Alle Beiträge von Lasse Walter

Die Rolle der Patella-Resurfacing bei der totalen Kniearthroplastik

Übersetzt aus dem Englischen

Einführung

Seit Jahrzehnten wird die Rolle des Patella-Oberflächenersatzes in der totalen Kniearthroplastik (TKA) intensiv diskutiert und untersucht, wobei randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), Meta-Analysen und registerbasierte Studien durchgeführt wurden.1-9 Trotz dieser umfangreichen Forschung gibt es nach wie vor keinen Konsens darüber, ob die Patella ersetzt werden sollte. Es ist offensichtlich, dass Chirurgen in drei große Gruppen unterteilt sind: Einige führen den Oberflächenersatz stets durch, andere verzichten vollständig darauf, und eine dritte Gruppe entscheidet fallabhängig. Dieser Übersichtsartikel fasst die Faktoren zusammen, die die Entscheidung zur Patella-Resurfacing beeinflussen, die Indikationen für den Oberflächenersatz, mögliche Komplikationen sowie die Ergebnisse nach der Resurfacing der Patella.

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Kollegin-KI als Antwort auf Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel und zusätzliche Dokumentationspflichten für die elektronische Patientenakte (ePA) setzen Arztpraxen weiter unter Druck. Gleichzeitig sinken die Jahresüberschüsse von Praxen. Im Gespräch mit Dr. Tom Jansen und Dr. Gerd Rauch wird beleuchtet, wie eine Sprechstunden-KI den Praxisalltag entlasten kann.

Warum ist der Fachkräftemangel für Arztpraxen und Klinikambulanzen derzeit so problematisch?

Dr. Jansen: Der Mangel an Medizinischen Fachangestellten (MFAs) und Sekretär*innen ist eine der größten Herausforderungen für Arztpraxen und Klinikambulanzen. Besonders Praxen mit hohem Patientenaufkommen stehen unter erheblichem Druck, da sie umfangreiche Dokumentationen mit Diagnoseverschlüsselungen und präzise Abrechnungen sicherstellen müssen. Diese Aufgaben sind zeitintensiv und erfordern eine hohe Genauigkeit, die durch den Fachkräftemangel zunehmend schwer zu bewältigen ist. Prognosen deuten darauf hin, dass sich diese Situation in den kommenden Jahren verschärfen wird, da weniger Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen.

Welche neuen Anforderungen verschärfen den administrativen Aufwand zusätzlich?

Dr. Rauch: Mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ist es für alle Arztpraxen und Klinikambulanzen verpflichtend Befundberichte einzuspeisen. Diese Vorgabe bedeutet einen erheblichen Mehraufwand, da der gesetzliche Rahmen eine präzise und zeitnahe Dokumentation verlangt. Viele Praxen verfügen jedoch aufgrund des Fachkräftemangels nicht über die nötigen Ressourcen, um diese Anforderungen effizient zu erfüllen. Der steigende Dokumentationsaufwand stellt somit eine zusätzliche Belastung dar.

Wie steht es um die wirtschaftliche Lage vieler Arztpraxen?

Dr. Jansen: Die finanzielle Situation vieler Arztpraxen ist angespannt. Laut dem aktuellen Zi-Praxis-Panel (ZiPP) sind die Jahresüberschüsse real um 4,8 Prozent gesunken. Steigende Personalkosten, die mittlerweile 58 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, sowie inflationsbedingte Preissteigerungen und Bürokratie belasten die Praxen zunehmend. Diese Entwicklungen führen zu finanziellen Engpässen und beeinträchtigen auch die Arbeitszufriedenheit der Ärztinnen und Ärzte.

Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Dokumentation
in den Praxen?

Dr. Rauch: In vielen Praxen führt der Personalmangel zu unvollständigen oder fehlerhaften Dokumentationen. Diagnosen werden nicht korrekt codiert, und erbrachte Leistungen werden teilweise gar nicht dokumentiert. Diese Fehler führen zu finanziellen Verlusten und Verzögerungen in der Patientenversorgung, da Zuweiser und Patienten nicht rechtzeitig über den aktuellen Stand der Therapie informiert werden. Besonders in Praxen und Klinikambulanzen mit hoher Patientenfrequenz kommt es oft zu Verzögerungen, die den gesamten Ablauf stören. Der Druck auf das verbleibende medizinische Personal und die Ärzte selbst steigt dadurch erheblich.

Wie kann eine Sprechstunden-KI den Praxisalltag entlasten und welche Vorteile bietet sie?

Dr. Jansen: Die Automatisierung durch Künstliche Intelligenz (KI) bietet eine effiziente Lösung für diese Herausforderungen. Eine moderne Sprechstunden-KI kann administrative Aufgaben übernehmen und Fehler in der Dokumentation und Abrechnung minimieren. Mithilfe eines Raummikrofons wird das Arzt-Patienten-Gespräch in Echtzeit transkribiert und relevante Informationen werden extrahiert, um eine vollständige  Sprechstundendokumentation zu erstellen. Dazu gehören Anamnese, Befund, Therapie sowie Befundberichte und die korrekte ICD-10-Codierung.

Welchen Stellenwert hat eine Integration in bestehende Systeme?

Dr. Rauch: Eine nahtlose Integration von KI-Kollegin Eudaria in bestehende Praxisverwaltungssysteme (PVS) und Kliniksoftware ist essenziell. Durch eine zuverlässige Schnittstellenanbindung können automatisierte Dokumentationen direkt in die vorhandenen Systeme übertragen werden. Dies vereinfacht und beschleunigt den gesamten Praxisablauf erheblich. Eudaria ist mit allen gängigen  Praxisverwaltungssystemen kompatibel. Wir haben bereits fertige Schnittstellen zu den großen Herstellern, und wöchentlich kommen neue PVS hinzu.

Woran arbeiten Sie aktuell?

Dr. Jansen: Neben der Anbindung neuer PVS arbeiten wir an innovativen, neuen Modulen. Ein wichtiges Thema ist die Abrechnung. Eudaria wird künftig in der Lage sein, fundierte Abrechnungsvorschläge zu erstellen. Darüber hinaus entwickeln wir Module für OP-Berichte, BG-Berichte und Gutachten. Wir werden in den kommenden Monaten darüber berichten, sobald diese fertiggestellt sind.

Last but not least: Wie wird Datenschutz und Sicherheit gewährleistet?

Dr. Rauch: Datenschutz hat bei Eudaria oberste Priorität. Die KI-Lösung speichert alle Patientendaten verschlüsselt in DSGVO-konformen Cloud-Umgebungen. Die Verbindung erfolgt über eine geschützte VPN-Verbindung, um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Gesprächsinhalte werden nach der Freigabe der Dokumentation durch den Arzt automatisch gelöscht. Dadurch bleibt die Privatsphäre der Patienten gewahrt, und Eudaria verfolgt einen „datensparenden“ Ansatz.

Fazit: Mehr Zeit für Patienten, weniger Aufwand für Ärzte

Über Eudaria

Im Gegensatz zu großen Konzernlösungen wurde Eudaria aus der Mitte der Ärzteschaft entwickelt. Die Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. med. Tom Jansen (Köln) und Dr. med. Gerd Rauch (Kassel) haben gemeinsam mit den KI-Experten Dr. rer. nat. Benjamin Cabrera und Lara Jansen die Software konzipiert. Ziel ist es, durch Automatisierung die Dokumentations- und Abrechnungsprozesse effizienter zu gestalten und den Praxisalltag erheblich zu erleichtern.

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Fast Track und Prähabilitation – warum wir neue Konzepte brauchen

Trotz kontinuierlicher Innovationen im Bereich der operativen Hüft- und Knie-Endoprothetik (u. a. minderinvasive Zugänge, neuartige Gleichpaarungen, Prothesentypen, Navigation/Robotik, KI) sind weitere Outcome-Verbesserungen nur noch begrenzt zu realisieren. Die erwarteten Optimierungs-Potentiale liegen hier bei nur noch ca. 2–3 %. Dies ist vor allem den bereits jetzt sehr hohen Erfolgsraten dieser
operativen Verfahren zuzuschreiben.

Folgende Fragen stehen daher aktuell im Raum:

  • Lassen sich durch eine strukturierten Prähabilitation vor einer Prothesenimplantation und einer optimierten perioperativen Therapie weitere Verbesserungspotentiale erzielen?
  • Zu welchem Zeitpunkt beginnt die eigentliche „Prähabilitation“ und welchen Zeitraum bzw. Intensität nimmt diese in zukünftigen Patientenpfaden ein?
  • Wie sollte idealerweise zwischen den allgemeinen konservativen Therapiemaßnahmen, den prähabilitativen Strategien und den direkt perioperativen Maßnahmen unterschieden
    werden?

Eine aktuelle Arbeit aus dem British Journal of Anaesthesiology (BJA) weist darauf hin, dass unter dem Begriff der Prähabilitation ein „Prozess gemeint ist, der sich von der Diagnose bis zur Operation erstreckt und aus einer oder mehreren präoperativen Maßnahmen in den Bereichen Bewegung, Ernährung, psychologische Strategien und Atemtraining“ besteht.

Welche „präoperativen Maßnahmen“ in den Prozess der Prähabilitation eingeschlossen werden, ist im Artikel beschrieben, nach Meinung der Autoren jedoch – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt – noch nicht abgeschlossen. Insbesondere, da neben den genannten Maßnahmen die Diskussion um andere positiv modulierende Faktoren (u. a. Traditionelle Chinesische Medizin, Manuelle Medizin, schlafregulierende Maßnahmen, Laborwerteoptimierung) gerade erst begonnen hat.

Dieser Artikel fokussiert sich daher vornehmlich auf die Themen der PRÄhabilitation, die in der Übersichtsarbeit im BJA bereits herausgearbeitet wurden. Den Stellenwert der Atmung werden wir zu einem anderen Zeitpunkt in der Info-Heftreihe des BVOU aufgreifen, dafür widmen sich zwei ergänzende Kapitel dieses Artikels dem des perioperativen Managements sowie dem Monitoring von Patientenpfaden zur Optimierung und/oder Unterstützung des operativen Outcomes.

Für die Bewegungstherapie zeigen aktuelle Arbeiten, dass die Prähabilitation aktuell vorwiegend in drei medizinischen Fachbereichen angewandt wird: Der Geriatrie, der Viszeralchirurgie und in unserem Fachgebiet. In O&U betrifft dies Untersuchungen zum Hüft- und Kniegelenkersatz, der vorderen Kreuzbandplastik, dem femoroacetabulären Impingement und lumbalen Wirbelsäulenoperationen.

Die Ziele der Bewegungstherapie sind hierbei:

a) die kardiopulmonalen, muskulären und funktionellen Kapazitäten des Patienten zu verbessern, um die körperliche Leistungsfähigkeit und vorhandene Reserven vor einer belastenden Operation zu steigern, Operationsrisiken zu minimieren und das individuelle „Outcome“ zu verbessern.

b) Es sollen positive Auswirkungen auf die postoperative Genesung generiert werden, sodass der Patient schneller und früher wieder leistungsfähig wird (weniger Krankheitstage, weniger Rehabilitationskosten, frühere Berufs-/Sportaufnahme, raschere Alltagsfähigkeit).

c) Es könnten zusätzliche positive Effekte wie z. B. ein geringerer (Schmerz-)Medikamentenverbrauch und eine größere Zufriedenheit nach der Operation möglich werden.

Bisher fehlen klare Standards hinsichtlich bewegungstherapeutischer Maßnahmen in den verschiedenen Anwendungsbereichen unter individueller Berücksichtigung von Art, Umfang, Intensität und Beginn. Meist werden Mischformen von Kraft-, Koordinations-, Ausdauer- und Beweglichkeitstraining zu unterschiedlichen Anteilen genutzt. Diese werden in manchen Studien durch eine Kombination von Therapien im Wasser sowie edukativen Maßnahmen (Modifikation von Risikofaktoren, Schmerz, Umgang mit Schmerz, Pathologie etc.) unterstützt.

