Alle Beiträge von Lasse Walter

Knöchel-Arthrodese (Fusion): Arthroskopisch assistierte Knöchelfusion

Eine arthroskopische Fusion des Sprunggelenks hat wahrscheinlich durchweg die höchste Vereinigungsrate aller Techniken zur Fusion des Sprunggelenks. Im Vergleich zu offenen Techniken ist sie häufig mit geringeren kurzzeitigen postoperativen Schmerzen verbunden. Wenn die Knochenqualität gut ist, besteht auch die Möglichkeit, bei gefügigen Patienten frühzeitig mit einer begrenzten Belastung zu beginnen. Einheilungsraten von über 90% sind normal und ein Großteil der postoperativen Zeit kann aufgrund der inhärenten Stabilität der erhaltenen (im Gegensatz zu flach geschnittenen) Gelenkflächen in einem postoperativen Stiefel statt in einem Gips verbracht werden.

Die Technik ist besonders nützlich bei Fällen mit schlechter Weichteilqualität, wie z.B. bei Bereichen, die mit Hauttransplantaten oder verschiedenen plastischen chirurgischen Lappen bedeckt sind, sowie bei Patienten mit beeinträchtigter Wundheilungsfähigkeit, wie z.B. Diabetikern.

Es herrscht Uneinigkeit über den Einsatz bei erheblichen Deformitäten. Solange die Deformität passiv korrigiert werden kann, gibt es jedoch kaum Probleme bei der Anwendung dieser Technik. Selbst eine gewisse fixierte Deformität des arthritischen Knöchels kann durch eine differenzierte intraartikuläre Resektion/Präparation der angrenzenden Gelenkflächen korrigiert werden.

Bei Vorhandensein eines beweglichen kompensatorischen Mittel- und Rückfußes kann nach einer arthroskopischen Knöchelfusion ein normales oder weitgehend normales Gangbild erwartet werden. Die richtige Auswahl der Patienten ist wichtig und insbesondere bei Patienten mit vorbestehender subtalarer Arthrose oder Mittelfußarthrose, die sich in vielen Fällen verschlechtern wird, ist eine Fusion mit Vorsicht zu genießen. Diese Überlegungen gelten jedoch für jede Knöchelfusion, unabhängig von der Technik.

Man sollte mit der Technik der Knöchelarthroskopie vertraut sein, bevor man eine arthroskopische Knöchelfusion vornimmt:

Knöchelarthroskopie mit dem nicht-invasiven Knöcheldistraktor von Smith and Nephew Guhl

Alternative Techniken zur Versteifung des Sprunggelenks sollte ein Chirurg immer beherrschen. Beispiele finden Sie auf OrthOracle unter:

Knöchelfusion (Arthrodese): Transfibulärer Zugang mit AnkleFix 4.0 Platte (Zimmer-Biomet)

Knöchel-Arthrodese (Fusion): Transfibulärer Zugang

Knöchel-Fusion: Arthrex anteriore Knöchelfusionsplatte

Die folgenden Techniken sind ebenfalls von Interesse für die Leser:

Tibio-Talo-Calcaneale (TTC/Double )-Fusion mit Zimmer Ankle Fix plus Platte.

Tibio-Talo-Calcaneale (TTC/Doppel )Fusion mit der Integra Advansys Platte

Tibio-talo-calcaneale (TTC/Double )-Fusion mit Wright Valor Nagel.

Autor: Mark Herron FRCS.

Einrichtung: The Wellington Hospital, London, UK.

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Beckenfraktur: Minimalinvasive Fixierung mit Brain Lab 3D-Navigation

Beckenfrakturen treten in zwei großen Gruppen auf: bei jungen und älteren Menschen. Die jüngere Untergruppe besteht hauptsächlich aus männlichen Patienten, die Unfälle mit hoher Energiebelastung erlitten haben und eine gute Knochenqualität aufweisen. Diese Frakturen werden durch das AO-Klassifikationssystem genau charakterisiert. Die zweite Untergruppe umfasst ältere Patienten, die ein Trauma mit geringer Energie erlitten haben und eine schlechte Knochenqualität aufweisen. Diese osteoporotischen Frakturen des Beckens nehmen mit dem Alter der Bevölkerung zu und werden, obwohl sie gemeinsame Frakturmuster mit der Gruppe der hochenergetischen Frakturen aufweisen, im Hinblick auf ihre Behandlung eher als Fragilitätsfrakturen des Beckens (FFP) bezeichnet.

Bei jungen männlichen Polytraumapatienten deutet die Diastase des Iliosakralgelenks auf ein komplexeres und weniger stabiles Frakturmuster hin, während ihr Vorhandensein bei älteren Patienten mit Fragilitätsfrakturen eine weniger schwere Verletzung darstellt und die Verschiebung bei diesen Patienten oft minimal ist. Außerdem ist eine hämodynamische Instabilität bei diesen älteren Patienten mit geringerer Energie unwahrscheinlich und das primäre therapeutische Ziel bei dieser Art von Frakturen ist die Schmerzbehandlung und die frühe Mobilisierung. Gelegentlich verhindert eher der Schmerz als die Instabilität des Beckens eine Mobilisierung. In diesem Fall ist eine frühzeitige chirurgische Fixierung angezeigt.

Ich selbst bevorzuge einen minimalinvasiven Ansatz, der den Blutverlust und Weichteilkomplikationen reduziert, insbesondere in Situationen, in denen keine umfangreichen Repositionsmanöver erforderlich sind. Die klassische chirurgische Therapie für nicht dislozierte Frakturen ist das Einsetzen von Iliosakralschrauben, geführt durch Einlass-, Auslass- und echte seitliche fluoroskopische Projektionen des Beckens.

Suero et al. veröffentlichten 2021 eine Kadaverstudie in Injury, in der sie zeigten, dass eine einzelne PMMA-verstärkte SI-Schraube eine ähnliche biomechanische Stabilität aufweist wie zwei unverstärkte S1/2-Schrauben. In Anbetracht des Risikos einer neuroforaminalen Verletzung mit jeder verwendeten Sakralschraube zeigt dies, wie wichtig es ist, eine adäquate chirurgische Fixierung mit einer einzigen zementierten Schraube auf jeder Seite anstelle von zwei zu erreichen.

Mears SC: Outcomes of displaced and nondisplaced pelvic and sacral fractures in older adults. J Am Geriatr Soc 2011, 59

Hopf JC: Perkutane iliosakrale Schraubenfixierung nach osteoporotischer hinterer Ringfraktur des Beckens reduziert die Schmerzen bei älteren Patienten signifikant. Injury, 2015, 46, 1631

OrthOracle-Leser werden auch die folgenden assoziierten Becken- und navigierten Operationstechniken von Interesse finden:

Iliosakralgelenksfusion, minimalinvasive Technik mit iFuse-Implantat.

Fixierung von Beckenfrakturen: Fixierung einer Iliosakralgelenksdiastase mit dem Brainlab Navigationssystem

Totaler Hüftgelenkersatz: Stryker Mako Roboter Trident Accolade Oberschenkelknochen und Trident Hüftpfanne (Stryker)

Totaler Knieersatz: Mako Triathlon robotergestützte Kreuzband-TKR (STRYKER)

Totaler Ersatz des Knies: MAKO robotischer Triathlon Kreuzbandersatz

Totaler Hüftgelenkersatz: Stryker MAKO roboterunterstützt mit Accolade II und Tritanium Implantaten.

Autor: Professor Peter Bieberthaler MD

Einrichtung: Technical University of Munich, Klinikum rechts der Isar, Munich, Germany.

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Cavo-varus Rückfußkorrektur: Wright Valor Nagel, dreifach durchtrennte Achillessehne und posteromediale Weichteilentlastung

Es gibt viele Lernpunkte, die Sie aus dieser Lehrtechnik mitnehmen können, einschließlich der Prinzipien der Rückfußdeformitätenkorrektur, der Technik einer posteromedialen Knöchelfreigabe und einer dreifachen Achillesfreigabe sowie der erfolgreichen Verwendung eines Wright Valor-Nagels.

Bei allen Korrekturen von Fuß- und Knöcheldeformitäten besteht das Ziel darin, nach dem Eingriff einen ausbalancierten (medio-lateral und anterior-posterior) Fuß zu haben, der in einer gewichtstragenden plantigraden Position sitzt und sich in der koronalen und sagittalen Ebene genau unter der Längsachse der Tibia befindet. Bei einer flexiblen Deformität kann dies passiv erreicht und die Korrektur mit einer geeigneten orthopädischen Versorgung stabilisiert werden, aber auch eine chirurgische Korrektur ist eine Indikation.

Es ist wichtig, die gesamte Gliedmaße zu beurteilen und sowohl das Ausmaß der Deformität, die sich nicht nur auf den Fuß und das Sprunggelenk beschränken muss, als auch das Ausmaß der Deformität zu bestimmen und festzustellen, ob die Deformitäten passiv korrigierbar sind oder nicht.

