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Honorarabschluss auf dem Rücken unserer MFA

HIER GEHT ES ZUM ARTIKEL: Richtige Abrechnung von Simultaneingriffen

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Berlin, 16. September 2021 – Fassungslos reagiert der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich, auf den Honorarabschluss: „Die Punktwertsteigerung um 1,275% liegt nicht nur weit unterhalb der Inflationsrate, sondern erfasst nicht einmal die jüngsten Gehaltssteigerungen der medizinischen Fachangestellten (MFA). So werden wir auf Dauer den ambulanten Versorgungsbereich nicht leistungsfähig halten“, erklärt der Chef des Verbandes der niedergelassenen Ärzte in Deutschland. „Schon heute manifestiert sich in den Praxen ein Fachkräftemangel, weil Krankenkassen und Krankenhäuser unsere MFA mit lukrativeren Gehältern aus den Praxen abwerben. In den Kliniken werden die tariflichen Personalkostensteigerungen unmittelbar von den Kassen bezahlt. Das muss im ambulanten Bereich auch so sein“, fordert Dr. Heinrich.

Zudem kritisiert Dr. Heinrich die Kassenstrategie in den Honorarverhandlungen: „Offensichtliche Personalkostensteigerungen müssen unmittelbar und nicht erst nach Jahren abgebildet werden. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte haben in der Coronapandemie und in der derzeitigen Impfkampagne einen wesentlichen Beitrag geleistet. Dies gilt insbesondere auch für unser medizinischen Fachangestellten, die in den zurückliegenden Monaten und derzeit Großartiges leisten.

Während die Pflege berechtigterweise einen Coronabonus erhalten hat, gingen die MFA diesbezüglich leer aus. Gehaltssteigerungen nicht ausreichend zu finanzieren, ist verantwortungslos und das völlig falsche Signal an die, die sich für eine Ausbildung in den Praxen interessieren“, so Dr. Heinrich.

Quelle: Pressestelle Virchowbund

KBV Honorarverhandlungen für 2022 beendet

Honorarverhandlungen für 2022 nach zähem Ringen beendet –
Orientierungswert steigt um 1,275 Prozent

Quelle: KBV

15.09.2021 – Der Orientierungswert und damit die Preise ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen steigen im kommenden Jahr um 1,275 Prozent an. Das hat der Erweiterte Bewertungsausschuss heute beschlossen, nachdem sich KBV und GKV-Spitzenverband auf dem Verhandlungsweg nicht auf eine Anhebung einigen konnten.

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sprach von schwierigen Verhandlungen und einem „zähen Ringen über Wochen“. Nachdem die Krankenkassen in der ersten Verhandlungsrunde Anfang August eine Null-Runde gefordert hätten, sei jetzt zumindest eine Steigerung in mit den Vorjahren vergleichbarer Größenordnung erzielt worden, sagte er in einem Video-Statement.

Kostenentwicklung wird nicht sachgerecht abgebildet

Ein Problem sind Gassen zufolge die gesetzlichen Vorgaben zur jährlichen Anpassung des Orientierungswertes (OW). „Wir stellen zunehmend fest, dass eine Anpassung des Orientierungswertes mit den im Gesetz vorgegebenen Regeln nicht sachgerecht gelingen kann“, betonte er. Die Kostenentwicklung in den Praxen könne darüber nicht adäquat abgebildet werde. Hier seien dringend Änderungen erforderlich.

So konnten die von der KBV angeführten höheren Personalkosten infolge der Ende 2020 beschlossenen Tarifsteigerungen für Medizinische Fachangestellte (MFA) nicht berücksichtigt werden. „Die deutlich über sechsprozentige Tariflohnsteigerung in diesem Jahr wurde nicht abgebildet“, sagte KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister.

Die Mehrheit des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBA) hätte nicht davon überzeugt werden können, bei dem so wichtigen Punkt, wie dem Gehalt der MFA, von der retrospektiven Betrachtung der Kostenentwicklung abzuweichen und diesen Posten vorzuziehen. Hofmeister machte deutlich, dass die KBV die Forderung nach der Berücksichtigung der Tarifsteigerung im nächsten Jahr erneut einbringen werde.

Nach den gesetzlichen Vorgaben zur Anpassung des Orientierungswertes müssen die für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskostenentwicklungen herangezogen werden. Dabei werden jeweils die Veränderungen der Kosten in zwei zurückliegenden Jahren als Grundlage der Anpassung des Orientierungswertes herangezogen. Für den Orientierungswert 2022 wurde die Kostenentwicklung vom Jahr 2019 zu 2020 betrachtet.

Geld für allgemeine Hygieneaufwände

Zur Kompensierung der Kosten für allgemeine Hygieneaufwände wurde heute die Beratung im Erweiterten Bewertungsausschuss fortgesetzt. Hintergrund sind im Juni gegen die Stimmen der Krankenkassen im EBA beschlossene Eckpunkte. Nun sollen alle Praxen ab 1. Januar 2022 einen Zuschuss erhalten, wie Gassen mitteilte.

Er wies zugleich daraufhin, dass dies angesichts des geringen Betrages, den die Krankenkassen dafür bereitstellten, nur ein erster Schritt sein könne. Die Details müssten jetzt noch ausgearbeitet werden. Über die Hygienekosten bei speziellen Leistungen wie ambulante Operationen wird Gassen zufolge separat verhandelt.

Corona-Sonderregelungen verlängert

Darüber hinaus wurden heute mehrere Sonderregelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bis Jahresende verlängert. Dazu gehören unter anderem die zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten bei Telefonkonsultationen und die uneingeschränkte Nutzung der Videosprechstunde.

Über die Details werden die PraxisNachrichten in einer Sonderausgabe berichten, sobald der Gemeinsame Bundesausschuss über eine Verlängerung der dort veranlassten Sonderregelungen beraten hat. Der Beschluss ist für morgen geplant.

Veränderungsraten für 2022

Bereits im August hatten KBV und GKV-Spitzenverband im Rahmen der Honorarverhandlungen die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie beschlossen. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verhandeln dann mit den Krankenkassen vor Ort, wie viel Geld diese im neuen Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten bereitstellen.

Der Orientierungswert beträgt aktuell 11,1244 Cent. Mit der jetzt beschlossenen Anhebung von 1,275 Prozent steigt er auf 11,2662 Cent. Dies entspricht einer Anhebung von rund 540 Millionen Euro. Hinzu kommen etwa 60 Millionen Euro infolge der Veränderungsraten der Morbidität und Demografie.

Online-Einlagen gefährden Patienten und Behandlungserfolg

Gemeinsame Stellungnahme von

  • des Beratungsausschusses der DGOOC für das Handwerk Orthopädieschuhtechnik
  • der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
  • der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC)
  • des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
  • der Deutschen Gesellschaft für interprofessionelle Hilfsmittelversorgung (DGIHV)
  • des Zentralverbandes für Orthopädieschuhtechnik (ZVOS)
  • der Vereinigung Technische Orthopädie der DGOU

Pressemitteilung als PDF – hier klicken


Zentrale Forderung:

Die individuelle und fachlich versierte Betreuung durch Arzt und Orthopädie(schuh)techniker ist bei der
Versorgung mit Hilfsmitteln zwingend erforderlich. Dies gilt auch und insbesondere bei der Versorgung
von Fußproblemen mit Einlagen.

Online-Einlagen ohne die individuelle Druckabnahme, Herstellung, Anpassung und Abnahme durch Arzt und Orthopädie(schuh)techniker sind in dieser Hinsicht nicht geeignet und gefährden den Behandlungserfolg und den Patienten.

Anlass für diese Stellungnahme sind Verträge der Krankenkassen TK und BARMER mit einem industriellen Anbieter von Einlagenversorgungen, die online erstellt werden sollen.


Fragestellung:

  1. Können Einlagenversorgungen gesundheitliche Schäden zur Folge haben, wenn Abdruck und Abgabe ohne direkte physische Anwesenheit von fachlich qualifiziertem Personal (Orthopädieschuh/-techniker oder Arzt) erfolgen?
  2. Können zweidimensionale Fußabdrücke (Blauabdruck oder ähnliche Methoden, bspw. Kohlepapier) von Patienten selbst so erstellt werden, dass sie eine medizinisch relevante Aussagekraft für eine ausreichende und zweckmäßige individualisierte Einlagenversorgung besitzen?
  3. Kann auf der Basis von zweidimensionalen Fußabdrücken (Blauabdruck oder ähnliche Methoden, bspw. Kohlepapier) ohne Kenntnis weiterer Parameter (z.B. Flexibilität des Fußes, Hautläsionen) eine Fußfehlstellung therapiert werden?

