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Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) in der orthopädisch- unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Praxis

Ein narrativer Überblick über aktuelle systematische Übersichtsarbeiten
und Metaanalysen

Die Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) ist in verschiedenen Varianten eine häufig anzutreffende Therapieform in der konservativen orthopädischen-unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Behandlung. Über Applikatoren in Form von meistens Spulen oder auch Matten oder Handgeräten wird die zu behandelnde Körperregion einem schwachen Magnetfeld unterzogen, dies mit einer pulsierenden Applikation mit unterschiedlicher Frequenz, Impulsverhalten und Feldstärke. Die Therapie gilt allgemein als gutverträglich, als Kontraindikationen gelten im Wesentlichen akute entzündliche Prozesse, Malignome sowie das Vorhandensein von Herzschrittmacher. Diese Therapie ist eine Wahlleistung, in einer Studie über das Angebot an Wahlleistungen in orthopädischen Praxen (Grüner und Schott 2016) stand sie mit ca. 50 % an Platz Nr. 5.

Methodik

In einer narrativen Recherche in der Datenbank der Deutschen Zentralbibliothek Medizin (livivo.de) wurde nach systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalysen zur  Anwendung von PEMF bei Indikationen unseres Fachgebietes unter den Schlagwörtern „electromagnetic field“ AND „meta“ für die Jahre 2015–2022 gesucht. Aus 549 primären Treffern konnten 21 Arbeiten mit für unser Fachgebiet relevanten Übersichtsarbeiten extrahiert und vollständig im Volltext gesichtet werden. Berücksichtigt wurden dann nur Reviews mit Metaanalysen zur PEMF, hinreichende Ergebnisse liegen vor für Gonarthrose, Lumbago und Osteoporose. Für die Anwendung von PEMF bei verzögerter Knochenbruchheilung liegt schon seit 1979 eine FDA-Empfehlung vor, hier konnten weitere fünf Arbeiten identifiziert werden. Auf Grund der Komplexität – auch auf Basis der Anwendungen mit und ohne Operation sowie der artähnlichen Nutzung bei  Endoprothesen und Fusionen – wird dies in dieser Übersicht nicht aufgeführt.

Ergebnisse

1. Arthrose
Insgesamt konnten fünf Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse berücksichtigt werden:

  • PEMF versus Placebo bei arthrotischen Veränderungen am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule (2018)
  • PEMF versus Placebo bei Gonarthrose (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Gonarthrose (2021)
  • PEMF versus andere Therapien bei arthrotischen Veränderungen an Knie und Hand (2022)

 

Die Analysen erfolgten in der Regel für kurzfristige Zeiträume. Die in den verschiedenen Metaanalysen untersuchten Orginalarbeiten waren nur teilweise identisch, somit handelt es in allen Fällen um unterschiedliche Auswertungen. Im Folgenden sollen die Ergebnisse für Gonarthrose dargestellt werden.

1.1 In der Studie von Wu et al (2018) wurden aus drei Datenbanken zwölf Studien zur Wirkung von PEMF versus Placebo am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule extrahiert, hiervon zehn Studien bei Gonarthrose mit insgesamt 634 Probanden. Die Metaanalysen zeigten statistisch signifikante Vorteile für die PEMF hinsichtlich des Schmerzes und der Funktion, meistens erfasst mit dem WOMAC-Score.

1.2 In der Studie von Chen et al (2019) wurden aus vier Datenbanken acht Studien mit 421 Probanden PEMF versus Placebo extrahiert. Analysiert wurden die Schmerzstärke
sowie der WOMAC-Score insgesamt und in seinen drei Subskalen. In allen Analysen zeigten sich tendenziell Vorteile für die Verumtherapie, wobei nur für die Subskala physische Funktion ein signifikanter Unterschied errechnet werden konnte.

1.3 Die Arbeit von Yang et al (2019) PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen aus sieben Datenbanken umfasste 15 Arbeiten mit Metaanalysen. Behandelt wurden fast 1.100 Probanden, hiervon ca. 900 mit Gonarthrose, der Rest bis auf einen Fall HWS und Hand. Bei neun Studien erfolgte der Vergleich mit Placebo, bei zwei Studien den Vergleich einer oder mehrerer Therapieformen + PEMF / sham-PEMF und bei fünf Studien sonstige Vergleiche. Hinsichtlich der Schmerzreduktion ergaben sich in der Metaanalyse statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe (alle Indikationen), dies insgesamt sowie für einen Zeitraum von unter 4 Wochen sowie für einen Zeitraum 4-6 Wochen. Die Metaanalyse der Subskala Steifigkeit im WOMAC-Score (nur Kniestudien) zeigte ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe, ebenso für die Funktion (nur Kniestudien, Subskala Funktion WOMAC-Score oder Lequesne-Index).

1.4 Die Studie von Vigano et al (2021) bei PEMF versus andere Therapien umfasste aus vier Datenbanken 13 Studien mit 914 Probanden. Als Kontrollen fungierten bei neun Studien Placebobehandlungen und bei vier Studien 1–3 andere Therapieformen. Die Schmerzstärke reduzierte sich insgesamt statistisch signifikant stärker durch PEMF als durch die anderen Behandlungen. Die Subgruppenanalyse versus Placebo zeigte ein ähnliches Ergebnis, die Subgruppenanalyse versus andere Therapien zeigte statistisch nicht signifikante Vorteile für die anderen Therapien. Beim WOMACGesamtscore ergaben sich ebenfalls deutliche Vorteile für die PEMF-Gruppe, das Signifikanzniveau wurde hier knapp nicht erreicht, dagegen klare Signifikanz in der Subgruppenanalyse versus Placebo.

1.5 Die Studie von Tong et al (2022) umfasste zehn Arbeiten bei Gonarthrose und eine Arbeit bei Handarthrose aus vier Datenbanken mit insgesamt 564 Probanden. Die Kontrollen bei Gonarthrose umfassten in je fünf Fällen Placebo und andere Therapien, hiervon eine Arbeit Physiotherapie + PEMF versus Physiotherapie versus Sham-PEMF. Insgesamt zeigten sich bei den elf Arbeiten statistisch signifikante Schmerzreduktionen sowie in den WOMAC-Subscores Steifigkeit und Funktion ebenfalls signifikante Verbesserungen zugunsten der PEMF. Eine Analyse hinsichtlich des Schmerzes zeigte klare Signifikanzen versus Placebo, das Signifikanzniveau versus andere Therapien wurde knapp verfehlt. Hinsichtlich der Steifigkeit und der Funktion zeigten sich ebenfalls klare Signifikanzen versus Placebo, versus andere Therapien dagegen nur leichtere Vorteile mit klar verfehlter Signifikanz. Weitere Berechnungen erfolgten in Unterscheidung zwischen hohen und niedrigen Frequenzen. Bezüglich des Schmerzes zeigte sich klare Signifikanzen zugunsten der niedrigen Frequenzen, jedoch nicht signifikante Nachteile für höhere Frequenzen. Bezüglich der Steifigkeit zeigten sich ebenfalls Vorteile mit klaren Signifikanzen für die niedrigen Frequenzen, höhere Frequenzen erreichten hier gerade eben das Signifikanzniveau. Ein ähnliches Bild zeigte sich bezüglich der Funktion, die höhere Frequenzen verfehlten hier knapp die Signifikanz.

2. Lumbago

In einer 2022 erschienenen systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse einzelner Therapieformen konnten 14 Studien mit 618 Probanden aus vier Datenbanken ausgewertet werden. Als Kontrollgruppen dienten eine Placebotherapie (vier Studien), eine allgemeine Pflege ohne weitere Behandlung (eine Studie), sechs Studien Physikalische Therapie mit und ohne PEMF sowie drei Studien Analgetika mit oder ohne PEMF. Hinsichtlich der Schmerzstärke ergaben sich versus andere Therapieformen Vorteile für die PEMF, zunächst knapp ohne Signifikanz bei hoher Heterogenität. Bei Nachanalysen konnte eine Studie als Hauptverursacher isoliert werden, nach Herausnahme dieser Studie zeigte sich dann eine statistische Signifikanz (moderate Heterogenität). Weitere Subanalysen zeigten Signifikanzen von PEMF versus Placebo und geringer auch versus andere Therapien, eine zeitliche Unterscheidung erbrachte Vorteile der PEMF bei akutem Schmerz (knapp nicht signifikant, keine Heterogenität) bei klarer Signifikanz bei chronischem Schmerz. Bezüglich der Funktion zeigten sich Vorteile der PEMF versus Placebo (ohne Signifikanz), gegenüber den anderen Therapieformen zeigten sich keine Unterschiede.