In Hinblick auf die jeweilige Durchführung der einzelnen therapeutischen Maßnahmen fehlen bislang allgemeingültige Parameter zum internationalen Vergleich. In systematischen Reviews und RCTs findet man große Unterschiede vor allem hinsichtlich des Behandlungsbeginns, der Behandlungsdauer und -intensität, den Strukturen bzw. Organisationsformen sowie den allgemeinen Therapieansätzen. Aktuell fehlt ein internationaler Konsens, ob die Prähabilitation erst mit Beginn der Indikation zur Operation, bereits mit der ersten Diagnosestellung und/oder im Verlauf der ersten konservativen Therapie beginnen sollte. Für die Anwendedauer werden Zeiten zwischen 1–12 Wochen und für die Trainingsfrequenz Angaben von 1–5 Kontakten pro Woche genannt. Interventionen können hierbei sowohl als Individual- als auch Gruppenmaßnahmen stattfinden. Zur Optimierung spezifischer Anwendungskonzepte drängen in neuerer Zeit verstärkt Anbieter digitaler Gesundheitsanwendungen (DIGAs) auf den Markt und auch die „Telerehabilitation“ findet maßgebliche Unterstützer.

In der Gesamtschau konnten für die Bewegungstherapie als Bestandteil einer strukturierten Prähabilitation durchaus kurzfristige positive Effekte aufgezeigt werden, in mittel- und langfristigen Nachuntersuchungszeitraum sind diese Effekte allerdings weit weniger ausgeprägt als erhofft und in Teilen sogar kaum nachweisbar. Allein für das Kollektiv der hochbetagten und multimorbiden (sogenannten „Frailty“) Patienten sind die positiven Effekte und ökonomischen Vorteile einer strukturierten Bewegungstherapie im Rahmen der Prähabilitation beim Gelenkersatz bereits nachgewiesen.

Ernährung

Aktuelle Arbeiten weisen darauf hin, dass der präoperative Ernährungszustand ein nicht zu unterschätzender Faktor ist, um das Outcome – auch und gerade nach  Gelenkersatzoperationen – weiter zu verbessern. Während in der Viszeralchirurgie mehr
als ein Viertel aller Patienten die sich Tumoroperationen unterziehen müssen ein metabolisches Risiko – zumeist aufgrund eines Gewichtsverlusts aufweisen-, liegt bei Patienten vor Hüft- und Knie-TEP eher eine Fehlernährung mit begleitender Adipositas vor. Beispielhaft sei hier auf eine nicht selten auftretende Proteinmangelsituation trotz starkem Übergewicht hingewiesen. Der bekannte „BMI“ als international vergleichbarer Maßstab der Adipositas wird zudem in der neueren Literatur nicht völlig unkritisch gesehen und es werden Alterativen diskutiert.

Auch bei Patienten aus O&U stellt die Optimierung der präoperativen Protein- & Kohlenhydratzufuhr ein Schlüsselelement dar. Während ein präoperatives Ernährungsscreening mit Erfassung des Ernährungsstatus zu empfehlen ist, ist der Zeitpunkt des Beginns einer präoperativen Ernährungstherapie im Rahmen der strukturierten Prähabilitation noch in einer kritischen Diskussion.

Grundsätzlich wird hier der Gedanke verfolgt, dass die präoperative Ernährungssituation verbessert und ein Mangelzustand und/oder einer Fehlregulierung entgegengewirkt werden soll.

Folgende Strategien sind als Ziele einer personalisierten Ernährungsoptimierung im Rahmen einer strukturierten Prähabilitation bislang gefordert bzw. definiert:

a) die systemischen und lokalen Effekte die ein chirurgischer Stress auf das Immunsystem hat, sollen besser kontrolliert und gesteuert werden

b) die postoperative Genesung soll durch eine Optimierung der Voraussetzungen für eine raschere Wundheilung sowie lokaler und systemischer Regenerationsprozesse beschleunigt werden

Im Vordergrund steht hier die Komplikationsvermeidung und / oder –reduktion.

Die Evidenz der spezifischen Diagnostik von relevanten Ernährungsparametern durch Bestimmung von Laborwerten (z. B. präoperatives Serumalbumin, HbA1c, Vit D), einer bioelektrische Impedanz Analyse und der Erstellung eines „nutritions scores“ wie Sie die ESPEN (European Society for Clinical Nutrition and Metabolismen) etabliert hat, sind aktuell noch als schwach einzuordnen. Gleiches gilt für die Frage der erforderlichen
Substitution.

Die ESPEN Definitionen eines hohen metabolischen Risikos beim chirurgischen Patienten lauten:

  • Gewichtsverlust >10–15 % innerhalb von 6 Monaten,
  • BMI <18,5 kg/m2,
  • Subjective Global Assessment (SGA) C oder NRS >5 und
  • präoperatives Serumalbumin <30 g/l (nach Ausschluss Leberoder Niereninsuffizienz)

Die Definition der WHO in Bezug auf die „Schwellenwerte“ für unterernährte Patienten sind:

  • eine Serum-Gesamtlymphozytenzahl <1.500 Zellen/mm3,
  • eine Serum-Albuminkonzentration von <3,5 g/dl,
  • ein niedriger Serum-Präalbuminspiegel (< 10 mg/dL) und
  • ein Serumtransferrinspiegel <200 mg/dl

Beim Vorliegen eines der o. g. Faktoren sollte ein elektiver Gelenkersatz bis zu Korrektur des Ernährungsdefizits verschoben werden.

Aktuell liegt keine gute Evidenz für die Zusammensetzung einer mehrwöchigen präoperativen Ernährungstherapie vor. Eine über den Tag verteilte Proteinzufuhr von 1,2–1,5g/kg/Tag aus hochwertigen Proteinquellen wird in den ERAS (Enhanced Recovery after Surgery) Protokollen empfohlen, um sicherzustellen, dass der Proteinbedarf vor der Operation ausreichend gedeckt ist.

Neben der ausreichenden Proteinzufuhr sind im Focus neuerer Untersuchungen u. a. die Supplementation immunmodulierender Substrate wie Omega-3-Fettsäuren und auch
Mikronährstoffe (Vit. C, Vit. A, Zink) zu nennen, die eine nachweisliche Rolle bei der Wundheilung spielen. So kommt Vitamin C als Co-Faktor bei der Hydroxylierung der Aminosäuren Lysin und Prolin und bei der Ausbildung stabiler Kollagenfibrillen eine zentrale Rolle im Wundstoffwechsel zu.

Psychosoziale Unterstützung

Obwohl die Implantation von Hüft- und Kniegelenken in den meisten Kliniken sehr standardisiert abläuft und zur Routine geworden ist, findet die Tatsache, dass dieser Eingriff für einen großen Teil der Patienten ein sehr einschneidendes Lebensereignis darstellt immer noch kaum Berücksichtigung. Dies ist in Hinblick auf den Einfluss und die Effekte der psychischen Verfassung eines Patienten vor einer Operation (u. a. Depressive Stimmungslage, pathologische präoperative Angst) durchaus überraschend. Auch die Kostenträger haben diesen Aspekt bisher – zumindest nach Ansicht der Autoren – recht wenig berücksichtig.

Die Einstellung und Erwartungshaltung vor einem elektiven Eingriff differieren vielfach nicht unerheblich zwischen Patienten und Operateur. Die Zeit vor einem operativen Eingriff ist für den Patienten häufig von starken Gefühlen begleitet: Angst, Sorge, Niedergeschlagenheit und eine größere Verletzlichkeit auf der einen Seite und zugleich das Grundgefühl der Hoffnung auf der anderen Seite kennzeichnen seinen seelischen Zustand. Diese Gefühle findet sich in allen Patientenkollektiven, auch wenn keine definierte psychische Erkrankung besteht. Für das subjektive, vom Patienten wahrgenommene Ergebnis seiner Operation ist die präoperative Erwartung entscheidend. Es gilt hier das reale und erwartete Endergebnis und den Zeitverlauf der Operation möglichst realistisch darzustellen. Der rüstige Senior wird mit seiner Hüftprothese möglicherweise nicht mehr Tennis spielen können, entgegen seiner eigenen Erwartung. Hier besteht die Aufgabe der Prähabilitation darin, sich mit den Hoffnungen und Erwartungen des Patienten auseinanderzusetzen, um gemeinsam eine möglichst realistische Voraussage eines Operationsergebnisses zu ermöglichen, ohne die Aussicht auf ein dem Lebenskonzept des Patienten entsprechenden gutes Leben in Frage zu stellen. Dabei ist wichtig, über die zu erwartenden Verbesserungen der Lebensqualität zu sprechen, ohne auszublenden, dass es Funktionen und Fähigkeiten geben wird, die auch nach erfolgreicher Operation vermutlich nicht mehr erreichbar sind. Positive Ziele können helfen, die Motivation in der postoperativen Rehabilitation zu stärken, auch dann, wenn bestimmte Funktionen möglicherweise nicht vollständig wiederhergestellt werden können, aber eine gute Alltagsbewältigung durchaus wieder möglich sein wird. Ziel sollte es sein, den Patienten in der kürzest möglichen Zeit wieder in ein für ihn normales, adäquates Leben zurückführen zu können und damit auch die Ressourcen des Gesundheitssystems optimal einzusetzen – sowohl was die personellen wie auch die institutionellen Ressourcen betrifft. Die Basis jeder therapeutischen Arzt-Patientenbeziehung ist Vertrauen und eine realistische  Zuversicht. Dies gilt es in der Prähabilitation zu erreichen. Der Vermittler dieser Haltung ist der Arzt, der den therapeutischen Prozess – ob Operation oder konservative Behandlung – in seinen Einzelheiten kennt, der sich aber gleichzeitig in die Psyche des Patienten hineinversetzen kann und seine Ängste und Bedenken ernst nimmt. Der bedeutende Einflussfaktor der psychischen Verfassung vor einer Operation auf die Ergebnisse derselben sollte nach Ansicht der Autoren daher ein wesentlicher Bestandteil einer zukünftigen strukturierten Prähabilitation sein. Die Studienlage und Evidenz hierzu sind aktuell insgesamt noch als nicht ausreichend zu bezeichnen. Es wäre daher  wünschenswert die wissenschaftliche Analyse weiter zu stärken und bei klarerer Evidenz in der Folge der Psychosomatik in zukünftigen Patientenpfaden einen größeren Stellenwert einzuräumen. Idealerweise wird zukünftig die präoperative psychische Evaluation integraler Bestand neuartiger Patientenpfade sein.

Perioperatives Management bzw. Therapie:

In den letzten Jahren hat das Interesse zur Optimierung des perioperativen Managements in der Endoprothetik deutlich zugenommen. Als Ziele sind hier die Reduktion von Komplikationen und Ausfallraten, sowie die Verbesserung von Patientenabläufen genannt. Da es sich hier um recht neue Konzepte handelt, liegen hier nicht selten Überschneidung mit der strukturierten Prähabilitation vor. Das Komitee „perioperatives Management“ der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE) hat im letzten Jahr eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt und zu aktuellen Themen des perioperativen Management bei Hüft- und Knieprothesenimplantation Empfehlungen erarbeitet. Diese wurden in diesem Jahr in der Zeitschrift „die Orthopädie“ publiziert. In diesem Kurzbeitrag sollen einige der Hauptempfehlungen zusammengefasst werden.

Zur Reduktion der Rate an Infektionen nach Endoprothesenimplantation konnte herausgearbeitet werden, dass ein Abstand von mindestens 6 Wochen – besser 3 Monaten – nach einer intraartikulären Injektion (jedweder Art) bis zu einer geplanten Endoprothese gewährleistet sein sollte. Auch sollte nach einer Arthroskopie angestrebt werden eine Endoprothese erst mehrere Monate (6, besser 9) zu implantieren. Die Einhaltung dieser Vorgaben führt nicht nur zu einer Reduktion von Infektionen, sondern auch zu nachweislich besseren klinischen Ergebnissen.

Eine Metallentfernung sollte – falls sinnvoll möglich – zweizeitig erfolgen, da das einliegende Metall, häufig kontaminiert ist und somit ein erhöhtes Risiko für eine periprothetische Infektion darstellt.

Es konnte klar ausgearbeitet werden, dass eine perioperative Optimierung eines bereits diagnostizierten Diabetes mellitus zu einer Reduktion der internistischen Komplikationen und periprothetischen Infektionen führt. Vor einer elektiven Endoprothese empfiehlt die Arbeitsgruppe daher einen HbA1c Wert von unter 8 %.

Es ist schon seit längerem bekannt, dass Nikotinkonsum das Risiko vor allem für anästhesiologische perioperative Komplikationen erhöht. Die Arbeitsgruppe der AE konnte aufzeigen, dass eine Einstellung des Nikotinkonsums mindestens 4 Wochen vor der Operation bereits zu einer deutlichen Reduktion der periprothetischen Infektionen führt. Wenn das relative Risiko für eine Infektion beim Nichtraucher bei 1,0 liegt, liegt dieses
für einen Raucher bei 2,0 und für einen ehemaligen Raucher, der mindestens 4 Wochen vor der OP das Rauchen eingestellt hat, bei 1,5.