Antwort:

Eine derartige Praxis ist aus drei wesentlichen Argumentationen medizinisch-wissenschaftlich nicht sinnvoll:

  1. Die o.g. Vorgehensweise in der Abdruckgewinnung durch den Patienten selbst, sowie der Anpassung der zugesandten Einlagen durch den Patienten ohne Fachkontrolle ist hoch fehleranfällig und birgt die Gefahr einer Fehlversorgung oder gar einer sekundären gesundheitlichen Schädigung in sich.
  2. Die Blaupause liefert immer nur Informationen zur Fehlstellung. Auf Basis der Blaupause ist das therapeutische Ziel (Rückfußaufrichtung, Druckumverteilung) nicht zu definieren, da relevante Informationen (z.B. Flexibilität der Fehlstellung) fehlen. Bei einer Abdruckabnahme ohne Beteiligung eines Orthopädie(schuh)-technikers fehlen zudem wichtige Zusatzinformationen wie Umrisszeichnungen und Markierungen der inneren und äußeren Fußballen, die für eine adäquate Versorgung (bspw. Pelottenpositionierung zur Querwölbungsabstützung) erforderlich sind.
  3. Eine derartige Vorgehensweise widerspricht den Forderungen des Hilfsmittelverzeichnisses (Bekanntmachung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) Fortschreibung der Produktgruppe 08 “Einlagen” des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V vom 24.10.2016, Kap VII,   sowie der Hilfsmittelrichtlinie des G-BA (§ 8 und § 9) nach individueller Anpassung und Kontrolle der Einlagen.


Ausführliche Begründung:

Im Hilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 08 ist das Vorgehen betreffs der Herstellung von Einlagen inkl. Maßnehmen und Abgabe von orthopädischen Einlagen abgehandelt

Definition:

Nach der PG 08 sind

  • Einlagen individuell gebrauchsfähig und passend abzugeben und in den einlagengerechten Schuh mit normaler Absatzhöhe und Fersensprengung des Versicherten einzupassen.
  • Gerade die individuelle Versorgung und Anpassung von Hilfsmitteln wurde in der Vergangenheit gerade von den Krankenkassen gefordert. Sie wird auch stringent in allen Urteilen des BSG so bestätigt und gefordert.
  • Die Versorgung hat Statik und Dynamik zu berücksichtigen (was in der o.g. Vorgehensweise nicht beinhaltet ist).
  • Ein Wechselpaar kann aus hygienischen Gründen rezeptiert und hergestellt werden, allerdings erst nach Überprüfung der Funktionalität.
  • Eine Reparatur hat bei Bedarf zu erfolgen.

Voraussetzungen der Einlagenversorgung

Eine orthopädische Einlage kann

  • als bearbeiteter Rohling nach 2D / 3D Abdruck oder nach Positivmodell hergestellt werden. Die Anprobe der Einlagen an den Füßen und in den Schuhen des Versicherten hat durch den Leistungserbringer mit sofortiger Korrekturmöglichkeit individuell während der Anprobe durch fachlich ausreichend qualifiziertes Personal zu erfolgen.
  • Eine Dokumentation ist entsprechend des MPG ebenso wie die Erreichbarkeit betreffs eventueller Nachbesserung sicherzustellen.
  • Die endgültige Abgabe der Einlagen mit Einpassung in die Schuhe des Versicherten hat durch fachlich ausreichend qualifiziertes Personal zu erfolgen.
  • Die Einweisung in den Gebrauch hat durch den Leistungserbringer zu erfolgen, Produkteinweisung, insbesondere in die medizinische Unterstützung bestimmter Fußareale sowie die Passform- und Funktionsprobe im Konfektionsschuh erfolgen dabei nicht nur verbal und visuell, sondern zu einem erheblichen Teil durch die Finger der erfahrenen Fachleute am Fuß und im Schuh.
  • Ein Hinweis auf Reinigung und Pflege der Einlagen sowie die Aushändigung der Gebrauchsanweisung ist vorgeschrieben und die Einlage ist, sofern auf Wunsch des Versicherten kein anderer Termin vereinbart wurde, innerhalb von 2 Wochen nach Auftragsannahme abzugeben.

Mögliche Indikationen für stützende Einlagen nach PG 08 sind:

  • Knick-Senkfuß schlaff (mit Belastungsbeschwerden)
  • Knick-Senk-Spreizfuß (mit Belastungsbeschwerden)
  • Spreizfuß mit Hallux valgus (mit Belastungsbeschwerden)
  • Hallux rigidus mit Spreizfußbeschwerden
  • statischen Fußbeschwerden nach Frakturruhigstellung u.a.
  • Hohlfuß
  • Senk-Spreizfuß mit Hammer- oder Krallenzehen
  • Morbus Köhler (I+II)

Maß- und Modellverfahren:

Prinzipiell stehen als Maß- und Modellverfahren zweidimensionale und dreidimensionale Verfahren zur Ver-fügung. Als 2D- Verfahren sind der Blauabdruck, der unbelastet oder (teil-)belastet ggf. auch dynamisch be-lastet durchgeführt wird und zweidimensionale Scanverfahren bekannt, letztere aber ohne die genügende Genauigkeit. Oft ist zusätzlich ein dreidimensionales Verfahren wie der Schaumabdruck (Trittschaum) als einfachste Möglichkeit sinnvoll. Hier ist zu beachten, dass der Fuß je nach Erkrankung unbelastet, teilbelastet oder belastet mit nach Möglichkeit orthograder Einstellung der Ferse in den Schaum eingeführt wird. Falls der Pat. den Abdruck nicht absolut korrekt statisch durchführt, kommt es unweigerlich zu fehlerhaften Einlagen.

Besonders bei schwierigen Fußfehlformen und Kinderfüßen ist oft noch der Gipsabdruck notwendig, bei dem von Hand ohne grobe Kraft der Fuß so physiologisch wie möglich eingestellt wird. Weitere Möglichkeiten sind der 3-D-Scan oder/und die elektronisch plantare Fußdruckmessung, sowie bei Bedarf ganganalytische Verfahren.

Bei allen Verfahren ist die Beobachtung bzw. „Handanlegen“ des Orthopädiehandwerkers oder erfahrenen Arztes zwingend erforderlich wie auch in der PG 08 beschrieben zur Garantie einer fehlerfreien Abnahme und /oder bereits bei der Abnahme erforderlichen, korrigierenden Abnahmetechnik.

Ein Fehler im Maßnehmen überträgt sich unweigerlich auf das orthopädische Hilfsmittel und kann medizinischen Schaden anrichten.

Berücksichtigt werden muss zudem, dass Schuh und Einlagen eine Einheit bilden müssen und die Einpassung in Einlagen-gerechtes Schuhwerk zu erfolgen hat. Die sollte auch überwacht werden.

Ein orthopädisches Hilfsmittel kann bei nicht fachgerechter Anwendung Gesundheitsschäden verursachen.

Zur sachgerechten Hilfsmittelversorgung ist daher eine subtile Anamnese und Untersuchung des Patienten, das geeignete und korrekt erstellte Maß- und Modellverfahren, die handwerkliche Herstellung sowie die individuell am Patienten durchgeführte Anpassung, Abgabe und Kontrolle zwingend erforderlich.


Versorgungsbeispiele, die bei fehlerhafter Hilfsmittelversorgung (fehlende individuelle Untersuchung und Kontrolle) zu Gesundheitsschäden führen können:

Achillodynie (Symptomenkomplex):

Nur durch eine gute Untersuchung kann z.B. bei Verkürzung der Wadenmuskulatur Höhe und Beschaffenheit einer detonisierenden retrocapitalen Stufe oder bei durch Instabilität im OSG ursächlich verschuldete Achillodynie per Außenranderhöhung an der Einlage eine korrekte orthopädietechnische Versorgung erfolgen – d.h. insbesondere die Untersuchung ist hier betr. Ausführung des Hilfsmittels zielführend!

