Archiv für den Monat: April 2016

Web

Studie: Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps

Berlin – „Bei mehr als 100.000 Gesundheits-Apps ist es für Bürger, aber auch für Ärzte nicht einfach, zwischen guten und schlechten Angeboten zu unterscheiden.“ Darauf hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Ende April bei der Vorstellung der Studie „Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps“ hingewiesen. „Nötig sind klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Patienten, medizinisches Personal und App-Hersteller“, so Gröhe. Gleichzeitig müsse man aber dafür sorgen, dass „Produkte, die einen wirklichen Nutzen für Patienten bringen, schnell in die Versorgung gelangen“.

Nur wenige Apps mit diagnostischem oder therapeutischem Nutzen

Die mehr als 300 Seiten umfassende Studie des „Peter L. Reichertz Institut für medizinische Informatik“ bietet eine Bestandsaufnahme zu Gesundheits-Apps, zu ihrer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung und zu möglichen Handlungsempfehlungen. Die Autoren stellen unter anderem heraus, dass Produkte mit diagnostischem oder therapeutischem Anspruch eher selten sind. Umfassende Belege für den Nutzen medizinischer Apps fehlten häufig. Hier sei mehr Evidenz notwendig. Außerdem müsse die Diskussion über ethische und datenschutzrechtliche Aspekte der Anwendung vertieft werden. „Auch professionelle Nutzer benötigen Orientierung“, so ein weiterer Hinweis. Leitlinien oder Empfehlungen für Ärzte, Krankenkassen und andere könnten helfen.

Sinnvolle Apps können die Krankenkassen erstatten

Das Bundesgesundheitsministerium weist darauf hin, dass nach dem E-Health-Gesetz digitale Anwendungen, die die Versorgung verbessern, auch von den Krankenkassen erstattet werden sollen. Über den Innovationsfonds können zudem Projekte und Forschungsvorhaben gefördert werden, die neue Wege in der Versorgung bieten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte habe zudem für App-Entwickler bereits eine Orientierungshilfe für die Zulassung von „Medical Apps“ vorgelegt. Auf europäischer Ebene wird gerade an einem „Code of Conduct“ gearbeitet, der Entwickler von Gesundheits-Apps in Bezug auf Qualität und Datenschutz zu bestimmten Standards verpflichten soll.

Auch der Bundesjustizminister nutzt Wearables

Darüber hatte im Februar Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) informiert. Gemeinsam mit dem Bundesverband Informationswirtschaft hatte sein Ministerium aus Anlass des „Safer Internat Day“ eine Tagung zum Thema Gesundheits-Apps und Wearables (Oberbegriff für Computertechnologien, die man am Körper trägt, beispielsweise intelligente Armbänder) veranstaltet. Solche Angebote würden, darin waren sich alle Referenten einig, immer häufiger genutzt. Maas erklärte damals, er nutze Wearables ebenfalls, während des Sports. Die Möglichkeiten seien groß, aber es gebe auch viele Fragen, die geklärt werden müssten. Deshalb sei das Thema für Verbraucherinnen und Verbraucher außerordentlich aktuell. Kurz zuvor hatte sich die Stiftung Warentest kritisch mit dem Angebot an Fitness-Armbändern auseinandergesetzt.                     Sabine Rieser

Links:

https://www.test.de/Fitnessarmbaender-Nur-zwei-von-zwoelf-sind-gut-4957497-0/ (kostenpflichtiger Download)
http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/A/App-Studie/CHARISMHA_Kurzfassung_V.01.3-20160424.pdf

Diagnose - Zweitmeinung

Neurochirurgen: Regeln für ärztliche Zweitmeinung

Berlin – Ist eine Rückenoperation sinnvoll – oder nicht? Damit Kolleginnen und Kollegen im Rahmen eines Zweitmeinungsverfahrens auf diese Frage sinnvolle Antworten finden können, haben die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) und der Berufsverband Deutscher Neurochirurgen (BDNC) in einer Stellungnahme notwendige Anforderungen für eine qualifizierte Zweitmeinung formuliert. Dabei stünden die körperliche Untersuchung des Patienten und die fachliche Qualifikation der um eine zweite Meinung gebetenen Ärzte im Mittelpunkt. Das erläuterten Experten auf dem 133. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) in Berlin, wie aus einer Pressemitteilung der DGCH hervorgeht.