Zur Reduktion von allgemein-internistischen Komplikationen sollte der Alkoholkonsum ebenfalls deutlich reduziert, wenn nicht gar vollständig eingestellt werden. Diese Schlussfolgerung berücksichtig die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin aus 2024, welche erstmalig keine Minimaldosis von Alkohol aufführen konnte, welche als gesundheitlich unbedenklich eingeschätzt wird.

Obwohl die Transfusionsrate bei primären Endoprothesenimplantationen in den letzten Jahren deutlich reduziert werden konnte, liegt der sogenannte „hidden blood loss“ bei der Implantation einer Endoprothese im Durchschnitt immer noch bei knapp unter 1000 ml. In der Konsequenz sollte deshalb auch für die Patientengruppe der primären Endoprothese in den Kliniken ein sogenanntes „patient blood management“ etabliert sein, um Patienten mit einer Anämie zu identifizieren und gegebenenfalls einer präoperativen spezifischen und individuellen Therapie zuzuführen.

Die sorgfältige Vorbereitung der Haut vor der Operation ist ein weiterer Baustein zur Reduktion der Komplikationen bei der Endoprothesenimplantation (u. a. Infektionen). Das Komitee der AE empfiehlt hier ein sogenanntes „Precleaning“ mit Chlorhexidin oder Octenidin vor der Operation. Auch die Art der Rasur sollte beachtet werden, die Arbeitsgruppe empfiehlt hier nur ein Kürzen der Haare und keine vollständige Rasur.

Die Rate an Patienten mit Adipositas oder morbider Adipositas, bei denen die Indikation zur Endoprothetik besteht nimmt auch in Deutschland stetig zu. Dieses Thema ist komplex, weil die Infektionsrate bei Patienten schon ab einem BMI von über 30 ansteigt und bei einem BMI von über 40 weiter erhöht ist. Für die Hüftendoprothetik zeigen einige Arbeiten sogar eine bis zu 4-fach Steigerung an Infekten bei diesen Patientenkollektiven. Dennoch zeigen neuere Arbeiten, dass gerade diese Patienten in gleichem Ausmaß wie normgewichtigem Patienten vom Gelenkersatz profitieren. Hier muss zukünftig eine differenzierte Indikationsstellung und ggf. eine präoperative Risikostratefizierung erfolgen, eine Optimierung der Risikofaktoren ist zweifellos obligat.

Es überrascht ein wenig, dass aktuelle Studien mit stark übergewichtigen Patienten sowohl bei einer Gewichtsabnahme mit konservativen Methoden, wie auch durch die bariatrische Chirurgie das Komplikationsrisiko bei diesem selektiven Patientengut nicht reduziert. Eine Ursache könnte darin begründet sein, dass es durch diese Maßnahmen zu einer Mangelernährung kommt. Auch leiden viele adipöse Patienten unter einer sogenannten „paradoxen Mangelernährung“ (siehe oben), da sie sich häufig sehr fettreich ernähren aber einen Mangel an Vitaminen und Proteinen aufweisen. Es gilt also gerade bei diesen Patienten – vermutlich wie bei allen anderen Endoprothesenpatienten – die Ernährung präoperativ zu optimieren. Zu welchem Zeitpunkt hiermit begonnen werden soll und welche Parameter bestimmt bzw. optimiert werden soll bleibt aktuell noch offen. Die Arbeitsgruppe der AE und auch andere Arbeitsgruppen konnten aufzeigen, dass eine Mangelernährung, oder schon allein ein Vitamin- D-Mangel das Risiko für perioperative Komplikationen erhöht. Der Justierung des Vit. D Spiegels ist daher präoperativ eine besondere Beachtung zu schenken.

Monitoring:

Ein häufiges Problem in der klinischen Umsetzung von Prähabilitationsprogrammen ist neben der Finanzierung auch die infrastrukturelle Umsetzung, das Sicherstellen der Patientencompliance und der Erhalt objektiver Daten. Eine in der Regel 6- bis 8-wöchige präoperative ärztliche und / oder therapeutische Betreuung ist in der Praxis oder Klinik kaum realisierbar und bisher auch nicht finanzierbar. Eine mögliche Lösung bieten hier digitale Therapie- und Edukationsansätze, die es den Patienten ermöglichen, Maßnahmen jederzeit im häuslichen oder auch klinischen Umfeld anzuwenden. Aktuelle Arbeiten konnten aufzeigen, dass Patienten digitale Trainingsvarianten gegenüber der herkömmlichen Therapie beim Physiotherapeuten vorzogen. Durch Kombination mit Inertialsensoren können zudem objektive Bewegungsdaten erfasst und dem Behandler sowie ggf. direkt zum Feedback für Patienten genutzt werden.

Die „International Prehabilitation and Perioperative Exercise Testing Society“ (iPOETTS, London) weist darauf hin, dass digitale Lösungen der Schlüssel zur Verbesserung elektiver chirurgischer Eingriffe sein können. Sie plädieren dafür, dass alle Patienten Zugang zu einer sogenannten „OP-Schule“ haben sollten – entweder persönlich, per Fernzugriff oder in hybrider Form. Insbesondere zur Bewältigung von Risikofaktoren für Komplikationen wie dem Rauchen, einem übermäßigen Alkoholkonsum und dem Übergewicht werden zunehmend App-basierte Programme angeboten. Der tatsächliche Effekt dieser Maßnahmen muss jedoch noch in entsprechenden Studien untersucht werden.

Zusammenfassend kann aber zum jetzigen Zeitpunkt bereits festgehalten werden, dass digitale Prähabilitationsprogramme im Vergleich zur konventionellen Vorbereitung ohne Intervention zu einer Verkürzung des Krankenhausaufenthalts und zu einem besseren Allgemeinzustand bei der Entlassung in der Interventionsgruppe führen. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die Patienten frei entscheiden konnten, welchem Behandlungsarm sie zugeordnet werden wollten, wodurch ein „Motivations-Bias“ nicht ausgeschlossen werden kann.

Zusammenfassung:

  • Optimierungspotentiale der modernen elektiven Hüft- und Knieendoprothetik sind sowohl in einer strukturierten Prähabilitation wie auch verbesserten perioperativen Diagnostik und Therapie zu sehen
  • Eine klare Definition und Abgrenzung der Prähabilitation von rein perioperativen und / oder konservativen Therapieformen ist ebenso sinnvoll wie eine Bestimmung von Anwendezeiten und Anwendeintensität um eine internationale Vergleichbarkeit
    möglich werden zu lassen
  • Die Bedeutung und die Effekte einer reduzierten psychischen Verfassung eines Patienten vor einer Operation ist in einigen guten Studien bereits aufgezeigt – eine  Auseinandersetzung mit diesem Themenbereich wäre zukünftig wünschenswert
  • Welchen Stellenwert der Ernährungsoptimierung, der Labordiagnostik, der Möglichkeit eines präoperativen genetischen „profilings“, weiteren konservativen Therapieformen (u. a. TCM, MM, Hypnose, Schlafregulierung) sowie vor allem der Psyche und des digitalen Gesundheitsmanagements zukommt bleibt vorerst abzuwarten.
  • Digitale und/oder additive telemedizinische Anwendungen werden zukünftig unzweifelhaft an Bedeutung gewinnen

Literatur bei den Verfassern

 

Ambulante Endoprothetik in den USA – der Blick hinter die Kulissen

Erste Schritte in die kurzstationäre Endoprothetik:

Schon seit meiner ersten Fellowship in den USA im Jahre 1999, war die Aufnahme des Patienten am Tag der Operation Standard am Hospital for Special Surgery in New York. Die in Deutschland noch damals gültige Regel zur stationären Aufnahme am Tag vor der Operation war in den USA schon damals kein Standard mehr. Die Ursache dafür ist am ehesten in der Organisation der ambulanten Versorgung in den USA zu suchen. In den USA ist der Operateur in der Regel auch der Einweiser. Das heißt, er kennt den Patienten schon von der vorherigen konservativen Behandlung und den daraus resultierenden Praxisbesuchen, sodass eine Aufnahme am Tag vor der Operation zur Indikationsprüfung nicht notwendig ist. Ist erst einmal die Aufnahme am Tag vor der Operation aus orthopädischer Sicht nicht mehr notwendig, dann bleibt nur sicherzustellen, dass der Patient medizinisch adäquat abgeklärt wurde und eine entsprechende Optimierung veranlasst wurde. Dafür sind am Hospital for Special Surgery sogenannte „Hospitalists“ zuständig, die als Allgemeinmediziner oder in der Regel als Facharzt für Innere Medizin alle Patienten vor der Operation für den entsprechenden Eingriff beurteilen und auch während des Krankenhausaufenthaltes für die medizinischen Belange des Patienten zuständig sind. Wichtig ist, dass wir für Endoprothesenoperationen und andere größere Eingriffe diese „medical clearance“ durch unsere Ärzte vornehmen lassen. Bei allen kleineren Eingriffen erfolgt die prästationäre Beurteilung durch den Hausarzt. Mit der zunehmenden ambulanten Versorgung werden auch in den USA zunehmend die Hausärzte hier eine stärkere Rolle spielen. Darüber hinaus ist die Minimale Verweildauer (MVD), wie sie im deutschen System etabliert ist, den Amerikanern fremd. Die MVD ist ein klassisch bürokratisches Instrument. Sie suggeriert, dass ein gewisser stationärer Aufenthalt notwendig ist, um eine qualitativ hochwertige Versorgung, die eine volle Fallpauschale rechtfertigt, zu ermöglichen. Darüber hinaus setzen die Abschläge, die Versicherungen bei kürzeren Aufenthalten verlangen, keine wirklichen Inzentiven, den Krankenhausaufenthalt zu verkürzen. Die Fallpauschale überbewertet die Kosten für den stationären Aufenthalt. Im Gegensatz zu den USA ist in Deutschland deshalb ein kürzerer stationärer Aufenthalt unter der minimalen Verweildauer eher unrentabel. Mit amerikanischem Blickwinkel würde man argumentieren, dass definierte Verweildauern und zusätzliche Prüfungen durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen die Effizienz des deutschen Systems momentan hemmen. In Amerika erfolgte die Zahlung der vollen Fallpauschale für viele Jahre unabhängig von der Verweildauer. Das System sSetzte unentwegt finanzielle Anreize, die Verweildauer Schritt für Schritt zu senken. So hat sich in den vergangenen 18 Jahren meiner selbständigen Tätigkeit die Verweildauer von anfangs vier Tagen für Hüftprothesen und fünf Tagen für Knieprothesen auf heute unter einem Tag für beide Eingriffe verringert hat. Diese relevante Verkürzung der Verweildauer hatte bis vor kurzem keinen Einfluss auf das gezahlte Honorar. Somit gab es in den USA jahrzehntelang Anreize für Endoprothetiker, die Verweildauer zu senken. Erst als die Senkung der Verweildauer zu einem flächendeckenden, erhöhten Angebot ambulanter Operationen geführt hatte, wurde sukzessive auch das Krankenhausentgelt reduziert. Diese Anreize haben schon früh dazu geführt, dass Behandlungspfade, so genannte „Therapie-Pathways“, etabliert wurden, um die perioperative Betreuung und postoperative Therapie zu standardisieren. Große Anstrengungen wurden in den letzten Jahren unternommen, um wissenschaftlich zu untersuchen, welche Thromboseprophylaxe, Schmerztherapie und Rehabilitation es ermöglicht den stationären Aufenthalt zu verkürzen. Im Ergebnis haben wir in den USA während der letzten 20 Jahre eine kontinuierliche Verkürzung des stationären Aufenthaltes erlebt und es war nur eine Frage der Zeit, dass die Endoprothetik der Hüfte und des Kniegelenks auch ambulant durchgeführt wurde. Der größte „Push“ kam während der Covid-Pandemie, als sowohl die Interessen US-amerikanischer Chirurgen, durch einen kürzen Krankenhausaufenthalt Kosten zu reduzieren und den persönlichen Gewinn aus der Operation zu erhöhen, und der Wunsch des Patienten, das Covid-Infektionsrisiko durch einen möglichst kurzen Krankenhausaufenthalt zu minimieren, zu steigenden ambulanten Fallzahlen in den USA geführt haben. Diese beidseitige Motivation machte es erst möglich, Vorbehalte amerikanischer Patienten nachhaltig zu überwinden und die ambulante Endoprothetik im großen Stil in den USA einzuführen.