Drohender Gesundheitsschaden:
Verschlimmerung bis zur Begünstigung der Ruptur der Achillessehne.

Arthrose des Großzehengrundgelenkes (Hallux rigidus):

Je nach Restbeweglichkeit der Großzehe ist die Steifigkeit der Rigidusfeder einzustellen. Dies kann nur im Rahmen der Untersuchung durch den Orthopädiehandwerker in Kenntnis der Materialien für die Rigidusfeder bestimmt werden.

Drohender Gesundheitsschaden:
Ausbleibender therapeutischer Effekt bis hin zur Verschlimmerung des Leidens.

Hohlfuß:

Die Untersuchung mit dem Coleman Block Test liefert Informationen darüber, inwieweit die Flexibilität des Rückfußes eine orthograde Einstellung des Fersenbeines ermöglicht. Dies ist zwingend erforderlich.
Hieraus resultieren die Versorgungs- und Herstellungskriterien der Einlage zur orthograden Einstellung des (Rück-)Fußes.

Drohender Gesundheitsschaden:
(Teil-) Ruptur der Peronaeus brevis Sehne durch Überlastung. Sekundäre Gelenkschäden an unterem und oberem Sprunggelenk.

Knick-Senkfuß:

Bei der Untersuchung werden Flexibilität und Ausmaß der Deformität unter Belastung im Vergleich zur Entlastung analysiert. Auf Basis dieser Informationen werden die Positionierung und Höhe der medialen Anstützung der Einlage festgelegt.

Bei der Tibialis posterior Sehnendysfunktion erfolgt die Anstützung in Höhe des Sustentaculum tali bis zum Os naviculare (Lohrer). Die optimale Höhe kann nur unbelastet durch die Untersuchung von Hand durch den Orthopädieschuhtechniker bestimmt werden.

Drohender Gesundheitsschaden:
Progredienz der stadienhaft verlaufenden Erkrankung mit Ruptur der Tibialis posterior Sehne (Stadium II), sekundäre Gelenkschäden am unteren (Stadium III) und oberen Sprunggelenk mit Arthroseentwicklung (Stadium IV).

Metatarsalgie ( Symptomenkomplex):

Untersuchung der Flexibilität des Vorfußes um die prinzipielle Entscheidung zwischen Versorgungen mit Pelotte oder retrocapitaler Stufe zu treffen. Gleichzeitig werden auf Basis dieser Informationen die Höhe und Positionierung der Pelotte bzw. retrocapitalen Stufe festgelegt. Weiterhin erfolgt eine Ursachensuche z.B. zur Verkürzung des Gastrocnemius-/Soleuskomplexes oder zur Atrophie des plantaren Fettpolsters.

Drohender Gesundheitsschaden:
Ruptur der plantaren Platte mit nachfolgender Krallenzehenentwicklung und Luxation der Zehengrundgelenke, Stress-Reaktion/-Fraktur Metatarsalia.

Plantarfasciitis / Fersenspornsyndrom:

Untersuchung zur genauen Bestimmung des Punctum maximum der Beschwerden zur genauen Positionierung der Entlastungszonen und Adressierung der häufig begleitenden Fußfehlform.

Drohender Gesundheitsschaden:
Verschlechterung der Beschwerden, Ruptur der Plantarfaszie, Chronifizierung.

Varusgonarthrose:

Untersuchung des Ausmaßes des Genu varum und Korrigierbarkeit durch Unterlegen von unterschiedlich hohen Keilen in Millimeterschritten zur Korrektur der Beinachse und Verlagerung der Vektorkräfte, die ins Kniegelenk einfließen, um eine Lateralisation dieser Kräfte zu erreichen. Gleichzeitig muss eine Überkorrektur bzw. einlagenbedingte Fehlstellung im Rückfuß ausgeschlossen werden.

Drohender Gesundheitsschaden:
Verschlechterung der Gonarthrose, sekundäre Schäden am unteren Sprunggelenk, Begünstigung einer Rückfußfehlstellung.

Zehendeformitäten:

Nur durch den Push up Test kann bei noch flexiblen Zehendeformitäten gesehen werden, inwieweit eine Korrektur in die orthograde oder verbesserte Stellung möglich ist. Dies ist im Blauabdruck nicht zu erkennen.

Drohender Gesundheitsschaden:
Verschlimmerung der Zehendeformität in die fixierte Stellung, Degeneration der Zehengelenke und ggf. dann OP-Indikation.

Angio-neuropathischen Fußveränderungen in Kombination mit anderen Fußdeformitäten:

Nur eine überaus gewissenhafte Inspektion, Palpation und Funktionstests führen hier zur entsprechenden Risikoeinschätzung der Füße, die wiederum eine entsprechende Beratung, Abdrucknahme und Materialauswahl ermöglicht. Der Auswahl und Passformkontrolle des Konfektionsschuhs kommt dabei besondere Bedeutung insbesondere z.B. bei beginnendem Sensibilitätsverlust (PNP) der Füße zu.

Drohender Gesundheitsschaden:
Fußwunden, Minor/Majoramputationen

Ausgeprägte Form des kindlichen Knick–Plattfuß:

Eine gründliche Palpation und Inspektion ermöglicht eine genaue Einschätzung der Korrekturmöglichkeit des Fußes und die richtige Abstützung in der Längswölbung. Eine Herstellung nach dreidimensionaler Formabdruck individuell hergestelltem Positiv am passiv (fremdtätig) in mögliche Korrekturstellung gebrachten Fuß (Originalforderung PG 08), ist die Methoden-Wahl zum gewünschtem Therapieergebnis.

Drohender Gesundheitsschaden:
Keine Verbesserung der Fußstellung und Gefahr von später auftretenden Überlastungssyndromen bis hin zur Notwendigkeit einer operativen Korrektur.

Klumpfüße nach Abschluss des Wachstums, postoperative Versorgung, sonstige schwere, kontrakte Fußdeformitäten, kindlicher Sichelfuß, Zustand nach Klumpfußkorrektur, kongenitaler Plattfuß bei Kindern usw.:

Es ist offensichtlich, dass nur die vorher beschriebene gewissenhafte Arbeit des Orthopädiehandwerkers in Verbindung mit der oftmals notwendigen Absprache mit dem verordnenden Arzt zu dem gewünschten Therapieziel führt. Während der Blauabdruck lediglich das Abbild der Fehlstellung liefert, wird auf Basis des ärztlichen und orthopädietechnischen Untersuchungsbefundes das Therapieziel definiert. Die Kenntnis der Fehlstellung allein erlaubt keine Definition eines therapeutischen Ziels. Oftmals ist dabei auch eine Abdrucknahme und Abgabe des Hilfsmittels in Anwesenheit des Arztes sinnvoll, um das erwünschte Versorgungsergebnis/-ziel gemeinsam zu besprechen und eventuell notwendige Änderungen sofort abzustimmen.

Drohender Gesundheitsschaden:
Gefährdung der bisherigen Therapie-/OP-Ergebnisse und spätere Einschränkungen der Mobilität.


Zusammenfassung

Ein orthopädisches Hilfsmittel kann bei nicht fachgerechter Herstellung und Anwendung Gesundheitsschäden verursachen.

Zur sachgerechten Hilfsmittelversorgung ist die genaue Anamnese und Untersuchung des Patienten durch den verordnenden Arzt und auch den Techniker notwendig. Auf Basis dieser Informationen erfolgt die Festlegung des zu korrigierenden funktionellen Defizites, die Auswahl des geeigneten Maß- und Modellverfahrens, die handwerkliche Herstellung sowie Abgabe und Kontrolle des Hilfsmittels. Nur so lassen sich die therapeutischen Möglichkeiten von Einlagen ausschöpfen und Gesundheitsschäden vermeiden.

