Alle Beiträge von Janosch Kuno

Virchowbund: Mindestens 7 Prozent mehr Geld für die Arztpraxen nötig

Im Vorfeld der Finanzierungsverhandlungen zwischen Krankenkassen und Praxisärzten fordert der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands (Virchowbund) mindestens 7 Prozent mehr Geld für die ambulante Versorgung von Patienten. 

Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass die Kosten der Arztpraxen weit stärker steigen als die Einnahmen. So erhöhten sich die Aufwendungen für Arztpraxen um 5,79 Prozent, die Einnahmen jedoch nur um 1 Prozent. Dazu kommt, dass bei den Aufwendungen noch gar nicht alle Kosten berücksichtigt sind, die ein Praxisinhaber stemmen muss.

Die Gehälter der Medizinischen Fachangestellten stiegen zuletzt um 6 Prozent; die Oberarztgehälter, Referenz für den kalkulatorischen Arztlohn, stiegen durch die Tarifabschlüsse in den Kliniken um 6 Prozent. Weitere Tariferhöhungen sind bereits beschlossen. Die Inflationsrate betrug zuletzt 2,2 (2024) bzw. 5,9 Prozent (2023).

„Hausarzt- und Facharztpraxen zählen zur kritischen Infrastruktur. Wer auch 2040 noch niedergelassene Ärzte haben möchte, muss für die Praxen eine nachhaltige Finanzierung bereitstellen. Fehlt diese, wird die Versorgung für alle deutlich schlechter“, mahnt Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Virchowbundes.

Die rund 100.000 Haus- und Facharztpraxen sind nicht die Kostentreiber im Gesundheitswesen. Im Gegenteil: Für ein Bruchteil der Mittel, die in den stationären Sektor fließen, schultern die Praxisärztinnen und -ärzte 578 Millionen Behandlungsfälle und über 1 Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte pro Jahr (stationär: 17,2 Millionen Behandlungsfälle). „An der ambulanten Versorgung zu sparen, wäre daher der falsche Ansatz“, stellt Dr. Heinrich klar.

Wie jedes Jahr verhandeln Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen einerseits und der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte andererseits darüber, wie viel Geld für die Behandlung der Patientinnen und Patienten bereitgestellt wird. 

Der Virchowbund 

BVOU Jahresbericht: Wandel als Chance – Rückblick und Ausblick 2024/2025

Das vergangene Jahr war für unseren Verband ein Jahr des Wandels. Die Ampelregierung konnte ihre Ziele nicht erreichen und hinterlässt Herausforderungen sowohl im wirtschaftlichen Bereich als auch im Gesundheitssystem. Unausgereifte Reformen erfordern ständige Anpassungen, Korrekturen und Neudefinitionen. Dies stellt das Gegenteil von verantwortungsbewusster und nachhaltiger Politik dar.

Der BVOU hat sich in der letzten Legislaturperiode aktiv an politischen Diskussionen beteiligt, unter anderem bei Hybrid-DRGs und Notfallversorgung sowie Krankenhausreform und Patientensteuerung. Leider fanden unsere Vorschläge keinen ausreichenden Anklang. Diese Reformvorhaben bleiben jedoch auf der Agenda. Ihre Umsetzung erfordert sorgfältige Planung und ist dringend notwendig, um die Sozialsysteme zukunftsfähig zu gestalten.

Die neue Bundesregierung wird ebenfalls von Wandel und Veränderung begleitet werden. Unserer neuen Bundesgesundheitsministerin, Nina Warken, wünschen wir eine ruhige Hand und hoffen, dass ihr objektiver Blick dazu beiträgt, Missstände zu adressieren und Veränderungen pragmatisch anzugehen, statt einer ideologischen Agenda zu folgen. Wir sind gespannt auf Gespräche mit ihr und ihren Staatssekretären und stehen bereit, alle Fragen konstruktiv zu diskutieren.

Ein kritisches Thema ist das geplante Primärarztsystem. Während eine effiziente und abgestimmte Patientenkoordination zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen kann, muss die Versorgung akuter Verletzungen und chronisch Kranker weiterhin direkt durch unsere Fachkräfte möglich sein.

Die Integration von Künstlicher Intelligenz und digitalen Technologien wird unsere Arbeitsweise sowohl in Klinik und Praxis als auch in der Verbandsarbeit maßgeblich verändern. Der BVOU adaptiert diese Technologien und hat innovative digitale Tools entwickelt, die den Alltag unserer Mitglieder erleichtern und die Vernetzung fördern.

Haben Sie sich schon mit OrthoChat vertraut gemacht? Empfehlen Sie es Ihren Patienten, wenn Fragen zur Diagnostik und Therapie offen geblieben sind oder eine Sprachbarriere das Verständnis erschwert. OrthoChat spricht 50 Sprachen und ist mit vom BVOU kuratierten Inhalten zu Gesundheit und Krankheit des Bewegungsapparates trainiert.