Bei der chirurgischen Behandlung einer Gliedmaße mit einer mehrstufigen Deformität gilt aus Sicht des Fuß- und Knöchelchirurgen der Grundsatz, dass zuerst die proximalen Deformitäten korrigiert werden sollten, bevor eine Korrektur des Fußes und des Knöchels vorgenommen wird. Bei der Korrektur eines Knöchels und Rückfußes wird dieser auf dem Tisch mit der langen Achse des Schienbeins ausgerichtet. Wenn diese von ihrer anatomischen Achse abweicht, kann die Ausrichtung der Korrektur an ihr zu einem verschmolzenen, aber defekten Knöchel- und Rückfußkomplex führen.

Der Wright Valor Rückfuß-Fusionsnagel hat verschiedene Vorteile. Einer davon sind die multiplanaren Schraubentrajektorien, ein anderer sein einfaches und effektives internes Kompressionssystem, das die Kompression der Gelenke durch den Nagel erleichtert. Der Valor-Nagel ist in zwei Durchmessern, 10 mm und 11,5 mm, und in Längen von 150-300 mm erhältlich. Dies ermöglicht die Verwendung des Nagels bei den meisten anatomischen Varianten der Tibia.

Das vielleicht einzigartigste Merkmal des Valor-Nagelsystems ist sein interner Kompressionsmechanismus, der nach der anfänglichen proximalen Verriegelung eingesetzt wird und die dynamische Kompression sowohl der Subtalar- als auch der Sprunggelenke vor der distalen Verriegelung ermöglicht.

Weitere Merkmale werden im Abschnitt über Implantate in dieser Technik besprochen.

Auch die folgenden OrthOracle-Techniken werden für Sie von Interesse sein:

Sprunggelenk und subtalare (doppelte) Fusion mit OrthoSolutions Oxbridge-Nagel

TTC (Doppelfusion) mit 4WEB Custom Talar Prothese und Oxbridge-Nagel (OrthoSolutions)

Tibio-Talo-Calcaneale (TTC/Doppelfusion) Fusion unter Verwendung der Integra Advansys Platte

Tibio-Talo-Calcaneale (TTC/Doppel )Fusion unter Verwendung der Zimmer Ankle Fix plus Platte.

Tibio-Talo-Calcaneale (TTC/Double )Fusion mit der Integra Advansys Platte

Achillessehnenverlängerung: offen

Befreiung der Achillessehne und des hinteren Sprunggelenks bei schwerer Knöchelkontraktur.

Autor: Kartik Hariharan FRCS and Mark Herron FRCS

Einrichtung: OrthOracle & Aneuran Bevan University Health Board, Wales, UK.

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Facts4Fractures: Bildgebung in der Osteologie

Röntgen, DXA, MRT und CT spielen in der Diagnostik von Knochenstoffwechselerkrankungen eine wichtige Rolle. Doch wann ist welche Methode sinnvoll, und wie lassen sich die Befunde richtig interpretieren? Gerade bei komplexen Fällen ist eine gezielte Bildgebung entscheidend, um eine frühzeitige Diagnose zu stellen und eine individuelle Behandlung einzuleiten.


Genau diesem Thema widmet sich Prof. Dr. med. Florian Barvencik im Online-Seminar „Bildgebende Verfahren bei Knochenstoffwechselerkrankungen“. Das aktuelle Seminar ist nun on demand verfügbar.


Die Veranstaltung ist Teil der digitalen Fortbildungsserie „Facts4Fractures“, die in diesem Jahr von der DGE-Akademie („Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Hormone & Stoffwechsel“) zertifiziert wurde. Neben den Online-Seminaren finden Sie auf www.Facts4Fractures.de auch Videos der vergangenen Seminare sowie verschiedene Informationsmaterialien – stets aktuell, praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert.


 

Bildgebende Verfahren bei Knochenstoffwechselerkrankungen


Referent:
Prof. Dr. med. Florian Barvencik, Hamburg
Moderator: Prof. Dr. med. Christopher Niedhart, Heinsberg
Veranstalter: med-kompakt, unterstützt von Alexion

Das nächste Online-Seminar steht bereits fest:

12. November 2025
Endoprothetische Versorgung bei Störungen des Knochenstoffwechsels
Prof. Dr. med. Andreas Roth
 

 

 

Sie möchten up to date bleiben? Melden Sie sich auf www.Facts4Fractures.de/info für den Info-Service an und lassen Sie sich an kommende Seminare erinnern.


Sie haben die Seminare verpasst? Kein Problem! Alle Seminare sind im Nachgang verfügbar unter: www.Facts4Fractures.de
Die letzten Themen waren Komplexe Fälle der Osteoporose, Kraniosynostosen sowie Pseudarthrose und chirurgische Intervention.

 



 

Prof. Niedhart über Herausforderungen in der Orthopädie

 

Prof. Dr. med. Christopher Niedhart, Heinsberg

In der Orthopädie ist ein fundiertes Fachwissen entscheidend, da die richtige Diagnostik Grundlage für eine optimale Behandlung ist. Gerade bildgebende Verfahren spielen dabei oft eine zentrale Rolle. Weshalb es so wichtig ist, den diagnostischen Blick zu schärfen, dazu haben wir mit Prof. Dr. med. Christopher Niedhart aus Heinsberg, dem Moderator der CME-zertifizierten Fortbildungen, gesprochen.




Nicht übersehen: Wichtige Differenzialdiagnose der Osteoporose

Frakturen ohne adäquates Trauma – da denken erfahrene Orthopäd:innen natürlich direkt an Osteoporose. Doch manchmal kann diesem Symptom eine andere Ursache zugrunde liegen. Hypophosphatasie (HPP), eine Systemerkrankung, bei der unter anderem die Knochenmineralisierung gestört ist, kann leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden.[1],[2],[3]

Neben der Osteopenie sind typische Bildgebungsbefunde bei HPP Stressfrakturen, Frakturheilungsstörungen, insuffiziente Mineralisierung und Looser-Zonen (Pseudofrakturen), insbesondere an den langen Röhrenknochen.[4],[5]

Wichtig ist die Abgrenzung zu Osteoporose und Rachitis – insbesondere durch die Kombination aus Bildgebung, Klinik und Labordiagnostik. Der entscheidende Unterschied zwischen Osteoporose und HPP ist die zu niedrige Aktivität der alkalischen Phosphatase (AP) bei HPP.[6] Dabei sollten die geschlechts- und altersspezifischen Referenzwerte berücksichtigt werden.[7]

 

 

Ist es HPP? Nutzen Sie unseren Diagnosealgorithmus! 

Sie können den Algorithmus
hier herunterladen

Laborwerte im Kitteltaschenformat

Die Kitteltaschenkarte für Labordiagnostik ist Ihr praktischer Begleiter im Praxisalltag. Sie bietet aktuelle Referenzwerte des osteologischen Labors für Erwachsene – kompakt, übersichtlich und stets griffbereit. Besonders bei Störungen des Knochenstoffwechsels sind Blutwerte essenziell für eine präzise Diagnose.



Wie unterscheidet sich die Osteoporose von der erblichen Systemerkrankung HPP? Und welche Rolle spielt die Schmerzsymptomatik für Betroffene? Im Podcast „Let’s talk Osteo“ spricht Moderatorin Avan Sidiq mit Alboren Shtylla, Funktionsoberarzt und Spezialist für Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum Heidelberg. Freuen Sie sich auf fundierte Einblicke und praktische Tipps zur Differenzialdiagnose!



 

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Quellenverzeichnis:

[1] Leitlinie Osteoporose https://leitlinien.dv-osteologie.org/wp-content/uploads/2024/02/DVO-Leitlinie-zur-Diagnostik-und-Therapie-der-Osteoporose-Version-2.1.-2023-002.pdf (Zuletzt zugegriffen am 07. April 2025).

[2] Rockman-Greenberg C, Pediatr Endocrinol Rev. 2013; 10:380–388.

[3] Beck C et al., Open Bone J. 2009; 1:8–15.

[4] Whyte MP, Nat Rev Endocrinol 2016; 12:233–246.

[5] Conti F et al., Clin Cases Miner Bone Metab. 2017; 14(2):230–234.

[6] Ng E et al., Osteoporos Int. 2023 Feb; 34(2):327–337.

[7] Niederau CM, Böhm. BO, Klinikleitfaden Labordiagnostik. Available from: VitalSource Bookshelf, (7th Edition). Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, 2021.

*Referenzwerte können je nach Labor variieren

Orthobiologika in der Behandlung der Patellasehnen-Tendinitis

 

 

Artikel aus Zentralblatt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Tendinopathien der Patellasehne sind eine häufige Ursache für vorderen Knieschmerz bei Sportlerinnen und Sportlern. Sie tritt überwiegend in Sportarten auf, die Sprünge, Laufen und abrupte Richtungswechsel erfordern. Grundlegend werden hierfür wiederholte Mikrotraumata am unteren Pol der Patella angesehen. Hinzu kommt eine eingeschränkte Heilungsreaktion durch Abwesenheit von Entzündungszellen und fehlender  Regenerationsfähigkeit des betroffenen Sehnengewebes. Obwohl exzentrische Dehnübungen als vorteilhaft gelten, ist die Verbesserung oft zeitintensiv und führt nicht selten zu suboptimalen Ergebnissen. Es besteht daher ein zunehmendes Interesse an Orthobiologika zur Behandlung chronischer muskuloskelettaler Pathologien. Hier ist insbesondere plättchenreiches Plasma (PRP) von Bedeutung. Die vorliegende Übersichtsarbeit zeigt die gegenwärtige Evidenz zum Einsatz von Orthobiologika bei der Behandlung therapieresistenter Patellasehnen-Tendinopathien.