Ein Versorgungsweg ohne die individuelle Anpassung und Kontrolle eines Orthopädie(schuh)technikers führt zu einem erheblichen Risiko für die Patientensicherheit. Dies beginnt bereits bei der Erfassung der Fußdaten (Maßnehmen), welche für den Patienten in der Regel eine völlige Überforderung darstellt. Sämtliche in der
PG 08 aufgeführten Verfahren zur Erfassung der Fußdaten sind in der Abnahme durch Laien hoch fehleranfällig und müssen daher von Fachleuten durchgeführt werden. Teilweise ist es grundsätzlich unmöglich, dass ein Patient bei sich selbst entsprechende Daten erhebt (siehe Formabdrucknahme in korrigierter Fußstellung), teilweise bedarf es elektronischer Geräte, die wiederum nur von Fachleuten bedient werden sollten, damit verlässliche Ergebnisse daraus entstehen. Die Fehler, die bei der laienhaften Durchführung des Fußabdruckes entstehen, sind im Nachhinein aber meist nicht korrigierbar und führen dabei unweigerlich zu schlechten Versorgungen.

Neben den oftmals im Text oben im Einzelnen aufgeführten Inspektions-, Palpations- und Funktionstests durch den Orthopädie(schuh)techniker ist die Abgabe des Hilfsmittels mit individuell durchzuführender Therapieerfolgsprüfung ein weiterer wichtiger Bestandteil der Versorgung (sowohl durch Techniker selbst, als auch durch den verordnenden Arzt). Die Überprüfung der korrekten Adressierung des Funktionsdefizites oder der Fehlform, die Kontrolle der Passform bei der Abgabe, das Einpassen in das patientenindividuelle Schuhwerk, die Kontrolle von Paßform und genügendem Platz für den Fuß im Schuh, einschließlich z.B. einer Gangbildkontrolle kann seitens eines Laien nicht durchgeführt werden. Bei der Online-Versorgung entfällt zudem die Möglichkeit einer direkten Korrektur des Hilfsmittels durch den Techniker bei der individuellen Abgabe am Patienten, dies führt zu einer wesentlichen Verschlechterung der bisherigen Versorgungspraxis.

Völlig inakzeptabel und jeder nationalen und internationalen Leitlinie widersprechend, wäre eine Versorgung bei Hochrisikopatienten, bspw. bei Diabetikern mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) mit Diabetes-adaptierten Fußbettungen und Diabetesschutzschuhen ohne die Anwesenheit eines überwachenden Orthopädie(schuh)-technikers. Hier handelt es sich immer um Patienten mit einem extrem hohen Risiko für eine Reulzeration
bzw. ggf. folgende Minor/Majoramputation. Auch die Leistungsbeschreibungen für diese Versorgungsart in der PG 31 verbieten zu Recht eine „Orthopädiehandwerker-lose“ Versorgung.

Prof. Dr. B. Greitemann
Vorsitzender des DGOOC-Beratungsausschusses für das Handwerk Orthopädieschuhtechnik

Prof. Dr. Dietmar Pennig 
Generalsekretär DGOU 

Prof. Dr. Bernd Kladny
Generalsekretär DGOOC, Stellv. Generalsekretär DGOU

Dr. Johannes Flechtenmacher
Präsident BVOU

Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier
Vorstandsvorsitzender DGIHV                                                                    

Stephan Jehring
Präsident ZVOS

Haltung zeigen trotz Pandemie: „Rückenfit“ digital

Fast 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen klagen über Rückenschmerzen sowie Verspannungen im Rücken- und Nackenbereich. Monate des Homeschoolings mit ergonomisch nicht optimalen Schreibtischen, wenn überhaupt vorhanden, haben ihre Spuren hinterlassen, aber auch gezeigt, dass Unterrichtsmaterialien digitalisiert werden könnten. Zum Schulanfang kommt nun die Diskussion um einen zu schweren Schulranzen wieder auf.

Aktion Rückenfit konnte bisher leider nur 2019 stattfinden.

2019 feierte die Aktion Orthofit mit der Initiative Rückenfit Premiere. Aufgrund der Pandemie bisher nur in 2019. Daher ist es umso wichtiger, dass die digitalen Materialien genutzt werden.

Als Mitglied des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) besuchte 2019 der Oberarzt Dr. Arne-Björn Jäger die Schüler einer weiterführenden Schule. Aus gutem Grund: Gerade in der entscheidenden Wachstumsphase, die mit Beginn der Pubertät eintritt, sei die Entwicklung der Wirbelsäule und damit auch die Körperhaltung für Fehlentwicklungen anfällig, erläutert der Mediziner.

Aufgrund der Pandemie kann zwar die vor Ort Aktion nicht stattfinden, aber die praktischen Übungen aus dem Patientenratgeber “Rücken – Beschwerden wirksam begegnen: Ursachen, Therapie, Training” von Herrn Prof. Dr. Dr. Joachim Grifka, kann jeder anhand von den Videos selbst machen. Dass diese Bezeichnungen wie „Rückenrodeo“ oder „King Kong“ tragen, steigerte den Spaßfaktor noch zusätzlich. Im Übrigen: Weil die eigene Körperhaltung auch das innere Empfinden spiegelt, signalisiert ein aufrechter Gang auch Selbstbewusstsein.

Der Patientenratgeber “Rücken – Beschwerden wirksam begegnen: Ursachen, Therapie, Training” hilft Betroffenen, mehr über ihre Krankheit zu erfahren und die Zusammenhänge besser zu verstehen. Dazu werden die anatomischen Grundlagen der Wirbelsäule, die besonders anfälligen Strukturen, typische Erkrankungen und die verschiedenen Krankheitszeichen (Symptome) beschrieben und erklärt.

Was können Eltern für ein gesundes Wachstum ihrer Kinder tun? Weiter Informationen finden Sie in unseren kostenlosen Info-Broschüren “Zeigt her Eure Füße” und “Haltung zeigen”.


Artikel-Spezial auf Orthinform  


Extra: Tipps für Schüler   

Damit der Rücken gesund und fit bleibt, sollten Kinder regelmäßige Übungen machen und sich generell körperlich stärker betätigen. So ist vor allem die Stärkung der Rumpfmuskulatur von Bedeutung, betont Dr. Arne-Björn Jäger. In der Schule sollten Schüler nach Möglichkeit alle zehn Minuten ihre Sitzposition verändern. Auch sollte das Gewicht des Schulranzens nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts betragen.

Webinar 25.08.2021: (KIM) Kommunikation im Medizinwesen

Am 25. August 2021 informiert die gematik erstmals in einer weiteren Veranstaltung der Reihe „gematik digital“ zu den Themen Kommunikation im Medizinwesen (KIM), Heilberufsausweis (HBA) und TI-Messenger. KIM sorgt für den sicheren Austausch von sensiblen Informationen wie Befunden, Bescheiden, Abrechnungen oder Röntgenbildern über die Telematikinfrastruktur (TI). In der virtuellen Veranstaltung möchte die gematik konkrete Hilfestellung bei der Nutzung der Anwendungen der TI – insbesondere KIM – anbieten, einen Ausblick auf die Chancen geben und offene Fragen beantworten.

Mit KIM können die Akteure im Gesundheitswesen über Einrichtungs-, System- und Sektorengrenzen hinweg miteinander kommunizieren. Ärztinnen bzw. Ärzte, Zahnärztinnen bzw. Zahnärzte, Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten, Apothekerinnen bzw. Apotheker und deren medizinisches Fachpersonal sowie auch medizinischen Einrichtungen wie Praxen, Versorgungszentren, Apotheken und Krankenhäuser und sogar die Krankenkassen und offiziellen Organisationen und Verbände werden in diese Kommunikationsprozesse einbezogen. Mit dem sicheren TI-Messenger können perspektivisch auch die Patientinnen bzw. Patienten Nachrichten an entsprechende Akteure versenden und diese erhalten.

Das Webinar findet am 25.08.2021 von 17:00 bis 18:30 Uhr statt und bietet Raum für die Beantwortung offener Fragen.

Alle Informationen sowie das Anmeldeformular finden Sie hier:


Perspektive DVT – „Wertvolle diagnostische Informationen zum Wohle unserer Patienten“

In Siegburg leiten Dr. med. Markus Kuttenkeuler und sein Kollege Dr. med. Frank Schmähling die Gemeinschaftspraxis „Orthopädie & Unfallchirurgie“ und bieten ihren Patienten im Rahmen ihrer Behandlungen eine ganzheitliche orthopädische Versorgung.