Ein Highlight dieses Jahres ist die Baumpflanzaktion, die wir ins Leben gerufen haben, um einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz zu leisten. Für jedes neue Mitglied pflanzen wir einen Baum in Deutschland und setzen damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit. Mit Optimismus und Zuversicht blicken wir in die Zukunft und nehmen das Andrybäumchen in unserem Logo symbolisch: Geradeaus und nach oben soll es gehen.

Ein erfreulicher Aspekt ist die Zunahme unserer Mitgliederzahl. Über 7.500 Fachkolleginnen und -kollegen haben sich unserem Verband mittlerweile angeschlossen, was den Zusammenhalt und die Stärke unseres Fachs zeigt. Für unsere Mitglieder geben wir täglich unser Bestes.

In diesem Jahresheft geben wir einen Überblick über die Ereignisse des letzten Jahres und einen Ausblick auf die kommenden Monate. Gemeinsam sind wir stark – auf allen Ebenen des Verbands. Lassen Sie uns die Weichen für eine positive Entwicklung im Gesundheitswesen stellen. Packen wir es an!

Dr. Jörg Ansorg (Geschäftsführer) und Dr. Burkhard Lembeck (Präsident)

 

Perspektive DVT – „Die SCS Bildgebung ist ein integraler Teil meiner 3D-Diagnostik“

Die Praxis ORTHO4SPORT in Köln, gegründet von Herrn Prof. Dr. Oliver Tobolski, setzt konsequent auf moderne, patientenorientierte Diagnostik. Bereits zur Eröffnung 2024 wurde die Praxis mit dem SCS MedSeries® H22 ausgestattet – eine Technologie, mit welcher der Arzt schon seit vielen Jahren arbeitet.

In einem Interview spricht er über den Einsatz des hochwertigen DVT-Systems. Lassen Sie sich im nachfolgenden YouTube-Video inspirieren:


Sie haben Fragen zur innovativen SCS Bildgebung?

Wir begleiten Sie von Anfang an und unterstützen Ihre Transformation von der 2-D- auf die moderne 3-D-Diagnostik. Ihnen steht jederzeit ein persönlicher Ansprechpartner für alle Fragen zum technischen, wirtschaftlichen und medizinischen Betrieb zur Verfügung. Lassen Sie sich in einem ersten, etwa 15-minütigen Telefonat beraten. Wir zeigen Ihnen die Möglichkeiten dieser hochmodernen Lösung auf.

Vom Teilnehmer zum Kongresspräsidenten: DKOU25 mit Herz und Verantwortung

Was bedeutet es, den größten europäischen Kongress für Orthopädie- und Unfallchirurgie als einer der Präsident leiten zu dürfen? Dr. Stefan Middeldorf spricht über die persönliche Bedeutung dieser Rolle, den Rückblick auf eine langjährige Kongress-Teilnahme und die Verantwortung, gemeinsam mit einem starken Team den Kurs für den DKOU 2025 zu setzen.

Herr Dr. Middeldorf, als Kongresspräsident des DKOU 2025 – was bedeutet diese Rolle für Sie privat und beruflich?
Dr. Stefan Middeldorf: Da ich Beruf und Privates nicht sonderlich trenne – hier folge ich übrigens meinem verehrten Lehrer und ehemaligen Chef, Prof. Hans-Raimund Casser –, kann ich Ihnen auf beides im Wesentlichen gleichlautend antworten: Große Ehre und ebenso große Herausforderung trifft es vermutlich am besten. Seit Mitte der 90er bin ich durchgängig Teilnehmer des Kongresses, immer mit eigenen Beiträgen und Seminaren oder zu Vorsitzen geladen. Nun einmal selbst Verantwortung zu übernehmen, gemeinsam mit meinen Co-Präsidenten, ist etwas ganz Besonderes, salopp gesagt: „mittendrin, statt nur dabei!“ Es ist kein Geheimnis, dass ich nicht mehr zu den ganz Jungen gehöre, der reguläre Abschluss meiner Berufstätigkeit nicht zu verleugnen ist, die Ehre der Kongresspräsidentschaft rundet da meine Laufbahn auch auf wunderbare Weise ab. Der Kongress an sich und seine Vorbereitung, auch die Durchführung, ist nicht ganz unähnlich einer großen Reise mit einer Dreimastbark. Der Kurs ist in gewisser Weise klar, muss aber den jeweiligen Wetterbedingungen angepasst werden. Und es geht auf keinen Fall alleine, es braucht ein großes Team, um ein solches Schiff am Laufen zu halten. Hier gibt es unheimlich viele engagierte, kompetente und fleißige Leute, die uns drei Kongresspräsidenten unterstützen. Das ist natürlich zunächst einmal die Kongressorganisation, die ganz viel Erfahrung mitbringt, insbesondere auch mit dem Umgang mit den handelnden Personen und Persönlichkeiten, dann natürlich die jeweiligen Geschäftsstellen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch unsere jeweiligen Teams, und ich bin hier unheimlich dankbar, dass Dr. Sven Schemel, Dr. Tobias Riedl und PD Dr. Ricarda Seemann mich unterstützen – insbesondere Frau Seemann bringt ja als Kongresssekretärin aus dem Jahr 2024 sehr viel Input mit. Und dann sind es natürlich die Generalsekretäre Prof. Kladny und Prof. Pennig, die uns unterstützen. Die beiden würde ich mal so als Schutzengel bezeichnen: Wenn du sie nicht brauchst, sind sie im Hintergrund, wenn aber Not am Mann ist, unterstützen sie einen sofort, zumal mit ihrer großen Erfahrung. Ich möchte meiner Klinikgeschäftsführerin herzlich danken, dass sie mich über die gesamte Zeit der Vorbereitung unterstützt hat. Das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. Und natürlich habe ich mit Frau Dr. Michalke und Herrn Dr. Jakubaß als meine ärztlichen Vertreter in den verschiedenen Bereichen der Klinik bislang maximale Unterstützung erfahren – dafür bin ich sehr dankbar.