In den USA sind ambulante und kurz stationäre Versorgungskonzepte in der Endoprothetik mittlerweile Standard. Für die Umsetzung des Konzeptes in Deutschland wäre der erste Schritt die Abschaffung der minimalen Verweildauer ohne Reduktion der Fallpauschale.
Dr. Friedrich Böttner

Stationäre Rehabilitation – Bundled Payment Programme:

In den USA wurden in den letzten zehn Jahren verschiedene sogenannte „Bundled Payment Programme“ etabliert. Das Ziel war, die gesamte Therapie, die im Rahmen einer Prothesenimplantation notwendig ist, also nicht nur die Operation und der darauffolgende akute stationäre Aufenthalt, sondern auch die präoperative Optimierung und die postoperative Rehabilitation zu einer gebündelten Zahlung zusammenzufassen und Kliniken und Ärzte an den Kosteneinsparungen zu beteiligen. Versicherer haben zudem dann noch einen gesunden Wettbewerb unter den Leistungserbringern angeregt, indem sie den Versorgern, die unterdurchschnittliche Kosten verursachten, zusätzlich einen Bonus zahlen. Diese Anreize führten zu einer weiteren Optimierung des stationären Aufenthaltes. Da die postoperative Rehabilitation Teil der Therapiekosten ist, wurde zu dieser Zeit auch hinterfragt, welche Rehabilitationsmaßnahmen wirklich notwendig sind. Relativ früh wurde klar, dass eine stationäre Rehabilitation zu keinem besseren Outcome beitrug.

Beispiele für Bundled Payment Programme in den USA:
1. Bundled Payments for Care Improvement (BPCI)
  • Einführung: Dieses Programm wurde 2012 von den Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) ins Leben gerufen.
  • Struktur: Es handelt sich um ein freiwilliges Programm, bei dem Anbieter Zahlungsvereinbarungen treffen, die sowohl finanzielle als auch leistungsbezogene Verantwortung für Behandlungsabschnitte umfassen. Der Ersatz von Gelenken der unteren Extremität war eines der am häufigsten gewählte Bündel.
2. Comprehensive Care for Joint Replacement (CJR)
  • Einführung: Dieses Programm wurde 2016 von den Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) eingeführt.
  • Struktur: Das war ein verpflichtendes Programm für Krankenhäuser in ausgewählten Regionen und konzentriert sich auf Bundled Payment Zahlungen für Knie- und Hüftgelenksersatzoperationen.
  • Ziel: Das Programm soll die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, Ärzten und Anbietern der Nachsorge fördern, um die Qualität und Koordination der Versorgung zu verbessern.
Auswirkungen und Kosteneinsparungen:

Erfahrungen des Baptist Health Systems (BHS):

Zwischen Juli 2008 und Juni 2015 konnte BHS eine Reduktion der Gesamtkosten je komplikationslose Medicare Behandlung um 20,8 % verzeichnen. Dies entspricht einer Einsparung von 5.577 USD pro endoprothetischer Versorgung. Die Kostensenkungen wurden vor allem durch geringere Implantatkosten und reduzierte Nutzung von stationärer Rehabilitation und Pflegeeinrichtungen erreicht.
Studie der RAND Corporation:
Bundled Payment Programme mit Patientenanreizen führten zu einer durchschnittlichen Reduktion der Gesamtkosten pro Eingriff um 4.229 USD (10,7 %). Patienten konnten zudem durchschnittlich 27,7 % ihrer Eigenkosten einsparen, was einer Reduktion von 498 USD entspricht.
Beurteilung des Erfolgs des Medicare-CJR-Modells:
In den ersten zwei Jahren (2016–2017) resultierte das CJR-Modell in durchschnittlichen Einsparungen von 812 USD pro Gelenkersatzverfahren, was einer Kostensenkung von 3,1 % im Vergleich zu traditionellen Zahlungsmodellen entsprach. Wichtig ist, dass keine Erhöhung der Komplikationsraten festgestellt wurde, was darauf hinweist, dass die Kostensenkungen nicht zu Lasten der Patientenversorgung gingen.

 

Die Bundled Payment Programme in den USA haben gezeigt, dass eine stationäre Rehabilitation für die meisten Patienten nach einer Endoprothesenimplantation nicht notwendig ist. Das Gros der Kostenreduktion in diesen Programmen erfolgte in den USA somit durch Reduktion der Implantatkosten und durch Einsparungen in der stationären Rehabilitation. In der frühen postoperativen Phase werden die Patienten in den USA oft von ambulanten Physiotherapeuten zuhause betreut. In der Regel sollten diese am Tag nach der Operation den Patienten besuchen und dann in der Folgezeit 1–2 Mal in der Woche den Therapiefortschritt begleiten. Bei entsprechendem Bedarf stehen auch Haushaltshilfen und ambulante Krankenschwestern für die Betreuung zu Hause zur Verfügung. Nach Meinung des Autors führt eine stationäre Rehabilitation nach Knie- und Hüftendoprothese nicht unbedingt zu einem besseren Therapieergebnis, sondern kann durch eine zu intensive Beübung sogar nachteilig sein. Leider setzt das deutsche System hier oft noch die falschen finanziellen Anreize. Es macht sicher keinen Sinn, das Knie eines Patienten nach Knieprothese durch bis zu acht verschiedene Anwendungen am Tag während einer stationären Reha zu überstrapazieren. Wir denken oft, dass nicht genug Geld im System ist, aber in Wirklichkeit hätten die Akutkliniken, die für die operative Versorgung verantwortlich sind, eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung, wenn Geld aus der stationären Rehabilitation in die operative Therapie und die ambulante Rehabilitation umgeleitet werden würde. Dies ist aber gerade in Deutschland auch nicht nur ein politisches Problem, sondern eben auch ein kulturelles. Es ist inzwischen tief in den Köpfen der Patienten verankert, dass eine stationäre Rehabilitation nach einer Endoprothese notwendig ist und man diesen Anspruch auch vehement einfordern muss.

Ambulante Operationszentren – der Einfluss staatlicher Regulation:

Die Möglichkeit für Operateure und Praxen ihre eigenen ambulanten Operationszentren zu gründen und damit den gesamten Behandlungsablauf zu kontrollieren und damit auch von der verbesserten Effizienz direkt finanziell zu profitieren war eine wichtige Motivation für die rasante Zunahme der ambulanten Endoprothesenoperationen. In den USA sind „Certificate of Need“ (CON)-Gesetze staatliche Regulierungen, die vorschreiben, dass Gesundheitsdienstleister vor der Eröffnung oder Erweiterung von Einrichtungen eine Genehmigung einholen müssen, um den Bedarf nachzuweisen. Diese Gesetze betreffen häufig die Gründung von ambulanten Operationszentren (Ambulatory Surgery Centers, ASCs). Derzeit haben 35 Bundesstaaten und der District of Columbia CON-Gesetze, wobei die spezifischen Anforderungen variieren. In einigen Staaten gelten diese Gesetze nicht für ambulante Operationszentren, während in anderen eine Genehmigung erforderlich ist. Beispielsweise benötigen ambulante Operationszentren in 23 Staaten eine CON-Genehmigung, was die Gründung neuer Zentren erschwert. Studien zeigen, dass Staaten mit strengen CON-Gesetzen tendenziell weniger ambulante Operationszentren pro Kopf haben. In Staaten ohne CON-Gesetze gibt es durchschnittlich 1,96 ambulante Operationszentren pro 100.000 Einwohner, während Staaten mit CON-Beschränkungen für ASCs durchschnittlich nur 1,57 ASCs pro 100.000 Einwohner aufweisen. So gibt es in dem Bundestaat Maryland mit relativen freizügigen Gesetzen, die die Gründung von ambulanten Operationszentren erleichtern, 5,54 ambulante Operationszentren pro 100.000 Einwohner, während es in New York nur 0,73 gibt. Die Einschränkungen durch CON-Gesetze begrenzen derzeit in einigen Bundesstaaten den Wettbewerb und damit den Zugang zu kostengünstigen ambulanten Operationen. In den USA zeigt sich, dass derartige Einschränkungen der beruflichen Freiheit von Ärzten negative Auswirkungen auf die zügige Erhöhung des Prozentsatzes ambulanter Operationen haben. So wie in Deutschland Kostenabschläge bei kurzstationären und ambulanten Endoprothetikoperationen Entwicklungen hin zu einer ambulanten Versorgung blockieren, so sind es in den USA derzeit Einschränkungen für Ärzte, ihre eigenen Operationszentren zu gründen. Am Beispiel ambulanter Operationen kann man gut verstehen, dass manche Eingriffe des Gesetzgebers ein Hemmnis für die ökonomische Weiterentwicklung der Medizin sein können. Aus den Erfahrungen des Autors im US-amerikanischen Gesundheitssystem zeigt sich, dass der Versuch, Krankenhäuser in ihrem Status als alleinige Versorgungseinrichtungen für die Erbringung endoprothetischer Leistungen zu schützen, die Entwicklung hin zu kostengünstiger, ambulanter Versorgung in den USA behindert hat. Wichtig ist es auch, dass größere wirtschaftliche Freiheiten immer auch durch eine bessere Qualitätskontrolle abgesichert werden.

Covid und die ambulante Endoprothetik:

Die COVID-19-Pandemie hat die Einführung ambulanter Knie- und Hüftendoprothetik in den USA rasant beschleunigt. Während der Pandemie wurden elektive Operationen, einschließlich totaler Gelenkersatzverfahren, landesweit ausgesetzt, was zu einem deutlichen Rückgang der Operationszahlen führte. So sank das Volumen elektiver Hüft- und Knieendoprothesenoperationen im Jahr 2020 auf 48 % des jährlichen Durchschnitts der Vorjahre. Um den Zugang zur Versorgung aufrechtzuerhalten, wurde ein verstärkter Übergang von stationären zu ambulanten Operationen beobachtet. Der Anteil der ambulant durchgeführten Hüft- und Knieendoprothesen stieg von 1 % vor der Pandemie auf 39 % bzw. 36 % im Jahr 2022. Zum Teil wurde diese Verschiebung aktiv durch Gesetze der Bundesstaaten ermöglicht, da elektive Eingriffe aus Gründen des Infektionsschutzes nur ambulant gestattet waren, auch um stationäre Betten für Patienten mit einer COVID-Infektion freizuhalten. Darüber hinaus gab es auch politische Veränderungen, wie das Streichen einer Hüftendoprothesen-OP von der „Medicare-Inpatient-Only-Liste“, was die Ambulantisierung der Endoprothetik in den USA erleichterte oder zum Teil auch erst ermöglichte. Retrospektiv blieben Komplikationsraten dabei stabil und die Versorgungsqualität bei ambulanten Endoprothesen während der Pandemie unbeeinträchtigt. Diese Entwicklungen stellen auch etablierte Kliniken, wie das Hospital for Special Surgery, die primär sich auf die stationäre Versorgung fokussiert haben, vor erhebliche Probleme. Wurden 2019 noch 93 % der primären Endoprothesen als „in-patient“ abgerechnet, so werden dies 2025 nur noch etwa 17 % sein. Da inzwischen auch in den USA deutlich geringere Entgelte für ambulante Operationen gezahlt werden, hat das zu erheblichen finanziellen Einbußen für Kliniken geführt und wird langfristig den Trend zu ambulanten Operationszentren weiter verstärken.

Zusammenfassung:

In den USA sind ambulante und kurz stationäre Versorgungskonzepte in der Endoprothetik mittlerweile Standard. Für die Umsetzung des Konzeptes in Deutschland wäre der erste Schritt die Abschaffung der minimalen Verweildauer ohne Reduktion der Fallpauschale. Dieser einfache Schritt würde kurzfristig nicht nur generelle Anreize schaffen, den stationären Aufenthalt zu verkürzen, sondern würde auch die Instrumentalisierung des medizinischen Dienstes als bürokratische Zwangsjacke der Kliniken eliminieren. Aus der Sicht des Autors ist es wichtig, dass Fachgesellschaften und Versicherungen gleichermaßen klarstellen, dass die Länge des stationären Aufenthaltes nicht ein Maßstab der Qualität der Versorgung ist. Begleitend müssen aber auch nach US-amerikanischem Vorbild adäquate ambulante Nachsorgestrukturen etabliert werden. In Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland derzeit die Höhe der Fallpauschale de facto jährlich nicht adäquat angepasst wird und/oder sogar trotz steigender Personal- und Sachkosten gesenkt wird, könnten ambulante Konzepte in der Endoprothetik Kliniken und Ärzten einen Anreiz bieten, durch Effizienz und Optimierung der Versorgung weiter wirtschaftlich profitabel zu bleiben. Eine solche Anpassung sollte auch in Deutschland schrittweise erfolgen, um die sichere Versorgung der Patienten auch in Zukunft zu garantieren.

