemen bei Kindern. Darauf macht der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V. aufmerksam und gibt Eltern Hinweise, die Kinder zu mehr Bewegung motivieren sollen.

Besonders Kinder leiden derzeit unter mangelnder Bewegung, da sie nicht wie Erwachsene z.B. zur Arbeit radeln, im Park joggen oder regelmäßig einkaufen gehen können. „Die jetzige Ausnahmesituation kann für Kinder dramatische Folgen haben. Besonders alarmierend sind die derzeitigen übermäßig langen Sitzzeiten, die daraus oft resultierende falsche Körperhaltung und die fehlende sportliche Betätigung“, so BVOU-Präsident und Orthopäde Dr. Johannes Flechtenmacher.

Fehlhaltungen oder muskuläre Insuffizienz können zu krankhaften Veränderungen führen. Die Rumpfmuskulatur der Kinder bildet sich möglicherweise nicht richtig aus, Muskeln können sich dadurch verkürzen. Das Resultat wäre eine Haltungsschwäche. Risikofaktoren dafür sind längere Zwangshaltungen, fehlende oder einseitige körperliche Belastung, Nackenkrümmung und nicht größenangepasste Sitzmöbel. „Haltungsschwäche bezeichnet eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Rumpfmuskulatur, die zu einem Haltungsverfall führen kann. Daraus können sich strukturelle Achsabweichungen des Rumpfskelettes entwickeln. Es lassen sich bereits jetzt bei Kindern vermehrt Beschwerden beobachten, die eigentlich typisch für Erwachsene sind“, so Dr. Flechtenmacher.

Eltern: Kindern bewusst zu mehr Bewegung anregen

Folgende Tipps für Eltern können Kinder zu mehr körperlichen Aktivitäten motivieren:

  • Achten Sie darauf, dass Kinder besonders während des Homeschoolings Dehn- und Streckübungen nach langen Sitzzeiten machen. Übungen dazu finden Sie unter aktion-orthofit.de/uebungen-fuer-den-ruecken. Auch Yoga und Tanzübungen können hilfreich sein.
  • Dynamisches Sitzen: spätestens alle zehn Minuten die Sitzposition verändern, um Überlastung der Rückenstrukturen zu vermeiden.
  • Nehmen Sie Ihre Kinder für Besorgungen (z.B. Supermarkt oder Drogerie) mit.
  • Ermutigen Sie Ihre Kinder dazu, auch bei kälteren Temperaturen einen Spaziergang im Park zu machen.
  • Wenn Sie im Park joggen, fragen Sie Ihr Kind, ob es Sie auf dem Fahrrad begleiten möchte.

Hintergrund: Kinderrücken besonders anfällig für Fehlentwicklungen

Bis zum fünften Lebensjahr ist die Körperhaltung labil und wechselt häufig. Mit Erreichen des Schulalters bildet sich die Wirbelsäule mit dem angrenzenden Schulter- und Beckengürtel voll aus. Auch die Muskulatur wird leistungsfähiger. Die einwirkenden Belastungen nehmen zu. „Besonders in dieser Phase ist die Entwicklung der Wirbelsäule und damit auch die Körperhaltung für Fehlentwicklungen anfällig“, betont Dr. Flechtenmacher. „Wenn die Beschwerden sich häufen, sollte ein Orthopäde aufgesucht werden“, ergänzt er.

BVOU e.V.

Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) ist die berufspolitische Vertretung für mehr als 7.000 in Klinik und Praxis tätiger Orthopäden und Unfallchirurgen. Seit über zehn Jahren richtet der BVOU die Aktion Orthofit aus. Ziel ist es, das Bewusstsein in der Bevölkerung und insbesondere der Kinder und Eltern für eine gesunde Entwicklung des Bewegungsapparats zu schärfen. Dabei spielt die Motivation zu mehr Bewegung und zur kontinuierlichen Vorsorge eine besondere Rolle.

Pressekontakt:

Janosch Kuno
Kommunikation und Pressearbeit
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU e.V.)
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Telefon: +49 (0)30 797 444 55
E-Mail: presse@bvou.net

Fehlender Corona-Bonus für MFA ist eine Schande

Berlin – Mehr als zwölf Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie wird den Medizinischen Fachangestellten (MFA) immer noch ein Corona-Bonus der Bundesregierung verwehrt. „Es ist eine Schande, dass der Gesetzgeber das nicht auf die Reihe bekommt“, kritisiert der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (Virchowbund), Dr. Dirk Heinrich.

MFA und Praxisärzte stehen täglich in direktem Kontakt mit Sars-CoV-2-Infizierten und stellen die Versorgung für 19 von 20 Corona-Patienten sicher. Zudem engagieren sie sich deutschlandweit in Impfzentren und mobilen Impfteams. Anders als Pflegende bzw. Klinikpersonal wurden MFA in Praxen bislang aber noch nicht bei staatlichen Corona-Bonuszahlungen berücksichtigt.