Auf der Suche nach einer diagnostischen Ergänzung zum digitalen Röntgen und zur Sonographie innerhalb ihrer Praxisräume, ist das Ärzteteam Anfang 2021 in einer Broschüre des BVOU auf das SCS MedSeries® H22 aufmerksam geworden. Schon einige Monate nach Erstkontakt mit dem Unternehmen SCS ist die dreidimensionale Bildgebung ein fester Bestandteil im Praxisalltag und unterstützt die Orthopäden bspw. in der Diagnostik von komplexen Knochenstrukturen wie von Fuß, Hand, Ellenbogen sowie von Kniegelenken.

Seit April 2021 verfügt die Praxis nun bereits über das SCS DVT. Die beiden Mediziner schätzen hieran insbesondere die wertvollen diagnostischen Informationen, welche eine optimale Behandlung und somit das Wohl ihrer Patienten sicherstellen.

 

Dr. med. Markus Kuttenkeuler & Dr. med. Frank Schmähling berichten über ihre Erfahrungen mit dem Implementierungsprozess:

„Da unserer Meinung nach die Zukunft der radiologischen Bildgebung in der O&U in der 3-D-Bildgebung mit der digitalen Volumentomographie liegt, hat uns das Gesamtpaket, bestehend aus Beratung, DVT-Fachkundelehrgang, exklusiven Sonderkonditionen für BVOU-Mitglieder und Unterstützung durch die größte DVT Anwendergemeinschaft für die Extremitätendiagnostik in Deutschland mit Hospitationen, Qualitätszirkeln und Fortbildungen überzeugt. Die Implementierung des SCS MedSeries® H22 im April 2021 verlief absolut reibungslos und wir freuen uns nun auf zusätzliche wertvolle diagnostische Informationen zum Wohle unserer Patienten.“

 

Digitale Volumentomografie mit dem SCS MedSeries® H22

SCS steht für Sophisticated Computertomographic Solutions und beschreibt die Lösung für die anspruchsvolle 3-D-Bildgebung mit höchster Strahlenhygiene, höchster Bildauflösung sowie höchster Zeitersparnis für Patient, Praxis und Arzt – als Win-Win-Win-Situation – gleichermaßen.

Der digitale Volumentomograf SCS MedSeries® H22 besitzt ein breites Indikationsspektrum und ist aus der Orthopädie und Unfallchirurgie nicht mehr wegzudenken. Mit dem platzsparenden Design findet das SCS MedSeries® H22 DVT in jeder Praxis einen Platz. Dank der hohen Strahlenhygiene und der Auflösung von bis zu 0,2 mm ist das SCS DVT auch in der Pädiatrie anwendbar. Die vom SCS DVT ausgehende Strahlendosis kann unterhalb der täglichen terrestrischen Strahlendosis eingestellt werden und ist im Vergleich zur Computertomografie um bis zu 92% geringer.

Die hochauflösenden Schnittbilder stehen, inklusive Rekonstruktionszeit, innerhalb von drei Minuten in multiplanarer Ansicht (axial, koronal, sagittal) sowie in 3-D am Befundungsmonitor zur Beurteilung durch den behandelnden Arzt zur Verfügung. Im Resultat ist es mit dem SCS DVT möglich, eine 3-D-Schnittbilddiagnostik durchzuführen, die sehr strahlungsarm ist, eine exakte Beurteilung von Grenzflächen zwischen Metall- und Knochenstrukturen zulässt, und sehr einfach am Patienten anzuwenden ist.

 

Orthopädie & Unfallchirurgie
Orthopädische Gemeinschaftspraxis

Dr. med. Markus Kuttenkeuler
Dr. med. Frank Schmähling
Wilhelmstr. 55-63
53721 Siegburg
www.orthopaeden-siegburg.de

Sonderregelungen für Online-Kursformate enden

Durch den Wegfall der Präsenzveranstaltungen für Weiter- und Fortbildungen während der Pandemie, wurden Sonderregelungen von den Ärztekammern oder beteiligten Aufsichtsbehörden erlassen, die nun evtl. wieder zurückgenommen werden.

Daher werden voraussichtlich letztmalig folgende Kurse komplett online stattfinden. Nutzen Sie daher Ihre Chance:




Perspektive DVT: Die Unverzichtbarkeit des DVT neben der MRT Bildgebung

Im Jahr 2017 haben Dr. med. Christian Obersteiner und sein Kollege Dr. med. Christian Schneider das Orthopädiezentrum Theresie in München eröffnet. Dieses ist auf Sportmedizin und -orthopädie spezialisiert. Um ihren Patienten eine umfassende Behandlung zu ermöglichen, setzen sie innerhalb der Praxisräumlichkeiten auf zahlreiche diagnostische Möglichkeiten wie beispielsweise das 2-D-Röntgen sowie das MRT. Im Mai 2020 wurden die bildgebenden Modalitäten um das SCS MedSeries® H22 DVT erweitert.

Erfolgreiche Ausdehnung des Diagnostikspektrums

Bei den zahlreichen Sportverletzungen, mit denen die Ärzte sich täglich beschäftigen, ist es wichtig, zügig eine umfassende Diagnose zu stellen. Vorher geschah dies ausschließlich durch die konventionelle Bildgebung. Nun können sie auch mit einer multiplanbaren Bildgebung arbeiten: „Jetzt haben wir auch innerhalb unserer Praxis die Möglichkeit, knöcherne Pathologien darzustellen“. Zuvor gab es immer wieder Fälle in der Praxis, bei denen die Patienten bei unklaren Befunden zum CT überwiesen wurden. „Mit dem DVT können wir 3-D-Aufnahmen selbstständig direkt in unserer Praxis durchführen.“

Auch die Option der Belastungsaufnahmen führt zu einer Erweiterung ihrer diagnostischen Möglichkeiten, da diese eine enorm verbesserte Darstellung von Gelenkwinkeln, Positionen und Bandstrukturen begünstigen.

MRT und DVT als komplementäre Bildgebung

Die dreidimensionale Bildgebung hat sich bereits vollständig in den Praxisalltag etabliert und ergänzt das konventionelle Röntgenbild im hohen Maß. In Bezug auf die diagnostische Sicherheit überzeugen die Belastungsaufnahmen vor allem hinsichtlich der besseren räumlichen Zuordnung von knöchernen Pathologien. Beispielhaft dafür: „Vor kurzem kam ein 16-jähriger Sportler zu uns in die Praxis, der über ein geschwollenes Sprunggelenk und Belastungsschmerzen klagte. Zunächst haben wir eine Aufnahme mit dem MRT erstellt und so abgeklärt, wo die Ursache liegt“. Die gefundene Fraktur konnte allerdings mit einer MRT Bildgebung allein nicht vollständig diagnostiziert werden.

Deshalb griff das Ärzteteam auf das SCS DVT zurück: „In der Aufnahme konnte man dann ganz deutlich erkennen, dass es sich um eine lokale Durchblutungsstörung handelt, bei der Teile des Knochens absterben.“ Demnach war nicht der ganze Knochen betroffen, sondern nur einzelne Bereiche, die dreidimensional präziser dargestellt werden konnten. Kurze Zeit später wurde der junge Mann operiert, wonach postoperativ ebenfalls noch dreidimensionale Aufnahmen erstellt wurden: „Die Operation konnte somit individuell an den Patienten angepasst werden, sodass in dieser ausschließlich bestimmte Knochenanteile angegangen wurden.“

Absolute Patientenzufriedenheit

Nicht nur für die diagnostische Sicherheit ist die 3-D-Bildgebung in der Praxis unverzichtbar, sondern auch in Bezug auf die Zufriedenheit der behandelten Patienten. Auch für diese sind die Aufnahmen sehr beeindruckend und anschaulich: „Mit entsprechender Erklärung des Sachverhalts können auch unsere Patienten verstehen, wo sich beispielsweise die Fraktur befindet und wo genau die knöcherne Pathologie im Knochen zu sehen ist“. Ebenfalls in Bezug auf die Strahlenhygiene lässt sich ein besonders großer Vorteil für diese finden: „Bei den strahlungsärmeren Aufnahmen habe ich nicht nur eine niedrige Strahlenbelastung für den Patienten – die Aufnahmen haben auch eine höhere Auflösung als die des 2-D-Röntgens oder des MRTs und Frakturen können demnach besser analysiert und beurteilt werden“. Für die Patienten werden eine umfassende Diagnostik und eine schnelle Therapieeinleitung sichergestellt.