Die Literatur finden Sie unter www.bvou.net im entsprechenden
Themendossier zum Heft.

Hip-in-a-Day

Der Hüftgelenkersatz ist eine der am häufigsten durchgeführten Operationen in Deutschland. Allein im EPRD wurden im Jahr 2023 für Deutschland 177.826 Primäroperationen an der Hüfte gemeldet. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Hüft-TEP-Chirurgie enorm weiterentwickelt und verbessert.

Neue Implantatdesigns (Kurzschäfte), CAD-unterstützte präoperative Planungssoftware oder robotische Unterstützung sollten zu einer Verbesserung der Qualität und daraus resultierend auch zu einer kürzeren Verweildauer führen. Damit verbunden wurde auch die durchschnittliche Verweildauer (DVD) nach Hüftgelenkersatz verkürzt. Jedoch nur unwesentlich und viel zu wenig im Verhältnis zum betriebenen Aufwand. So war die DVD nach H-TEP in Deutschland im Jahr 2010 etwa 12 Tage, in 2017 10,2 Tage und in 2019 9,5 Tage und damit in Deutschland wesentlich höher als in vergleichbaren OECD-Ländern.

Seit dem Jahr 2010 haben wir das Rapid Recovery Programm® (ZimmerBiomet) in unserer Klinik GPR etabliert, ein firmenunterstütztes Fast-Track Programm*. Wir konnten dadurch die stationäre Verweildauer im Jahr 2020 auf durchschnittlich 3,8 Tage bei ca. 400 Patienten verkürzen. Im Jahr 2024 haben unsere H-TEP Patienten eine durchschnittliche post-OP Verweildauer von 2,8 Tagen. Strategisches Ziel war dabei eine Verbesserung der Patientenprozesse in der Klinik mit dem gleichzeitigen Wunsch, die Liegezeit zu verkürzen. Von relevanter Bedeutung ist dabei die Erreichung der Entlassungsziele für den Patienten in möglichst geringer Zeit. Siehe Entlassungsziele Tabelle 1.

Seit September 2015 bieten wir das sogenannte ‚Hip-in-a-Day‘ Programm. Dieses Fast-Track Programm beinhaltet eine tagesklinische Hüft-TEP Operation eines gut vorbereiteten und explizit ausgewählten Patienten mit interdisziplinärer Versorgung.

Ziel von Hip-in-a-Day ist es, den Patienten innerhalb von 24 Stunden nach Hause zu entlassen, um die Möglichkeit zu haben, sich im gewohnten Umfeld und nicht im Krankenhaus weiter zu erholen. Dadurch soll erreicht werden, dass der Patient nach der Operation möglichst schnell in seinen normalen Alltag zurückkehren kann und dass es dadurch zu Einsparungen im Gesundheitssystem und zu Entlastungen vor allem im Pflegebereich kommen kann.

Die Autoren möchten an dieser Stelle ihre Erfahrungen teilen, Vor-, Nachteile und Rückschläge des Implementierens sowie ‚lessons learned‘ des Hip-in-a-Day Fast-Track und der Ambulantisierung aufzeigen.

Von der Fast-Track Einführung zur tagesklinischen OP:

Grundvoraussetzung für die Durchführung einer tagesklinischen Hüft-TEP ist die vollständige Implementierung eines Fast-Track Programmes innerhalb der Klinik. Es gibt verschiedene Programmsysteme am Markt, die alle unter dem Oberbegriff ERAS (Enhanced Recovery after Surgery) subsummiert werden. In unserem Haus wurde mit Beginn im Jahre 2010 das Rapid-Recovery Programm implementiert und stringent weiterentwickelt. Neben einer Primärzertifizierung wurden regelmäßige interdisziplinäre Re-Audits durchgeführt.

Die wesentlichen Elemente eines Fast-Track Programmes:

  1. Regelmäßige interdisziplinäre Sitzungen, zu Beginn in vierwöchigem Abstand, später in jedem Quartal des Jahres (Steuerungsgruppe).
  2. Konsequente Kommunikation auf Augenhöhe aller Berufsgruppen unter besonderer Berücksichtigung des anästhesiologischen/chirurgischen Verhältnisses.
  3. Konsequente Durchführung einer Patientenschulung sowohl vor Ort als auch in digitalem Format (während Covid Pandemie).
  4. Anwendung einer muskelschonenden OP-Technik sowie einer schonenden Anästhesieform.
  5. Postoperative mulimodale Schmerztherapie (Tab. 2).
  6. Gabe von 20mg Dexamethason intraoperativ als Antiphlogistikum, Antiemetikum mit Co-analgetischer Wirkung und mit euphorisierender Co-Wirkung.
  7. Konsequenter Verzicht auf Redon-Drainagen, Blasenkatheter und sonstiges Schlauchwerk‘.
  8. Kalorien- und Wärmemanagement im Aufwachraum.
  9. Sofortige Mobilisierung des Patienten noch im Aufwachraum
  10. Gemeinsames Arbeiten des gesamten Teams an der Erfüllung der Entlassungs-Kriterien (Tab. 1).

Vor- und Nachteile:

Wenn man die durchschnittlichen Liegezeiten bundesrepublikanischer Kliniken betrachtet, muss man feststellen, dass die Anzahl der Kliniken mit bereits fest etablierten Fast-Track Programmen noch sehr gering ist. Erfreulicherweise haben in den letzten Jahren auch universitäre Einheiten damit begonnen sich diesem Thema zu stellen. Sehr viele Erkenntnisse wurden im Rahmen der PROMISE Studie erhoben und haben ausschließlich die Vorteile eines solchen Programmes zu Evidenz gebracht.

Natürlich kostet es anfangs enormen energetischen Aufwand die Geschäftsführung einer Klinik sowie die einzelnen Berufsgruppen innerhalb der Klinik für ein solches Programm zu begeistern. Nur mit dem Konsens aller Beteiligten kann eine erfolgreiche Implementierung stattfinden. Neben der primären Bestandsaufnahme der innerklinischen Prozesse bedarf es einer externen Betreuung durch eine coachingartige Führung der Gruppe sowie verschiedener aushäusiger Hospitationen in bereits etablierten Fast-Track Häusern.

Der inhaltliche Zugewinn eines solchen Aufwandes und die in der Regel erhebliche Straffung einzelner Prozesse überwiegt bei Weitem den initialen Aufwand. Grundsätzlich gilt: ein Fast-Track Programm ist ein dynamischer, selbstlernender Dauerprozess und kein statischer Akt.

Im Mittelpunkt des gesamten Prozesses steht jederzeit der betroffene Patient. Alle um ihn herumlaufenden Prozesse dienen seinem individuellen Wohlbefinden.

Ziel des Programmes ist die Wiedererlangung des Patientenautonomie in kürzest möglicher Zeit und die Nutzung stationärer Infrastruktur nur für absolut notwendige Maßnahmen (Multimorbidität, Überwachungspflicht).

Durch die Weiterentwicklung der Fast-Track Prozesse sind wir im Jahr 2015 in der Lage gewesen, bisher ausschließlich stationäre H-TEPs auch tagesklinisch durchzuführen, inspiriert im Besonderen von den Kollegen Stephan Vehmeijer aus Delft, NL sowie von Hendrik Kehlet aus Kopenhagen, DK.

Wichtig war hier eine besonders gute Vorbereitung der Patienten, eine gute Patientenauswahl (hohe Compliance) und ein gut vorbereitetes häusliches Umfeld. In der von uns zuvor publizierten Arbeit erkennt man eine hohe Patientenzufriedenheit und eine sehr niedrige Komplikations- und Risikenrate (Tab. 3).

Rückschläge und ‚lessons learned‘:

In den Jahren 2016 bis 2019 haben wir mit großer Euphorie Patienten für eine tagesklinische OP vorbereitet und diese durchgeführt. Die Ergebnisse waren durchweg positiv und konnten 2020 in „Die Orthopädie, Springer“ (ehemals „Der Orthopäde“) veröffentlicht werden. Wir hatten eine einzige Wiederaufnahme am 6. postoperativen Tag zu verzeichnen, bedingt durch eine Komplikation der Pfanne. Bis dato (Dez. 2024) hatte kein Patient eine nosokomiale Infektion erworben, wenn er mit Hip-in-a-Day versorgt worden ist. Die ausgewählten Patienten waren gut vorbereitet und mit dem nötigen „Mindset“ für eine solche Prozedur ausgestattet. Beispielhaft für einen solchen Patientenpfad haben wir 2017 ein Video erstellt, das den Weg des Patienten an einem solchen Tag nachzeichnet (YouTube: Hip-in-a-Day).

Bedauerlicherweise gibt das deutsche DRG-Abrechnungssystem eine kostenäquivalente Darstellung bis zum heutigen Tage nicht her. Der Nachteil hier ist, dass die „minimale Verweildauer“, die bei Hip-in-a-Day unterschritten ist, verursacht, dass eine Entlassung am gleichen Tag mit relevanten Abschlägen in Höhe von ca. 2.500 Euro pro Fall einhergeht.

Wir haben deshalb ausschließlich Patienten im Rahmen der integrierten Versorgung tagesklinisch operiert, da in diesem Abrechnungssystem keine Untergrenze der Verweildauer definiert ist und somit keine Abschläge stattgefunden haben.

Erfreulicherweise haben aber alle operierten Patienten von diesem System profitiert, da die Mobilisierungsgeschwindigkeit für alle erhöht wurde und eine Entlassung am ersten oder zweiten postoperativen Tag für die Mehrheit unserer Patienten möglich ist. Faktisch gibt es keinen Grund, irgendeinen Patienten nicht in den Fast-Track Pfad zu integrieren, alle profitieren von der deutlich geringeren Katabolie. Erste Applikationen in unserem Hause für Patienten mit proximalen Femurfrakturen zeigen ebenso vielversprechende Ergebnisse.

Insgesamt haben wir bis dato über 150 ausgewählte Patienten mit Hip-in-a-Day tagesklinisch versorgt.

Fast-Track und Ambulantisierung:

Neben unserer eigenen Begeisterung für Fast-Track Programme sind diese in vielfältiger Weise in der internationalen Literatur untersucht. Mittlerweile wird nicht mehr geprüft, ob der Patient am OP-Tag entlassungsfähig ist, sondern die Anzahl der Stunden bis zur Entlassung wird gemessen. Sehr interessant aus gesundheitsökonomischen Aspekten ist die Arbeit von Laura Skopec et al. (4/2024). Die Autoren haben in ihrer qualitativen Studie die Versorgungsprozesse bei Hüftgelenkersatz in den Vereinigten Staaten und sechs Ländern mit hohem Einkommen (u. a. Deutschland) untersucht. Im Vergleich zu den anderen Ländern mit hohem Einkommen haben sie herausgefunden, dass die Vereinigten Staaten effizientere Versorgungsprozesse entwickelten, die oft eine Entlassung am selben OP-Tag ermöglichen. Im Gegensatz dazu bleiben H-TEP Patienten in Deutschland 7 bis 9 Tage im Krankenhaus und rund 90 % aller Patienten erhalten eine 2- bis 3-wöchige stationäre Rehabilitation im Anschluss an die Entlassung. Die Kosten pro H-TEP in den USA liegen jedoch trotz der deutlich geringeren Anzahl an stationären Tagen weit über denen anderer Länder.

Neben unseren eigenen sehr guten klinischen Erfahrungen mit dem tagesklinischen Gelenkersatz möchten wir in besonderer Weise auf eine weitere Arbeit von Benedikt Simon et al. von 2023 hinweisen, die sich mit der Versorgungsrealität endoprothetischer Hüft-Versorgungen in den USA und in Deutschland beschäftigt haben und dabei die Behandlungsprozesse zweier großer Patientengruppen verglichen haben.