EMTT – Neue Möglichkeiten in der Therapie und Rehabilitation

Die regenerative Medizin hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht und bietet Orthopäden innovative Therapieoptionen für muskuloskelettale Erkrankungen. Eine dieser Technologien ist die Extrakorporale Magnetotransduktionstherapie (EMTT), die sich als nicht-invasive, gut verträgliche und vielversprechende Behandlungsmethode etabliert hat. Sie stimuliert gezielt die zelluläre Regeneration und unterstützt Heilungsprozesse im Muskel-, Sehnen- und Knochengewebe, wodurch sie eine bedeutende Rolle in der modernen orthopädischen Rehabilitation spielt.

Physikalische Grundlagen der EMTT

Die EMTT nutzt hochfrequente elektromagnetische Felder zur gezielten Stimulation regenerativer Prozesse. Die Besonderheit dieser Technologie zeichnet sich durch eine hohe Schwingungsfrequenz (> 100 kHz) und eine Magnetfeldstärke von 30 bis 80 mT aus.

Das zentrale Wirkprinzip basiert auf elektromagnetischer Induktion, welche aufgrund des sich ändernden Magnetfeldes ein elektrisches Feld und damit elektrische Spannung im Gewebe erzeugt. Der EMTT-Applikator enthält eine speziell gewundene Spule, die hochfrequente Magnetfelder erzeugt und eine Eindringtiefe von bis zu 18 cm erreicht (Abb. 1). Dadurch können tiefer gelegene Gewebestrukturen behandelt und Heilungsprozesse auf zellulärer Ebene effektiv angeregt werden.

Wichtig ist die Abgrenzung zu PEMF-Geräten (Pulsed Electromagnetic Field). Während PEMF-Technologien aufgrund ihrer geringeren Transduktionsleistung nur begrenzte Tiefenwirkungen erzielen, erzeugt EMTT durch ihre hohe Oszillationsfrequenz (100–300 kHz) und Magnetfeldstärke eine effektive Transduktionsleistung von über 60 kT/s. Diese höhere Leistungsdichte ermöglicht eine intensivere Beeinflussung zellulärer und biologischer Prozesse.

Wirkprinzip und Effekte der EMTT

Wirkmechanismus

Die EMTT wirkt auf zellulärer Ebene und nutzt zwei zentrale Prozesse:

  1. Piezoelektrizität: Piezoelektrizität ist die Fähigkeit von Materialien, bei mechanischer Verformung elektrische Spannung zu erzeugen oder durch Anlegen einer elektrischen Spannung verformt zu werden. Kollagenhaltige Strukturen wie Knochen, Muskeln, Sehnen und Bänder haben piezoelektrische Eigenschaften. Diese Eigenschaften ermöglichen es, dass Strom die Struktur der Zellmembran verändert, was zur Stimulation von Gewebe führt und die Durchlässigkeit von Ionenkanälen erhöhen kann. Die Öffnung dieser Kanäle kann eine Reihe von Reaktionen innerhalb der Zelle auslösen, was zu unterschiedlichen Zellantworten wie dem Abtransport von entzündungsfördernden Substanzen, der Entspannung der Muskulatur und einer verbesserten Durchblutung führt. Diese Prozesse können zu einer Schmerzlinderung beitragen (Abb. 2)
  2. Elektroporation: Kurzzeitige Impulse führen zu einer vorübergehenden Durchlässigkeit der Zellmembran. Dies verbessert den Austausch von Ionen und Molekülen und beschleunigt Heilungsprozesse (Abb. 3).

 

Klinische Effekte

Diese Mechanismen führen zu einer Reihe von positiven therapeutischen
Effekten:

  • Schmerzlinderung: Durch die Modulation neuronaler Aktivierung und entzündlicher Prozesse können Patienten bereits nach wenigen Sitzungen eine signifikante Schmerzreduktion erfahren.
  • Beschleunigte Geweberegeneration: Die EMTT stimuliert osteogene und fibroblastische Zellaktivierung, was die Heilung von Sehnen, Muskeln und Knochen unterstützt.
  • Entzündungshemmung: Die EMTT beeinflusst die Verminderung von Entzündungsmediatoren und wird erfolgreich bei degenerativen (Arthrose) und entzündlichen (Arthritis) Erkrankungen eingesetzt.

 

Indikationen und Kontraindikationen

Die EMTT wird hauptsächlich in der Behandlung muskuloskelettaler Erkrankungen eingesetzt. Sie kann als eigenständige Therapie oder in Kombination mit der Extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) angewendet werden. Zu den Hauptindikationen gehören:

  • Tendinopathien, Arthrosen und degenerative Gelenkerkrankungen – auch im aktivierten Stadium
  • Lumbale/cervicale Schmerzsyndrome mit discogen/osteogener Genese, aktivierte Spondylarthritiden
  • Knochenmarksödeme, z. B. Osteitis pubis, Muskelverletzungen

Trotz der hohen Sicherheit gibt es einige Kontraindikationen. Zu den absoluten Kontraindikationen zählen Herzschrittmacher, elektronische Implantate sowie Schwangerschaft. Relative Kontraindikationen sind Tumore im Behandlungsbereich und
Tätowierungen sowie Permanent-Make-up mit Metallpartikeln, Patienten mit gestörtem Temperaturempfinden und die Anwendung bei Kindern.

Behandlungskonzept

Die EMTT ist besonders anwenderfreundlich und erfordert keine spezielle Vorbereitung (Abb. 4). Der Applikator wird direkt über der zu behandelnden Körperregion positioniert, wobei die Kleidung nicht abgelegt werden muss. Die Therapie erfolgt mit einer Frequenz von bis zu 10 Pulsen pro Sekunde. Die Pulsstärke wird individuell angepasst. Je nach Krankheitsbild wird die Pulsstärke entsprechend angepasst. In Abhängigkeit von Indikation und Frequenz dauert eine Behandlung zwischen 5–20 Minuten.

Evidenzlage

Die Wirksamkeit der EMTT wird durch eine wachsende Anzahl wissenschaftlicher Studien bestätigt.1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 Eine aktuell publizierte Zellstudie3 an humanen Osteoblasten konnte belegen, daß durch den Effekt von EMTT die Osteoblastogenese in allen Stadien, ebenso wie die Kollagensynthese und die Matrixmineralisation stimuliert wird. Der Einsatz von EMTT zeigt vielversprechende Ansätze zur Beschleunigung der Frakturheilung, möglicherweise auch zur verbesserten Osteointegration von Implantaten, was in klinischen Studien weiterhin untersucht werden wird.

Fazit

Die EMTT stellt eine vielversprechende Erweiterung konservativer Therapieoptionen dar und spielt eine zunehmend bedeutende Rolle in der regenerativen Orthopädie. Durch ihre wissenschaftlich belegte Wirksamkeit, hohe Patientenzufriedenheit und einfache Anwendung bietet sie Orthopäden eine effektive und sichere Behandlungsmöglichkeit für eine Vielzahl muskuloskelettaler Beschwerden. Dabei eignet sich EMTT sowohl als stand-alone-Verfahren als auch in Kombination speziell mit ESWT-Therapie.5, 6, 7

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.

 

Energie-basierte regenerative Therapien in der Handchirurgie – das regenerative Uhrwerk

Regenerative Therapien erleben einen nachhaltigen Aufschwung im wachsenden Bewusstsein der Orthopädie und Unfallchirurgie, aber nicht nur in diesen Fächern. Am Beispiel der Handchirurgie möchte ich im folgenden Artikel darstellen, wie energie-basierte Therapien wie die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT), die schnell-oszillierende Magnetfeldtherapie als extrakorporale Magnetotransduktion (EMTT) und die Low Level Lasertherapie (LLLT) zur Photobiomodulation zielführend und präzise an der Hand eingesetzt werden können.

Konzept des regenerativen Uhrwerks

Energie-basierte Therapien verwenden akustische Wellen im Falle der Stoßwellentherapie, oszillierende Magnetfelder bei  der pulsierenden Magnetfeldtherapie (PEMF) und EMTT als auch Licht im Falle der Low Level Lasertherapie (LLLT), um eine biologische Antwort zu erzielen. Ludger Gerdesmeyer aus Kiel spricht in diesem Zusammenhang vom „soft tissue engineering“.