Diskussion um Wirbelsäulen-Operationen

In den Jahren 2005 bis 2011 ist demnach die Zahl verschiedener Eingriffe an der Wirbelsäule sprunghaft angestiegen. Dies hatte eine öffentliche Debatte darüber ausgelöst, ob bei Rückenbeschwerden mitunter zu schnell oder zu umfangreich operiert wird. Für das 2014 weist das Statistische Bundesamt 285.000 Operationen im vollstationären Bereich aus, Belegkliniken nicht mitgezählt. Darunter fallen etwa Operationen zur Entfernung von ausgetretenem Bandscheibenmaterial, der Einsatz von Spreizern oder Bandscheibenprothesen und Versteifungen an der Wirbelsäule.

Ein zentraler Punkt, den ein Zweitmeinungsverfahren erfüllen müsse, sei die körperliche Untersuchung und Befragung durch den Arzt. Die Begutachtung von Röntgenbildern allein ist aus Sicht der Neurochirurgen in keinem Fall ausreichend, um eine Entscheidung für oder gegen einen Wirbelsäuleneingriff zu treffen. „Erst in der Zusammenschau von Bildgebung, Beschwerden und körperlicher Untersuchung ist ein Urteil möglich“, sagte DGNC-Vizepräsident Prof. Dr. med. Walter Stummer.

Neutrale und rasche Zweitmeinung benötigt angemessene Vergütung

Schließlich müsse die zweite Begutachtung zeitnah erfolgen, betonte der Neurochirurg. Denn schmerzgeplagten Patienten dürften keine unnötigen Behandlungsverzögerungen zugemutet werden. Ein solches System setze eine angemessene finanzielle Vergütung voraus. „Nur so kann sichergestellt werden, dass eine wirklich neutrale und zügige Einschätzung erfolgt“, erklärte die DGCH-Präsidentin Prof. Dr. med. Gabriele Schackert.

Gemeinsamer Bundesausschuss arbeitet noch an Anforderungen

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz haben Versicherte einen Rechtsanspruch erhalten, sich vor mengenanfälligen planbaren Eingriffen eine unabhängige Zweitmeinung zur medizinischen Notwendigkeit einzuholen. Zusätzliche Zweitmeinungsangebote der Krankenkassen im Rahmen von Satzungsleistungen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Für beide Konstellationen muss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Festlegungen treffen. Eigentlich sollte er bis Ende 2015 bereits für alle Zweitmeinungsgeber Anforderungen an Qualifikation sowie an Strukturen und Prozesse festlegen. Auch sollte bis 31. März 2016 eine eigene Abrechnungsmöglichkeit im Einheitlichen Bewertungsmaßstab geschaffen werden. Das Abstimmungsverfahren laufe aber noch, hieß es auf Anfrage im G-BA.               Sabine Rieser

GOÄ-Novelle: ab Mai mit den Berufsverbänden

Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) geht mit einem neuen Team in die weiteren Verhandlungen um eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Die Diskussionen über die GOÄ-Reform werden aber anhalten – auf dem Deutschen Ärztetag Ende Mai in Hamburg ist ein neuerlicher Sachstandsbericht angekündigt.

Reinhardt folgt auf Windhorst

Der BÄK-Vorstand hat am 22. April Dr. med. Klaus Reinhardt als neuen Vorsitzenden des Gebührenordnungsausschusses gewählt. Der 56-jährige Allgemeinarzt folgt Dr. Theodor Windhorst. Reinhardt ist Mitglied des Vorstandes der Bundesärztekammer, Vize-Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Hartmannbundes.

„Bei der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte müssen wir den Blick nach vorn richten und gemeinsam mit unseren Verhandlungspartnern, mit den ärztlichen Verbänden und mit dem Bundesgesundheitsministerium eine tragfähige Reform auf den Weg bringen“, sagte Reinhardt. Er wird gemeinsam mit dem BÄK-Präsidenten Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery und dem GOÄ-Verhandlungsbeauftragten der BÄK, Dr. Bernhard Rochell, die Beratungen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfe führen. Dies solle „unter intensiver Einbeziehung der ärztlichen Verbände“ geschehen, so die BÄK.