Worte an die Kollegen der O&U

Abschließend möchte Dr. med. Christian Obersteiner auch seine Kollegen dazu animieren, sich mit der eigenständigen SCS Bildgebung auseinanderzusetzen: „Jedem interessierten Kollegen biete ich gerne an, dass wir uns gemeinsam Fälle anschauen und die dazugehörigen Aufnahmen besprechen.“ Der Mediziner ist überzeugt, dass die 3-D-Schnittbildgebung mit ihrer schnellen Verfügbarkeit sowie der Möglichkeit von Belastungsaufnahmen in einer modernen, orthopädischen Praxis schon jetzt einen großen Stellenwert hat. Für ihn ist das DVT in seinem Praxisalltag unverzichtbar geworden: „Das dreidimensionale Bildgebungssystem wird in Zukunft die Röntgendiagnostik ersetzen und hat uns in der gesamten sportmedizinischen und -orthopädischen Diagnostik ein großes Stück weitergebracht.“

Fallvorstellung: Osteochondrosis Dissecans Talus

Ausgangssituation

Patient, 16 Jahre, sportlicher American Footballspieler ohne Beschwerden oder sonstige Vorerkrankungen stellt sich Anfang März 2021 in der Praxis vor. Zunehmende Belastungsschmerzen am linken Sprunggelenk seit Anfang des Jahres. Zunächst lagen die Beschwerden bei einigen Malen wöchentlich sowie nach etwa zehnminütiger sportlicher Betätigung. Im weiteren Verlauf traten die Schmerzen mehrmals täglich, langanhaltend und intensiver auf. Der Patient war in seinem Alltag sehr eingeschränkt, konnte seinem Sport nicht mehr nachgehen und zeigte ein hinkendes Gangbild.

Befund

Die Erstuntersuchung zeigte links einen leichten Rückfußvalgus mit einer leichten Absenkung des Fußlängsgewölbes. Weiter gab es diffuse Schmerzen im gesamten ventralen Gelenkspalt ohne weitere größere Aufzeigbarkeiten, weder medial noch lateral. Die Beweglichkeit war mit Flexion/Extension 35°-0-15° etwas eingeschränkt und der Zehnspitzenstand linksseitig war nicht möglich.

Diagnostik

Bei den vorangegangenen Aufnahmen, wie dem Ultraschall, war ein Osteophyt an der Tibia- Vorderkante am Sprunggelenk zu sehen. Weiter gab es einen mäßigen Erguss im Gelenk selbst. Es folgte eine Kernspinn-Aufnahme. Ersichtlich war ein mittelmäßiger Erguss und ein Weichteilödem am ventralen Gelenksanteil und ein lokales Knochenmarksödem am medialen Talus. Es ergab sich der Verdacht auf ein Ödemherd bei noch intakter Knorpeloberfläche.

Dieser Verdacht war die rechtfertigende Indikation, um eine Aufnahme mit dem DVT zu veranlassen, welche schließlich eine Osteochondrosis Dissecans an der medialen dorsalen Talusschulter, einen Tibiavorderkanten- sowie ein Talus-Osteophyt zeigte.

Auf Grundlage der Bildgebung erfolgte nach einigen Tagen die Arthroskopie des linken Sprunggelenks mit dem Abtragen des Talus- sowie des Tibiavorderkanten- Osteophyt und der Überprüfung des Knorpels von intraartikulär, welcher sich als intakt erwies.

Bei dem Eingriff wurde zudem eine retrograde Anbohrung mit einer retrograden Spongiosaplastik unter Bildwandlerkontrolle durchgeführt.

Postoperativ wurde dann eine weitere DVT Aufnahme veranlasst, um die Bohrkanallage und die retrograde Spongiosaplastik zu überprüfen. Dort zeigte sich, dass der Bohrkanal korrekt gesetzt, der Osteochondrosis Dissecans Herd korrekt angebohrt und die retrograde Spongiosaplastik bis knapp unterhalb der Sklerosezone eingebracht wurde. Zudem war zu erkennen, dass das Knochenfenster bei der Spingiosia-Entnahme an der distalen Tibia gut angelegt und die beiden Osteophyten an der Tibia-Vorderkante und am Talus in der Arthroskopie mit abgetragen wurden.

Zur Entlastung des Sprunggelenks nutzte der Patient im Anschluss sechs Wochen lang Gehstützen, bekam eine entsprechende Thromboseprophylaxe sowie Physiotherapie. Der Patient verfügt wieder über eine gute Beweglichkeit sowie einen schmerzfreien Gang ohne Gehstützen.

Erschienen in: SCS Magazin 02-2021

Umfrage: Nutzung und Erfahrungen zur Flächendesinfektion

Liebe BVOU-Mitglieder,

in einer aktuellen Umfrage interessieren wir uns konkret für Ihre individuelle Nutzung und Erfahrungen zur Flächendesinfektion.

Die Bearbeitung der Umfrage dauert etwa 5 Minuten und es werden keine personenbezogenen Daten abgefragt. Die von Ihnen gegebenen Antworten werden streng anonym und nicht rückverfolgbar evaluiert.

Wir danken Ihnen für die Teilnahme an dieser Studie.

Update zu Beugesehnennähten

Sehnenverletzungen im Bereich der Hand und des Unterarms sind häufig. Zwar werden sie meist richtig erkannt, jedoch häufig in ihrem Ausmaß unterschätzt. In diesem Übersichtsartikel werden vor allem neue Aspekte und mögliche Schwierigkeiten bei der operativen Versorgung und Nachbehandlung von Beugesehnenverletzungen thematisiert.

Präoperative Untersuchungen

Eine sorgfältige Anamnese und eingehende präoperative klinische Untersuchung sind unerlässlich. Der Mechanismus des Traumas gibt wichtige Informationen zur Einschätzung der Verletzung. Bei stumpfem Trauma kommt es eher zu Sehnenausrissen und Quetschverletzungen, spitze Verletzungen verursachen eher eine glatte Durchtrennung von Gefäßen, Nerven und/oder Sehnen. In der präoperativen Untersuchung der Hand müssen Sensibilität, Motorik und Durchblutung überprüft werden. Ergänzend sollten Röntgenaufnahmen zum Ausschluss einer knöchernen Beteiligung oder Inkorporation eines Fremdkörpers durchgeführt werden. Zur Untersuchung der Beugesehnen erfolgt die isolierte Prüfung der Sehnen des M. flexor digitorum superficialis (FDS), M. flexor digitorum profundus (FDP) und M. flexor pollicis longus. Die FDP-Sehne ist leicht zu testen. Hierzu wird das Mittelglied fixiert und der Patient aufgefordert, das Endgelenk zu beugen. Die FDS-Sehne wird isoliert untersucht, indem die anderen Finger durch den Untersucher in Streckung gehalten werden und der Patient angehalten wird, den betroffenen Finger zu beugen. Die Untersuchung der Beugesehnen ist eine rein klinische Untersuchung. Bei Verdacht auf eine Beugesehnenverletzung besteht die Indikation zur operativen Exploration. Weitere apparative Untersuchungen sind in der Regel nicht notwendig. In speziellen Fällen, wie z. B. bei älteren Sehnenverletzungen, ist die klinische Untersuchung manchmal nicht eindeutig. Hier kann eine Ultraschall- oder MRT-Diagnostik sinnvoll sein.

Zoneneinteilung von Beugesehnenverletzungen Verletzungen in Zone 2 stellen eine besondere Herausforderung dar.