Der DKOU ist Europas größter Fachkongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. Welche Schwerpunkte und Innovationen erwarten die Teilnehmer in diesem Jahr?
Dr. Middeldorf: Der DKOU ist die wichtigste Veranstaltung in unserem Fach, mit steigenden Teilnehmerzahlen, die inzwischen sogar den Kongress der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS) übertreffen. Zudem haben wir in diesem Jahr eine überaus geeignete Location. Der Wechsel aus den Messehallen, die ja mal als Provisorium gedacht waren, dann aber doch lange überdauerten, in den CityCube – dies wurde sehr gut vorbereitet – wird sicherlich nochmals die Attraktivität der Veranstaltung steigern. Viele wichtige Themen warten auf die Teilnehmer. Aus berufspolitischer Sicht ist hier natürlich zunächst die Krankenhausreform zu nennen, aber ebenso die Notfallversorgung, Prävention, Patientensteuerung, Bürokratieabbau, Hybrid-DRG, Primärarztversorgung und die nachhaltige Finanzierung unseres Gesundheitssystems. Als Schwerpunktthemen haben wir Präsidenten uns zudem die Digitalisierung und neue Technologien, Big Data und künstliche Intelligenz, Gelenkerhalt und -ersatz, konservative Therapie und Versorgungsstrukturen sowie Sportverletzungen gesetzt. Natürlich wird es auch wieder um die wichtigen Themen aus dem Bereich der Grundlagenforschung gehen. Neben den sog. „gesetzten“ Sitzungen, also Themen, die aus dem Bereich von medizinischen Fachgesellschaften, Sektionen und Dezernaten kommen, gab es zudem eine Auswahl aus 1250 Abstracts zu treffen; über 50% wurden zur Präsentation als Vortrag oder Poster angenommen. An dieser Stelle darf ich zunächst einmal allen Einreichenden für die sehr hochwertigen Beiträge danken, ebenso den Gutachtern für ihren Einsatz bei der Bewertung.

Angesichts der internationalen Krisen und Unsicherheiten: Wie bereiten Sie die Kliniken auf neue Gefährdungslagen vor und welche Rolle spielt der DKOU dabei?
Dr. Middeldorf:
Wir werden mit unserem Programm auch der Tatsache Rechnung tragen, dass wir international in bewegten Zeiten mit wachsender Unsicherheit und militärischen Konflikten in der Ukraine und in Nahost leben, und auch mit einer Neuordnung der transatlantischen Partnerschaft konfrontiert sind. Welche Auswirkungen zunehmende Gefährdungslagen auf unsere Kliniken haben und wie wir uns vorbereiten können, werden wir in mehreren Sitzungen behandeln. Die Interdisziplinarität war uns ebenfalls wichtig, gemäß unseres Mottos: Fortschritt gemeinsam gestalten. Als Ärzte sind wir Teamplayer, sowohl in Praxis als auch Klinik. So ist es nur selbstverständlich, dass wir einen Austausch generationsübergreifend pflegen – ich darf hier nur das Junge Forum nennen –, auch die Industrie ist natürlich unser Partner, mit der wir Innovationen entwickeln können. Sessions wird es darüber hinaus selbstverständlich auch für Studierende, Pflegende, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten geben. Am Kongress-Freitag findet zudem der traditionelle Patiententag statt, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Rheuma-Liga. Also eine sehr runde Sache.