Erst das Leistungsverzeichnis, dann ein Preismodell

Am 11. Mai sollen die Beratungen mit den Fachgesellschaften und Berufsverbänden beginnen. Die Gespräche finden zunächst auf Grundlage der bisher verhandelten Leistungslegenden ohne Bewertungen statt. Dabei soll das Leistungsverzeichnis „auf Inkongruenzen und notwendige, jedoch noch nicht enthaltene Leistungen“ überprüft werden. Dann erst soll ein Preismodell entwickelt und in einem zweiten Schritt konsentiert werden.

Die BÄK steht wegen der GOÄ-Verhandlungen seit Monaten in der Kritik. Fachgesellschaften und ärztliche Berufsverbände werfen ihr vor, nicht ausreichend einbezogen worden zu sein. Zuletzt hatte der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands die Argumentationen der bisherigen GOÄ-Verhandlungsführer einer kritischen Analyse unterzogen.  Sabine Rieser

StockPhotoPro©fotolia.com

Barrierearm – dank Fahrstuhl und Treppenlift

Berlin – Vielen Orthopäden ist der Umbau ihrer Praxis mit dem Ziel der Barrierefreiheit zu teuer. Dr. med. Klaus Thierses Praxis verfügt seit kurzem über einen Fahrstuhl, der aufwendig an das Haus angebaut wurde. Und über einen Treppenlift, damit seine gehbehinderten Patienten die halbe Treppe zwischen Fahrstuhlausgang und Praxis auch noch überwinden können. Wie hat Thierse, Vorsitzender des Landesverbands Berlin des Berufsverbands der Orthopäden und Unfallchirurgen, das geschafft und finanziert?

Der Vermieter seiner orthopädischen Praxis habe investiert, erzählt Thierse. Auf der Etage gebe es auch noch einen Zahnarzt, dessen Patienten ebenfalls von Fahrstuhl und Treppenlift profitierten. Die Ausgaben würden auf die Praxen umgelegt und seien gut finanzierbar. Dass dies ein Sonderfall ist, weiß der BVOU-Landesvorsitzende: „Wer eine solche Investition für seine Einzelpraxis zu stemmen hätte, für den wäre das schwer zu finanzieren, zumindest als Umbau.“ Ein Kollege habe gerade neu gebaut und von vornherein auf Barrierefreiheit für seine Praxis geachtet. Er sei mit einer „mittleren fünfstelligen Summe“ ausgekommen.

Thierse: Nötig sind Zuschüsse, nicht nur günstige Kredite

Niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Praxen barrierearm umbauen können, hält Thierse generell für eine gute Idee. Es müsse sich aber um echte Zuschüsse handeln. Verbilligte Kredite seien nicht ausreichend, weil man das Geld ja zurückzahlen müsse. Derzeit seien die Zinsen zudem so niedrig, dass ein vergünstigter Kredit kaum ein Vorteil sei.

Haben seine Kolleginnen und Kollegen überhaupt ein Interesse daran, ihre Praxen barrierearm umzubauen? Thierse bezweifelt das. „Orthopädische Praxen sind ja sowieso voll“, sagt er. „In meiner Praxis gibt es nun einen Fahrstuhl und einen Treppenlift, aber meine Patienten stehen da nicht gerade Schlange. Selbst diejenigen, die einen Rollator nutzen, haben es bisher ganz gut in die Praxis geschafft. Blinde Patienten kommen sowieso in Begleitung, gehörlose Patienten schaffen es allein.“