Um für den Patienten optimierte Behandlungsergebnisse zu erzielen ist es entscheidend, präzise und koordiniert in bestimmten Abfolgen die energie-basierten Therapien anzuwenden. Anlässlich des letztjährigen D.A.F. Fusschirurgiekongresses in Wien 2024 stellte ich erstmalig das Konzept des regenerativen Uhrwerks vor.1 Ein mechanisches Uhrwerk, das auch als Kaliber bezeichnet wird, umfasst als Haupträderwerk das Gehwerk bestehend aus dem Federwerk, dem Zeigerwerk, einer Hemmung und einem Schwingsystem mittels Unruh, Pendel oder Drehpendel. Ein oder mehrere Zusatzräderwerke mit Schlag-, Spiel- und Weckerwerk können das Gehwerk ergänzen. Ein Uhrwerk zeichnet sich durch eine koordinierte und präzise Aktion der Teilkomponenten des Uhrwerks aus, die aufeinander abgestimmt und ineinandergreifend agieren. Auch die energie-basierten Therapien sollten auf den Patienten individuell eingestellt und angepasst werden, beispielsweise in Abhängigkeit der Schmerzhaftigkeit bei der Stoßwellentherapie. Die deutschsprachige Stoßwellenfachgesellschaft DIGEST wie auch die internationale Stoßwellenfachgesellschaft ISMST empfehlen, dass Schmerzen während der Behandlung idealerweise unter VAS 3/10 bis maximal VAS 5/10 entstehen dürfen, ansonsten sollte über die Anpassung der Energieflussdichten im Falle der fokussierten ESWT und der Drücke und der Applikatoren im Falle der radialen Druckwellentherapie die Schmerzhaftigkeit während der Behandlung reduziert werden. Für die EMTT wie auch die LLLT sind an der Hand für gewöhnlich jedoch in den empfohlenen Energiebereichen keine Schmerzen zu erwarten.

Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)

In der Stoßwellenmedizin differenzieren wir radiale Druckwellen von fokussierten Stoßwellen. Fokussierte Stoßwellen können über drei unterschiedliche Generatortechniken erzeugt werden: elektrohydraulisch, elektromagnetisch und piezoelektrisch. Über Mechanorezeptoren wie die PIEZO-Rezeptoren, die Nobelpreisprämiert sind, wird über Mechanotransduktion die akustische Welle in eine Proteinantwort übersetzt, wo ein Momentumtransfer stattfindet. Mannigfaltige Effekte auf unterschiedliche Gewebetypen sind beschrieben, u. a. eine Stammzellaktivierung, eine Modulation der Inflammation, eine Exosomenstimulation bis hin zur Transdifferenzierung von Zellen.

Oszillierende Magnetfeldtherapie mit PEMF/EMTT

Die oszillierende pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) und die extrakorporale Magnetotransduktionstherapie (EMTT) basieren auf unterschiedlich schnell und unterschiedlich stark oszillierenden Magnetfeldern, ganz im Gegensatz zu den statischenMagnetfeldern, die mehr im Bereich der Esoterik angesiedelt sind. Diese oszillierenden Magnetfelder erzeugen elektrische Felder und vice versa nach Maxwell. Aktuelle  Forschungsergebnisse belegen die Bedeutung der zellulären Membranpotentiale, die Ionenstrombewegungen bedingen. Es wird bereits von einer „bioelektrischen Revolution“ gesprochen, wo der bioelektrische Code ähnlich dem genetischen Code schrittweise dechiffiert wird. Das Elektrom ist dabei die Summe aller elektrischen Aspekte eines Organismus. Eine EMTT mit 80 mT kann den vaskulären Wachstumsfaktor VEGF signifikant erhöhen.7

Low Level Laser Therapie (LLLT)

Die Low Level Lasertherapie (LLLT) ist eine optische Therapie, die bei Sehnen für gewöhnlich mit Wellenlängen von 808–904 nm angewendet wird und über Photobiomodulation positive Effekte in der erkrankten Sehne erzielen kann. Auch auf Nervengewebe sind positive Effekte der LLLT beschrieben wie beispielsweise beim Karpaltunnelsyndrom in einer rezenten Metaanalyse von 2025.2 Die Photobiomodulation kann analgetische, vaskuläre, antiinflammatorische wie auch schwellungsreduzierende Eigenschaften entfalten.

Knochenheilungsstörungen der Hand

Knochenheilungsstörungen wie das belastungsinduzierte Stressödem bis hin zur Osteonekrose des Lunatums oder die Pseudarthrose des Kahnbeins der Handwurzel stellen im klinischen Alltag zumeist eine therapeutische Herausforderung dar. Kahnbeinfrakturen können in Abhängigkeit von der Frakturlinie den rekurrenten Ast der A. radialis involvieren und mithin eine Durchblutungsstörung des proximal gelegenen Knochenfragmentes auslösen. Dabei gilt: je proximaler die Frakturlinie im Kahnbein desto wahrscheinlicher bildet sich eine Knochenheilungsstörung aus.

Auch der fortgesetzte Nikotinkonsum von den zumeist jungen Herren, die von einer Kahnbeinpseudarthrose betroffen sind, ist dabei ein weiterer prognostisch ungünstiger Faktor, der durch Nikotinkarenz minimiert werden kann.3 Für Knochenheilungsstörungen liegen seit nunmehr 30 Jahren positive Ergebnisse der fokussierten hochenergetischen (> 0,25 mJ/mm2 Energieflussdichte mit 2 000–4 000 Impulsen) Stoßwellentherapie vor beginnend mit der italienischen Arbeitsgruppe vom Sergio Russo, die von 1994–2000 153 Patienten mit Kahnbeinpseudarthrosen im Mittel 29 Monate nach der Initialverletzung behandelt haben. Verwendung fand ein Storz Modulith System als elektromagnetische fokussierte ESWT mit 0,5 mJ/mm2 Energieflussdichte 2 000 Impulse von palmar und 2 000 Impulse von dorsal mit 4 Sitzungen im Abstand von 48 h plus Cast.4

In Kombination mit einer Operation führte eine einmalige intraoperative fokussierte elektrohydraulische Stoßwellentherapie zu verbesserten Heilungsraten eines nicht-vaskularisierten Knochenspans am Kahnbein von 61 % auf 77 %.5 Die Ergänzung EMTT kann die zuvor beschriebenen positiven Effekte der fokussierten ESWT bei Knochenheilungsstörungen der Hand noch weiter verbessern. So sind positive Fallberichte für zweifach voroperierte Kahnbeinpseudarthrosen (3× fokussierte elektromagnetische ESWT 0,35 mJ/mm2, 4 000 Impulse plus EMTT Storz Magntolith, 6 000 Impulse, 8/8 Hz) bekannt.

Bei der Lunatummalazie aka. Morbus Kienboek als Osteonekrose des Mondbeins in der proximalen Handwurzelreihe liegen Erfahrungen aus Italien vor. Cristina D’Agostino6 aus Mailand zeigte mit Ihrer Arbeitsgruppe bereits 2011 22 Patienten mit Lunatummalazie, die mit hochnergetischer elektromagnetischer ESWT (3 Sitzungen) erfolgreich behandelt wurden.

Rhizarthrose

Eine randomisiert-kontrollierte Studie7 aus dem Februar 2018 prüfte bei 58 Patienten mit langjähriger hochschmerzhafter (8 Jahre Beschwerdedauer, VAS 8/10) Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose) die fokussierte ESWT (3× 0,09 mJ/mm2, 4 Hz, 2 400 Impulse) im Vergleich zur dreimaligen intraartikulären Hyaluronsäureinjektion. In beiden Gruppen zeigte sich eine Verbesserung des Schmerzes bei Rhizarthrose und eine verbesserte Funktion im Nachuntersuchungszeitraum bis sechs Monate mit besseren Ergebnissen in der ESWT-Gruppe.

Sehnenerkrankungen der Hand

An der Hand spielen Sehnenerkrankungen sowohl auf der Beugeseite als schnellender Finger bzw. A1-Ringbandstenose wie auch streckseitig z. B. im ersten Strecksehnenfach als De Quervain Tendinopathie eine grosse klinische Rolle. Für Sehnenerkrankungen sind sowohl die ESWT wie auch die PEMF/EMTT positiv, aber auch die Low Level Lasertherapie (LLLT) kann gerade bei den öberflächlich gelegenen Fingersehnen aufgrund der Eindringtiefe mit 808–904 nm Wellenlänge positive vor allem antiinflammatorische Effekte erzielen.

An den Handsehnen kann die ESWT wie an den übrigen Körpersehnen auch therapeutisch wirksam sein. Nikos Malliaropoulos veröffentlichte 2016 eine Kohortenstudie mit 44 Patienten mit A1-Ringbandstenose8 zum Einfluss der radialen ESWT (2 000 Impulse, 5–6Hz, 1–3 bar je nach Schmerz). Dabei war die  durchschnittliche Behandlungssequenz 6±1,3 radiale Druckwellenbehandlungen mit im Mittel 1,4±0,3 bar Behandlungsdruck und 5±0,4 Hz bei 2 000 Impulsen. Nikos konnte auch eine Beziehung herstellen zwischen der Beschwerdedauer bei A1-Ringbandstenose und der Anzahl der notwendigen radialen Therapiesitzungen: Je länger die Beschwerdedauer vorab (< 3 Monate, 3–6 Monate, 6–12 Monate, > 12 Monate), desto mehr radiale ESWT Sitzungen waren nötig (von 4,8
Sitzungen bei < 3 Monaten bis 7,5 Sitzungen bei > 12 Monaten Beschwerdedauer).