Mit Spanien und Österreich als Gastländern: Welche Impulse und Erfahrungen erhoffen Sie sich von diesem internationalen Austausch?
Dr. Middeldorf: Unsere Gastländer, Spanien und Österreich, sind mit zahlreichen Sitzungen eingebunden, wir erwarten hier Impulse zu Fokus-Themen wie Knorpelrekonstruktion, Versorgung der Hüftdysplasie, Kurzschaft-Endoprothetik, Verletzungen des Beckenrings und periprothetische Frakturen. Gespannt können wir sein, wie in den verschiedenen Ländern diese anspruchsvollen Themen therapeutisch angegangen werden. Bei der Eröffnungsfeier am Kongress-Dienstag werden wir übrigens den Präsidenten der Bundesärztekammer, Herrn Dr. Klaus Reinhardt, begrüßen dürfen. Uns erwartet hier eine spannende Diskussion zu aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen.

Welche spezifischen Herausforderungen in der Orthopädie und Unfallchirurgie möchten Sie ganz persönlich mit dem diesjährigen Kongress besonders adressieren?
Dr. Middeldorf: Die Auswahl hängt natürlich zunächst mit meinen persönlichen Arbeitsschwerpunkten zusammen, immer aber auch mit dem Blick darauf, was die Kongressteilnehmer interessieren könnte. Als Präsident des Berufsverbandes stehen selbstverständlich zuerst berufspolitische Themen im Vordergrund. Da brennen wir in diesem Jahr wahrlich ein Feuerwerk an Themen ab, denn es gibt auch wirklich viele relevante Themen, zu denen informiert werden muss und zu denen wir diskutieren wollen: Primärarztversorgung, Hybrid-DRG, KVKHG, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Bogen ist hier aber noch viel weiter zu spannen: Es geht darum, wie Orthopädie und Unfallchirurgie in die Versorgung eingebracht werden können. Versorgungsverträge, Disease Management und indikationsspezifische Behandlungsansätze zu verschiedenen Krankheitsbildern werden wir hier präsentieren. Dank an dieser Stelle übrigens auch an die vielen Kolleginnen und Kollegen des BVOU, aus Vorstand und Dezernaten, die hier spannende Sessions zu brandaktuellen Themen einbringen werden. Aus meinen Arbeitsschwerpunkten kommen darüber hinaus zahlreiche Sessions zu konservativer Orthopädie & Unfallchirurgie, Rehabilitation, Technischer Orthopädie und Begutachtung.

Die Schön Klinik ist das größte Familienunternehme im Deutschen Krankenhaussektor. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist hier ein zentraler Aspekt in der Schön Klinik. Wie wichtig ist dieser Ansatz für die Rehabilitation in der Orthopädie und Unfallchirurgie?
Dr. Middeldorf: Interdisziplinäres Arbeiten ist in Klinik und Praxis heute nicht mehr wegzudenken. Oft sind es erst die Netzwerke, die unseren Patientinnen und Patienten einen Mehrwert und eine rasche Genesung ermöglichen. Gelebte Interdisziplinarität finde ich an meinem Arbeitsplatz in der Zusammenarbeit mit der Neurologischen und Psychosomatischen Klinik wieder. Hier gibt es beispielsweise abteilungsübergreifende Behandlungsprogramme, die unsere Patientinnen und Patienten sehr schätzen. Wir unterscheiden uns in diesem Punkt gar nicht so sehr von den Akutkrankenhäusern: Auch in der Unfallchirurgie ist es heute üblich, gemeinsam mit den internistischen Geriatern im Rahmen des Alters-Trauma zu arbeiten. Für die Rehabilitation gilt dies umso mehr, da wir unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Krankheitskonzepts arbeiten. Homo sapiens nimmt ja für sich in Anspruch, ein Bewusstsein zu haben – psychische und soziale Aspekte spielen hier, neben den körperlichen Beeinträchtigungen, eine große Rolle. Dies muss selbstverständlich auch in der Therapie adressiert werden; alles andere würde zu kurz greifen.