3. Osteoporose

3.1 In der Studie von Lang et al (2022) konnten 19 Arbeiten mit insgesamt 1.303 Probanden aus acht Datenbanken isoliert werden. Drei Studien verglichen PEMF mit Placebo,
vier Studien PEMF mit medikamentösen Standardpräparaten und zwölf Arbeiten eine Standardmedikation mit und ohne zusätzliche Behandlung mit PEMF. Die Metaanalysen zeigten:

  • l umbale und femorale Knochendichte statistisch signifikante Vorteile für die zusätzliche Behandlungen PEMF bei gleichzeitiger Standardmedikation
  • PEMF versus Placebo Vorteile für die PEMF ohne statistische Signifikanz
  • PEMF versus Standardtherapie zeigte Vorteile für die Standardtherapie ohne statistische Signifikanz.

 

Zwei Studien aus der Gruppe der optionalen PEMF referierten ebenfalls Werte zum Wardschen Dreieck am Schenkelhals, hier ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die Kombinationstherapie. Eine Gesamtanalyse zeigte statistisch signifikante Unterschiede mit Vorteilen der PEMF im Vergleich mit Placebo sowie im Vergleich einer  Kombinationstherapie von Standardmedikation und PEMF versus Standardmedikation alleine, der Vergleich PEMF versus Standardmedikation zeigte keine signifikanten Unterschiede.

Bei der sekundären Zielgröße Schmerz ergaben sich statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Kombinationstherapie sowie statistisch signifikante Unterschiede zugunsten PEMF versus Standardtherapie.

3.2 In der Studie von Zhu et al (2022) im Vergleich PEMF versus anderen Therapieverfahren in Bezug auf die Knochendichte mit acht Studien und 411 Probanden aus elf Datenbanken erfolgten zwei- und dreiarmige Vergleiche versus medikamentösen Standardverfahren, Placebo, Lasertherapie, Übungsbehandlungen und Vibrationsplatten. Nach Therapieende konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede gezeigt werden, ebenso hinsichtlich der femoralen Knochendichte. Im direkten Vergleich versus Alendronat zeigten sich nach zwölf und 24 Wochen statistisch signifikante Vorteile für Alendronat bezüglich der lumbalen Knochendichte.

Fazit

Für die pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) liegen Stufe-IStudien u. a. für die Anwendung bei Gonarthrose, bei Lumbago und bei Osteoporose vor.

Bei der Gonarthrose ergaben sich durchgängig Vorteile für die PEMF beim Schmerz sowie bei der Funktion, vor allem im Vergleich mit Placebo. Die Vergleiche versus andere Therapieformen waren eher uneinheitlich, bei jedoch bei reduzierter Studienlage.

Bei lumbalen Beschwerden ergab sich eine statistisch signifikante Schmerzreduktion im Vergleich mit Placebo und geringer auch im Vergleich mit anderen Therapien. Die Wirksamkeit zeigte sich vor allem bei chronischen Beschwerden, bei akuten Beschwerden wurde das Signifikanzniveau knapp verfehlt. Hinsichtlich der Funktion zeigten sich nicht signifikante Vorteile versus Placebo ohne relevante Unterschiede versus andere Therapien.

Bezüglich der Osteoporose zeigten sich Vorteile hinsichtlich der Knochendichte und der Schmerzreduktion bezüglich einer Kombinationstherapie aus Standardmedikation und PEMF gegenüber der Standardmedikation alleine. Im direkten Vergleich mit anderen Therapieverfahren zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber den meisten Verfahren mit Ausnahme von Alendronat.

Insgesamt ergeben sich hiermit für mindestens drei Indikationen für den Einsatz der PEMF mit wissenschaftlich guter Abdeckung. Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer Indikationen bekannt, welche in systematischen Übersichtsarbeiten gute Ergebnisse zeigten, für die aber keine hinreichenden Metaanalysen vorliegen.

Literatur beim Verfasser

Update: Physikalische Therapie in O&U

Unter der Physikalischen Therapie versteht man den Überbegriff für Heilmittel, die von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe erbracht werden. Dabei beinhaltet sie die klassischen Verfahren der Physikalischen Therapie und die Krankengymnastik (Physiotherapie). Dieser Beitrag behandelt die Verfahren der Physikalischen Therapie
im engeren Sinne.

Physikalische Therapieverfahren werden bei Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane, des Nervensystems, der Lymphgefäße, der Lunge und Atmung angewendet. Immer wieder werden diese Therapien falsch als „passive Therapien“ stigmatisiert. Fachlich korrekter spricht man von reaktiven Therapien. Man nutzt dabei die natürlichen Reaktionen des Körpers auf äußere Reizsetzungen (griechisch Physis = Natur), um Adaptationen (Tonusminderung, Verminderung der Schmerzempfindung) und langfristige Anpassungen (bspw. Muskelkräftigung, -entspannung) zu erzielen.

Methoden der Physikalischen Therapie

In Orthopädie und Unfallchirurgie wird sie hauptsächlich unterstützend und schmerzlindernd eingesetzt, um reaktivierende, remobilisierende, trainierende Verfahren zu unterstützen. Dabei ist es schwierig, wissenschaftlich Evidenz für eine einzelne Behandlungsmethode zu erlangen, weil die Verfahren meist als ein Therapiebaustein in einem Behandlungsbündel genutzt werden. Dies sollte allerdings nicht dazu führen, dass langjährig klinisch bewährte und im Gesamtkonzept einer interdisziplinären Therapie sehr sinnvolle Therapien deshalb nicht mehr angewendet werden.

Massage Rücken als Großmassage

 

Evidenz für die Wirksamkeit liegt für den Einsatz bei den folgenden Krankheitsbildern vor:1

  • Gon- und Coxarthrose,
  • subakuter und chronischer Kreuzschmerz,
  • Zervikalsyndrom,
  • Schulterathropathien,
  • postmenopausale Osteoporose,
  • rheumatische Erkrankungen;
    – rheumatoide Arthritis,
    – ankylosierende Spondylitis,
    – Arthritis psoriatica,
    – Fibromyalgie.

 

1. Klassische Massage

Die klassische Massage beinhaltet den gezielten Einsatz von mechanischen Reizen zur Beeinflussung der Weichgewebe (Haut, Bindegewebe, Muskulatur) durch Druck-, Dehnungs- und Zugreize. Sie wird seit der Antike (griechisch massein – kneten) genutzt und hat sich bei vielen orthopädischen Krankheitsbildern bewährt. Zielorgane sind dabei Haut, Unterhautfettgewebe, Faszien, Muskulatur und Sehnen, um über mechanische, neuronale und biochemische Effekte Reaktionen anzubahnen. Die klassische Massage wird meist zur Muskeldetonisation und –pflege eingesetzt, um dann trainierende Massnahmen der Bewegungstherapie einsetzen zu können. (Tab. 2)

Wirkweisen der Massage

Neben der klassischen Massage werden auch Bindegewebs-, Periost-, Unterwasserdruckstrahl- und Colonmassagen angewendet.

Eine besondere Art der Massagebehandlung ist die Triggerpunkttherapie, bei der gezielt Schmerzpunkte in der Muskulatur (myofasziale Triggerpunkte) und Faszienverklebungen angegangen werden. Dies Behandlung hat sich gerade bei chronischen Verspannungen und Verkürzungen, bzw. Verklebungen klinisch außerordentlich bewährt. Sie kann mit Stosswellenanwendungen und/oder Dry needling kombiniert werden.

Indikationen für Massageverfahren sind vor allem muskuläre Verspannungen, Faszienverklebungen oder Bindegewebserkrankungen.

Generelle Kontraindikationen für Verfahren der Physikalischen Therapie sind:

  • Akute schwerwiegende Infektsituationen im Behandlungsgebiet
  • Instabile Frakturen
  • Hochgradige Osteoporose (Gelenkmobilisation, Traktion)
  • Im Behandlungsgebiet liegende Knochen- oder Weichteilmetasen
  • Frische Thrombosen
  • Hauterkrankungen im Behandlungsgebiet
  • Akute allgemeine Infekte
Technik und Wirkung der Klassischen Massage

Eines der Hauptindikationsfelder für Massagen sind Rückenschmerzen. Die Nationale Versorgungsleitlinie nicht spezifischer Kreuzschmerz2 postuliert hierzu, dass Massagen aufgrund fehlenden Wirknachweises beim akuten, nicht spezifischen Kreuzschmerz nicht angewendet werden sollen, hingegen bei subakutem und chronischem, nicht spezifischen Kreuzschmerz angewendet werden können, um trainierende Programme zu ermöglichen. Ein Cochrane-Review aus 20153 analysierte insgesamt 25 RCT’s mit über 3.000 Patienten. Dabei zeigten sich Massagen in Bezug auf die Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung kurzfristig wirksamer als inaktive Kontrollbehandlungen.
Rockville4 beschrieb in einem Review, dass Massage bei akuten und subakuten Rückenschmerzen erfolgreicher in der Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung war als Plazebo-Behandlungen.

2. Manuelle/apparative Lymphdrainage

Die Lymphdrainage ist eine Form der komplexen physikalischen Entstauungstherapie und sicher eine der wirksamsten Verfahren der Physikalischen Therapie. Sie zielt in der Primärbehandlung auf eine Reduktion von Oedemen und hat sich in der postoperativen Oedembehandlung und bei chronischen Lip-/Lyphoedemen bewährt. Sie kann manuell und apparativ angewendet werden, wobei klinisch die manuelle Behandlung effektiver ist.