Wege mit Bus und Bahn sind oft das größere Problem

Als Thierse damals seine Praxis eröffnete, hatte er schon über einen Fahrstuhlanbau nachgedacht. Doch die Investition erschien ihm viel zu hoch. „Ich arbeite in Frohnau, in einer Gegend mit vielen Einfamilienhäusern“, erzählt er. „Da war es sowieso schon schwer, überhaupt Praxisräume zu finden. Wer immobil ist, den besuche ich eben zu Hause, habe ich mir damals überlegt.“ Barrierearme Praxen an sich lösen noch nicht alle Probleme, findet er: „Mein Eindruck ist, dass die Wege mit Bus oder Bahn bis zur Praxis häufig ein größeres Problem darstellen als die letzten Meter in meine Räume.“     Sabine Rieser

KBV fordert Zuschüsse für barrierearme Praxen

Euro

KBV fordert Zuschüsse für barrierearme Praxen

Berlin – Wenn die Bundesregierung erreichen will, dass mehr und mehr Arztpraxen mit dem Ziel der Barrierefreiheit gebaut oder umgebaut werden, muss sie dies mit Zuschüssen fördern. Das hat der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Ende April gefordert.

Er bezog sich auf einen Passus im neuen Nationalen Aktionsplan 2.0 der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, dessen Arbeitsentwurf vorliegt. Darin ist für das Jahr 2016 eine Initiative „Barrierefreiheit in Unternehmen“ angekündigt, „insbesondere zum Thema barrierefreie Arztpraxen“. Geprüft werden soll demnach, ob der Umbau von Arzt- und Zahnarztpraxen mit Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert werden kann.

Honorare enthalten keinen Anteil für Umbauten

„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung mit dem Nationalen Aktionsplan 2.0 die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen dabei unterstützen will, ihre Praxen möglichst barrierearm zu gestalten“, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Andreas Gassen. Angesichts erheblicher Kosten bedürfe es allerdings konkreter finanzieller Unterstützung. Umbauten verursachten teilweise Kosten im unteren sechsstelligen Bereich. Diese seien „durch die ärztlichen Honorare nicht eingepreist“, so Gassen.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer, stimmte ihm zu. Angesichts der Honorare im niedergelassenen Bereich sei man auf echte Zuschüsse und nicht nur günstige Kredite angewiesen: „Damit wäre uns nicht geholfen.“

Broschüre zu Barrierefreiheit interessiert viele

KBV-Vorstand Dipl.-Med. Regina Feldmann wies darauf hin, dass die KBV sich seit vielen Jahren mit dem Thema Barrierearmut befasse. Eine entsprechende Broschüre mit Tipps und Hinweisen werde immer wieder aufgelegt und sei auch im Internet abrufbar. Außerdem „haben wir im vergangenen Jahr das Qualitätszirkel-Modul ,Barrieren identifizieren – auf dem Weg zum barrierearmen Praxis‘ ins Leben gerufen“, ergänzte Feldmann. Auch bei der Arbeit der Zulassungsausschüsse spiele Barrierefreiheit schon eine Rolle. Sabine Rieser

KBV

Neue Tarifverträge für Praxismitarbeiterinnen

Berlin – Durchschnittlich 2,5 Prozent mehr Gehalt und ein höherer Arbeitgeberbeitrag zur Altersvorsorge – das sind die Ergebnisse der jüngsten Tarifverhandlungen für Medizinische Fachangestellte (MFA). Darauf einigten sich Ende April endgültig der Verband medizinischer Fachberufe (VMF) und die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/ Medizinischen Fachangestellten. Die neuen Gehaltstarife treten rückwirkend zum 1. April in Kraft.

Neues Eingangsgehalt: 1.725 Euro

Nach Angaben des VMF führt die Erhöhung für MFA in den ersten vier Berufsjahren in Tätigkeitsgruppe I zu einem Gehalt von rund 1.725 Euro. Ab dem 17. Berufsjahr sind in dieser Gehaltsstufe circa 2.2.67 Euro zu zahlen. Auf diese Grundvergütung gibt es für die höheren fünf Tätigkeitsgruppen prozentuale Aufschläge. Diese betragen – je nach Qualifikation – zwischen 7,5 und 50 Prozent. Das Gehalt in der höchsten Tätigkeitsgruppe (VI) liegt nach dem 17. Berufsjahr bei 3.400 Euro.