Es wurde die Versorgung von ca. 46.000 Hüftgelenksarthrose-Patienten in Deutschland (alle AOK-versichert) mit einer US-amerikanischen Kohorte von ca. 11.400 Kaiser-Permanente-versicherten Hüft-Arthrotikern retrospektiv verglichen und dabei erhebliche Unterschiede in der Dauer des Krankenhausaufenthalts bei den Patienten und in den Ansätzen zur postakuten Versorgung festgestellt. Diese Studie beschränkte sich spezifisch auf Kaiser-Permanente-Patienten mit insgesamt 12,2 Mio. Versicherten aus den USA und AOK-Patienten mit insgesamt 26,5 Mio. Versicherten aus Deutschland, und zwar von 2016 bis einschließlich 2020. Im Jahr 2020 hatten die 11.400 US-amerikanischen Hüft-Patienten eine durchschnittliche post-OP DVD von 0,6 Tagen, davon waren ca. 71 % Patienten, die noch am OP-Tag entlassen worden sind. In 2016 waren es nur 7,4 %, die noch am OP-Tag entlassen worden sind. In Deutschland hingegen war die durchschnittliche DVD der 46.000 H-TEP-operierten AOK-Patienten 10 Tage.

Simon et al. berichten über eine niedrigere Komplikationsrate, wobei der Elixhauser Comorbidity Index Score der amerikanischen Kohorte 6,9 betrug, gegenüber der deutschen Kohorte, die einen EC-Index von 5,0 aufwies.

Wie bei der Betrachtung von Kohorten in zwei Gesundheitssystemen zu erwarten, zeigten die beiden Hüft-TEP-Populationen in diesem Beitrag signifikante Unterschiede, sollten nach Meinung der Autoren aber dennoch grundsätzlich im Hinblick auf die vergleichsweise lange Klinikaufenthaltsdauer der AOK-Patienten zu denken geben.

Aufgrund der guten Erfahrung der Autorengruppe mit dem dargelegten Vorgehen erscheint es uns nicht plausibel, internistisch unauffällige Patienten nach einer Endoprothese über eine Woche in stationärer Behandlung zu behalten.

Nach unseren Erfahrungen der letzten 10 Jahre als zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum im GPR Rüsselsheim mit über 4.000 Hüft-TEP-OPs sehen wir für eine ausgewählte Patientengruppe durchaus die Möglichkeit einer stationären Verweildauer von 3–5 Tagen, in besonderen Fällen auch mit der Option, Patienten tagesklinisch zu versorgen. Die Autorengruppe um Simon et al. schätzt dabei das Einsparpotenzial in Deutschland auf 1,5 Millionen Primärklinik-Liegetage und 3,5 Millionen Rehaklinik-Tage.

Zusammenfassung:

Wir konnten in den letzten Jahren zeigen, dass „Hip-in-a-Day“ auch in Deutschland gut und zufriedenstellend durchführbar ist. Voraussetzung dafür ist ein gut etabliertes Fast-Track-Programm nach dem Motto: „First better, then faster“!

Eine gute Vorbereitung des Patienten und neue Konzepte der Ambulantisierung sind auch in der Endoprothetik erforderlich. Es bestehen dabei, nach unserer Erfahrung mit dem dargelegten Vorgehen, keine höheren Risiken für die Patienten.

Nach Meinung der Autoren könnte eine Reduzierung der Liegezeit auch in Deutschland in spezialisierten Zentren flächendeckend angestrebt werden. Dies würde bedeuten, dass sich Wartezeiten schnell reduzieren ließen und potenziell mehr H-TEP-Patienten pro Jahr operativ versorgt werden könnten. Es gibt keinen medizinischen Grund, den Patienten länger in der Klinik zu behalten, und zwar nachdem er die Entlassungskriterien erfüllen konnte. Nach unseren Erfahrungen erreichen unsere tagesklinischen H-TEP-Patienten in der Regel die Entlassungskriterien entweder noch am selben Tag der OP (nach ca. 8–10 Stunden) oder aber nach 1 bis 3 Tagen. Dies sollte dann der Tag der Entlassung sein.

Digitale Endoprothetik und Fast-Track

Fast Track ist in der Endoprothetik an vielen Zentren mittlerweile zum Standard geworden. Seit Einführung des Behandlungskonzeptes, das gezielt auf die Minimierung von perioperativem Stress, schneller Mobilisierung und zeitnaher Wiederherstellung der vollen Funktionalität abzielt, hat sich dem Grunde nach nicht viel geändert.

Das Fast-Track-Konzept ist weiterhin analog: die Patienten werden vor der Operation vor Ort geschult, während der Operation werden minimalinvasive Techniken und lokale Infiltrationen angewendet, und postoperativ wird großer Wert auf die ambulante oder stationäre Rehabilitation gelegt. Der Fokus vieler Konzepte zielt dabei primär auf die stationäre Verweildauer ab. Gleichzeitig befinden wir uns im digitalen Wandel des Gesundheitssystems. An vielen Kliniken sind digitale Patientenakten sowie navigations- oder robotergestützte Assistenzsysteme in der Chirurgie bereits Standard. Auch in den perioperativen Abläufen für das Fast Track Konzept hat die digitale Welt noch viel mehr zu bieten, um die Behandlung der Patienten weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten.

Telerehabilitation und Bewegungsanalyse für den beschleunigten Genesungsprozess

Das Potential der Fast-Track Telerehabilitation für die Endoprothetik wurde beispielhaft mit dem „Virtual Exercise Rehabilitation Assistant“ (VERA) des Unternehmens Reflexion Health aus San Diego/USA wissenschaftlich untersucht.1, 2 Die Firma nutzte dabei das ursprünglich für die Videospielkonsolen Xbox entwickelte „Kinect System“ von Microsoft zur Echtzeit-Erkennung von Körperhaltung und -bewegung. Auf Basis dieser Technologie können Bewegungen und Bewegungsmuster in einer virtuellen Umgebung analysiert und dem Patienten auf einem Bildschirm im heimischen Wohnzimmer angezeigt werden. Patienten erhielten in einer frühen, postoperativen Phase nach künstlichem Knieersatz ein therapeutisch freigegebenes, virtuelles Physiotherapieprogramm zur täglichen Durchführung vor dem System. Die Bewegungsdurchführung und der Trainingsablauf wurde dabei vom Kinect System live kontrolliert (Abb. 1, Abb. 2).

In einer prospektiv, randomisiert-kontrollierten Studie mit evidenzbasierter Analyse war die patientenzentrierte Knierehabilitation bei 143 Patienten in der virtuellen Physiotherapiegruppe mindestens genauso erfolgreich wie mit klassischer Physiotherapie – verbunden mit einer deutlichen Kostenersparnis. Fortschritte bei diesem sogenannte „motion capture“ Verfahren haben in den letzten Jahren einen beeindruckenden Verlauf genommen. Anfänglich mussten noch aufwändig reflektierende Markerkugeln am gesamten Patienten fixiert werden, um über Kamerasysteme Bewegungsmuster zur Datenverarbeitung in einen Computer einzuspielen. Diese Methoden wurden in den letzten Jahren erheblich vereinfacht, so dass aktuell nur aufgrund von Videos, erstellt durch ein Kamerasystem oder auch nur dem persönlichen Smartphone, Bewegungsanalysen durchgeführt werden können (Abb. 3). Somit können postoperative Fortschritte in der Rehabilitation auch aus der Ferne durch den behandelnden Arzt oder Physiotherapeut beobachtet werden, das Therapieprogramm lässt sich so anpassen und der Rehabilitationsprozess individualisiert steuern.2 Digitalisierte telemedizinische Betreuung wird zukünftig gerade im Rahmen von Fast-Track und ambulantisierten Konzepten in Deutschland deshalb an Bedeutung gewinnen.3–5 Schon heute nehmen nach endoprothetischem Gelenkersatz tagesstationäre und ambulante Nachbehandlungskonzepte stetig zu, der Kostendruck im Gesundheitswesen wird auch die Rehabilitationsmedizin weiter herausfordern. Autoren von wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Telerehabilitation berichten in diesem Kontext auch über Nebeneffekte, wie beispielsweise eine verringerte Anzahl von ungeplanten Wiedervorstellungen oder gar Rehospitalisierungen durch eine engmaschige telemedizinische Betreuung.1, 6, 7 Studienteilnehmer in den USA empfanden dabei den Verzicht auf Fahrten zu Therapieterminen, eine flexiblere Zeiteinteilung und das „beruhigende Gefühl“, auch zu Hause gut betreut zu sein als hilfreich. Weiterentwicklungen in diesem Bereich werden zukünftig mitdenkende Systeme sein, die mit Hilfe der vielzitierten künstlichen Intelligenz (KI) Übungsprogramme autonom in Abstimmung mit den analysierten Bewegungsmuster und den Fortschritten im Rehabilitationsverlauf personalisieren und an den individuellen Fortschritt anpassen. Die Integration von Wearables mit Vernetzung von telerehabilitativen Bewegungsdaten mit Vitaldaten wie Herzfrequenz oder Schlafmuster könnte zudem zukünftig die Betreuung der Patienten zusätzlich verbessern und so frühzeitig auch erste Hinweise auf mögliche unerwünschte Ereignisse im prä- und poststationären Verlauf liefern.8, 9

Intelligente Implantate mit integrierter Sensorik für personalisiertes Feedback

Durch die zunehmende Digitalisierung in der Endoprothetik erleben mittlerweile auch sensorische Implantate eine Renaissance. Schon Ende der 80er Jahre wurden miniaturisierte Telemetriesender mit wenigen Messkanälen für einen Hüftendoprothese von Georg Bergmann und Kollegen in Berlin entwickelt und bei mehreren Patienten eingesetzt. Neue Forschungsansätze gehen nun einige Schritte weiter und wollen nicht nur Größe und Richtung der im Gelenk wirkenden Kraft messen, sondern auch prädiktive Anzeige dafür liefern, ob ein Implantat festsitzt oder gelockert ist. Schon vor einigen Jahren erhielt der US-amerikanische Endoprothesenhersteller Zimmer Biomet für eine „smarte“ Knieprothese mit integrierter Sensortechnologie die erste so genannte De-Novo-Zulassung, d. h. eine Zulassung eines Produkts, für das es kein vergleichbares Vorgängerprodukt gibt. Das System ist in Europa (noch) nicht verfügbar, aktuell werden durch das instrumentierte Implantatsystem kinematische Mobilitätsdaten (z. B. Bewegungsumfang, Schrittlänge, Gehgeschwindigkeit, Schrittfrequenz, Distanz uvm.) aus dem künstlichen Patientenknie gesammelt und an eine cloudbasierte Plattform übermittelt, die den Datenschutzregularien nach US-amerikanischen Gesetz untersteht und dort vom Patienten und medizinischem Fachpersonal abgerufen werden können. In den Anwendungsländern fließen diese Echtzeitdaten bereits heute in die Rehabilitationsplanung ein und erlauben so ein höheres Maß an Individualisierung und personalisierter Nachbehandlung. Patienten sollen anhand dieser Daten zukünftig im Rahmen von „maßgeschneiderten“ (tailored) Fast-track Konzepten im Gegensatz zu den noch heute gängigen „Standard Fast-track Konzepten“ (one-sizefits-all) präziser und mit größerer Effizienz gesteuert werden. Trotz dieser verheißungsvollen Zukunftsperspektive sind, mit Fokus auf Patientensicherheit, aus Sicht der Autoren aber zwei Spannungsfelder in der Entwicklung smarter Implantate bislang noch nicht durchgängig gelöst: zum einen müssen während der mittlerweile sehr hohen Lebensdauer, z. B. eines künstlichen
Hüftschaftes, die eingebauten Messsensoren kontinuierlich mit ausreichender Spannung versorgt werden. Bei diesem als „Energy Harvesting“ beschriebenen Vorgang gibt es erfolgversprechende Ansätze mit Piezo Elementen, um mechanische Energie, die beim Laufen oder Gehen entsteht, in elektrische Spannung umzuwandeln. Gleichzeitig darf, trotz Integration von Piezo-Keramik, Sensorik und Elektronik die Primärstabilität, Haltbarkeit und das ossäre Adaptationsverhalten der digitalisierten Prothesensysteme nicht gefährdet werden. Aus Alltagsbewegungen und -belastungen gewonnene Daten könnten zudem zukünftig zu einer Art „Rückkopplungsschleife“ für digitalisierte Operationstechniken mithilfe von Navigation, Robotik und Co. werden. Als „lernende Systeme“ bieten computerassistierte Operationsverfahren die einzigartige Perspektive,
sich mit Datenanalysen aus smarten Implantaten zu vernetzen, und so die Anzahl von Revisionsoperationen aufgrund ungünstiger Operationstechniken und mangelhafter Ausrichtung von Prothesenkomponenten zu reduzieren.10

Vernetzte Patientenbetreuung durch Smartwatches und Apps – Die digitale Schnittstelle zum Patienten

Patienten und Behandler können insbesondere in der Fast-Track- Endoprothetik und ambulantisierten Versorgungskonzepten mit geringer postoperativ-stationärer Verweildauer über digitale Plattformen, Smartphones, Smartwatches und entsprechende Apps vernetzt bleiben.