Bei der komplexen Entstauungstherapie bspw. bei chronischen Lip-/Lymphoedemen íst neben der eigentlichen Lymphdrainage zusätzlich immer eine suffiziente Kompressionstherapie, regelmäßige Bewegungstherapie und Hautpflege erforderlich. Lymphdrainage hat neben der entstauenden auch eine detonisierende und relaxierende Wirkung.

3. Thermotherapie

Thermotherapie nutzt die Wirkung von Kälte- oder Wärmereizen, um über Anpassungsreaktionen reaktive Effekte zu erzielen. Mittels Trägermedien erfolgt die lokale Applikation von Wärme oder Kälte in Körperregionen oder an Gelenken. Neben der lokalen Behandlung gibt es auch die Ganzkörperkältebehandlung, die immunologische Reaktionen stimulieren soll.

Wärmewirkung: Wärme kann mittels direkter Konduktion über Wärmeleitung, über Konvektion (Wärmeströmung) oder über Bestrahlungen auf den Körper übertragen werden. Im behandelten Gewebe führt dies zu lokaler Hyperämie, Steigerung des Stoffwechsels, schmerzlindernden Wirkungen zur Muskeldetonisierung, Kreislaufanregung
und Entspannung.

Abb. 2: Thermotherapie in der Haslauer-Wanne
Abb. 3: Iontophoresen rechtes Knie bei Gonarthrose
Klassische Wärmetherapeutika

Kältewirkung: Kälte wird meist lokal angewendet und führt zu einem Absinken der Haut- und Weichteilgewebetemperatur. Es resultiert eine Gefäßverengung und Stoffwechselerniedrigung, allerdings sekundär eine erhebliche Stimulation einer reaktiven Hyperämie (Stoffwechselsteigerung). Kältetherapie wird zur Entzündungs- und Reizhemmung betroffener Gewebe, zur Oedem-,und Schmerzreduktion genutzt, auch zur Spastikhemmung bei hypertoner Muskulatur. Oft wird sie daher postoperativ genutzt, bspw. nach Endoprothesenimplantationen oder Knieeingriffen. Sie kann auch in Form von Kaltgas (Kaltluft) angewendet werden, auch mit Eisabreibungen oder als Kältekammertherapie (bei rheumat. Erkrankungen).

Indikationen für Wärmebehandlungen sind in der Regel degenerative Gelenk- oder Muskelprobleme, muskuläre Erkrankungen oder Verspannungen, beziehungsweise in der Spätbehandlung nach Traumata. Kälte wird eher bei aktivierten Reizzuständen oder in der frühen Behandlung nach Traumata (RICE-Therapie) eingesetzt. Ihre Domäne hat die Kältetherapie zudem bei Arthritiden, Oedemen, Ergüssen, postoperativen Zuständen, rheumatischen Erkrankungen. Kontraindikationen sind lokale Entzündungen, frische operierte Wunde, Neuritiden, verminderte Sensibilität im Behandlungsbereich (hier ist besondere Vorsicht geboten).

Die Nationale Versorgungsleitlinie chronischer Rückenschmerz2 führt zur Thermotherapie beim akuten, nicht spezifischen Kreuzschmerz auf, dass Wärmebehandlungen in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen angewendet werden können, eine Kältebehandlung jedoch nicht. Beim chronischen, nicht spezifischen Kreuzschmerz soll die Wärmetherapie nicht angewendet werden, gleiches gilt für Kältebehandlungen. Die Österreichische Leitlinie zum Kreuzschmerz5 aus dem Jahr 2018 empfiehlt die Thermotherapie beim Kreuzschmerz hingegen im Sinne einer „Sollte-Anwendung“.

In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zur Coxarthrose6 wird Wärmebehandlung empfohlen. Bei degenerativen Gelenkerkrankungen, insbesondere der Gonarthrose, analysierte der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger in einem systematischen Review die Datenlage.7 Hierin wurden Wärmeanwendungen als effektiv in Schmerzlinderung, Reduktion von Gelenksteifigkeit und Funktionsverbesserung beschrieben. Für Kälteanwendungen liegt ein Cochrane Review aus dem Jahr 2003 von Brousseau8 vor. Es kam zu der Aussage, dass Eis-Massage signifikant die Beweglichkeit, die Funktion und die Kniekraft verbessert, Coldpacks die Schwellung reduzieren.

4. Hydro- und Balneotherapie

Hydro- und Balneotherapie nutzt gezielt den Einsatz der physikalischen Eigenschaften von Wasser. Nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip werden dabei Reaktionen am Körper bewirkt. Man unterscheidet Bäder, Güsse, Duschen, Waschungen, Wickel, Bürstungen, Abspritzungen. Diese können unterschiedliche Temperaturen und Applikationen beinhalten. Bewegungsübungen im Wasser machen sich die Wirkungen des Wassers (hydrostatischer Druck des Wassers, Auftrieb, Widerstand durch Strömung und Wärmewirkung) zunutze. Es können Voll- und Teilbäder (auch mit Zusätzen) abgegeben werden.

Indikationen sind muskuläre Verspannungen, Wirbelsäulensyndrome, radikuläre Reizungen, Durchblutungsstörungen, insbesondere venöse Insuffizienzen, postoperative BWÜ im Wasser. Studien zur Hydro- und Balneotherapie haben in den letzten Jahren zugenommen. Im Rahmen einer Metaanalyse fand sich nach Balneotherapie in 17 Studien eine stärkere Schmerzreduktion als in den Kontrollen. Eine der Indikationen für Wasseranwendungen ist die Fibromyalgie. Ein Cochrane-Review zum Training im Wasser bei Fibromyalgie10 ergab niedrige bis moderate Evidenz für einen positiven Effekt des Trainings im Wasser bei Fibromyalgie-Patienten. Ein Cochrane-Review aus dem Jahre 201611 fand für Wassertherapie bei Cox- und Gonarthrose Evidenz für geringe kurzfristige, aber klinisch relevante Effekte. In den Leitlinien zur Gon- und Coxarthrose der DGOU6, 12 wird Bewegungstraining im Wasser empfohlen, die Balneotherapie bei Patienten mit Co-Morbiditäten als sinnvoll beschrieben. In der OARSI-Leitlinie13 wird die Balneotherapie für Patienten mit gravidierenden Co-Morbiditäten als sinnvoll erachtet.

5. Elektrotherapie

Im Rahmen der Elektrotherapie wird elektrische Energie lokal appliziert um Reizantwort des Körpers zu erzielen. Man unterscheidet folgende Verfahren:

  • Hochfrequenz / Ultraschall
  • Mittel- und Niederfrequenz
  • Gleichstrom / Galvanisation
  • Hydroelektrische Bäder

Je nach verwendeter Stromart können dabei folgende Effekte erzielt werden:

  • Durchblutungssteigerung
  • Muskelstimulation (Paresenbehandlung)
  • Narbenbehandlung
  • Detonisierung der Muskulatur
  • Allgemeine Sedierung
  • Wärmewirkung
  • Transcutane Stimulation eines Medikamententransportes (Iontophorese)
  • Schmerzhemmung
  • Lokale Reizminderung

Hochfrequenztherapie (bspw. Dezimeterwelle) führt durch Konversion Wärme dem Körper zu, insbesondere Tiefenwärme. Sie verursacht eine Steigerung der Durchblutung ohne wesentliche Hautreizung, eine analgetische Wirkung durch Detonisierung der Muskulatur und hat sich bei Nackenverspannungen bewährt. Mittel- und Niederfrequenzverfahren werden zur Schmerzhemmung, Durchblutungssteigerung, aber auch zur Stimulation von Muskelgewebe genutzt. Sie nutzen bipolaren Strom in den Frequenzbereichen 2–10 kHz. Indikationen für Interferenzstrombehandlungen sind muskuläre Verspannungen und Schmerzen, degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen, Durchblutungsstörungen, schlecht heilende Ulcera. Bei der Reizstromtherapie werden entweder durch nieder- oder mittelfrequente Ströme stimulierende Reize in das durchströmte Gewebe abgegeben. Niederfrequente Stromtherapien verursachen meist eine Schmerzhemmung, Hyperämie der Gewebe sowie Muskeltonisierung, die man unter anderem auch zur Elektrostimulation einsetzen kann, d. h. zur Behandlung atropher Muskulatur. Transcutane elektrische Nervenstimulation (TENS) wirkt dabei durch Rechteckimpulse mit zwischengelagerten Pausen (je nach Gerät unterschiedlich) und verursacht Schmerzhemmung. Gleichstromverfahren (Iontophoresen, Phonophoresen, Ultraschall) unterstützen den transcutanen Medikamententransport ins Gewebe. Geeignet sind Lokalanästhetika, Antiphlogistika, Hyaluronidase, Morphine, Vasodilatatoren und Gerinnungshemmer. Im Rahmen der Galvanisation werden Elektroden im zu durchflutenden Gebiet angelegt bei denen ein konstant gleicher Strom fließt. Bei hydroelektrischen Teiloder Vollbädern wird dies gern bei der Rückenschmerzbehandlung genutzt (Stangerbad), bei peripheren Gelenken hingegen als Iontophorese. Die Behandlung eignet sich zur Schmerzlinderung und Durchblutungssteigerung. Wichtig ist, dass im bestrahlten bzw. behandelten Gebiet kein Metallimplantat vorhanden sein darf.