Die Ausbildungsvergütung steigt in allen drei Ausbildungsjahren um 30 Euro monatlich. Auszubildende erhalten somit zum 1. April im 1. Ausbildungsjahr 730 Euro, im 2. Ausbildungsjahr 770 Euro und im 3. Ausbildungsjahr 820 Euro.

Erhöhung der betrieblichen Altersversorgung

Der Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersversorgung erhöht sich für alle Angestellten, die mehr als 18 Wochenstunden arbeiten, um zehn Euro pro Monat auf 76 Euro beziehungsweise um 40 Euro für diejenigen, die noch vermögenswirksame Leistungen erhalten. Bei Auszubildenden nach der Probezeit liegen die Zuschüsse bei 53 Euro beziehungsweise 35 Euro und bei Teilzeitkräften mit weniger als 18 Wochenstunden bei 43 Euro beziehungsweise 25 Euro.

Der Gehaltstarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. März 2017.
Die Laufzeit des Vertrages zur betrieblichen Altersversorgung endet am 31.12.2019.

Details zu den aktuellen Tarifverträgen für Medizinische Fachangestellte finden Sie hier. 

Materialise bietet neue Plattform für 3-D-Druck in Kliniken

München – Mit der Materialise Mimics Care Suite präsentiert Materialise, einer der führenden Anbieter von Lösungen für den 3-D-Druck in der Medizin, eine neue Software- und Service-Plattform speziell für den 3-D-Druck in Kliniken. Die umfassende und offene Plattform unterstützt Ärzte in der patientenspezifischen Planung, Vorbereitung und Durchführung von komplexen Eingriffen in Bereichen wie der Orthopädie und der Kardiologie.

„Wir sehen ein enormes Potenzial und eine rapide steigende Nachfrage für den 3-D-Druck in Krankenhäusern“, sagt Martin Herzmann, Sales Manager bei Materialise. „Aus diesem Grund haben wir die Materialise Mimics Care Suite entwickelt. Krankenhäuser können mit unserer Lösung den 3-D-Druck einfach und schnell in ihren klinisch geprägten Arbeitsalltag integrieren. Unser Portfolio im 3-D-Druck bietet Vorteile wie Zeitersparnis im OP und nachweislich verbesserte Patientenversorgung, da maßgefertigte Prothetik, aber auch anwenderfreundliche Planungs- und Visualisierungsprogramme den klinischen Anwender unterstützen.“

Vereinfachte Prozesse und präzisere Eingriffe

Die Materialise Mimics Care Suite vereint verschiedene Software-Tools und Services in einer Plattform. Dank ausgefeilter virtueller 3-D-Planungssoftware können Ärzte Eingriffe im Vorfeld genau planen und sich individuell auf den Patienten sowie dessen Anatomie einstellen.

Zudem lassen sich maßstabgetreue anatomische Modelle und Implantate sowie individualisierte Bohr- und Schnittschablonen per 3-D-Drucker anfertigen. Mit der Materialise Mimics inPrint-Software können Ärzte eigenhändig Bilddaten aus dem CT oder MRT einfach und schnell für den 3-D-Druck binnen Minuten vorbereiten, an einen 3-D-Drucker übertragen und somit anatomische Modelle herstellen.

Prof. Dr. Christian Hendrich, Ärztlicher Direktor am Orthopädischen Krankenhaus Schloss Werneck, hat bereits zahlreiche Gelenkersatzoperationen mit Hilfe der 3-D-Druck Technologie von Materialise durchgeführt: „Bei einer patientenspezifischen 3-D-gedruckten Prothese kann die Formgebung des Knochens bis ins kleinste Detail nachgearbeitet werden. Dadurch muss weniger vorhandener Knochen entfernt werden, was für die Patienten schonender ist“, erklärt Hendrich. „3-D-Druck eignet sich deshalb insbesondere für extreme anatomische Fälle oder Revisionseingriffe. Mit dieser Technologie können wir mittlerweile sogar einen Teil der schwierigen Wechseloperationen minimal-invasiv, das heißt ohne Muskelablösung versorgen.“