Wie hat sich die Rehabilitation in Deutschland entwickelt und auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert sie?
Dr. Middeldorf:
Seit 30 Jahren bin ich nun in der orthopädischen Rehabilitation tätig. Über diesen gesamten Zeitraum gab es immer wieder Diskussionen, ob man Rehabilitation in dieser Form in Deutschland überhaupt braucht oder ob sie nicht zu teuer sei – nach dem Motto: Im Ausland gibt es das ja auch nicht. Dabei werden, aus meiner Sicht, hier Äpfel mit Birnen verglichen. Während es in anderen Ländern – meist aus wirtschaftlichen Gründen – oft nur um eine punktuell auf die Funktionsverbesserung des operierten Gelenks fokussierte Behandlung geht, haben wir in Deutschland einen ganz anderen Anspruch, der sich aus unserer Historie und insbesondere aus der Sozialgesetzgebung ableitet und in jeder Hinsicht sinnvoll ist. So finden sich die speziellen Regelungen zur Rehabilitation beispielsweise im SGB V sowie im SGB IX. Es geht schlicht und ergreifend um die Teilhabe von Menschen – und nicht nur um das Durchführen von „Knack- und Back-Beübungen“ auf einer Therapieliege. Oft ist selbst in Fachkreisen nicht bekannt, auf welcher Grundlage wir diese rehabilitativen Maßnahmen erbringen. Wir arbeiten für die gesetzliche Krankenversicherung auf der Basis „Rehabilitation vor Pflege“, im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Prinzip „Rehabilitation vor Rente“, und die gesetzliche Unfallversicherung arbeitet unter der Maßgabe „mit allen verfügbaren Mitteln“. Dabei ist unser Ansatz holistisch und – wie bereits gesagt – auf Basis des bio-psycho-sozialen Krankheitskonzepts. Es gibt eben nicht nur ein paar Einheiten Physiotherapie oder Massage, sondern der Anspruch ist, richtungsweisende Verbesserungen – auch durch edukative Elemente und Verhaltensschulung – zu erzielen, die gesundheitliche Verbesserungen anstoßen und Auswirkungen auf die Zukunft haben. Das Ziel ist, Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden zu halten, statt einer Einweisung ins Pflegeheim. Ebenso geht es darum, angesichts der demografischen Entwicklung und der Tatsache, dass 50 % der Erwerbstätigen das reguläre Rentenalter gar nicht arbeitend erreichen, Menschen in die Lage zu versetzen, ihrer Berufstätigkeit länger nachgehen zu können – mit positiven Auswirkungen auf das Individuum und auf die Sozialkassen. Im Vergleich zu den technischen Innovationen im operativen Fachgebiet wirkt die Rehabilitation manchmal etwas altbacken. Doch das Gegenteil ist der Fall: Durch moderne Produkte wie ABMR im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung sowie MBOR und VOR im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung gelingt es, immer individueller und zielgenauer zu arbeiten. Auch wenn die Rehabilitation in den Krisenjahren Mitte der 90er-Jahre gelegentlich schon totgesagt wurde, sieht es heute völlig anders aus: Der Bedarf ist riesig. Der Trend zu Single-Haushalten mit fehlender Versorgung nach Operationen und Unfällen, der Wegfall traditioneller Familienverbünde, die zu erwartende längere Lebensarbeitszeit, Prävention und Erwerb von Gesundheitskompetenz sowie die immer frühere Entlassung aus immer kürzer werdenden Klinikaufenthalten – z. B. nach Hüft- und Knie-TEP-Implantationen – führen dazu, dass nahezu alle Reha-Einrichtungen von Vollbelegung bzw. anhaltend hoher Nachfrage berichten. Auch das Verhältnis zwischen stationärer und ambulanter Rehabilitation hat sich mittlerweile, je nach Bundesland, eingependelt.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Rehabilitation und wie hat die Covid-Pandemie diesen Prozess beeinflusst?
Dr. Middeldorf:
Die Covid-Pandemie hat gezeigt, wie viel mehr auch digital möglich ist – sowohl bei der Vorbereitung vor elektiven operativen Eingriffen als auch im konkreten Reha-Prozess im ambulanten und stationären Setting sowie in der geeigneten Nachbehandlung im Sinne der Tele-Reha. Eine Unterstützung durch Digitalisierung tut zudem heute schon not, da wir ja mit Personalmangel in allen Bereichen unserer Einrichtungen zu kämpfen haben. Hier wird es uns nur mit smarten Lösungen, auch aus dem KI-Bereich, gelingen, unsere Aufgaben auch in Zukunft professionell und zielführend zu erledigen. Wir sind zwar schon auf einem guten Weg, aber es braucht Lösungen nicht nur für den Bereich der Verwaltung und Datenverarbeitung innerhalb des Behandlungsprozesses und der eigenen Klinik, sondern auch in der Vernetzung mit den Zuweisern sowie den Kolleginnen und Kollegen der Nachbehandlung. Die ePA ist hier ein Hoffnungsschimmer, in der Breite aber noch keinesfalls angekommen. Ich bin immer erstaunt, wie vergleichsweise unprofessionell wir diesbezüglich in den Kliniken im Vergleich zur Industrie arbeiten.Vor ca. 25 Jahren habe ich als QM-Beauftragter unserer Klinik, als die ISO-Zertifizierung eingeführt wurde, eine Hospitation bei Siemens Healthcare gemacht und mir angeschaut, wie sie dort ihre CTs zusammenschrauben. Das war aus Qualitätssicht sensationell, und es war mir fast peinlich, wie wir mit dem hohen Gut der Gesundheit doch in unseren Kliniken aus Prozesssicht umgehen. Das hat natürlich auch seine Gründe: Wir sind als Ärzte in erster Linie nicht auf standardisierte Abläufe und große Zahlen geeicht, sondern auf individuelle und maßgeschneiderte Lösungen, die wir mit unseren Patientinnen und Patienten erarbeiten. Da hat sich natürlich in den vergangenen Jahren sehr viel getan; die Orientierung an medizinischen Leitlinien und evidenzbasierter Medizin spielt heute eine viel größere Rolle, als es damals noch üblich war. Mein Credo in der Klinik ist auch immer, die Prozesse für die Routine möglichst sicher, einfach und straff zu gestalten, um sich damit Zeitfenster für die wirklich anspruchsvollen Behandlungsfälle zu erarbeiten.