Indikationen für diese Behandlung sind Synovialitiden, Bursitiden, Tendinitiden, Ansatztendinosen, Arthrosen, Myalgien, Kontrakturen, Narbenkeloide.

Die Datenlage zur Elektrotherapie ist insgesamt sehr dünn. Dies ist auch u. a. dem Faktor
geschuldet, dass die Elektrotherapie multipelste unterschiedliche Ansätze verschiedenster Verfahren bietet.

6. Ultraschall / Stoßwelle

Ultraschall führt am Übergang zwischen Sehnen und Knochen zu Schwingungen und Anregung des Stoffwechsels. Dementsprechend hat sich diese Therapie in der Behandlung von lokalen Insertionstendinosen und Tendinopathien bewährt. Man kann sie auch bei Plexusläsionen, Arthrosen oder Ischialgien einsetzen. Eine Sonderform der Ultraschalltherapie ist die Stoßwelle. Hierbei werden hochenergetische Ultraschallsignale stoßwellenartig regional appliziert. Man unterscheidet fokussierte und radiale Stoßwellentherapien. Bei radialen Stoßwellen wird die akustische Welle in der Tiefe eher breiter (trichterförmig). Diese Behandlung eignet sich insbesondere bei Myalgien, Gelosen, Triggerpunktbehandlungen. Die Wirkung erfolgt hauptsächlich über Detonisierung im Bereich der Muskulatur. Die fokussierte Stoßwellentherapie wird mittels hochenergetischer Applikation sehr gezielt auf den zu behandelnden Bereich lokalisiert. Eine entsprechend genaue Lokalisation des Zielgebietes ist erforderlich.

Indikationen sind Sehnenerkrankungen wie die Plantarfaszieninsertionstendinose (Fersensporn), Epicondylitis humeri radialis, Achillodynien, Tendinosis calcarea der Schulter. Der Einsatz wird auch bei verzögerter Knochenbruchheilung und bei atrophen oder hypertrophen Pseudarthrosen genutzt. Kontraindikationen für Stoßwellentherapie sind unter anderem Gerinnungsstörungen bzw. eine gerinnungshemmende Therapie.

In einer Übersichtsarbeit beschrieb Ebenbichler14 Evidenz für die Effektivität therapeutischen Ultraschalls bei den Indikationen entzündliche und degenerative Veränderungen an Gelenken und Wirbelsäule, Sehnenüberlastungssyndromen und therapeutisch additiv bei verzögerter Frakturheilung. Ein Cochrane Review von Page15 beschrieb eine niedrige Evidenz dafür, dass therapeutischer Ultraschall bei der Tendinosis calcarea kurzfristig eine Schmerzreduktion und eine Verbesserung der Schulterfunktion ergibt.

7. Mechanotherapie

Unter Mechanotherapie subsummiert man Behandlungen unter Zuhilfenahme von mechanischen Mobilisations- bzw. Traktionstechniken.

Die klassische Mechanotherapie in O&U ist die Behandlung mit sogenannten Motorschienen (CPM). Diese hat sich in der Wirkung nspeziell nach operativen Eingriffen am Knie und der Schulter bewährt.16, 17 Ziel ist die schrittweise Verbesserung des Bewegungsausmaßes eines Gelenkes. Das schmerzfreie Durchbewegen verbessert den
Gewebestoffwechsel und die Knorpeltrophik, verhindert Verklebungen, beschleunigt die Resorption von Hämatomen und Seromen. Auch die Schlingentisch- Behandlung ist eine Mechanotherapie. Durch Lagerung im Schlingentisch werden gezielt Wirbelsäule oder zu behandelnde Gelenke entlastet und von der Eigenschwere befreit. Hierdurch ist eine schmerzärmere Bewegung (Mobilisation) möglich. Im Bereich der Wirbelsäule eignet sich das Verfahren zur Entlastung bei akuten Ischialgien.

Die Extensionsbehandlung, wird meist an den peripheren Gelenken (speziell Hüfte) bzw. an der LWS, selten der HWS durchgeführt. Ziel ist die Entlastung bei Bandscheibenvorfällen oder -protrusionen, auch bei aktivierten Spondylarthrosen, im Bereich der Hüfte die Extension bei Coxarthrosen.

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.

Prof. Dr. med. Dipl. oec.
Bernhard Greitemann
Ärztlicher Direktor und
Chefarzt Klinik Münsterland
Auf der Stoewwe 11
D- 49214 Bad Rothenfelde

Physikalische Therapie in der stationären und ambulanten Rehabilitation

Ambulante und stationäre Rehabilitation wird in Deutschland multimodal und interdisziplinär erbracht, unter Einsatz zahlreicher ineinandergreifender Therapieformen und dabei interagierender Berufsgruppen unter fachärztlicher Leitung, im besten Sinne ganzheitlich unter Berücksichtigung des bio-psycho-soziale Krankheits-Konzeptes.

Neben den wichtigen inhaltlichen Aspekten, wie den aktiven Therapiemaßnahmen, insb. den verschiedenen Formen der Bewegungstherapie, und Patienten-Edukation, spielt aber letztlich auch die konkret körperstruktur-orientiert erbrachte physikalische Therapie eine wesentliche Rolle, ärztlich indiziert und verordnet, unter Gewährung der Übernahmeverantwortung fachlich erbracht von medizinischen Bademeistern, Badehelfern und Masseuren.

Behandlungsbegründend ist neben der Aktualitätsdiagnose ebenso die topische bzw. Strukturdiagnose, die sich in der Regel auf Basis der dezidierten klinischen Untersuchung stellen lässt.

Wenn die Begrifflichkeiten teils auch unscharf verwendet werden, so zählt man in der wissenschaftlichen Grundlagen-Literatur zur Physikalischen Therapie als Behandlungsart, den Einsatz in der Natur vorkommender Energien und mit Hilfe von Technik erzeugte Behandlungsarten. Die Wirkung beruht dabei auf physikalischen Gesetzen und physiologischen Reaktionen und Adaptation. Darüber hinaus besteht eine jahrhunderte-, teils jahrtausendlange Empirie, es handelt sich um effiziente Behandlungen mit gutem Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Wir unterscheiden dabei in Bezug auf die Effekte eine Immediatwirkung (Analgesie bei Elektrotherapie) im Gegensatz zu einer zeitabhängigen adaptiven Wirkung bei serieller Anwendung. Die therapeutische Reizintensität hängt dabei ebenso ab von Konstitutionsgegebenheiten (Leptosom, Pykniker), wie von der Reaktionstypologie (Körperbau/Psyche), der vegetative Ausgangslage (Tagesrhythmik), und ob es sich um einen ruhenden oder vollaktiven Organismus handelt. Bei der Therapieplan-Erstellung ist dies natürlich möglichst zu berücksichtigen.

Formen der physikalischen Therapie:

  • Mechanotherapie
  • Thermotherapie (Kälte/Wärme)
  • Hydrotherapie, auch Hydrogalvanik
  • Elektrotherapie und Ultraschall
  • Fototherapie
  • Balneotherapie
  • Klimatherapie
  • Aerosol- und Inhalationstherapie
  • Massageformen

 

Hierbei wird bereits deutlich, dass es sich überwiegend um Therapieverfahren und -Gruppen handelt, die dem Orthopäden und Unfallchirurgen vertraut sind. Sie werden überwiegend risikoarm bei hoher Patienten-Akzeptanz erbracht.

Die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) untergliedert übrigens in ihrer aktuellen Version die Verfahren der Physikalischen Therapie dem Kapitel D.: Maßnahmen der Physiotherapie. In Vorgänger-Versionen war das noch anders, da wurden der Physikalischen Therapie noch alle weiteren Verfahren, auch Bewegungstherapie-Formen (Krankengymnastik, auch gerätegestützt, Manuelle
Therapie), unterstellt.

Die Therapieformen

Im Weiteren werden typischerweise die im Rahmen der ambulanten und stationären Rehabilitation eingesetzten Therapieformen angesprochen.