3-D-Druck in der Medizin auf dem Vormarsch

In der Medizintechnik spielen patientenspezifische Produkte eine immer wichtigere Rolle. Hier leistet der 3-D-Druck einen zentralen Beitrag zur individualisierten Patientenversorgung. Ein rapides Wachstum verzeichnet zum Beispiel der Bereich der Hüft- und Knieimplantate: Studien haben gezeigt, dass die Heilung beim Einsatz patientenspezifischer Prothesen schneller erfolgt, die Patienten danach beweglicher sind und die Erfolgsquote bei komplexen Eingriffen höher liegt. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass sich 3-D-gedruckte künstliche Gelenke in den nächsten zwei bis fünf Jahren in der Hüft- und Knie-Endoprothetik etablieren werden, welche derzeit einen Umsatz von 15 Millionen Dollar jährlich macht.

Das Unternehmen Materialise, mit Hauptsitz in Belgien und Niederlassungen in aller Welt, kombiniert das größte Software-Entwickler-Team der Branche mit einem der größten 3-D-Druck-Werke der Welt. In Deutschland ist Materialise seit 1999 mit zwei Standorten in Bremen und München vertreten.

Bild: Materialise/YouTube

https://www.youtube.com/watch?v=kWOL1d1PBVo

Ewing-Sarkom: Orthopäden retten Bein dank innovativer Technik

München – Es sind vor allem junge Patienten, bei denen ein Ewing-Sarkom diagnostiziert wird: die meisten sind zwischen zehn und 16 Jahre alt. Aber dass bereits ein Vierjähriger betroffen ist, so wie der kleine Josef aus München, ist ausgesprochen selten. Im Herbst 2015 fand man in seinem Oberschenkelknochen einen bösartigen Tumor. Da eine herkömmliche Tumorprothese bei einem solch kleinen Kind nicht verwendet werden kann, suchten die Ärzte der Orthopädie am Klinikum rechts der Isar nach einer innovativen Methode, um das Bein des Jungen erhalten zu können.

Mit einer neuartigen Operationstechnik und einer ausgeklügelten Kombination aus Fremd- und Eigenknochen konnten sie den nach der Entfernung des Tumors entstandenen Knochendefekt auffüllen. Josefs Chancen sind damit hoch, auch künftig auf zwei eigenen Beinen und ohne künstliches Gelenk oder Prothese laufen zu können.

Bevor der Junge operiert werden konnte, musste er zunächst eine mehrmonatige Chemotherapie in der Kinderklinik in Schwabing absolvieren. Anschließend waren die Voraussetzungen gegeben, um den Tumor möglichst vollständig operativ zu entfernen.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen würde man bei einer solchen Operation das betroffene Knochenstück durch eine Tumorprothese ersetzen. Doch bei Josef schied diese Möglichkeit aus: Sein Oberschenkelknochen ist noch so klein, dass kein Prothesenschaft darin Platz finden würde. Der Direktor der Klinik für Orthopädie, Prof. Rüdiger von Eisenhart-Rothe erklärt: „Normalerweise müsste man in einem solchen Fall entweder das Bein des Vierjährigen amputieren oder die Möglichkeit einer Umkehrplastik wählen. Wir wollten aber alles tun, um Josefs Bein zu erhalten. Deshalb haben wir nach einer innovativen Lösung gesucht.“

Die Orthopäden am Klinikum rechts der Isar füllten den Defekt, der durch die Entfernung des Tumors entstanden war, mit einem 10 cm langen Knochenstück vom Oberarm eines Erwachsenen. „Wir sind sehr dankbar, dass uns das Deutsche Institut für Zell- und Gewebeersatz bei der Suche nach einem geeigneten Transplantat sehr schnell und engagiert unterstützt hat“, so Eisenhart-Rothe.

Für den passgenauen Einsatz war eine penible Vorarbeit erforderlich: Zunächst wurden mit Hilfe von CT und MRT die genauen Dimensionen des notwendigen Knochentransplantats errechnet. Um den Tumor millimetergenau entfernen und das Transplantat exakt einpassen zu können, wurden dann mehrere Hilfsmittel eigens für Josef hergestellt: Mit individualisierten Schnittschablonen, die bei der OP auf den Knochen des Patienten aufgesetzt wurden, konnte bei der Entfernung des Tumors der Oberschenkelknochen haarscharf entlang der Wachstumsfuge durchtrennt werden.