Sie haben zahlreiche Zusatzqualifikationen. Wie beeinflusst diese breite Expertise Ihre Perspektive Ihre Themen des DKOU und Ihre Arbeit als Chefarzt?
Dr. Middeldorf: Da unterscheide ich mich nicht sonderlich von anderen Kolleginnen und Kollegen meiner (Boomer-) Generation. Zum einen war der Konkurrenzdruck unheimlich hoch, zum anderen hatte ich von Anfang an die konservative Orthopädie und schon bald auch die Rehabilitation im Blick. Ein breit aufgestelltes Behandlungsspektrum bedeutet ja auch immer, unseren Patientinnen und Patienten ein gutes und maßgeschneidertes Angebot nach ihren Präferenzen machen zu können. Meine ersten Kurse in TCM, Naturheilverfahren und Chirotherapie absolvierte ich übrigens während meiner unfallchirurgischen Zeit Anfang der 90er Jahre – quasi „Undercover“. Hätte mein damaliger Chef davon erfahren, wäre ich vermutlich rasch vom OP-Plan verschwunden. Die Technische Orthopädie, insbesondere die Rehabilitation nach Amputation und Prothesenversorgung, war lange Zeit einer meiner Arbeitsschwerpunkte. Auslöser dafür waren Fortbildungen an der damals noch eigenständigen Klinik für Technische Orthopädie in Münster, aber auch in einer Rehabilitationsklinik in Essen-Kettwig. In den letzten Jahren ist als weiterer Arbeitsschwerpunkt die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie hinzugekommen. Schmerztherapie in der Rehabilitation betreiben wir bei uns bereits seit den 90er Jahren. 2019 kam dann noch eine Krankenhausabteilung für IMST unter dem Dach der Orthopädie hinzu. Wir erleben das als außerordentlich bereichernd – es rundet unser Behandlungsspektrum ideal ab.

Sie sind seit Jahren in der Arbeitsgemeinschaft Leitender konservativer Orthopäden und Unfallchirurgen (ALKOU) aktiv. Ein zentrales Thema des ALKOU ist die Attraktivität der Weiterbildungsstellen in Rehakliniken. Was sind die größten Herausforderungen und wie können diese überwunden werden?
Dr. Middeldorf: Durch das Zusammengehen der Fachrichtungen Orthopädie und Unfallchirurgie, man muss es leider so sagen, ist uns der Fluss der an Weiterbildung Interessierten komplett weggebrochen. Die Inhalte der Weiterbildung liegen nachvollziehbar im Operativen, konservative Orthopädie &Unfallchirurgie und Rehabilitation rangieren unter „ferner liefen“. Heute sehen wir in Rehakliniken überwiegend Kolleginnen du Kollegen, die ihre Zukunft dauerhaft in der Reha sehen und u.U. gar keinen Facharzt anstreben, oft nicht aus Deutschland stammen, was sprachliche und kulturelle Themen mit sich bringen kann. In vielen Kliniken sind Stellen unbesetzt. Seit 2021 gibt es eine neue Weiterbildungsordnung für die Orthopädische Rheumatologie, in die viel Hoffnung gesetzt wurde, die aber bislang deutschlandweit aus verschiedenen Gründen, nicht wirklich ans Fliegen gekommen ist. Hier gibt es unter Einsatz einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Christoph Lohmann, meinem Co-Präsidenten, flankiert und unterstützt durch unsere Fachgesellschaften, hier ins. Prof. Bernd Kladny, einen neuen Aufschlag mit einer sehr sinnigen und modifizierten inhaltlichen Gestaltung, die der Bundesärztekammer vorgelegt wurde. Die Idee dahinter ist, dass nach dem Facharzt Kolleginnen und Kollegen die Wahl haben, sich für die Spezielle Orthopädie, spezielle Unfallchirurgie oder eben für die Orthopädische Rheumatologie, die dann maßgebliche Inhalte der konservativen Orthopädie und Unfallchirurgie beinhalten würde, entscheiden können. Wenn diese Idee Wirklichkeit wird, wir befinden uns auf dem mehrjährigen Weg durch die Instanzen, sehe ich große Chancen für Kliniken, die konservative Orthopädie im rehabilitativen und Krankenhaussektor betreiben, wieder besser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ärztlichen Dienst zu gewinnen.