Eine randomisiert-kontrollierte Studie9 verglich 2016 bei A1- Ringbandstenosen der Hand die radiale ESWT (2,1 bar, 1 000 Impulse, n = 40) mit der peritendinösen Kortikosteroidinjektion. Zu den Nachuntersuchungszeitpunkten nach 1, 3 und 6 Monaten zeigten beide Gruppen signifikante Verbesserungen des Schmerzens und des Quick-DASH als Funktionsscore ohne, dass sich die Gruppen in der Effektivität unterschieden. Ich selbst kombiniere wie zuvor beschrieben alle biophysikalischen energie-basierten Therapien und wende in schwerwiegenden Fällen eskalierend die ultraschall-gestützte peritendinöse Hydrodissektion bei A1-Ringbandstenosen erfolgreich an zur Abwendung einer offen chirurgischen A1-Ringbandspaltung.

Karpaltunnelsyndrom der Hand

Bei der Kompression des Nervus medianus liegen für alle zuvor genannten biophysikalischen Therapieformen z.T. mehrere randomisiert-kontrollierte Studien und Metaanalysen vor.10, 11, 12, 13

Sowohl die ESWT als auch die LLLT konnte in einer randomisiert-kontrollierten Studie von 2024 eine signifikante Reduktion des erweiterten Nervenquerdurchmessers als auch eine klinisch relevante Reduktion der Schmerzen zeigen.14 Im Vergleich zu Kinesiotape war die LLLT überlegen.15 Für die pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) liegen ebenfalls bereits randomisiert-kontrollierte Daten vor.16 Bei ägyptischen Frauen war die PEMF gepulsten Ultraschalltherapie beim Karpaltunnelsyndrom überlegen im randomisierten Design.17

Schlussfolgerung

Die biophysikalischen energie-basierten Therapie ESWT, LLLT, PEMF&EMTT können nicht-invasiv und schonend körpereigene Heilprozesse nachhaltig verbessern und beschleunigen und bieten daher – nicht nur an der Hand – hochinteressante und klinischrelevante Behandlungsalternativen bzw. -ergänzungen an zum Wohle unserer Patienten.

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.

Literatur-Update ESWT am Fuß

Die Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) am Fuß gehört zu den häufigsten Einsätzen der Stoßwelle am Bewegungsapprat mit den zwei „Zugpferden“ Plantarfasziitis und Achillessehnen-Tendopathien. Bezüglich der Wirkweise wurden in den letzten 35 Jahren vielfältige orthopädische Indikationen wie Tennis-Ellbogen, Kalkschulter und Fersensporn in der Extrakorporalen Stoßwellentherapie experimentell erforscht, in vielen klinischen Studien überprüft und in die klinische Routine eingeführt. Nach den anfänglich sehr mechanistischen Vorstellungen wie Zertrümmerung von Kalkdepots und Anbrechen von Knochen zur Pseudarthrosenheilung konnte bald gezeigt werden, dass durch die beim Aufprall auf Medien unterschiedlicher Impedanz freiwerdende Energie zum einen Neurotransmitter ausgeschüttet werden und Schmerzfasern moduliert werden, was den analgetischen Effekt erklären kann. Zum anderen werden Wachstumsfaktoren u.a. zur Gefäß- und Knochenneubildung ausgeschüttet. Dies eröffnete neue Felder in der Stoßwellenforschung auch am Fuß.

Die Literatur-Abfrage über Pubmed zeigt 2025 über 250 Studien zum Thema ESWT am Fuß (Abb. 1). Aktuell konzentriert sich die Wissenschaft neben einer steten Überprüfung der bewährten Indikationen Fasziitis plantaris und Achillessehne durch immer größere Metaanalysen und regelmäßige Reviews experimentell und in klinischen Studien auf den großen Bereich der Geweberegeneration der Haut (hier besonders diabetische Ulcera) mit speziellen Oberflächen-Schallköpfen aber auch dem Knochen (Ermüdungsbrüche) und spastischer Deformitäten des Fußes. Im Folgenden möchte ich Sie in diesen Bereichen auf den neuesten Stand bringen.

Plantarfasziitis und Achillessehne

So erschien 2024 eine große Metaanalyse zum Thema Plantarfasziitis (Abb. 2) mit in 16 Studien eingeschlossenen 1.121 Patienten. Nach drei Monaten zeigte sich die ESWT gegenüber Kortikoid-Injektionen in der Schmerzminderung, Verringerung der Fasziendicke und Verbesserung der Fußfunktion überlegen. Nebenwirkungen waren lediglich leichte Rötungen und Schmerzen während der Behandlung. Zwei weitere Metaanalysen aus den USA beschäftigten sich mit dem Vergleich Stoßwelle versus PRP (platelet rich plasma) Injektionen. Hier zeigte die eine Studie mit 214 eingeschlossenen Patienten (Daher et al., 2024) eine deutliche Verbesserung in beiden Gruppen ohne signifikanten Unterschied. In der zweiten Arbeit (Herber et al., 2024) waren Funktion und Fasziendicke gleich, aber die PRP-Behandlung zeigte eine bessere Schmerzreduktion.

Für die Behandlung der Achillessehnen-Tendopathie mittels ESWT kristallisierte sich in einer Metaanalyse aus den Ergebnissen von 8 Studien eine eindeutige Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung im Roles and Maudsley Score heraus und dies sowohl für eine low-energy (0,06–0,11 mJ/mm2) und medium-energy (0,12–0,25 mJ/mm2) Therapie (Fan Y et al., 020). Hierbei wurde jedoch nicht zwischen insertionaler und  nicht-insertionaler Achillodynie unterschieden, was jedoch im outcome der Stoßwellenbehandlung einen deutlichen Unterschied machen kann, wie eine Arbeit von Butler aus dem Jahr 2024 zeigt. Hier wurden 86 Patienten in einer retrospektiven Analyse untersucht. Die Versagensrate der ESWT-Behandlung nach 6 Monaten lag bei den Nicht-insertionalen Achillessehnen-Tendopathien bei 11,8 %, bei den insertionalen Achillodynien bei 32,7 %. Insgesamt steht nach dem momentanen wissenschaftlichen Stand die exzentrische Dehnungstherapie als wichtiger unverzichtbarer Bestandteil der Therapie im Vordergrund, wie eine Metaanalyse aus 2024 zeigen konnte, die besten Ergebnisse wurden aber in Kombination mit zusätzlicher Stoßwellentherapie erzielt (Ko et al. 2024).

Knochen- und Knorpelbehandlungen am Fuß

Die Stimulation von Knochenheilung ist seit langem gut wissenschaftlich belegt. Am Fuß ist eine der häufigsten Anwendungen die Behandlung von Ermüdungsbrüchen, v.a. an den Metatarsalknochen. Beling et al. untersuchten 40 LäuferInnen (durchschnittlich 72 km/Woche Training) mit Stressfrakturen und konnten mit fokussierter Stoßwellentherapie einen return to sports nach durchschnittlich 12 Wochen erreichen (Beling A et al., 2023). Eine weitere häufige Problematik sind MT 5 Basis-Frakturen bei Sportlern, hier stellt sich oft die Frage konservativ versus operativ. Zu diesem Problem legte eine spanische Arbeitsgruppe eine Pilotstudie auf. Es wurden 18 Fußballer randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe wurde mittels kanüllierter Zugschraube operativ versorgt, die andere Gruppe wurde dreimal mittels fokussierter Stoßwelle mit einer Energieflußdichte von 0,21 mJ/mm2 und einer Frequenz von 4 Hz behandelt. Die Ergebnisse in Bezug auf Schmerz, Funktion und return to play unterschieden sich nicht signifikant, bei weniger Schmerz und Komplikationen in der Stoßwellengruppe (Ramon S et al., 2023). Auch bei Knochenheilungsstörungen am Fuß scheint die ESWT eine gute Therapiealternative zur Operation, wie ein aktueller Review-Artikel aus Großbritannien zeigt. Hier wurden 8 Studien mit insgesamt 114 Frakturen vorwiegend an den Metatarsalia aber auch an Navikulare, Talus und Kalkaneus eingeschlossen. Nach 3 Monaten betrug die Heilungsquote 65 – 100 % und nach 6 Monaten 90 – 100 % (Kwok I. et al., 2022). Osteochondrale Verletzungen bzw. die Osteochondrosis dissecans am Talus erfordern ebenfalls aufwendige und langwierige Behandlungen mit wechselnden Ergebnissen. Daher untersuchte eine chinesische Arbeitsgruppe in einer kontrolliert randomisierten Doppel-Blind-Studie (RCT) eine arthroskopische Mikrofrakturierung des Talus mit konsekutiver 5-maliger ESWT nach 3 Wochen gegen die arthroskopische Mikrofrakturierung allein (n=40). Nach 12 Monaten follow-up war die Stoßwellengruppe sowohl in der VAS, im Funktionsscore als auch in der Reduktion der Knochenmarksödem-Fläche signifikant besser. Den Vergleich zweier additiver regenerativer Verfahren zur klassischen Therapie (Mikrofrakturierung) dazu untersuchte die Gruppe um Li in einer retrospektiven Kohortenstudie eine arthroskopische Mikrofrakturierung + fokussierter Stoßwellenbehandlung gegen eine arthroskopische Mikrofrakturierung + PRP. Eingeschlossen wurden 76 Patienten, follow up 2 Jahre. Es zeigte sich für dieStoßwellengruppe eine bessere Funktion im AOFAS Score (American Orthopedic Foot and Ankle Society Ankle-Hindfoot Score) und im MRT Mapping eine dickere hyaline Knorpelschicht im Vergleich zur PRP-Gruppe (Li J. et al., 2023). In einer weiterenStudie aus China wurden alle drei Therapieverfahren kombiniert mit sehr guten Ergebnissen auch in der Reduktion des Knochenmarködems nach 3 und 6 Monaten (Lu Y. et al., 2024).