Hydro-, Thermo- und Kryotherapie gehören als Behandlungsarten zur Gruppe der physikalischen Therapie. Diese nutzt den Einsatz in der Natur vorkommender Energien, es finden sich auch mit Hilfe von Technik erzeugte Behandlungsarten. Wir unterscheiden zwischen Therapieformen mit geringer Reizintensität, beispielsweise erwärmenden Teilpackungen und Wickel, ansteigende Fuß- und Handbäder, heiße Moor- und Paraffinpackungen. Stärkere Reize verkörpern verschiedene Güsse nach Kneipp. Starke Reize gehen im Allgemeinen von allen Ganzkörpermaßnahmen aus. Dazu zählen im Sinne der Intensitätsskala 4-Zellen-Bad, Medizinische Bäder, Unterwassermassagen und Überwärmungsbäder. Zu den weiteren Kriterien der Anwendung der genannten Methoden gehören reizabbauende Methoden in der Akutsituation, bei bereits eingetretener Chronizität werden reizsetzende Therapiearten bevorzugt. Die genannten Therapieformen beinhalten ein außergewöhnlich großes Spektrum in Bezug auf deren Einsatz und Durchführung.

Zu den ältesten Formen therapeutischer Anwendungen von Wasser und Bädern gehört die Hydrotherapie. Definitionsgemäß spricht man von der systemischen, evtl. seriellen, Anwendung von Kälte oder Wärme mit Wasser als Temperaturträger. Kombiniert werden kann gleichzeitig die Durchführung mechanischer Maßnahmen wie Reibungen, Bürstungen, Unterwasserdruckstrahlmassage und Güsse.

Zu den Vorteilen des Wassers als thermisches Trägermedium gehört, dass es überall in großer Menge verfügbar ist, günstige physikalische Eigenschaften hat, darüber hinaus über eine gute lokale Verträglichkeit verfügt und es zudem über einen großen Temperaturbereich gut dosierbar ist. Die Therapieformen lassen sich auch in unterschiedliche Stufen hydrotherapeutischer Reize untergliedern. So gehören zu den Therapieformen mit mildem Reizeffekt Abreibungen, Waschungen, Trockenbürstungen, ansteigende Teilbäder (Unterarm, Füße), wechselnde Fußbäder, kalte Güsse (bis Knie), Wassertreten und Wickel für eine Körperregion. Zu den Therapieformen mit mittleren Reizeffekt gehören die ansteigenden Sitz- und Beinbäder, Halbbäder, wechselwarme Sitzbäder, Wickel- und das Sitzdampfbad. Starke Reizeffekte werden erzeugt durch den Vollguss, Blitzguss und die Kaltdusche, darüber hinaus Saunasitzungen, Dampfbad, Überwärmungsbad und die Ganzpackung. Die stärksten Reizeffekte werden ausgelöst durch das Tauchbad im Eiswasser. Je nach gewünschter Wirkung erfolgt die Zugabe spezieller chemischer oder pflanzlicher Stoffe wie Salze, ätherische Öle, Extrakte oder Gase, meist bei der Form der Wannenbäder. Wichtigster mineralischer Zusatz ist die NaCl-Lösung, das sogenannte Solebad, z. B. zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und auch der Psoriasis. Zu den Effekten der genannten Therapieformen gehört die Verbesserung der peripheren Durchblutung, Training für das vasomotorische Regulationssystem, Einübung vegetativer Reflexe und die Eutonisierung des Vegetativums. Der Hautturgor- und -tonus sowie die -trophik und die -elastizität verbessern sich ebenso wie die muskuläre Relaxation, hierdurch lässt sich eine Linderung von Gelenkbeschwerden erzeugen. Zu den weiteren positiven Effekten gehört die Erhöhung des Gewebeinnendruckes durch den hydrostatischen Druck und die Anregung sowie Aktivierung des Immunsystems. Durch den Wasserauftrieb wird die muskuläre Kraftentfaltung vor allen Dingen im Bereich der unteren Extremitäten im Zuge der aktiven Bewegungsabläufe erheblich reduziert, was im Rahmen der krankengymnastischen Behandlung von großer Bedeutung ist. Darüber hinaus kann der Wasserwiederstand im Zuge der Durchführung einer aktiven Übungsbehandlung ausgenutzt werden. Zur Hydrotherapie können an dieser Stelle daher auch die Balneotherapie mit Inhalten wie Aquajogging, Schwimmtherapie nach McMillan, die Bad Ragazer Ring-Methode, die Halliwick-Methode und die PIPE-Methode (Prone Immerson Physical Exercises) gezählt werden. Es handelt sich hierbei um verschiedene Verfahren der Schwimmtherapie unter Einsatz spezieller Hilfsmittel wie Paddel, Schwimmbrettchen oder Bälle.

Hydrotherapeutische Therapieverfahren beinhalten häufig auch Aspekte der Thermo- und Kryotherapie, auch gibt es Kombinationen mit der Elektrotherapie, so z. B. das Stangerbad oder das 4-Zellen-Bad. Das Kohlensäurebad stellt ein Ganzkörperwannenbad unter Ausnutzung der peripheren therapeutischen Wirkung von Kohlendioxid dar. Effekt ist die Dämpfung der Kälterezeptoren und Erregung der Wärmerezeptoren der Haut mit konsekutiver peripherer Vasodilatation und subjektivem Wärmegefühl in der Peripherie. Weiterhin kommt es zu einer Blutdrucksenkung. Zu den Indikationen gehört neben der arteriellen Hypertonie funktionelle arterielle Durchblutungsstörungen, aber auch funktionelle Störungen des vegetativen Nervensystems und psychosomatische Erkrankungen. Kontraindikationen sind je nach Therapieform zu berücksichtigen. Typischerweise gehören hierzu akute Herzerkrankungen, wie z. B. die dekompensierte Herzinsuffizienz, ausgeprägte entzündliche Hauterkrankungen und Wundheilungsstörungen oder hochfieberhafte Allgemeininfektionen.