Abschließend: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Orthopädie und Unfallchirurgie, sowohl in Ihrer Arbeit als auch auf berufspolitischer Ebene durch den DKOU?
Dr. Middeldorf:
Die Zielparameter für einen Kongress, wie den DKOU, und für erfolgreiches Arbeiten in einer Klinik, sind gar nicht so unähnlich. In der Klinik geht es in erster Linie um Wiederempfehlungsrate und Patientenzufriedenheit. Die medizinische Qualität, die Strukturqualität und Abläufe der Prozesse, sind im wesentlichen Vehikel, um diese Ziele zu erreichen. Gleiches gilt auch für den Kongress, das Ziel ist es, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen für die Teilnahme zu begeistern, das gelingt uns, indem wir ein attraktives und inhaltsreiches Programm zusammenstellen, das zudem auf unsere Zielgruppe passgenau zugeschnitten ist. Wie die Teilnehmer auf dem Kongress im Mittelpunkt stehen, so sind es auch unsere Patientinnen und Patienten in Klinik und Praxis. Wenn Sie nach der Zukunft fragen: Es muss der wesentliche Aspekt der Berufspolitik sein, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, ein durch Bürokratie möglichst ungestörtes, auskömmliches und freudvolles ärztliches Handeln ermöglicht, bei vorhandenen Ressourcen. je mehr Ärztinnen und Ärzte den Rücken frei haben, Störgeräusche unterbleiben, wirtschaftliche Sicherung gewährleistet ist, umso mehr gelingt es, empathisch und erfolgreich für unsere Patientinnen und Patienten zu wirken. Es ist eine Stärke des Berufsverbandes, ja seine Kernkompetenz, bei bestehenden Defiziten dieser Grundvoraussetzungen nicht nur zu kritisieren, sondern Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Insbesondere auch der DKOU wird die genannten Themen maßgeblich mit verschiedensten Sitzungen und mit für uns allen relevanten Themen adressieren. Dank an der Stelle auch für meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Berufsverband, Vorstand, Dezernate, Vorsitze der Landesverbände und Geschäftsstelle, die mich bei der Sitzungsplanung und mit ihren Angeboten hier maßgeblich unterstützt haben!

Herr Dr. Middeldorf, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Janosch Kuno.

Umstellung des elektronischen Arztausweises (eHBA) zum Jahreswechsel 2025/26

Zum Jahreswechsel 2025/26 kommt es zu einer wichtigen Umstellung beim elektronischen Arztausweis (eHBA): Die bisher verbreiteten Karten der Generation 2.0 müssen ausgetauscht werden. Hintergrund ist die Ablösung veralteter Verschlüsselungsstandards (RSA) durch moderne ECC-Verschlüsselung.

Vergleich der eHBA-Generationen:

  • Generation 2.0: RSA-Verschlüsselung – wird bis 31.12.2025 abgeschaltet.
  • Generation 2.1: ECC-Verschlüsselung – bleibt gültig, wenn ‘G2.1’ auf Rückseite vermerkt ist.
  • Betroffene Karten: v. a. D-Trust/Bundesdruckerei, medisign (teilweise auch SHC).
  • T-Systems-Karten: teilweise schon G2.1.

Zeitplan & Austauschpflicht

  • Ab Mitte/Ende 2025: Kartenanbieter kontaktieren betroffene Ärztinnen und Ärzte.
  • Bis 31.12.2025: eHBA Generation 2.0 nicht mehr nutzbar (u. a. für eRezept, eAU).
  • Spätestens bis 30.06.2026: SHC-Ausweise mit unsicheren Chips austauschen.

Empfehlungen für Arztpraxen

  1. Rückseite des eHBA prüfen: Nur Karten mit ‘G2.1’-Kennzeichnung sind weiterhin gültig. Bei bestimmten Karten ist jedoch auf der Rückseite keine ‘G2.1’-Kennzeichnung, hier ist im Portal des Kartenanbieters nachzuschauen. 
  2. Auf Anschreiben Ihres Kartenanbieters achten und rechtzeitig reagieren.
  3. Beantragung und Identifikationsverfahren (z. B. PostIdent) einplanen – Dauer ca. 8 Wochen.
  4. Frühzeitig handeln, um Unterbrechungen bei Nutzung von TI-Anwendungen zu vermeiden.