„Wir fordern die Regierung auf, jetzt dieses wichtige Zeichen der Wertschätzung an den systemrelevanten Beruf der MFA zu senden“, sagt Dr. Heinrich.

Zahlreiche Praxen haben bislang freiwillige Boni an ihre MFA ausgezahlt. Doch der überwiegende Teil kann sich das angesichts einbrechender Patientenzahlen und Honorare schlicht nicht leisten. Der Schutzschirm für die Praxen gilt nur für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. „Über die Hälfte der Praxen braucht jedoch zusätzlich Geld aus der extrabudgetären Vergütung um wirtschaftlich überleben zu können“, erklärt Dr. Heinrich. „Indirekt werden MFA damit doppelt bestraft, da auch Gehaltserhöhungen so gut wie unmöglich werden.“

Quelle: Virchowbund

Willkommen im Löchnerhaus – Gründungsort des BVOU

Berlin – Für den Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) ist der Gründungstag der 29. April 1951. Doch bereits zwei Jahre zuvor fanden erste Treffen südwestdeutscher Orthopäden in Konstanz statt, um Berichte über einen Prozess gegen die Kassenärztliche Vereinigung zu hören. Damals hatte die KV die Fallpauschale bei Fachärzten für Orthopädie von 10,- DM auf 6,- DM herabgesetzt. Der Prozess ging damals verloren, schreckte aber viele Fachkollegen auf.

Das erste Treffen in Konstanz im Jahr 1949 hatte jedoch so viel Anklang gefunden, dass man sich ein Jahr später erstmalig auf der Insel Reichenau im Hotel Löchnerhaus traf und erneut gemeinsame Probleme besprach, von denen es genügend gab. Dr. Walter Baumann (Stuttgart) und Dr. Hans-Heinz Mutschler (Konstanz) waren dabei treibende Kräfte. Am 29.4.1951 fand das nächste Treffen an gleicher Stelle auf der lnsel Reichenau statt. Die dort versammelten Orthopäden beschlossen an diesem Tag die Gründung des Wirtschaftsringes Deutscher Orthopäden. Wenigen BVOU-Mitgliedern ist wahrscheinlich heutzutage bewusst, dass es sich beim Hotel Löchnerhaus um einen Ort mit einer bewegten Vergangenheit handelt. Die Hoteldirektorin Maren Baumgärtel erläutert: „Das Strandhotel Löchnerhaus hat bereits eine lange und sehr interessante Geschichte hinter sich. Unser Haus wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf der sonnigen Südseite der Insel Reichenau gebaut. Es ist bis heute die wohl schönste Lage, die die Insel zu bieten hat, mit Blick auf das imposante Hegau-Panorama, den spektakulären Sonnenuntergängen und der Schweiz vis à vis. Wir freuen uns sehr, dass der BVOU Teil dieser Geschichte ist und sich heute daran erinnert! Wir wünschen dem BVOU alles Gute für die nächsten 70 Jahre!“

Anfänge des Löchnerhauses

Vor etwa 100 Jahren wurde der heutige Mittelteil des Kurhauses Reichenau erbaut. Das Kurhaus war bis in die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Betrieb, ehe es geschlossen und zum Verkauf angeboten wurde. Im Januar 1925 entschloss der Vorstand des Württembergischen Lehrervereins e.V. (WLV e.V.) den Erwerb des Gebäudes.

Es erfolgte die Erweiterung um den Ost- und Westflügel. Außerdem wurde die damals noch offene Terrasse durch eine große Markise überdacht. Mit 60 Fremdenzimmern verfügte das Strandhotel nunmehr über 100 Betten.

Durch Zukauf vergrößerte der Verein in den nächsten acht Jahren seinen Grundbesitz. Diesen damals geprägten, sich der einmaligen Landschaft anpassenden Charakter, hat das Haus über die Zeiten bis heute bewahrt.

Kriegsjahre

Schwierige Zeiten kündigten sich mit der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 an: Der Württembergischen Lehrervereins e.V. (WLV e.V.) wurde liquidiert, doch wurde die Liquidation des Vereins von den bestellten Liquidatoren beim Registergericht – aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – nicht durchgeführt. Das sollte sich nach 1945 als ein Glücksfall für die Lehrerschaft Württembergs erweisen.

Am 23. Oktober 1935 wurde im Grundbuch zunächst die NS-Erzieherhilfe, am 20. September 1939 auf Grund des Reichsgesetzes vom 27. Mai 1937 der NS-Lehrerbund in Bayreuth als Eigentümer eingetragen.

Nach 1945 wurde das Anwesen von der französischen Besatzungsmacht als vermeintliches NS-Vermögen beschlagnahmt. Am 2. November 1949 bestellte das Amtsgericht Stuttgart auf Initiative weniger alter Mitglieder des WLV e.V. den damaligen Vorsitzenden des Württembergischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes e.V., Martin Widmann, den letzten Schriftführer des WLV e.V. vor 1933, und Walter Fäustle zu neuen Liquidatoren des Vereins.