Im Weiteren ist die Thermo- und Kryotherapie anzusprechen. Zur Thermotherapie gehört zum einen die Kälte-, zum anderen die Wärmetherapie. Es gibt darüber hinaus Überlappungen mit der Hydro- und Balneotherapie sowie Elektrotherapie. Definitionsgemäß handelt es sich bei der Kryotherapie um den therapeutischen Einsatz von Kälte zum globalen systemischen oder lokalen, auf einzelne anatomische Gewebeareale begrenzten Wärmeentzug. Die Therapieform ist auch als sogenannte Verdunstungskälte wirksam. Als Applikationsformen kommen zum einen Eis, Chips/Eisgranulat, ebenso wie Eisbeutel und der gestielte Eisroller zum Einsatz, darüber hinaus Kältekompressen, Gelpackungen, chemische Kompressen, Kältespray und Kaltgase (Kaltluft, Stickstoff). Als sogenannte „milde“ Kälte wird der Stöckli-Wickel bezeichnet, ebenso wie der kalte Wickel, kalte Peloide und Quarkpackungen. In Bezug auf die Effekte führt der kurzfristige Einsatz in einer zeitlichen Ausdehnung von 5–10 Minuten über eine initiale, zunächst oberflächliche, dann auch in tieferen muskulären Schichten auftretende, Vasokonstriktion, zu einer Herabsetzung der lokalen Durchblutung. Nach deren Absetzten folgt eine reaktive, anhaltende Hyperämie mit wellenförmigem Verlauf und längerfristig um 20–30 % erhöhtem Schmerzschwellenniveau. Aus einer Langzeitanwendung von 1–2 Stunden erfolgt eine deutliche Herabsetzung der Gewebedurchblutung mit gleichzeitiger Stoffwechseldämpfung und Abnahme der Aktivität enzymatischer Prozesse und der Phagozytose. Die ausgeprägte Schmerzlinderung erklärt sich durch Herabsetzung auch der nervalen Aktivität (Refraktärzeit, Nervenleitgeschwindigkeit, reflektorische Hemmungen der Schmerzfortleitung auch auf spinaler Ebene), dadurch entsteht eine subjektiv höhere Schmerztoleranz. Durch eine Herabsetzung des Schwellendruckes ergeben sich Effekte in Bezug auf eine Blutungs- und Ödemhemmung, weiterhin findet sich eine Erhöhung des venösen Druckes, sowie ebenso eine Erhöhung der Viskosität der Synovialflüssigkeit. Kältetherapie kann auch als Ganzkörperexposition im Rahmen der Behandlung in einer Kältekammer (Stickstoff oder CO2 von -110 bis -160 Grad Celsius oder Kaltluft von -60 bis -110 Grad Celsius) für einige Minuten unter adäquatem Schutz der Akren durchgeführt werden, z. B. bei aggressiven Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Kältetherapie lässt sich auch mit Hydrotherapie kombinieren, z. B. in Form eines Eistauchbades bei 6–12 Grad Celsius für einige Minuten oder Eisteilbad bzw. Kaltwasserbad. Zu typischen Indikationen von Kryotherapie gehören postoperative lokale Gewebereizzustände ebenso wie akute Gelenkirritationen, (z. B. traumatische oder rheumatische Arthritis, aktivierte Arthrose, Gichtarthritis), akute Periarthritis, Bursitis, Tendovaginitis sowie auch stumpfe Weichteilverletzungen (Prellungen, Kontusionen, Distorsionen und Hämatome). Im Falle von Gewebezerreißungen ist eine zusätzliche Kompression wichtig, da die kältebedingte Kontraktion der Blutgefäße nur kurzfristig anhält. Weiterhin wird Kälte bei akuten lumbovertebralen Syndromen mit schmerzhaftem Muskelhartspann eingesetzt, bei radikulopatischer Schmerzausstrahlung, Ödemen und lokalen Verbrennungen, darüber hinaus bei neurologischen Krankheitsbildern, vor allem bei bestehender Spastizität. In Bezug auf Kontraindikationen ist zunächst zu berücksichtigen, dass Kältetherapie ungünstig bei chronischen Schmerzbildern ist, sie sollte auch nicht bei peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen, Angina pectoris und Raynaud-Symptomatik erfolgen. Weitere Kontraindikationen sind Kälteallergien, Kryoglobolinämie, Kältehämoglobinurie, akute Nieren- und Blasenerkrankungen sowie Schädigungen des peripheren Lymphgefäßsystems. Wärmetherapie Der therapeutische Einsatz von Wärme gelingt durch Wärmeleitung, Konvektion (Wärmeströmung) oder Wärmestrahlung. Dabei findet sich in Bezug auf die Durchführung eine Überlappung auch zur Hydrotherapie und Elektrotherapie. Erfolgsorgan der Therapieform sind u. a. verschiedene Rezeptorengruppen für die Temperaturempfindung. Die Erwärmung der Haut führt zu einer Erhöhung der Schmerzschwelle, lokale Hitzereize können auch die darunterliegende Muskulatur fazilitieren, dies mit gleichzeitiger Hemmung des jeweiligen Antagonisten. Zu den Effekten gehört die gezielte lokale Temperaturerhöhung in Geweben und Organen mit anschließender reaktiver Vasodilatation der kapillaren Endstrombahn, vor allem im Bereich der Hautoberfläche, und damit Steigerung der Durchblutung und des Stoffwechsels, Stimulation der Phagozytose, vermehrte Flüssigkeittranssudation, Herabsetzung des Muskeltonus und Verbesserung der Dehnbarkeit des Kollagengewebes. Weiterhin gelingt die Herabsetzung der Viskosität der Synovialflüssigkeit und eine primäre Analgesie durch maximale Erregung der kutanen Thermorezeptoren. Beschrieben ist darüber hinaus die Beeinflussung des Nebennierenrindenstoffwechsels mit vorübergehendem Abfall des Plasmakortisolspiegels. Die klinische Wirkung, auch die sekundäre, erklärt sich über die mittels Tonus-Herabsetzung der Muskulatur herbeigeführte Analgesie und ist abhängig von den speziellen Reizparametern des jeweiligen Wärmeträgers (Intensität, Dauer seiner Einwirkung, Dynamik, Größe und Reizfläche). Zu den Nebeneffekten der Wärmetherapie gehört die Erhöhung der Atem- und Pulsfrequenz, Atemvertiefung, Abnahme des Blutdruckes durch Erniedrigung des Gefäßwiederstandes, vermehrtes Schwitzen und die Detonisierung der glatten Muskulatur im Bronchial-, Magen- und Darmbereich. Zu den Anwendungsformen gehören neben der Ganzkörperthermotherapie, z. B. in der Sauna oder als Heißluftdampfbad, Teilanwendungen wie Kopfdampfbad. Beispiele für lokale Anwendungen trockener Wärme sind neben Heizkissen und Wärmflasche, Wickel und Packungen, trockener heißer Sand, Infrarotstrahler, Laserstrahler, Elektrotherapie und Ultraschalltherapie. Feuchte Wärme kann appliziert werden über organische Peloide (Torf, Moorerde, Schlick), anorganische mineralische Peloide (Fango, Sand, Lehm, Kreide), Paraffinpackungen, heiße Handtücher (sogenannte „heiße Rolle“), Priesznitz-Wickel und Teilbäder, z. B. für Arme oder Füße. Der Einsatz der Wärmetherapie erfolgt oftmals als vorbereitender Bewegungsstarter zur Durchführung einer krankengymnastischen Übungsbehandlung oder einer manuellen Massage. Dies kommt in erster Linie bei der Behandlung chronisch-entzündlicher Prozesse, wie degenerativer Gelenkerkrankungen, Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, Periarthropathien, Tendinosen, Wirbelsäulensyndromen mit Myalgien und Myogelosen sowie bei Sklerodermieherden zum Einsatz. Zu typischen Kontraindikationen gehören akute entzündliche Prozesse, frische stumpfe Traumata, lokale Ödeme und chronisch venöse Insuffizienz, ausgeprägte Varikosis und Thrombophlebitis, arterielle Durchblutungsstörungen, akute Neuritiden, neurogenbeinträchtige Temperaturempfindungen mit der Gefahr der Verbrennung, Spastik und Kontraktur bei cerebralen Paresen, knapp- oder dekompensierte arterielle Hypertonie und Herzinsuffizienz.

Die weiteren Ausführungen basieren maßgeblich auf den Ausführungen von Prof. Heisel als Beitrag zum Weissbuch Konservative Orthopädie und Unfallchirurgie, 2017.

Im Rahmen der Elektrotherapie werden die physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften des elektrischen Stromes therapeutisch genutzt. In Abhängigkeit von der gewünschten Wirkung kommen unterschiedliche Stromqualitäten zum Einsatz.

Bei den niederfrequenten Ströme handelt es sich zunächst um Gleichströme (bis zu 1.000 Hz) mit applizierten Stromstärken deutlich unter der subjektiven Toleranzgrenze von1 mA/cm2 Hautoberfläche. Zu typischen Anwendungsformen gehören die stabile Quergalvanisation zur Schmerzlinderung im Bereich von Triggerpunkten, das Zellenbad (Extremitäten-Teilbad mit stabiler galvanischer Stromapplikation) zum Einsatz bei degenerativen Arthritiden das Stangerbad, erfunden durch den Gerbermeister Heinrich Stanger Ende des 19. Jhd., als Ganzkörperbad mit stabilen galvanischen Strömen, bevorzugte Anwendung bei multiartikulären (Gelenk-)Prozessen, die Iontophorese mit transkutan gerichtetem Ionentransport im Zuge eines galvanischen Stromdurchflusses zwischen großflächigen Plattenelektroden. Unter der Anode erfolgen Schmerzlinderung und muskuläre Detonisierung, unter der Kathode eine besonders starke Hyperämisierung. Hauptindikationen hier: periarthropathische Reizzustände, wobei die im Stromfeld wandernden negativen geladene Medikamente unter die Kathode, positiv geladene Substanzen unter die Anode gebracht werden müssen.

Zu den niederfrequenten Wechselströmen zählen zudem die diadynamischen (Bernardschen) Impulsströme mit guter analgetischer und hyperämisierender Wirkung sowie Begünstigung der Resorptionsförderung. Diese werden deshalb in erster Linie bei akuten traumatischen exsudativen arthritischen Reizzuständen eingesetzt. Das TENS-Verfahren (transkutane elektrische Nervenstimulation) wird zur rein symptomatischen lokalen Schmerzbekämpfung durch Reizung peripherer Nervenendigungen mit sekundärer Blockade der Schmerzweiterleitung im Bereich der Hinterhornneurone des Rückenmarkes (batteriebetriebenes Taschengerät mit Abgabe rechteckförmiger Impulsströme) eingesetzt. Bei der Hochvolttherapie erfolgen lediglich extrem kurze polare Doppelimpulse ohne elektrolytische Gewebewirkung. Es kommt lediglich zu einer lokalen Analgesie und Hyperämisierung (mit Verbesserung der Wundheilung) sowie zu einer Detonisierung der darunter liegenden Muskulatur. Wichtige Indikationen: Einsetzbar auch bei einliegenden Metallimplantaten (Osteosynthesematerial, Endoprothesen)! Einsatzgebiete:  Posttraumatische Schmerzzustände, schmerzhafte degenerative (und rheumatische) Gelenkaffektionen, chronische Epikondylopathien, Achillodynien, trophische Hautulzera (auch beim Diabetes mellitus), Algodystrophie (M. Sudeck), Gewebeödeme, Myogelosen (auch im Bereich des Rückens), periphere Neuralgien. Bei der pulsierenden Signaltherapie handelt es sich um den gezielten lokalen Einsatz elektromagnetischer Felder eines pulsierenden Gleichstromes. Behauptet wird eine Stimulation von Fibrochondrozyten und Chondrozyten degenerativ veränderten Gelenkknorpels mit vermehrter Bildung von Proteoglykanen, v. a. von Hydroxyprolin (Kollagenmarker) mit dann verbesserter Wasserbindungsfähigkeit des Knorpels und damit einer verbesserten Elastizität sowie Beschleunigung der Regeneration der Knorpelmatrix. und Kniegelenk), Fingerpolyarthrose, Fußwurzelarthrose, Weichteilverletzungen, Überlastungsschäden und/oder Insertionstendopathien.