Wundbehandlung am Fuß

Im Bereich der Haut hat sich in den letzten Jahren die Evidenz für die Heilung von chronischen Hautdefekten durch die extrakorporale Stoßwellentherapie vervielfacht. Allein in den letzten zwei Jahren wurden zum Thema der Behandlung von Ulcera am Fuß 11 Studien veröffentlicht. Durch die Freisetzung von Gefäßwachstumsfaktoren wie VGEF und aber auch allgemein stimulierenden Wachstumsfaktoren wie FGF und TGFβ wurden hier neue Indikationen erschlossen. So zeigte eine polnische Gruppe, dass sich bei 31 Patienten mit chronischen Wunden am Fuß (Durchschnittsalter 81 Jahre) bereits nach einer einmaligen radialen Stoßwellenbehandlung mit 300 + 100 Impulsen / cm2 mit 5 Hz, einem Druck von 2,5 bar und einer Energieflussdichte von 0,15 mJ/mm2 die Wundgröße signifikant verkleinerte (Dymarek R. et al., 2024). In einer weiteren randomisierten prospektiven Studie aus Australien wurden 48 Patienten in bisherige Standard-Wundbehandlung und ESWT + Standard-Wundbehandlung aufgeteilt. In der ESWT-Gruppe kam es zu mehr Heilungen, statistische Signifikanz wurde jedoch nicht erreicht (Vangaveti V. et al., 2023). Zusammenfassend zeigt es sich in einem Review mit 10 eingeschlossenen RCT’s, dass es durch die extrakorporales Stoßwellentherapie zu signifikant mehr komplett verheilten Ulcera und einer geringeren Rate an unveränderten Wundgrößen kommt. In der Subgruppenanalyse zeigt sich die Überlegenheit der ESWT gegenüber einer hyperbaren Sauerstoff-Therapie und einer Standard-Wundbehandlung (Wu F. et al., 2024).

Neurologische Indikationen am Fuß

Das zweite große Feld an neueren Indikationen neben der Haut ist die Neurologie. Hier steht die Behandlung von spastischen Deformitäten im Vordergrund. Emara untersuchte 34 Kinder zwischen 7 und 9 Jahren mit spastischer Zerebralparese in 2 Gruppen. Die eine erhielt eine traditionelle Physiotherapie, die zweite Gruppe zusätzlich eine radiale Stoßwellentherapie der Wadenmuskulatur. Die Stoßwellengruppe zeigt in allen motorischen Tests signifikante Verbesserungen der Fuß-Funktion (Emara H. et al., 2022). Auch bei Apoplex-Patienten sind spastische Kontrakturen ein häufiges Problem. Diese konnten in einer Arbeit von Nada 2024 nachgewiesen werden. 100 post-Apoplex Patienten wurden randomisiert in 2 Gruppen aufgeteilt. 50 erhielten zusätzlich zur Standard-Behandlung 4 Sitzungen radiale Stoßwellentherapie mit 1.500 Impulsen, 0,1 bis 0,3 mJ/mm2 Energieflussdichte mit einer Frequenz von 4 Hz. Nach einem und zwei Monaten waren neben elektrophysiologischen Tests die Dorsalflexion und der 10 m-Gehtest signifikant verbessert (Nada d. et al., 2024).

Zusammenfassend zeigt sich auch am Fuß der seit Jahren anhaltende Trend zur wissenschaftlichen Evaluation neuer Therapiefelder der ESWT, bei denen vor allem die dermatologischen und neurologischen Erkrankungen derzeit stark im Fokus stehen. Aber auch die klassischen Krankheitsbilder werden weiter wissenschaftlich untersucht und vor allem mit anderen teils neueren Therapieverfahren wie dem PRP verglichen und eingeordnet.

Anhand der aktuellen Literatur zeigt sich die Stoßwelle weiterhin als wichtiges Therapiemittel für Krankheiten, Überlastungen, Verletzungen und neurologisch bedingte Deformitäten am Fuß.

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.

ESWT in der Behandlung von Knorpelläsionen – regenerative Medizin

Knorpelveränderung über Zeit und Belastung:

Der Gelenkknorpel unterliegt im Alltag einer ständigen Belastung mit Kompression und Scherkräften, die insbesondere bei begleitenden Instabilitäten des Gelenks zu einer Schädigung des Knorpels führen. Bei einem traumatischen Ereignis kann dies zu einer direkten Schädigung der Gelenkoberfläche führen, während unter Berücksichtigung der multifaktoriellen Genese von Arthrose, Osteochondrosis dissecans und Osteonekrose auch wiederholte Mikrotraumata, genetische Prädispositionen, biomechanische Aspekte bei Gewichtsbelastung durch Adipositas und Achsfehlstellungen zu berücksichtigen sind. Eine weitere Gruppe bilden die chronisch-entzündlichen Veränderungen der Synovia z. B. bei der rheumatoiden Arthritis mit folgender Knorpelschädigung. Es zeigt sich also bei unterschiedlicher Ätiologie eine gleichartige Konsequenz für die betroffenen Gelenke mit Einfluss auf Gelenkfunktion, Bewegungseinschränkung und vom Patienten geäußerter Schmerzsymptomatik. Aufgrund der fehlenden Blutversorgung zeigt sich das regenerative Potential von Knorpelgewebe sehr eingeschränkt.

Wirkungsmechanismen der ESWT:

Die extrakorporale Stoßwellentherapie zeigt seine Wirkung in der medizinischen Anwendung über eine Reihe von biologischen Pfaden, die in der langjährigen Anwendung und Grundlagenforschung nachgewiesen werden konnten. In vielen Bereichen zeigen sich noch eingeschränkte Kenntnisse, und dennoch kann bereits über die Zusammenführung der bekannten biologischen Kaskaden und die nachgewiesenen Effekte haltbare Theorien zur Wirksamkeit aufstellen.

Grundsätzlich lässt sich heute sagen, dass die Anwendung der extrakorporalen Stoßwellenapplikation bei muskuloskelettalen Verletzungen als regenerative Medizin verstanden werden kann.

Bei dieser nicht-invasiven Therapieform werden Wachstumsfaktoren freigesetzt und biologische Gewebsreaktionen im behandelten Areal hervorgerufen. Bekannte Effekte in der medizinischen Anwendung sind die Schmerzlinderung, Verbesserung der Blutversorgung, Proteinsynthese und Zellproliferation und damit die Grundlage einer Stimulation der körpereigenen regenerativen Fähigkeiten.

Wirkung der Mechanotransduktion auf biologische Gewebe: Als Wirkmechanismus hat sich das Prinzip der Mechanotransduktion durchgesetzt. Mechanotransduktion wird in drei wesentliche Anteile unterschieden.1 Ein Netzwerk von Proteinen, Ionen-Kanälen und Lipiden vermittelt dann die zu erzielende Wirkung.

Zunächst das „mechanocoupling“, dem physikalischen Einwirken der mechanischen Kräfte auf die behandelten Zellen mit einer kurzzeitigen Verformung des Gewebes, was über Scher- und Druckkräfte zu einer Störung der Zelle und chemischen Reaktionen innerhalb der Zelle aber auch zwischen den kommunizierenden Zellen führt.

Die Auswirkung auf die Zell-zu-Zell-Kommunikation gilt als zweiter Anteil der Mechanotransduktion, bei der es zu einer Wirkungsausbreitung vom behandelten Areal durch die Ausbreitung von Calcium (Ca2+) und Inositol-Triphosphat (IP3) über Gap-junctions auf das gesamte zu behandelnde Gewebe kommt. Auf diese Weise erreicht der mechanisch eingebrachte Stimulus der ESWT auch Zellen im anliegenden Gewebe, die  nicht direkt behandelt werden.