Nach Zustimmung aller ehemaliger, noch erreichbarer Mitglieder konnte der WLV e.V. seine Tätigkeit wieder aufnehmen und beantragte nach umfangreichen Vorarbeiten am 25. Mai 1951 beim Badischen Finanzministerium in Freiburg auf Grund des sogenannten Heimfallgesetzes vom 21. Juni 1949 die Rückgabe des Strandhotels, die dann gemäß Beschluss der vorläufigen Regierung des Landes Baden-Württemberg am 13. April 1953 erfolgte.

Wiedereröffnung und Modernisierung

Das Grundbuchamt Reichenau teilte am 15. Juli 1953 die im Wege der Grundbuchberichtigung erfolgte Überschreibung auf den WLV e.V. mit.  Schon drei Jahre vor der Grundbuchberichtigung ging das Haus in die Verwaltung des WLV e.V. auf Mietbasis über. Am 13. Mai 1950 erfolgte die Wiedereröffnungsfeier im Löchnerhaus. Die Familie Bleckert, die schon seit 1930 das Hotel für den WLV e.V. betreute, führte den Hotelbetrieb weiter.

Im Jahre 1966 konnte durch die Aufnahme eines größeren Darlehens das Personalwohngebäude und die Fahrstuhlanlage gebaut werden. Mitte der 70er Jahre zeigte sich, die Leitung des Hauses lag schon seit 15. März 1954 in den Händen des allseits geschätzten Direktorehepaares Leissner, dass das Haus stufenweise modernisiert werden musste, um dem jeweils notwendigen Standard zu entsprechen.

Mit dem Architekten Gerhard Janasik wurde ein Fachmann gefunden, der die Vorstellungen von der Gestaltung des Hauses ideenreich umsetzen konnte. Mit der Inbetriebnahme des neuen Küchentraktes und des umgestalteten Eingangsbereichs 1986/87 war das ganze Haus von Grund auf saniert.

Zwischen 1987 und heute wurde das Haus wiederholt renoviert, der Eingangsbereich umgestaltet, Flure und Zimmer modernisiert. Die im Oktober 2002 begonnene Renovierung mit Neumöblierung der Zimmer und Erneuerung der Außenfassade wurde im Jahr 2003 abgeschlossen.

Familie Rühmann verabschiedete sich zum 25. Oktober 2009 nach 20 Jahren erfolgreichen Wirkens im renommierten Strandhotel Löchnerhaus und ging in den wohlverdienten Ruhestand. Der Neffe von Herrn Rühmann, Martin Baumgärtel und seine Ehefrau Maren führen das Haus seither in bewährter Tradition weiter.

In dieser Zeit wurde jeweils in den Winterpausen zwischen November und Februar größere Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen unternommen. So wurde zum Beispiel das Foyer neu gestaltetet, die Zimmer renoviert und die Tagungsräume erweitert. Im Winter 2015/16 erfolgte die Umgestaltung der beiden Seerestaurants.

Eine große bauliche Veränderung wurde im Winter 2016/17 durchgeführt. Hierbei wurde die Terrasse angehoben und man kann seitdem von erhöhter Position den herrlichen Blick auf den See noch mehr genießen. Als großflächige Überdachung der gesamten Terrasse dient eine große Markise.

Heute verfügt das Löchnerhaus über 40 Zimmer mit 75 Betten.

Quelle: Löchnerhaus

Formulierungshilfe EpiLage-Fortgeltungsgesetz

Berlin – Der SpiFa hat die anliegende Stellungnahme zur Formulierungshilfe für die Fraktionen der CDU/CSU und SPD für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Entwurf eines Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen (EpiLage-Fortgeltungsgesetz) an die Abgeordneten der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie deren zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende übermittelt.

Der SpiFa e. V. begrüßt darin ausdrücklich die Absicht, den Schutzschirm für die vertragsärztliche Versorgung zeitlich anknüpfend an die zum 1. Januar 2021 ausgelaufene Regelung zu verlängern. Zugleich fordert der SpiFa e. V. ausdrücklich wirkungsgleiche Regelungen auch für pandemiebedingte Ausfälle extrabudgetär vergüteter Leistungen in das EpiLage-Fortgeltungsgesetz aufzunehmen und diese Ausgleichzahlungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzieren. Vor dem Hintergrund, dass ein nicht unerheblicher Teil fachärztlicher Leistungserbringer überwiegend extrabudgetäre vertragsärztliche Leistungen erbringt, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden, ist es aus Sicht des SpiFa e. V. nicht hinnehmbar, dass diese Leistungserbringer bei nicht von ihnen zu vertretenden Fallzahlrückgängen in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdendem Umfang, ohne vergleichbar schützenden Ausgleich bleiben sollen.

Quelle: SpiFa