Mittelfrequente Ströme (1.000–300.000 Hz) führen zu einer asynchronen Antwort der erregbaren Zellen. Aufgrund des niedrigen kapazitiven Gewebewiderstandes wird nur eine geringe Stromspannung benötigt; dabei ist eine hohe Stromdichte ohne sensible Hautbelastung möglich. Bei der meist üblichen Nemectrodyn-Anwendung erfolgt eine Wechselstromdurchflutung des Gewebes mit Interferenz zweier frequenz- und phasenverschobener Stromkreise und damit konsekutiver Reizerhöhung in deren Überlappungsgebiet (Interferenz-Frequenz 100–200 Hz). Behandlungssdauer: bei akuter Symptomatik: 5–10 min., im Falle chronisch degenerativer Gelenkprozesse: 12–15 min.). Wichtige Indikationen: degenerative Wirbelsäulensyndrome, Periarthropathien, chronische Arthralgien großer Körpergelenke.

Hochfrequente Ströme (über 300.000 Hz) besitzen aufgrund ihrer nur kurzen Impulsdauer keinen direkten Stimulationseffekt auf Nerven- und Muskelzellen mehr (keine elektrische Stromwirkung), sondern lediglich einen chemischen Reiz mit ausschließlicher Wärmewirkung durch elektromagnetische Wellen (sog. Diathermie). Im Gelenkbereich resultieren eine Hyperämisierung und Stoffwechselsteigerung, eine gute Analgesie, eine muskuläre Detonisierung und eine Viskositätserhöhung der Synovialflüssigkeit. Wichtige Indikationen: artikuläre und muskuläre Prozesse.

Bei der Ultraschalltherapie, bei der es sich streng genommen nicht um eine Elektrotherapie handelt, erfolgt eine lokale Wärmeerzeugung durch mechanische Longitudinalschwingungen. Hauptwirkungsort ist in erster Linie der Grenzflächenbereich unterschiedlicher Dichte (z. B. der Übergang von Weichteilen zum Knochengewebe, wo eine Schallreflexion erfolgt). Es resultieren eine Permeabilitäts- und damit Diffusionssteigerung des durchfluteten Gewebes mit einer Stoffwechselerhöhung, eine lokale Analgesie und eine muskuläre Relaxation. Des Weiteren werden Gewebeverklebungen gelöst, die Gewebetrophik wird verbessert. Ein Luftspalt zwischen Schallkopf und Oberhaut wird nicht überwunden; daher ist ein direkter Hautkontakt erforderlich. Sowohl eine statische (ruhender Schallkopf) als auch eine dynamische Applikation (bewegter Schallkopf, hier reduzierte Verbrennungsgefahr) sind möglich, ebenso wie eine Kombination mit Ankopplungsmedien (Externa wie Salben, Öle oder Gele; sog. Ultraphonophorese), aber auch diadynamische Ströme (sog. Phonoiontophorese). Im Falle einliegender Metallimplantate ist die Dosis um 30–50 % zu reduzieren! Zu Hauptindikationen zählen periartikuläre Reizzustände, Sehnen- und Kapselansatzreizstände sowie Verwachsungen und Narbenbildungen. Zu Kontraindikationen zählen die hohe Entzündungsaktivität, lokalisierte Infektionen, Phlebothrombosen, Gerinnungsstörungen, arterielle Durchblutungsstörungen, einliegende
Metallimplantate (Gefahr der Überhitzung).

Bei der Phototherapie (Lichttherapie) kommt es zum Einsatz des von der Sonne ausgestrahlten optischen Strahlenspektrums, das sowohl die niederenergetische Wärmestrahlung, das sichtbare Licht selbst sowie die höher energetische ultraviolette Strahlung umfasst, wobei unter technischen Gesichtspunkten nahezu ausschließlich künstliche Strahlungsquellen industriell gefertigter Geräte verwendet werden. Therapeutisch von wesentlicher Bedeutung ist die von der Wellenlänge der eingesetzten Strahlung abhängige Eindringtiefe in das exponierte Areal; quantitativ vermag nur der von den einzelnen Gewebeanteilen tatsächlich absorbierte Strahlungsanteil lokal ablaufende biochemische Prozesse anzuregen. Bei der Rotlichttherapie werden die längerwelligen Rotanteile des natürlichen sichtbaren Lichtes therapeutisch genutzt, das im Vergleich zum normalen „weißen“ Licht eine geringere lokale Wärmeentwicklung im bestrahlten Hautareal entfaltet, jedoch über eine größere Eindringtiefe verfügt. Zu wichtigen Indikationen gehören: periarthropathische Weichteilaffektionen (Myalgien, Myogelosen, Myotendopathien, Fibrositiden), Arthralgien bei Arthrosen, rheumatische Gelenkaffektionen (nicht im entzündlichen Schub). Zu Gefahren gehören: Vorsicht mit einer großflächigen Erwärmung im Falle kardialer Probleme. Zu Kontraindikationen zählen: akute rheumatoide Arthritis, Infektarthritiden, dekompensierte Herzinsuffizienz, schwere Herzrhythmusstörungen, akuter oder erst kürzlich zurückliegender Myokardinfarkt, entgleister Diabetes mellitus, Hyperthyreose, Nebennierenrindensuffizienz.

Bei der Infrarot-Licht-Therapie kommt es durch den Einsatz der im elektromagnetischen Spektrum sich dem Rot des sichtbaren Lichtes anschließenden, nicht mehr sichtbaren niederenergetischen (längerwelligen) Wärmestrahlung (Wellenlänge: > 780 nm) zu einer allmählich auftretenden Temperaturerhöhung nur der oberflächlichen Hautschichten (im Gegensatz zur Diathermie durch hochfrequente Elektrotherapie). Es resultiert ein Wärmerückstau bis in tiefe Gewebeschichten, da der Abtransport der körpereigenen Wärme vermindert wird; sekundär kommt es durch den Wärmetransport zwischen der Haut und dem tiefer liegenden, geringer temperierten Fett-, Muskel- und Sehnengewebe ebenfalls zu einem lokalen Anstieg der Temperatur. Es resultieren: eine Förderung lokaler metabolischer Prozesse, eine lokale Steigerung der Durchblutung, eine Detonisierung der Muskulatur, eine Herabsetzung der Synovialviskosität.

Durch den Einsatz eines durch induzierte Emission zeitlich und räumlich gebündelten Lichtstrahles (Lasertherapie) kommt es zu einer Förderung des Zellwachstums und der Zellregeneration (sog. Biostimulator) und zu einer Verbesserung der Immunabwehr (antibakterielle Wirkung). Vorteil: beste Tiefenwirkung (Eindringtiefe: 3–10 mm) mit guter optischer Fokussierung. Die Applikation erfolgt mittels senkrecht aufgesetzter Punktelektrode (bessere Eindringtiefe), die auf den lokalen Schmerzpunkt aufgesetzt oder im Sinne einer Strichführung über das betroffene Hautareal geführt wird. Zu wichtigen Indikationen gehören: proliferative Gelenk- und Sehnenprozesse bei (floriden) Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, frische Verletzungen mit Gewebeexsudation. Gefahren: Keine Applikation im Bereich parenchymatöser Organe, kein Kontakt zum Augapfel. Zu Kontraindikationen zählen: schwere Arteriosklerose/dekompensierte pAVK, offene Epiphysenfugen (Kinder, Jugendliche), frische Thrombose/Thrombophlebitis, Herzrhythmusstörungen/einliegender Herzschrittmacher, hochakute fieberhafte Krankheitsprozesse, metastasierende Tumoren, Gerinnungsstörungen/Hämophilie, hochdosierte Daueranalgetikatherapie, ausgeprägte Beeinträchtigung der Schmerzempfindung, einliegendes Osteosynthesematerial im Behandlungsgebiet und Gravidität.

Kostenträgerseitige Rahmenbedingungen

Der indikationsspezifische Erhebungsbogen S6 Orthopädie (stationär) der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) führt Aspekte der Strukturqualität aus, so unter anderem das Vorhandensein eines Bewegungsbades (mit Hebelift), auch in Kooperation. Das Vorhalten weitere Maßnahmen der Physikalischen Therapie ist hier, bis auf die manuelle Lymphdrainage, nicht explizit ausgeführt, wohl aber personeller Ressourcen in Form von Badehelfern, med. Bademeistern und Masseure. Für die ganztägig-ambulante Reha werden die gleichen Kriterien benannt.