„Die Herausforderung war, dass wir die Fuge unbedingt erhalten wollten, obwohl der Tumor in unmittelbarer Nähe lag“, erklärt Eisenhart-Rothe. Auch für das Zurechtsägen des Fremdknochens, der absolut passgenau in die entstandene Lücke eingefügt werden musste, setzten die Ärzte individuell hergestellte Schablonen ein. Für die Verankerung des Transplantats im verbliebenen Oberschenkelknochen nutzten sie schließlich eine speziell gefertigte Platte.

Nach der erfolgreichen Operation muss sich nun in den kommenden Jahren zeigen, ob der Knochen nicht nur stabil ist, sondern auch mit Josef mitwächst. Der Fremdknochen dient dabei als Platzhalter und gibt den Raum vor, in den nun nach und nach körpereigenes Gewebe einwachsen und das Transplantat schließlich ersetzen soll.

Um diesen Prozess zu unterstützen, setzten die Ärzte bei der Operation einen zweiten, körpereigenen Knochen auf den Fremdknochen auf: Sie entnahmen das Knochenstück mitsamt der dazugehörigen Blutgefäße von der Fibula des Jungen und schlossen es an seinem neuen Bestimmungsort wieder an die Gefäßversorgung an. „Wir hoffen außerdem, dass wir die Wachstumsfuge am Oberschenkel so gut erhalten konnten, dass das Bein weiter wächst. Wie gut das funktioniert, können wir allerdings erst in etwa zwei Jahren beurteilen, wenn wir die Platte am Knochen entfernen“, so Eisenhart-Rothe.

KBV: Medikationsplan wurde auf den Weg gebracht

Berlin – Die Verhandlungen über den bundeseinheitlichen Medikationsplan nach dem eHealth-Gesetz kommen fristgerecht voran. Doch eine automatische Überprüfung von Arzneimittelinteraktionen in allen Praxen durch eine entsprechende Software ist noch Zukunftsmusik. Das erläuterte Dipl.- Med. Regina Feldmann, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Ende April vor Journalisten. Details will die KBV im Mai mitteilen.

Das eHealth-Gesetz schreibt vor, dass KBV, Bundesärztekammer und Deutscher Apothekerverband bis 30. April verbindliche Regelungen treffen müssen, wie ein bundeseinheitlicher Medikationsplan auszusehen hat und wie er regelmäßig aktualisiert werden kann. Von 1. Oktober an sollen Patienten, die regelmäßig mindestens drei Medikamente einnehmen, Anspruch auf einen solchen Übersichtsplan haben. Grundsätzlich müssen alle Ärztinnen und Ärzte infrage kommende Patienten über diesen Anspruch informieren.

Ihre Vergütung für den Plan ist im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zu regeln. Über deren Höhe bestehen zwischen KBV und GKV-Spitzenverband offenbar noch unterschiedliche Vorstellungen. Es gebe aber in Selektivverträgen bereits Vereinbarungen, an denen man sich orientieren könne, sagte Feldmann. Spätestens zum 1. Januar 2019 sollen die Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Sabine Rieser

OTWorld 2016: Was bringen Hightech-Hilfsmittel?

Leipzig – Exoskelette der neuesten Generation, innovative Prothesensteuerungen sowie den Stand der Forschung bei Brain Computer Interfaces präsentieren Wissenschaftler, Entwickler und Hersteller auf dem Weltkongress und der internationalen Fachmesse OTWorld 2016, die vom 3. bis 6. Mai in Leipzig stattfindet. Verschiedene Symposien stellen praktische Erfahrungen in der Patientenversorgung sowie Anforderungen an Hightech-Hilfsmittel ins Zentrum.