Als dritten Anteil wird die zelluläre Antwort der behandelten Zellen gesehen. Hierbei wird durch die mechanische Einwirkung der energiereichen Stoßwellen eine Zug- und Druckkomponente auf das Zielgewebe ausgelöst, die an den Grenzschichten von extrazellulärer Matrix und Zelle zur Auslenkung der ortsständigen Integrine führt. An diesem Punkt wird über die mechanische Einwirkung eine biologische Reaktion erwirkt, die zur Gewebereparatur und -regeneration führt. Zum einen kommt es über die Einbindung des Zytoskeletts zur direkten physikalischen Kommunikation mit dem Zellkern. Begleitend erfolgt über die Aktivierung der Integrine eine biochemische Signalkettenaktivierung mit Einfluss auf die Genaktivierung im Zellkern, was zur Freisetzung von mRNA in das endoplasmatische Retikulum und die Proteinsekretion in die extrazelluläre Matrix führt. Auf diese Weise wird über den mechanischen Stimuluseine Remodellierung der Matrix erreicht.

Wie andere muskuloskeletale Gewebe ist auch das Knorpelgewebe mit mechanosensitiven Zellen besiedelt, die Chondrozyten. Der Knorpel gilt daher als mechanosensitives Gewebe, woraus folgt, dass der Knorpel mechanische Reize wahrnehmen und darauf reagieren kann. In einer Reihe von Forschungsansätzen konnte gezeigt werden, dass die unterschiedlichen Zug- Scher- und Druckkräfte zu unterschiedlichen Wirkungen im Knorpelgewebe führen können und über die Intensität der Einwirkung einen positiv regenerativen oder aber schädigenden Effekt erzielen können.2

Die dynamische Kompression des Knorpels während der physiologischen Nutzung führt über die Veränderung der Synovialflüssigkeit und diffundierenden Bereitstellung von Nährstoffen und Sauerstoff zur Erhaltung des Gelenkknorpels. Begleitend zeigt sich der oben beschriebene Effekt der Genexpression in Chondrozyten. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die Genexpression abhängig ist von Stärke, Frequenz und Dauer der Druckeinwirkung. Es konnte gezeigt werden, dass eine dynamische Kompression die Expression anaboler Gene, wie ACAN, COL2A1 und TIMP3 bewirkt, während die Gruppe der Matrix-Metalloproteinasen runterreguliert werden.

Eine sanfte Druckeinwirkung zeigt eine antiinflammatorische Wirkung. Dagegen werden über zu hohe Druckkräfte schädigende Wirkungen gesehen, die wiederum zur Freisetzung von NO, COX2, PGE₂ und MMP1 führen. Neben der Intensität zeigt auch eine anhaltende Dauer einen negativen Effekt auf den Gelenkknorpel.

Über die Zugkräfte werden Inflammation und Reparaturprozesse in Chondrozyten reguliert. Auch hier sind die unterschiedlichen Intensitäten entscheidend über die Auswirkung auf den Knorpel. Sanfte Zugkräfte wirken antiinflammatorisch und inhibieren IL-1β, TNF-α- und Lipopolysaccharid-induzierte proinflammatorische Gentranskriptionen.

Knobloch et al. konnten in ihrem Review über die Einwirkung mechanischer Kräfte auf den Gelenkknorpel zeigen, dass mechanische Stimuli in Abhängigkeit von Intensität, Frequenz und Dauer mal positive, aber auch negativ auf die Knorpelintegrität wirken kann.2

Biologische Effekte der ESWT im Gewebe:

Bei der Anwendung der extrakorporalen Stoßwelle wird die mechanotransduktorische Wirkung in Anlehnung an die Grundlagenforschung von Hohlfeld et al.3 über die Aktivierung von β-1-Integrinen an der Zelloberfläche, die mit intrazellulärer Steigerung von ERK zur Freisetzung von Signalproteinen in sogenannten Exosomen eine interzelluläre Kommunikation ermöglichen, wobei über TLR-3-Rezeptoren eine kurzfristige Inflammationssteigerung mit direkt anschließender Inflammationsreduktion initiiert wird.

Die ESWT zeigt eine Reihe von positiven Effekten im Körper. Stoßwellenapplikation führt zu einer Steigerung des NO-Levels In der Untersuchung am Hautlappen-Modell konnte die Gruppe von Mittermayr et al.4 zeigen, dass die Anwendung der ESWT sowohl als präconditionierende Behandlung, als auch nach erfolgter Unterbrechung der Blutversorgung zu einer signifikanten Steigerung der Durchblutung im beobachteten Hautlappen führten.

Die intensive Untersuchung der Wirkmechanismen der ESWT in der Arbeitsgruppe um Johannes Holfeld5 konnte bei der Anwendung der ESWT am Myokard ebenfalls eine stoßwellenvermittelte Verbesserung der Blutversorgung zeigen. So konnte nachgewiesen werden, dass über die Freisetzung von VEGF und PlGF die Angiogenese, im Sinne einer Gefäßsprossung aus vorhandenen Gefäßen, vermittelt wird.

Weiter konnte auch eine Anlockung und Rekrutierung von aus dem Knochenmark stammenden mesenchymalen Stammzellen (BMSC) über die Bindung von SDF-1 an VEGF mit resultierender Neubildung von Gefäßen im behandelten Gewebe im Sinne der Vasculogenese. Auch Aicher et al.6 zeigten bereits 2006 eine Rekrutierung und Einnistung von i.v.-applizierten Stammzellen durch eine Präkonditionierung des zu behandelnden Gewebes mittels extrakorporaler Stoßwellen.

MSCs, ADSCs und subchondrale Knochenstamm-/Vorläuferstammzellen (SCB-SPCs) sind potenzielle Optionen für die Reparatur von Knorpelgewebe. Es erscheint daher sinnvoll bei der Behandlung von Knorpelläsionen auch die mechanotransduktorischen Potentiale der extrakorporalen Stoßwellentherapie für eine Rekrutierung von benötigten Stammzellen zu nutzen.

Inwieweit die physikalischen Effekte einer Druck- und Zugbelastung auf die Zelle in Ihrer Wirkung durch Anpassung von Frequenz, Intensität und Anzahl der applizierten Stoßwellen für unterschiedliche Gewebetypen eine optimale Zahl zeigen, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu sagen. Es zeigt sich aber, dass verschiedene Gewebetypen auch mit unterschiedlichen Intensitäten behandelt werden. So werden aktuell Nervengewebe mit relativ niedrigen Intensitäten bearbeitet, während der Knochen offensichtlich eine deutlich höhere Energieflussdichte benötigt, um eine regenerative Reaktion zu zeigen.

Studienentwicklung zur ESWT am Gelenkknorpel:

Ähnlich zur Beschreibung der zusammengetragenen Ergebnisse im Review von Knobloch et al.2 zeigt sich auch in der Anwendung der ESWT am Gelenkknorpel der Hinweis auf eine wichtige Dosis-Wirkungsbeziehung.

Zhang et al.7 konnten in einer in-vitro-Studie zeigen, dass radiale Stoßwellen die Proliferation und Selbsterneuerung von mesenchymalen Stammzellen in vitro signifikant förderten und den Knorpelreparaturprozess in vivo sicher beschleunigten, was auf günstige klinische Ergebnisse hindeutet. Hierbei zeigte sich insbesondere eine Verbesserung der Oberflächenstruktur des behandelten Knorpelgewebes.

Mayer-Wagner et al.8 zeigten bei der Anwendung von hochenergetischen Stoßwellen auf den hyalinen Knorpel von Ratten eine strukturschädigende Wirkung, wobei hier in einer Einzelbehandlung 1 500 Impulse eine vergleichbar sehr hohe Energieflussdichte von 0,5 mJ/mm2 appliziert wurde. Es zeigte sich eine Reorganisation der Matrixproteine und Erhöhung der COL2A1-mRNA nach der Stoßwellenapplikation.

Wang et al.9 konnten dagegen in ihrer mehrteiligen Studie an Kaninchen zeigen, dass eine Behandlung bei einer induzierten Arthrose ein chondroprotektiver Effekt durch die Stoßwellenbehandlung erzielt werden kann. Dargestellt wurde eine Erhöhung des Typ-2 Kollagens sowie eine signifikante Steigerung von VEGF, BMP-2 und Osteocalcin im subchondralen Knochen. Die positiven Wirkungen von ESWT scheinen ab 4 Wochen nach der Behandlung zeitabhängig zu sein.10

Im Gegensatz zu den Arbeitsgruppen um Mayer-Wagner und Zhang hat in der vorliegenden Untersuchungsreihe von Wang et al.11 die Behandlung im subchondralen Bereich gelegen. Wang konnte hier zeigen, dass die subchondrale Anwendung der ESWT bei einer Arthrose eine ortsspezifische Wirkung am distalen Femur und an der proximalen Tibia erreicht. Die Wirkungen von ESWT sind am distalen Femur und an der proximalen Tibia konsistent, ohne additive Effekte, wenn beide Bereiche gleichzeitig behandelt wurden. In 2013 veröffentlichten Wang et al.12 zudem eine Vergleichsstudie, die zwischen der Behandlung des subchondralen Knochens gegenüber der direkten Behandlung des Gelenkknorpels unterscheidet. Im Gegensatz zur  Oberflächenbehandlung des Gelenkknorpels verbesserte eine ESWT am subchondralen Knochen die Geweberegeneration im Verlauf von Arthrose-Veränderungen, wobei sich die Behandlungsparameter nicht unterscheiden. Es wurden  sowohl chondral als auch bei der Behandlung des subchondralen Knochens mit 800 Impulsen bei einer Energieflußdichte von 0,25 mJ/mm2 (14 kV) behandelt.