Ein Beispiel hierfür ist die Plattform mymobility® (Zimmer Biomet). Das System nutzt iPhone und Apple Watch, um Patientendaten kontinuierlich zu erfassen und diese dem behandelnden Team in der Cloud zur Verfügung zu stellen.11–13 Die Anwendung stellt präoperativ z. B. Informationsmaterial zur Vorbereitung, Übungsanleitungen und Checklisten für den Klinikaufenthalt bereit. Postoperativ erinnert sie an die Einnahme von Medikamenten und notwendige Trainings und ermöglicht die Dokumentation von Schmerzintensität und funktionellem Status.12

Patienten müssen sich bei Nutzung allerdings über eine durchgängige Datenerhebung und Rückkopplung bewusst sein: So zeichnet das Smartphone und die Uhr beispielsweise Schrittzahlen, Gehgeschwindigkeit und Ruhe- und Belastungspulse auf. Die mymobility-App führt diese Informationen mit patientenseitig eingegebenen Messwerten und Fragebögen zusammen und führt einen statistischen Vergleich der Patientendaten mit einer Referenzgruppe durch. Durch dieses Monitoring soll sich die zeitgemäße Rekonvaleszenz und mögliche Komplikationen im Verlauf früher erkennen lassen.13

Die Plattform wurde in einer prospektiven randomisiertkontrollierten, multizentrischen Studie mit insgesamt 452 Patienten nach Knie TEP (244 in der Kontrollgruppe, 208 in der Interventionsgruppe) untersucht.12 Dabei erreichten Patienten nach Nutzung der digitalen Plattform vergleichbare klinische Ergebnisse wie die Patientengruppe mit traditioneller Physiotherapie. Die Rate an stationären Notaufnahmen, die im ambulantisierten Endoprothese Konzept der USA nicht ungewöhnlich ist, wurde dabei verringert (2,5 % vs. 8,2 %).

Wearables für die Orthopädie – Potenziale der Apple Watch

Unter den Herstellern von Wearables hat sich besonders das US-amerikanische Technologieunternehmen Apple mit seiner Apple Watch etablieren können. Bereits viele Patienten können so präoperativ kontinuierlich Aktivitätsdaten aufzeichnen.14, 15

Neben Schritten, Herzfrequenz und Kalorienverbrauch können neuere Modelle anhand integrierter Algorithmen auch Gangparameter wie die Schrittlänge, die Gangasymmetrie oder die Geschwindigkeit beim Treppensteigen erfassen.16 Anhand dieser Daten lässt sich auch postoperativ beobachten, wie schnell der Patient sein vorheriges Niveau wieder erreicht bzw. übertrifft. Trotz großer Fortschritte in den technischen Möglichkeiten und der Erfassungsbreite der Sensorik der Wearables ist die Frage nach der klinischen Relevanz dieser Daten für die Orthopädie bislang noch ungeklärt. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation zwischen dem US-amerikanischen Unternehmen Apple und der Klinik für Orthopädie der Universität Regensburg/Bad Abbach gehen wir dieser Frage derzeit nach. Spezielle Patientendaten werden dabei durch eine Apple Watch perioperativ in der Fast Track Hüft- und Knieendoprothetik erfasst um beispielsweise prä- und postoperativ Bewegungsmuster sowie andere Sensor Parameter mit der patientenindividuellklinischen Situation abzugleichen (Abb. 4). Bei der in Deutschland nach unserer Kenntnis ersten Kooperation zwischen Apple und einer universitär-orthopädischen Einrichtung nimmt Apple keinen Einfluss auf die wissenschaftliche Planung oder Datenauswertung. Durch den persönlichen Austausch von Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe im Hauptquartier von Apple in Cupertino hatten wir die Gelegenheit, das Gesundheitsökosystem von Apple in Kalifornien kennenzulernen. In Erinnerung blieb dabei unter anderem auch, neben der wissenschaftlichen Diskussion, die Vision des dortigen Teams, zukünftig auch eine stärkere Verbindung zu muskuloskelettale Fragestellungen zu finden.

Patientenapps in der Fast Track Endoprothetik – Masse oder Klasse?

Inzwischen existieren eine ganze Reihe von Smartphone- Applikationen (Apps) zur Vorbereitung und Nachsorge für die Endoprothetik.

Ein aktueller systematischer Review identifizierte insgesamt 15 kostenlose Apps, die sich speziell an Patienten mit Hüft- oder Kniegelenksersatz richten.17 Die Autoren nutzten hierfür die sogenannte Mobile App Rating Scale (MARS), um Aspekte wie Bedienbarkeit, Ästhetik und Informationsgehalt zu bewerten. Dabei zeigte sich eine erhebliche Spannbreite hinsichtlich Qualität und Aussagekraft der Anwendungen. Während ausgewählte Apps umfangreiche Inhalte und ansprechende Nutzeroberflächen bieten, bemängeln die Autoren der Arbeit wissenschaftliche Fundierung und Interaktivität beim Großteil der Anwendungen.

Ziel der meisten Apps ist es, Patienten besser über ihren Eingriff und die anschließende Therapie zu informieren. So werden etwa präoperative Checklisten, interaktive Übungsvideos oder digitale Schmerztagebücher angeboten. Einige Apps, beispielsweise My Knee Guide (Empire Digital LLC, iOS) legen den Fokus auf Informationsmodule zum Operationsablauf und integrieren Kontaktadressen (nur für den US-Markt) für Krankenhäuser, Physiotherapeuten und Sanitätshäuser. Andere – wie beispielsweise myHip&Knee (Seamless Mobile Health Inc., iOS und Android) – lassen den Abruf von Trainingsplänen zu und bieten die Option im Austausch mit den Behandlern, persönliche Fortschritte zu dokumentieren und so den Genesungsverlauf aktiv mitzugestalten. Plattformen wie die Patient Journey App (Interactive Studios, iOS und Android) versuchen eine durchgängige Begleitung von der Indikationsstellung bis in die poststationäre Phase zu bieten. Hierzu lassen sich Informationen, Bilder, Videos sowie Push-Nachrichten und Fragebögen einspielen (Abb. 5).18

Mit Hospital Fit (Maastricht Instruments, iOS und Android) steht ein System zur Verfügung, das beispielhaft auch Daten von auf der Körperoberfläche angebrachten, einfachen Sensoren integriert und so ein direktes Feedback zum Bewegungsverhalten liefert.19

Wie Benignus und Kollegen in ihrem Beitrag hervorheben,3 kann der Einsatz von Patienten-Apps insbesondere in Fast-Track- Programmen sinnvoll sein. Eine Kernforderung ist, Patienten bereits während der Entwicklungsphase einzubinden, um Inhalte passgenau zu gestalten und die Akzeptanz zu erhöhen. Zudem empfiehlt es sich, die Anwendungen in bestehende Versorgungspfade zu integrieren, damit medizinische Fachkräfte gezielt auf die digital erfassten Daten zurückgreifen können. Die meisten derzeit verfügbaren Apps sind aber nur eingeschränkt evaluiert und eine klare Leitlinienempfehlung steht noch aus. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet im sogenannten DiGA-Verzeichnis bislang noch keine App mit explizitem Fokus auf endoprothetische Fragestellungen.3, 20 Dies unterstreicht das Potenzial für künftige Entwicklungen, aber auch die Notwendigkeit einer verbesserten Struktur, Sicherheit, Qualität und evidenzbasiertem Nutzen der Gesundheitsapps. Softwareentwickler alleine werden diese Herausforderung nicht bewältigen können. Es bedarf eine konsentierte Aktion mit dem Sachverstand von Entwicklern, orthopädischen Experten, dem Berufsverband und Kostenträgern.

Auch in den perioperativen Ablaufen für das Fast Track Konzept hat die digitale Welt noch viel mehr zu bieten, um die Behandlung der Patienten weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten.

Zukunftsperspektiven und Fazit: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung
in der Fast Track Endoprothetik

Bei aller Euphorie über die neuen digitalen Möglichkeiten bleiben Aspekte wie Datenschutz und Datensicherheit zentral.21 Patienten müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten nach anerkannten Standards verarbeitet und vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Ebenso stellt sich die Frage nach der Qualität der Algorithmen, wenn es um den Einsatz von KI-gestützten Diagnostik- oder Therapieempfehlungen geht. Transparenz über die Datengrundlagen und Entscheidungskriterien ist daher essenziell. Ethisch und gesellschaftspolitisch sind zudem die Themen Barrierefreiheit und digitale Teilhabe von Patienten noch ungelöst, nicht jeder Betroffene ist gleichermaßen technikaffin oder verfügt über die entsprechende technische Ausstattung.3, 22 Entscheidend bleibt die Akzeptanz durch Behandler: Schlussendlich geht es in Zeiten der knappen Ressourcen um eine realistische Einschätzung des Mehrwerts im Einzelfall. Ohne Gegenfinanzierung und Expertise, besteht die Gefahr, dass Systeme zum „technischen Selbstzweck“ verkommen, ohne den klinischen Alltag zu erleichtern.

Der Einsatz digitaler Lösungen wird im perioperativen Prozess (prä-/intra-/postoperativ) der Fast Track Endoprothetik weiter zunehmen. Eine enge Verzahnung von digitalen Navigations-/Robotik-, Wearable- und Klinikdaten, kombiniert mit lernfähigen Algorithmen bietet eine zukunftsweisende Perspektive für eine sichere, individuelle und effiziente Patientenbetreuung.22 Schon heute ließen sich postoperative Rehaverläufe noch exakter steuern, indem zum Beispiel auf Basis von Vitalparametern, Schrittfrequenzen oder Gangasymmetrien passgenaue Übungsprogramme zur Verfügung gestellt werden. Zukünftig dürften gerade KI-gestützte oder mit Wearables vernetzte Apps weitere Fortschritte ermöglichen. Ob sich diese Anwendungen letztlich im Klinikalltag etablieren und wie groß ihr Beitrag zur Qualitätssicherung in der Endoprothetik sein wird, bleibt Gegenstand weiterer Forschung. Fest steht, dass das Interesse an digitalen Tools im Sinne einer individualisierten, patientenzentrierten Nachsorge stetig wächst und sich mit fortschreitender Digitalisierung auch in Deutschland immer mehr Möglichkeiten eröffnen.

 

Die Literatur finden Sie unter www.bvou.net im entsprechenden
Themendossier zum Heft.

Schnell, schneller, am schnellsten?

Die moderne Endoprothetik gehört zu den Erfolgsgeschichten der deutschen Orthopädie. „Fast Track“-Verfahren mit beschleunigten Patientenpfaden, minimal-invasiven Zugangswegen, lokaler Schmerztherapie und computerassistierter Chirurgie haben in den letzten zehn Jahren zu einem Dogmenwechsel insbesondere in der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten nach Knie- und Hüftgelenkersatz beigetragen. Unmittelbare postoperative Mobilisation und schnellere Nachbehandlung führen zu einer relevanten Verkürzung der stationären Verweildauer, erfordern aber angepasste operative Verfahren und neue Konzepte der Prä- und Rehabilitation. In der aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklung mit dem Ruf nach mehr Ambulantisierung rückt auch die Endoprothetik zunehmend in den Fokus. In diesem Infobrief haben wir deshalb für Sie einen aktuellen Überblick mit Beiträgen von Meinungsbildnern und Pionieren auf diesem Gebiet zusammengestellt. So zum Beispiel Herrn Krieg, der als erster in Deutschland ambulante Endoprothetik durchgeführt und seine wissenschaftlichen Daten dazu bereits 2020 publiziert hat. Herr Kappenschneider schildert erstmalig evidenzbasierte Eindrücke aus eine prospektiv-randomisierten Untersuchung zum Nutzen der Speziellen Orthopädischen Geriatrie in der Fast-Track Endoprothetik. Herr Pagano stellt digitale Versorgungskonzepte für die Hüft- und Knieendoprothetik vor und berichtet über eine universitäre Kooperation in diesem Bereich mit dem US-Giganten Apple. Den Blick aus den USA übernimmt Herr Böttner mit seinem Beitrag zur dortigen ambulanten Endoprothetik und seiner Sicht auf dafür notwendige Veränderungen in der deutschen Versorgungsphilosophie. Herr Gatzka vom BVOU-Referat „Hüfte“ stellt eine interdisziplinäre Sicht auf die Prähabilitation dar, die bei immer kürzer werdenden stationären Verweildauern auch in Zukunft von besonderer Bedeutung sein wird.