„Exoskelette haben eine rasante Entwicklung erlebt und an Bekanntheit gewonnen. Auf der OTWorld werden die neuesten Modelle vorgestellt sowie die praktischen Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie kritisch diskutiert“, unterstreicht Stefan Bieringer, Direktor der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik (BUFA) in Dortmund und Chair des Symposiums „Exoskelette, was geht derzeit?“. Im Moment seien etwa fünf Exoskelett-Systeme auf dem deutschen Markt verfügbar, schätzt der BUFA-Direktor. Rund 15 bis 20 Rehakliniken nutzten diese Technik inzwischen. „Nach wie vor ist die Studienlage auf dem Gebiet der Exoskelette dünn und wir möchten auf der OTWorld Impulse geben, um die Forschungsarbeit zu verstärken“, so Bieringer.

Werden Exoskelette alltagstauglich?

„Bisher werden Exoskelette vor allem als funktionelle Unterstützung der Physiotherapie in der Rehabilitation genutzt. Eine Dauerversorgung, die den Rollstuhl ersetzt und den ganzen Tag getragen werden kann, sind sie nicht“, stellt Bieringer fest. Durch die Fortschritte bei der Elektromobilität und die damit verbundene Verkleinerung der Batterien seien die Geräte aber schon heute leichter tragbar. „Bis zu Alltagsgeräten für breite Patientengruppen, mit denen sich lange Strecken zurücklegen lassen, ist es noch ein weiter Weg. Diese Entwicklung möchten wir auf der OTWorld darstellen.“

Die Praxistauglichkeit von Exoskeletten steht ebenso im Mittelpunkt des Symposiums „Robotik in der Rehabilitation“. „In den letzten fünf Jahren gab es einen Riesenhype“, konstatiert Dr.-Ing. Rüdiger Rupp, Leiter Experimentelle Neurorehabilitation an der Klinik für Paraplegiologie am Universitätsklinikum Heidelberg und einer der Vorsitzenden dieses Themenblocks. Einer der Referenten ist Dr. Mirko Aach vom Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum. Er wird über die Erfahrungen mit Exoskeletten zur Rehabilitation der Gehfunktion referieren und Trainingsresultate vorstellen, die von 2012 bis 2016 bei 75 Patienten mit Querschnittlähmung erzielt wurden. „Letztlich lassen sich die Systeme sehr gut in der Therapie nutzen, liefern jedoch keine besseren Ergebnisse als manuelle Methoden“, bemerkt Rupp. Von Robotern werde viel erwartet, für einen Rollstuhlersatz seien sie aber noch nicht autonom genug und ihr therapeutischer Zusatznutzen überschaubar.

Bionik: Fortschritte bei multifunktionalen Händen?

„Prothesen, die sich genauso verhalten wie menschliche Hände – diesem Traum ist man in den vergangenen Jahren ein kleines Stück näher gekommen“, hebt Rupp hervor. Er ist ebenso einer der Vorsitzenden des Symposiums „Handprothesensteuerung: Jüngste Fortschritte“. „Wir richten den Fokus auf nutzerzentriertes Design und konkrete Ergebnisse am Patienten“, kündigt Rupp an.

Bislang sei die Entwicklung von Brain Computer Interfaces sehr technologieorientiert vorangetrieben worden. „Wir möchten Fragen zur Alltagstauglichkeit dieser Technologien beantworten.“ Zum Beispiel werde Boris Bertram, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg, auf den Stand der Technik bei Versorgungen der Arm- und Hand-Amputierten eingehen: „Wir erhoffen uns eine kontroverse Debatte, die den Unterschied zwischen theoretischer Machbarkeit und Regelversorgung aufzeigt. Gerade Brain Computer Interfaces werden oft an gesunden Probanden erforscht, aber bei Patienten funktioniert dann alles wesentlich schlechter, da sich deren für die Bewegung zuständigen Gehirnareale aufgrund von Lähmungen verändern“, sagt Rupp. „Wir brauchen mehr Studien und ein genaueres Verständnis der Neurophysiologie des Gehirns – das sind die Herausforderungen der Zukunft.“

Weitere Informationen zum Kongress und zur Messe finden Sie unter ot-world.com.

Bild:
Auf der OT World 2014: Präzision und Beweglichkeit – mit elektronischer Handprothese von RSL Steeper. (Quelle: Leipziger Messe GmbH/Tom Schulze)