Einteilung von Beugesehnenverletzungen

Beugesehnenverletzungen werden anhand ihrer Lokalisation in Zonen (Abb. 1) eingeteilt. Je nach Zone können unterschiedliche Schwierigkeiten in der Versorgung auftreten. Läsionen in Zone 1 entsprechen ansatznahen Verletzungen der tiefen Fingerbeugesehne. Wenn der distale Sehnenstumpf weniger als 1 cm lang ist, ist in der Regel eine primäre knöcherne Refixation (mittels Knochenanker oder transossärer Naht) nötig. Wenn mehr als 1 cm Sehnenstumpf zur Verfügung steht, kann eine direkte Sehnennaht erfolgen. Sollte es zu einer Verkürzung der Beugesehne um mehr als 1 cm kommen, kann dies zu dem sogenannten „Quadriga“-Phänomen führen: anatomisch teilen sich die tiefen Fingerbeugesehnen einen gemeinsamen Muskelbauch und bilden somit eine funktionelle Einheit. Eine verminderte Beweglichkeit in einem Finger führt somit zu einer verminderten Flexion in den anderen Fingern. Die Behandlung von Beugesehnenverletzungen in Zone 2 stellt eine Herausforderung dar. Die Schwierigkeit besteht in der engen räumlichen Nähe der oberflächlichen und tiefen Beugesehnen sowie deren Sehnenscheiden. 1948 wurde von Sterling Bunnell für diese Zone daher der Begriff Niemandsland („no man’s land“) geprägt, da bis in die 1960er-Jahre Beugesehnenverletzungen in diesem Bereich unweigerlich mit katastrophalen funktionellen Ergebnissen verbunden waren. Durch die Weiterentwicklung von Operationstechniken und Nachbehandlungsmöglichkeiten kann heute eine direkte Naht durchgeführt werden. Diese erfordert jedoch eine besondere chirurgische Expertise. So kann es z. B. aufgrund der besonderen anatomischen Situation sinnvoll sein, auf die Naht einer der beiden Beugesehnen zu verzichten, um Verklebungen zu vermeiden. Verletzungen der Zonen 3–5 sind in der Regel unproblematisch und können mit einer direkten Naht und gegebenenfalls mit einer einfachen Ruhigstellung behandelt werden.

Das Zeitfenster für die operative Versorgung

Eine wissenschaftlich belegte Empfehlung zum optimalen Zeitpunkt der operativen Versorgung liegt aufgrund fehlender Daten nicht vor. Die Arbeitsgruppe von Stone und Davidson konnte zeigen, dass zumindest in Hinsicht auf die postoperative Infektionsrate keine Nachteile durch eine Versorgung innerhalb der ersten Woche entstehen. Auch ein funktioneller Nachteil konnte nicht nachgewiesen werden. In der Praxis ist eine sofortige Versorgung der Beugesehnenverletzung somit nicht zwingend erforderlich, solange Sensibilität und Durchblutung des Fingers nicht beeinträchtigt sind. Liegt eine isolierte Beugesehnenverletzung vor, sollte eine operative Versorgung üblicherweise innerhalb einiger Tage angestrebt werden. Die direkte Sehnennaht ist 3–4 Wochen nach der Verletzung erschwert durch eine zunehmende Degeneration und Retraktion der Sehnenenden sowie Narben- und Adhäsionsbildung. Sie geht mit gehäuft schlechten Ergebnissen einher und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. In diesem Fall kann eine sekundäre Sehnenrekonstruktion erforderlich sein.

Beugesehnennähte in WALANT-Technik: Abblassen der Finger nach Injektion mit Articain 1% mit Adrenalinzusatz von 1:200.000 Trotz Verzicht auf eine Blutsperre wird im Operationsgebiet eine gute Übersicht erreicht. Die bis zum A1-Ringband retrahierten Sehnen wurden über eine zusätzliche proximale Inzision dargestellt und nach distal mobilisiert.

Die operative Versorgung

Die adäquate Versorgung einer Beugesehnenverletzung wird unter kontrollierten Bedingungen im Operationssaal durchgeführt. Da es sich vornehmlich um Stich- und Schnittverletzungen handelt, sind Begleitverletzungen häufig. Betreffen diese Gefäße und Nerven, sind weitere Ressourcen, wie Mikroskop, mikrochirurgische Instrumente, Nahtmaterial und mikrochirurgisch geschultes Personal erforderlich. Ist eine adäquate Versorgung des Patienten in der Aufnahmeklinik nicht gewährleistet, sollte er in eine spezialisierte Einrichtung überwiesen werden. Für den Erfolg der Operation ist auch eine Nachbehandlung durch spezialisierte Handtherapeuten essenziell.

Anästhesie

Klassischerweise erfolgt die Operation in Plexusanästhesie. Zunehmend werden Operationen an Sehnen seit mehreren Jahren aber auch in der sogenannten WALANT-Technik operiert. Bei der WALANT-(Wide Awake Local Anesthesia, No Tourniquet) oder wide-awake-Anästhesie wird ein Lokalanästhetikum mit Zusatz von Adrenalin injiziert. Die durch das Adrenalin hervorgerufene Vasokonstriktion führt zu einer Blutarmut im Operationsgebiet, sodass die zusätzliche Anlage einer Blutsperre nicht notwendig ist. Die Anwendung von Lokalanästhetika mit Adrenalinzusatz an den Akren wurde in der Vergangenheit kritisch gesehen. Bei Aufarbeitung der tatsächlich dokumentierten Fälle konnten Nekrosen der Finger jedoch nicht direkt auf den Adrenalinzusatz zurückgeführt werden. Eine Literaturrecherche von Publikationen zwischen 1980 und 2000 ergab für die Anwendung von Lidocain mit Adrenalinzusatz keinen einzigen dokumentierten Fall einer Fingernekrose. Im angloamerikanischen Raum wird die WALANT-Technik in der elektiven Handchirurgie sowie in der Traumachirurgie seit mehreren Jahren angewendet, sodass die sichere Anwendbarkeit von Adrenalin an den Fingern mittlerweile durch eine große multizentrische Studie bestätigt werden konnte. Die Vasokonstriktion kann zu einem Abblassen der Finger führen. In der Regel normalisiert sich die Durchblutung innerhalb von 6 Stunden, ohne eine kritische Ischämie des Fingers zu erreichen (Abb. 2). In der Praxis wird empfohlen, bei Anwendung der WALANT-Technik, das Antidot Phentolamin, einen RezeptorenAntagonisten, vorrätig zu halten. Der besondere Vorteil der WALANT-Anästhesie in der Handchirurgie besteht darin, dass die Stabilität und Gleitfähigkeit von Sehnen bereits intraoperativ überprüft werden kann, da der Patient während der Operation die Finger aktiv bewegen kann.

Operative Technik

Der operative Zugang muss abhängig von der vorbestehenden Wunde gewählt werden. Senkrecht zu Beugefurchen verlaufende Narben sind zu vermeiden. Zeigt sich die Beugesehnenscheide verletzt, muss diese weiter eröffnet werden, um die Beugesehne auf Verletzungen zu überprüfen. Während der Exploration müssen zusätzlich Gefäßnervenbündel dargestellt und deren Kontinuität überprüft werden. Die Beugesehnen werden von fünf Ringbändern fixiert (A1–A5). Insbesondere die Ringbänder A2 und A4 haben eine Bedeutung für die mechanische Führung der Sehnen am Knochen. Sind die Ringbänder A2 und A4 zerstört oder insuffizient, können die Beugesehnen den vorgesehenen Verlauf ändern. Sie heben sich dabei beugeseitig beim Anspannen der Sehnen ab (Bogensehneneffekt oder „bowstringing“). In der Vergangenheit war man der Ansicht, dass insbesondere die Ringbänder A2 und A4 unter allen Umständen erhalten werden sollten. Die Behandlung der Sehnenscheide hat sich jedoch in den letzten Jahren verändert. Aktuelle Studien zeigen, dass eine sehr gute Funktion des Fingers erhalten bleibt, selbst wenn diese oder mehrere Ringbänder teildurchtrennt wurden. Aktuell wird daher empfohlen, Ringbänder soweit als möglich zu erhalten, jedoch ist eine Teileröffnung bei entsprechend intakten umgebenden Ringbändern durchaus möglich und auch nötig, um ein freies Gleiten der Sehne zu ermöglichen. Können Ringbänder nicht ausreichend erhalten werden, empfiehlt sich eine sekundäre Ringbandrekonstruktion nach Ende der Sehnenheilung und abgeschlossener Bewegungstherapie. Die Sehnenexkursion kann intraoperativ mit konventionellen Anästhesieverfahren ausschließlich passiv getestet werden.Die WALANT-Technik erlaubt zusätzlich eine aktive Testung sowohl der Gleitfähigkeit der Sehne als auch der Stabilität des verbleibenden Ringbandsystems. Häufig retrahieren die Sehnenenden. Es gibt verschiedene Techniken, die Sehnen wieder in die Wunde zu mobilisieren. Die Sehne sollte vorsichtig behandelt und nicht gequetscht werden. Es kann ein einmaliger Versuch durchgeführt werden, die Sehne mit einer stumpfen Klemme aus der Sehnenscheide zu mobilisieren. Ist eine Mobilisation nicht möglich, empfiehlt es sich, einen weiteren Zugang proximal der Verletzung zu schaffen und den Sehnenstumpf von proximal nach distal vorzuschieben. Die Blutversorgung der oberflächlichen und tiefen Beugesehnen wird u. a. über die Vincula tendinum longa und brevia gewährleistet. Diese werden idealerweise bei der Sehnennaht geschont.