Fast-Track Endoprothetik ist zu einem Erfolgskonzept geworden, kein Zweifel. Innovative digitale Verfahren werden den Prozess in Zukunft noch weiter verbessern. Bei der ambulanten Endoprothetik bleibt eine kritische Betrachtung und Abwägung der Risiken unerlässlich. Auch in Zeiten knapper Ressourcen und steigenden Kostendrucks sollten Versorgungsqualität und Patientensicherheit unsere Richtschnur bleiben. Flächendeckende Strukturen für eine spezialisierte ambulante Nachsorge durch Pflegekräfte und Physiotherapeuten, die solche Konzepte in anderen Ländern begleiten, fehlen in unserem Gesundheitssystem bislang. Nicht alles, was wir medizinischtechnisch anbieten können, ist auch für unsere Patienten von echtem Nutzen. Auch zu dieser Diskussion soll dieser Infobrief beitragen.

Allen Erst- und Koautoren sei an dieser Stelle herzlich für die hervorragenden Zusammenfassungen gedankt.

Der BVOU trifft sich, beim DKOU in Berlin!

Liebe Mitglieder des BVOU,

unter dem Motto FORTSCHRITT GEMEINSAM GESTALTEN werden beim DKOU 2025 aktuelle, bedeutende und kontroverse Themen vom 28. bis 31. Oktober live in Berlin diskutiert.

Helfen Sie mit, den kollegialen und interdisziplinären Austausch zu fördern:

  • Nutzen Sie die laufende Abstracteinreichung (bis 15.02.2025), um Ihrer Forschung und Ihrem Fachgebiet eine Bühne zu geben
  • Verwenden Sie die verfügbaren Grafiken und werden Sie DKOU Botschafter bzw. Botschafterin

Leiten Sie diese Infos weiter und machen Sie so Ihr gesamtes Netzwerk auf den DKOU 2025 aufmerksam!



Wir freuen uns auf den aktiven Austausch mit Ihnen!

Herzliche Grüße
Ihre Kongresspräsidenten 

Tennisarmbefreiung (mit Zimmer-Biomet JuggerKnot Anker)

Der Tennisarm ist eine häufige schmerzhafte Erkrankung, die den lateralen Epikondylus betrifft. Dabei handelt es sich um eine Tendinopathie des gemeinsamen Strecksehnenursprungs (der kombinierte Ansatz vieler Strecksehnen am lateralen Epikondylus des distalen Oberarmknochens), bei der es zu einer Degeneration kommt, die insbesondere die Enthesen (das spezialisierte Element der Sehne an der Stelle, an der sie in den Knochen eindringt), insbesondere die Sehne des Extensor carpi radialis brevis, betrifft.

Die gemeldete Prävalenz liegt zwischen 1-10%, wobei man im Allgemeinen davon ausgeht, dass sie in der Größenordnung von 3% liegt, wobei vor allem Personen in den 30er, 40er und 50er Jahren betroffen sind.

Obwohl sie als Tennisarm bezeichnet wird, kann die laterale Epicondylitis durch viele Aktivitäten ausgelöst werden. Sie entwickelt sich in der Regel allmählich, ohne dass es eine eindeutige „einmalige“ Verletzung gibt, obwohl Patienten nach einem Trauma, wie z.B. einem gewaltsamen Greifen oder Ziehen, Symptome entwickeln können. Die Schmerzen des Tennisarms beeinträchtigen viele Aktivitäten des täglichen Lebens, insbesondere Aufgaben, die eine Dorsalflexion des Handgelenks erfordern (da die Enthesis des Extensor Carpi Radialis Brevis vorherrschend ist), so dass Aktivitäten beeinträchtigt werden, bei denen man fest zupackt (was zwangsläufig eine Dorsalflexion des Handgelenks erfordert, um die Spannung in den Beugesehnen zu maximieren), und bei denen man das Handgelenk für längere Zeit in einer dorsal gebeugten Position hält (z. B. beim Tippen).

Bei vielen Patienten verschwindet der Tennisarm, auch wenn dies nur langsam geschehen kann. In den meisten Fällen tritt eine Besserung bis zum Verschwinden innerhalb von 6-24 Monaten ein, wobei 90% der Fälle innerhalb des ersten Jahres verschwinden. Nicht-chirurgische Maßnahmen sind wichtig und nützlich. Dazu gehört die Änderung der Aktivitäten (entweder die Vermeidung von Aktivitäten, die Schmerzen verursachen, oder die Suche nach Möglichkeiten, diese Aktivitäten angenehmer auszuführen, wie z.B. die Änderung des Griffs, d.h. die Verwendung eines Hakengriffs mit den Fingern anstelle eines Griffs, um Griffe von Gegenständen zu halten, die getragen werden; die Verwendung einer Handgelenkschiene, um das Handgelenk in Dorsalflexion zu halten, anstatt die Muskeln für Aufgaben wie das Tippen zu aktivieren.

Ein chirurgischer Eingriff zur Entfernung der degenerierten Sehne vom gemeinsamen Streckmuskelursprung und zur Förderung der Heilung der Sehnenansätze kann hilfreich sein, entweder mit oder ohne Reparatur/Rekonstruktion des gemeinsamen Streckmuskelursprungs. Die Operation und die Erholungsphase (3-6 Monate bei den meisten Patienten) führen bei 80-95% der Patienten zu guten und dauerhaften Verbesserungen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Operation bei einer Erkrankung durchgeführt wird, die sich bei den meisten Patienten von selbst zurückbildet. Da bei den meisten Patienten mit Tennisarm die Symptome innerhalb eines Jahres nach Beginn der Erkrankung abklingen, ist eine Operation in der Regel Patienten vorbehalten, bei denen die Symptome trotz geeigneter und angemessener nicht-chirurgischer Behandlungen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten nicht abklingen.

Autor: Chris Little FRCS (Tr & Orth)

Einrichtung: The Nuffiled Orthopaedic centre, Oxford, UK.

Clinicians should seek clarification on whether any implant demonstrated is licensed for use in their own country.

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Transfemorale Amputation (Malgaigne-Technik)

In den Vereinigten Staaten werden jedes Jahr etwa 150.000 Amputationen der unteren Gliedmaßen durchgeführt. Die häufigsten Ursachen für Amputationen sind Diabetes mellitus, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Neuropathie und Trauma. Das Ausmaß der Amputation bestimmt die Menge des verlorenen distalen Gewebes und die Möglichkeit, eine angemessene Knochenbedeckung zu erreichen. Es ist wichtig, dass bei der Behandlung von Patienten, für die eine Amputation der unteren Gliedmaßen in Frage kommt, ein interprofessioneller Ansatz gewählt wird.

Die Häufigkeit von Amputationen der unteren Gliedmaßen ist direkt proportional zur Häufigkeit von peripheren Arterienerkrankungen, Neuropathien und Weichteilsepsis. Diese Korrelation wird durch die zunehmende Inzidenz von Diabetes mellitus bestimmt, der in den Vereinigten Staaten für 82 % aller vaskulären Amputationen der unteren Gliedmaßen verantwortlich ist. Bei Patienten mit Diabetes mellitus ist die Wahrscheinlichkeit, eine Amputation zu erleiden, 30 Mal höher als bei Patienten ohne Diabetes. In 20 % der Fälle führt ein Unfall zu einer Amputation der unteren Gliedmaßen, insbesondere wenn der Unfall mit einer schweren Wundkontamination oder einem erheblichen Verlust von Weichteilgewebe verbunden ist. Bei bewaffneten Konflikten führen Explosionsverletzungen in etwa 90 % der Fälle zu einer Amputation, und die Amputation von Gliedmaßen ist die Ursache von 2 % der Todesfälle im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten.

Amputationen der unteren Gliedmaßen werden unterteilt in Amputationen des Oberschenkels, des Knies, des Unterschenkels und eine ganze Reihe von Knöchel- und Fußamputationen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Oberschenkelamputation nach einem Trauma. Dieser war eine Unterschenkelamputation vorausgegangen, die durch eine aufsteigende Infektion und mangelnde Blutversorgung kompliziert wurde.

In der Literatur gibt es eine Kontroverse über die optimale Amputationshöhe. Rene Baumgartner bevorzugt die niedrigstmögliche Amputationslinie und beschreibt die Amputation durch das Kniegelenk als funktionell besser im Vergleich zur Oberschenkelamputation. Andere Autoren beschreiben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Weichteil-, Gefäß- und Nervenkomplikationen nach einer Kniegelenksexartikulation im Vergleich zur Oberschenkelamputation. Dies ist wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen, dass es eine Reihe unterschiedlicher Techniken für das Kniegelenk gibt und daher wahrscheinlich auch eine Reihe unterschiedlicher Ergebnisse.

Der vorliegende Fall beschreibt die Situation einer traumatischen bilateralen Unterschenkelamputation nach einem Selbstmordversuch einer 90-jährigen Patientin, die vor einen Zug gesprungen war. Die Unterschenkelamputation wurde zunächst während der Erstbehandlung durchgeführt. Später entwickelte sich aufgrund von septischen Komplikationen und schlechter Weichteil- und Gefäßversorgung eine Nekrose, so dass der Oberschenkel amputiert werden musste. Die Exartikulation des Kniegelenks konnte bei dieser Patientin aufgrund ihres Alters und der schlechten Weichteil- und Vaskularisationsbedingungen nicht durchgeführt werden.

Wie bei jeder Amputation gilt auch beim Oberschenkel die Regel, dass um jeden Zentimeter gekämpft werden muss. Es ist klar, dass der klassische Stumpf mit guter Weichteildeckung erst ab einer Höhe erreicht werden kann, die ungefähr am Übergang vom distalen zum mittleren Drittel liegt. Längere Stümpfe sind aus anatomischen Gründen weniger gut mit Muskeln gepolstert und zeigen bei fortschreitender arterieller Verschlusskrankheit einen ungünstigen Verlauf.

In einer sehr guten Übersicht über die Ergebnisse von Amputationen der unteren Gliedmaßen analysierte Penn-Barwell 27 Studien mit 3105 Patienten. Das wichtigste Ergebnis dieser Studie war, dass 3/4 der Patienten mit Unterschenkel- oder Knieamputationen mit einer Prothese wieder gehen konnten, während dies nur bei 55% der Patienten mit Oberschenkelamputationen möglich war.

Bei der Anlage der beiden Lappen ist es äußerst wichtig, dass die Wunde möglichst ventral und nicht im Bereich der belasteten Zone liegt. Die Kanten des Oberschenkels können mit der oszillierenden Säge um etwa ein Drittel der Kortikalisdicke abgeschrägt werden, wobei darauf zu achten ist, dass keine „Speerspitze“ entsteht, d.h. nicht zu steil. Anschließend können Bohrlöcher gesetzt werden (2×2 durchgehende transkortikale Bohrlöcher mit einem 5-mm-Bohrer) und der Quadrizepsmuskel um den Oberschenkelknochen wird nach hinten geführt und fixiert (als transossäre Myopexie nach Burgess).

OrthOracle-Leser werden auch die folgenden verwandten Techniken von Interesse finden:

Transfemorale Amputation: Peripheres Chondrosarkom

Durch-Knie-Amputation mit Abdeckung der Fußsohle

Amputation unterhalb des Knies

Computernavigierte Hemipelvektomie bei Ewing-Sarkom

Navigierte Hemipelvektomie für Chondrosarkom und GraftJacket (Wright Medical) Rekonstruktion

Amputation des vorderen Viertels: Chondrosarkom des proximalen Oberarmknochens

Amputation des Hinterviertels: mit gestieltem Filetlappen bei Chondrosarkom des proximalen Oberschenkels

Amputation des hinteren Viertels: bei einem Weichteilsarkom des Beckens

Autor: Professor Peter Biberthaler MD.

Einrichtung: Technical University of Munich, Klinikum rechts der Isar, Munich, Germany.

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