Lyon et al.13 zeigten 2013 in einer Studie an Kaninchen bei der Behandlung der Osteochondrosis dissecans, dass die hochenergetische Behandlung mit 4 000 Impulsen bei 4 Hz und 0,24 mJ/mm2 (18 kV) nach Entnahme einer 4 mm durchmessenden Knorpel-Knochen-Stanze aus der gewichtstragenden Femurkondyle zu einer beschleunigten Knochenheilung, erhöhten Knorpeldichte und subchondralen Knochendichte in der histologischen Nachuntersuchung führte. Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung, dass eine einzelne Stoßwellenbehandlung zur Verbesserung des Knorpels und der subchondralen Knochenqualität führt.

Im Jahr 2003 konnten wir14 in einer arthroskopisch kontrollierten Fallvorstellung eine regeneration der Knorpeloberfläche bei einem großflächigen Defekt im Bereich der medialen Femurkondyle durch eine direkte hochenergetische Stoßwellenbehandlung mit einem elektrohydraulischen Stoßwellengenerator bei 0,35 mJ/mm2 bei einem 29-jährigen Hobbysportler darstellen.

Die seit mehr als zwei Jahren bestehenden Beschwerden zeigten eine VAS-Reduktion von 7 auf 2 innerhalb von 2 Wochen und konnten im weiteren Beobachtungszeitpunkt nach 12, 26 und 52 Wochen sich stabil bei 0 halten. Diese Fallbeobachtung erfolgte im Rahmen einer Studie zur Untersuchung der ESWT bei Osteochondrosis dissecans.

In der Studie zur ESWT bei Osteochondrosis dissecans an Knie und Talus15 zeigte sich eine Regeneration der osteochondralen Läsion mit Score-Verbesserungen in der Beurteilung der MRT-Verlaufskontrolle sowie klinischen Scores. Zuletzt haben Cheng et al.16 eine Veröffentlichung zur ESWT bei osteochondralen Läsionen mit Untersuchung verschiedener Wachstumsfaktoren veröffentlicht. Es wurden die Effekte auf TGF-β, sowie BMP-2, -4, -5 und -7 untersucht. Wieder wurden 800 Impulse mit einer Energieflussdichte von 0,25 mJ/mm2 appliziert.

Neben den positiven Effekten auf Sehnen, Knochen und Muskulatur zeigt sich auch eine positive Wirkung auf den Gelenkknorpel. Die am betroffenen Gewebe applizierten energiereichen Stoßwellen zeigen Einfluss auf eine verbesserte Blutzufuhr, Aktivierung des zellulären Metabolismus und
Stimulation der Freisetzung von verschiedenen Wachstumsfaktoren. Die regenerativen Potentiale der Stoßwellentherapie am Gelenkknorpel liegen in:

  1. Stimulation der Kollagen-Produktion – ESWT kann die Synthese von Kollagen unterstützen und damit die Stabilität vom Gelenkknorpel verstärken und Knorpelschäden reparieren.
  2. Blutzufuhr v erbessern – Die Anwendung von Stoßwellen zeigt eine Dilatation von Blutgefäßen und Verbesserung des Blutflusses mit resultierender Verbesserung von Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr, was bei der Heilung von Gelenkknorpel essenziell ist, der ja grundsätzlich bereits einen limitierten Blutfluss aufweist.
  3. Fördert die Zell-Regeneration – ESWT kann die Aktivität von Chondrozyten unterstützen, die für den Erhalt von Knorpelgewebe essenziell sind, womit eine Unterstützung der Heilung ermöglicht wird.
  4. Reduktion von Schmerz und Inflammation – über die Freisetzung von Endorphinen und Modulation von Entzündungsmediatoren wird eine Schmerzreduktion erzielt und die Schaffung einer regenerativen Umgebung erreicht.

 

Bereits nach 4 Wochen zeigte sich in der Behandlungsgruppe eine glattere Oberflächenstruktur des Knorpels, nach 12 Wochen zeigte sich eine vollständige Überziehung der Gelenkfläche mit dem Knorpelregenerat.

Interessanterweise konnte nachgewiesen werden, dass im Sinne einer regenerativen Veränderung, die Heilung charakterisiert war durch eine „bottom-to-top“ und „edge-to-center“ Veränderung, wie es für eine Regeneration aus dem gesunden Gewebe zu erwarten ist.

Die histologischen Untersuchungen zeigten weiter eine reduktion von fibrotischem Typ-1-Kollagen, während die expression von Typ-2-Kollagen gesteigert werden konnte durch Anwendung der ESWT. Hierfür spricht auch der signifikant höhere Nachweis von SOX9 und Aggrecan zwölf Wochen nach ESWT in der Behandlungsgruppe.

Die Konzentrationen von TGF-β und BMP zeigten einen positiven Einfluß auf die Chondrozytenproliferation und Knorpelneubildung.

Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass die in der humanmedizinischen Anwendung der extrakorporalen Stoßwellentherapie verwendeten Energieflussdichten keine zellschädigenden Wirkungen haben, sondern ein Auslöser für einen biologischen Effekt im behandelten Gewebe sind. Auch wenn nicht immer eine Verbesserung erwartet werden, kann, so kann in Bezug auf die Entwicklung der Arthrose aber neben der symptomatischen Verbesserung auch ein Aufhalten der fortschreitenden Verschlechterung erreicht werden.

ESWT in der aktuellen Behandlung:

Unter Berücksichtigung der aktuellen Studienlage zur Wirkung von ESWT auf subchondralen Knochen und Gelenkkorpel und Betrachtung der unterschiedlichen Ursachen für eine Knorpelschädigung lässt sich entsprechend der betroffenen Strukturen unterscheiden, wie und welche Struktur behandelt werden sollte. Es gilt zu unterscheiden, ob ein chondraler Defekt besteht, also die Läsion allein auf den Knorpel begrenzt ist, oder aber bei osteochondralen Defekten auch der subchondrale Knochen beteiligt ist. Auch sollten die Möglichkeiten einer regenerativen Behandlung mit Wiederherstellung der originalen Struktur des Gelenkknorpels von der reparierenden Defektheilung mit Bildung eines Ersatzknorpels minderwertiger Qualität beachtet werden.

Neben den positiven Effekten auf Knorpel und Knochenqualität sind aktuell gerade bei der Gonarthrose die symptomatischen Verbesserungen für die Patienten in den Vordergrund gerückt. Lu et al.17 zeigen in einer Metaanalyse einen signifikanten Effekt der Behandlung der Osteoarthrose in Bezug auf Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Die Effekte zeigen eine Überlegenheit gegenüber Placebo, Hyaluronsäure, Kortikosteroide, NSAR, Ultraschall und PRP Lediglich Manuelle Therapie und operative Versorgungen zeigten vergleichbare Ergebnisse.

Regenerative Potentiale der extrakorporalen Stoßwellentherapie am Gelenkknorpel:

Bei der Behandlung einer Schädigung des Gelenkknorpels aufgrund einer reinen Veränderung des Knorpels scheint aktuell, angelehnt an die beschrieben mechanotransduktiven Effekte auf Gelenkknorpel, eine direkte Behandlung der Knorpeloberfläche mit einer niedrigen Energieflussdichten zu erfolgen, während bei der Behandlung des subchondralen Knochens für eine Veränderung der Gelenkoberfläche eine humanmedizinisch hochenergetische Intensität von 0,25 mJ/mm2 zur Anwendung kommt.

Neben der regenerativen Behandlung erfolgt aktuell häufig auch eine symptomatische Behandlung mit der Zielstellung den entzündlichen Prozess im Gelenk zu beeinflussen. Hierbei werden ebenfalls eher niedrige Energieflussdichten im Bereich der Gelenkkapsel zur Anwendung kommen. Es lassen sich drei wesentliche Aspekte unterscheiden in der Behandlung der Arthrose mittels ESWT, aber auch sonstigen Therapieformen. Hier sind drei Strukturen im Ziel der Behandlung. Das Knochenmarködem, die Synovialitis und der Gelenkknorpel. Im Gegensatz zu vielen anderen Therapieoptionen, die einzelne Targets ansprechen, um eine symptomatische und strukturelle Veränderung zu erzielen, kann die ESWT an allen drei Strukturen direkt zur Anwendung gebracht werden, um eine Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung, aber eben auch eine strukturelle Verbesserung des Gelenkknorpels zu erreichen.

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.