Technikbeispiele der Beugesehnennaht

Die Sehnennaht

Vor über 100 Jahren beschrieb Kirchmayr eine Technik zur Beugesehnennaht, die in Variationen bis heute gängig ist. Es besteht eine große Auswahl an Nahttechniken (Abb. 3). Anzahl der Kernnähte, Fadenmaterial und Fadenstärke bestimmen die Stabilität einer Sehnennaht. Eine Erhöhung der Anzahl an Kernnähten (Stränge) erhöht die Stabilität der Sehnennaht, vermindert jedoch gleichzeitig die Gleitfähigkeit der Sehne durch das eingebrachte Fadenmaterial. Biomechanisch sind mindestens 4 Kernnähte notwendig, um frühzeitige, aktive Beugeübungen zu ermöglichen. Deshalb wird von vielen Autoren derzeit die 4-Strangnaht als Standard angesehen, obwohl ein klinischer Vorteil gegenüber der einfacheren 2-Strangnaht in Metaanalysen nicht gesichert ist. Zur Sehnennaht können unterschiedliche Nahtmaterialen eingesetzt werden. Da es durch geflochtene Fäden zu einer Traumatisierung des Sehnengewebes beim Durchzug des Fadenmaterials kommen kann, wird in der Regel monophiles Nahtmaterial empfohlen. Sowohl für resorbierbares als auch für nicht resorbierbares Nahtmaterial kann eine Vielzahl von Argumenten angebracht werden. In der Praxis hat sich jedoch bislang kein eindeutiger Vorteil für eines der beiden Konzepte gezeigt, sodass die Wahl des Nahtmaterials nach wie vor sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Auch die Fadenstärke hat einen Einfluss auf die Stabilität der Sehnennaht. Je größer die Fadenstärke, desto mehr Stabilität wird erreicht. Wir verwenden für die Kernnähte in der Regel einen langsam resorbierbaren Faden der Stärke 3/0. Eine zusätzliche epitendinöse Ringnaht mit einem monofilen Faden der Stärke 6/0 galt bisher als Standard, da sie die Stabilität der Sehnennaht um bis zu 50% erhöht und die Lücken- sowie Wulstbildung im Nahtbereich durch eine Feinadaptation verringert. Dieses Konzept wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. So wird von einigen Autoren eine leichte Wulstbildung sogar angestrebt und die Ringnaht eher negativ bezüglich der Gleitfähigkeit der Sehne angesehen.

 

Die Nachbehandlung

Eine stabile Sehnennaht ist wichtig für die Sehnenheilung. Aufgrund von Umbauvorgängen in der genähten Sehne ist nach 1–3 Wochen die Gefahr einer Nahtinsuffizienz am höchsten. Erst mit dem Beginn der Remodellierungsphase nach 4 Wochen erlangt die Sehne wieder Stabilität. Die Nachbehandlung von Sehnenverletzungen ist von höchster Wichtigkeit. Es ist deshalb für die Handchirurgen sehr wichtig, ein spezielles Nachbehandlungsnetzwerk zu schaffen. Zur Rehabilitation gibt es unterschiedliche Protokolle, die je nach Qualität der Sehnennaht und Einschätzung der Compliance des Patienten angewendet werden. Sie reichen von vollständiger Ruhigstellung über kontrolliert passive Übungsprogramme bis hin zu früh aktiven Rehabilitationsprotokollen:

Ruhigstellung

Die Behandlung mit Ruhigstellung im Gips nach Cifaldi, Collins und Schwarze wird heutzutage nur noch bei Kleinkindern angewandt. Die Ruhigstellungsdauer beträgt hier ca. 4 Wochen im Oberarmgips bzw. Faustverband.

Passive Nachbehandlung

Die passive Mobilisation nach Beugesehnenverletzungen wurde von Duran und Houser im Jahr 1975 beschrieben. Die Ruhigstellung erfolgt zunächst in einer Schiene in Entlastung der Beugesehnen. Aus der Schiene heraus wird in Begleitung eines Therapeuten mit der passiv durchgeführten Beugung und Streckung der Finger begonnen. Nach 4 Wochen wird die Flexion der Schiene vermindert und zusätzliche Halteübungen („place and hold“) durchgeführt.

Kontrolliert passive Nachbehandlung

Zu den bekanntesten Nachbehandlungsprotokollen gehört die kontrolliert passive Bewegungstherapie („early passive motion“ oder „controlled passive motion“) nach Kleinert. Grundlage der Behandlung ist die passive Flexion unter Zügelung durch Gummibänder und die freie aktive Extension unter Schienenprotektion. In Eigentherapie und zusätzlicher Anleitung eines Therapeuten erfolgen die stündliche Wiederholung der aktiven Extension sowie die zusätzliche Wiederholung von isoliert passiver Flexion in den Mittel- und Endgelenken.

Kontrolliert passive und aktive Nachbehandlung

Die dauerhafte Beugestellung durch das Zügelsystem kann zu Beugekontrakturen in den Mittelund Endgelenken führen. Chow et al. entwickelten das Kleinert-Regime im Jahre 1987 weiter und präsentierten das Chow-Washington-Regime („controlled passive and active motion“). Grundlage des Konzepts ist die Modifikation der Kleinert-Schiene. Aus einem durchgehenden Gummiband entstanden 2 Bänder mit unterschiedlichen Stärken: ein kräftiges Band für den Erhalt der Flexionsstellung der Finger und ein weniger starkes Gummiband während der aktiven Extension. Zusätzlich zur aktiven Extension des Mittel- und Endgelenks wird das Grundgelenk passiv in maximaler Beugung gehalten, um Kontrakturen zu verhindern.

Kontrolliert aktive Nachbehandlung

Im Jahr 1989 führten Small et al. eine kontrolliert aktive Bewegungstherapie („controlled active motion“) ohne Zügelführung ein. Dieses Konzept eignet sich für gut führbare und motivierte Patienten bei ausreichend stabiler Sehnennaht. Eine dorsal angelegte Schiene hält das Handgelenk in Flexionsstellung, die Grundgelenke in etwa 60°-Beugung und die Interphalangealgelenke in 0°-Stellung. Die Schiene lässt die freie, bis zur distalen Hohlhandbeugefurche reichende Flexion und Extension der Finger zu. Eine neuere Entwicklung stellt der Manchester Short Splint dar. Diese Schiene umfasst Mittelhand und Finger, die Grundgelenke werden bei 30°, das Handgelenk bei 45° Extension geblockt. Je nach Bedarf können die unterschiedlichen Behandlungskonzepte kombiniert werden. Eine Vollbelastung der Sehne wird erst nach 12 Wochen erreicht. Die Rupturrate wird nach primärer Beugesehnennaht auf 4–17% geschätzt.

Fazit

Sehnenverletzungen im Bereich der Hand und des Unterarms sind häufig. Eine detaillierte klinische Untersuchung ist essentiell. Bei Patienten mit Stich- oder Schnittverletzungen mit Verdacht auf eine Beugesehnenverletzung ist eine sofortige, notfallmäßige Versorgung bei intakter peripherer Durchblutung nicht zwingend notwendig, sollte aber zeitnah angestrebt werden. Die Zuweisung zu einem Handchirurgen ist sinnvoll, da Verletzungen meist richtig erkannt, jedoch häufig in ihrem Ausmaß unterschätzt werden. Häufig finden sich Begleitverletzungen der Nerven und Arterien. Der Erfolg der Beugesehnenchirurgie ist nicht nur abhängig von der Nahttechnik oder einer besonderen Nachbehandlung. Gute Ergebnisse sind von vielen Details während der gesamten Behandlungsdauer abhängig und können nur in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit erreicht werden. Videos und Fallbeispiele zur WALANT-Technik sowie Literaturquellen können bei den Autoren angefragt werden.