Als Qualitätsmerkmal wurde zudem in den vergangenen Jahren von Seiten der DRV die Erstellung von Reha-Therapiestandards (RTS) gefördert, um eine wissenschaftliche, evidenzbasierte Grundlage, für die Durchführung zu schaffen. Der aktuelle Standard zum chronischen Rückenschmerz, auch als evidenzbasierte Therapiemodule bezeichnet, berücksichtigt hier aus dem Bereich der physikalischen Therapie Massage als Behandlungsform, bei 30 % der Rehabilitanden zu erbringen, mind. 40 min pro Woche. Unter Berücksichtigung des KTL-Schlüssels sind als Therapieformen hinterlegt: Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Unterwasserdruckstrahlmassage, Akupunktmassage, Reflexzonenmassage. Der RTS für die Behandlung nach Hüft- und Knie-TEP führt explizit physikalische Therapie auf, zu erbringen bei mind. 50 % der Rehabilitanden, mind. 80 min pro Woche. Hier weisen die KTL-orientiert aufgeführten Inhalte ein breites Spektrum auf, von Elektrostimulation, Ganzkörper- und lokaler Kälte und Wärmebehandlung, bis zu verschiedenen Verfahren der Elektrotherapie (Niederfrequenter Reizstrom, Mittel- und Hochfrequenz) und Massage (Klassisch, Bindegewebe, Reflexzone, Unterwasserdruckstrahl, Lymphdrainage, manuell und apparativ, gerätegestützte Mobilisation, Kompressionstherapie).

Die aktuelle Handlungsanleitung der Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) beschreibt die stukturqualitätsbezogenen Inhalte für die klassischen Behandlungsformen im rehabilitativen Setting, monomodale Verordnungen, Erweiterte Ambulante Rehabilitation (EAP), Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung (BGSW) und Arbeitsplatzbezogene Muskuloskelettale Rehabilitation (ABMR). Monomodal können neben Krankengymnastik und Ergotherapie auch Leistungen aus dem Bereich physikalische Therapie verordnet werden, hier die ganze Bandbreite, Wärme, Kälte, Elektrotherapie, Ultraschall, verschiedene Bäder und Massageformen, Hydroelektrische Bäder, Gashaltige Bäder und Elektrogymnastik. Die EAP definiert Verfahren der Physikalischen Therapie als Kern. Aufgeführt werden Elektrotherapie, Hydrotherapie, Thermotherapie und Mechanotherapie (Manuelle Lymphdrainage und Massage). Als orientierende zeitlicher Richtwerte für diese Verfahren werden 30min / Tag angegeben. Die BGSW führt die gleichen Verfahren auf. Als orientierende zeitlicher Richtwerte für diese Verfahren werden hier 60min / Tag angegeben. Die ABMR hat ihren Schwerpunkt bei arbeitsplatzrelevanten Aktivitäten, die Strukturanforderungen beinhalten hier allerdings daneben auch die bereits aufgeführten Therapieverfahren der physikalischen Therapie aus EAP und BGSW.

Anforderungen an Stukturqualität werden im Sektor der GKV werden über die Systematik des QS-Reha-Verfahrens abgeprüft. Therapeutische Inhalte werden dabei durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) beschrieben. Für den Bereich der ambulanten Rehabilitation bei muskuloskelettalen Erkrankungen wird physikalische Therapie mit Massagen, Hydro-, Wärm, Kälte- und Elektrotherapie aufgeführt, als Berufsgruppen hier Masseur und med. Bademeister. Bewegungsbad ist vorzuhalten, ggf. In Kooperation. Für den stationären Bereich wird Physikalischen Therapie als Behandlungselement aufgeführt, ohne Differenzierung.

Reha-Diagnosen und Einsatz der Therapieformen

Zunächst einmal ist zu berücksichtigen, dass sich Reha-Diagnosen immer als Funktions-Diagnosen gemäß ICF (Struktur, Funktion, Aktivität, Partizipation/Kontext) darstellen, abzugrenzen zu den ICD-orientiert formulierten Diagnosen im kurativen Sektor.

Zu den am häufigsten anzutreffenden Funktionseinschränkungen zählen in der ambulanten und stationären Rehabiltation dann auch Zustandsbilder nach Kunstgelenkeinbau und Osteoynthesen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten, alle Arten von Erkrankungen der Wirbelsäule, konservativ und nach Operation.

Dabei ist, wie eingangs erwähnt, Rehabilitation immer ganzheitlich ausgerichtet. Bei Nachbehandlung nach Knie-TEP wird selbstverständlich auch das Subacromial-Syndrom (z. B. bei Beschwerden nach längerer Nutzung von UAG), Wirbelsäulenleiden (z. B. bei längerfristig eingeschränkter Gangqualität mit Fehlhaltung) oder die kontralateral (z. B. anlagebeding) bestehende aktivierte Gonarthrose therapeutisch geeignet adressiert. Diese „Kollateralschäden“ sind in therapeutischer Hinsicht insbesondere eine Domäne der physikalischen Therapie.

Zudem ist es kontraproduktiv, verkürzte und/oder hypertone Muskulatur beispielsweise trainingstherapeutisch zu beüben. Muskel- und Kraft-Aufbau ist so nicht möglich, vorbereitende therapeutische Maßnahmen aus dem Bereich der physikalischen Therapie sind hier unabdingbar.

Zu einzelnen Diagnosen / Funktionszuständen und deren Behandlung mit Behandlungselementen der physikalischen Therapie wird auf die weiteren Beiträge dieses Heftes verwiesen.

Zusammenfassung

Viele Pfeile im Köcher ermöglichen eine patientenzentrierte und individualisierte Behandlung, so, wie sich unsere Patienten sich dies ja auch wünschen. Physikalische Therapie stellt hier eine wirksame und meist kostengünstig zu erbringender Behandlungsart dar, bei zu vernachlässigenden Behandlungsrisiken und hohe Patientenakzeptanz.

Natürlich gab es in der Geschichte der Medizin vieles, was wir heute als vollkommenen Unsinn, im besten Fall nicht patientenschädigend, ansehen würden. Im Bereich der physikalischen Therapie wäre hier, als eine der vielen Irrwege, der Mesmerismus zu nennen. Bei dem von Franz Anton Mesmer (1734–1815) propagierte Verfahren sollte der animalische Magnetismus , auch als tierischer Magnetismus bezeichnet, als Heilmethode Wirkung erzielen. Es wurden zur Behandlung Stahlmagneten am Körper befestigt, hypnoseartige Therapieanteile traten hinzu, in diesem Zusammenhang wird für den 28.07.1774 die Behandlung der seinerzeit 29jährigen „Jungfer Oesterlin“ beschrieben, deren Krampfleiden behandelt werden sollte – leider erfolglos. Das Verfahren, dass zwischenzeitlich im 18. Jhd. große öffentliche Beachtung genoss, verschwand im Weiteren aber dann, wie so vieles andere, in der Mottenkiste der Medizin-Geschichte.

Wir sind hier also tief im Bereich der Esoterik und sog. Glaubensmedizin, d.h. Arzt und Patient glauben fest an das Verfahren. Wirkung erzielt im besten Fall der Placebo-Effekt. In vielen Bereichen der Orthopädischen Rehabilitation und auch Schmerzmedizin, wird in den letzten Jahren das hohe Lied auf die Behandlung möglichst ausschließlich mit aktiver Therapie gesungen, verbunden damit auch ein massiver Rückbau der Physikalischen Therapie in allen Einrichtungen, in der Regel aufgrund wirtschaftlicher Gründe und/oder räumlicher Situation bei vermeintlich geringer Evidenz für die einzelnen Verfahren. Dabei trifft es in der Tat zu, dass insbesondere auch in der internationalen Literatur Metaanalysen zu den eingesetzten Verfahren fehlen, dies hängt zum einen daran, dass die entsprechenden Verfahren schwerpunktmäßig in Deutschland erbracht werden und hier eine lange Tradition haben, zudem entziehen sich die Verfahren meist einer Verblindung, die Erbringung ist heterogen (Intensität/Frequenz/ Lokalisation) und meist im Zusammenhang mit anderen Therapieformen im Rahmen eines Konzeptes. Somit entzieht sich in aller Regel die Bewertung eines einzelnen Verfahrens einer dezidierten Betrachtung, ohne dass sich hieraus jedoch der Schluss ziehen ließe, dass keine Wirksamkeit bestünde. Eine Renaissance erleben die Verfahren aktuell im Bereich der Psychosomatik als Mind-Body-Medizin sowie in der multimodalen Schmerztherapie, die in zahlreichen Einrichtungen komplementäre Verfahren für sich entdeckt hat. Da die Verfahren häufig auch im Bereich von Medical Wellness und in der früher häufig verwendeten und in der Bevölkerung durchaus noch gängigen Begrifflichkeit „Kur“ zur Anwendung kamen, signalisiert offensichtlich zu dem für manche Kreise eine fehlende Wirksamkeit im Bereich von effektiver und effizienter Medizin.

Die Struktur-Diagnose begründet die therapeutische Intervention mit physikalischer Therapie und grenzt so auch ab von Behandlungen, die eher dem medical wellness zuzuordnen sind. Dabei sollten die Verfahren nicht auf dem Altar der vermeintlich Metaanalysen-orientierten Leitliniengläubigkeit, die wenig oder schwer untersuchbare Verfahren ausspart oder nicht berücksichtigt, geopfert werden, good medical practice im Kontext und als Teil von Behandlungsprogrammen, streng orientiert an dezidiert ermittelten Struktur-Diagnosen indiziert und erbracht, sind sie ohne Zweifel.

Dr. Stefan Middeldorf,
Bad Staffelstein