Fazit

  • Der elektronische Arztausweis muss bis spätestens Ende 2025 auf die Generation 2.1 umgestellt werden.
  • Das Format bleibt gleich (Scheckkarte mit Chip), es ändert sich nur die Verschlüsselungstechnik.
  • Ärztinnen und Ärzte sollten jetzt ihren eHBA prüfen und bei Bedarf rechtzeitig Ersatz beantragen.

Assistenzberufe stärken: Neues Referat im BVOU setzt sich ein

Die Zukunft der Orthopädie und Unfallchirurgie hängt maßgeblich von starken und gut ausgebildeten Assistenzberufen ab. Mit klaren Perspektiven, gezielter Förderung und echter Wertschätzung schaffen wir ein innovatives und leistungsfähiges Team für die Patientenversorgung von morgen, meint der Referatsleitet des neu gegründeten Referats Dr. Bodo Kretschmann.

Welche Ziele verfolgen Sie als Referatsleiter für die zukünftige Rolle von Assistenzberufen in der Orthopädie und Unfallchirurgie, insbesondere im Hinblick auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Berufsalltag?
Dr. Bodo Kretschmann:
Seit dem Jahr 2020 ist die Rolle des Physician Assistant (PA) in Deutschland gesetzlich festgeschrieben. In den Kliniken ist die Rolle des PA bis heute sehr heterogen umgesetzt. Zwischen einer echten eigenen „Rolle“ im Klinikalltag bis zu einem Mix aus OP-Assistenz und OTA ist alles vertreten. Hier sehe ich eine Chance zur Verbesserung unserer Klinikabläufe, zur Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung, aber auch zur Implementierung eines gut funktionierenden kollegialen Systems mit klar definierten Rollen. Es gilt, auch die Öffnung der Praxen für PAs voranzutreiben und die Rolle der „Arztassistentin/des Arztassistenten“ bekannter zu machen, sodass sie auch Akzeptanz bei unseren Patientinnen und Patienten erlangt. Die/Der MFA in der täglichen Patientenversorgung ist von unschätzbarem Wert. Unsere Mitarbeitenden unterstützen uns in der Praxisorganisation, in der Sprechstunde und in der Bewältigung der überbordenden Bürokratie. Die Übernahme von mehr Verantwortung in der Patientenversorgung gelingt schon durch gute Qualifizierungsmaßnahmen, wie z. B. die EFA-Fortbildungen oder die Kurse zur osteologisch fortgebildeten Assistenz. Diese Programme sollten weiter beworben und einer breiten Anzahl von Mitarbeitenden in den Praxen, aber auch in den Kliniken nähergebracht werden.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell bei der Ausbildung und Integration von MFA und anderen Assistenzberufen in unserem Fachgebiet, und wie möchten Sie diese angehen?
Dr. Bodo Kretschmann: 
Die MFA sind eine tragende Säule unserer ambulanten Patientenversorgung. Zunehmend werden sie auch in den Kliniken eingesetzt und kompensieren dort unter anderem den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen. Natürlich gilt es, möglichst viele junge Leute zu einer Ausbildung zur/zum MFA zu motivieren. Dies wird vor allem dann gelingen, wenn die MFA in einer Praxis oder Klinik eine zunehmende Eigenverantwortlichkeit erlangen und man in einem solchen Beruf auch Entwicklungsmöglichkeiten bekommt. Für die PAs mit einem abgeschlossenen Bachelor- oder Masterstudium muss ein gut strukturiertes Arbeiten im Team umgesetzt werden. Die Rollen sollten klar beschrieben sein. Hindernisse, die auf Basis alter gesetzlicher Vorgaben auftreten, sollten identifiziert und weiterentwickelt werden. Hier gibt es noch viel zu tun. Allerdings können wir ja aus Ländern wie den USA lernen, wie jahrzehntelange Kooperation zwischen Ärztinnen und Ärzten, PAs und Pflegepersonal hocheffizient funktioniert.

Wie möchten Sie die Attraktivität und das Berufsbild der Assistenzberufe in der Orthopädie und Unfallchirurgie für junge Menschen stärken und weiterentwickeln?Dr. Bodo Kretschmann: Bei den PAs geht es zunächst darum, den Bekanntheitsgrad auch bei Abiturientinnen und Abiturienten zu steigern. Das Berufsbild ist für Leute, die im Bereich der Medizin arbeiten wollen, hoch attraktiv. Durch Kooperation mit dem PA-Berufsverband erhoffe ich mir konstruktive gemeinsame Projekte. Die Integration in Kongresse wie den DKOU in Berlin und den VSOU in Baden-Baden kann Hemmschwellen und Berührungsängste abbauen und die Akzeptanz in der Ärzteschaft verbessern.Die MFA müssen in ihrem Selbstverständnis gestärkt werden. Dies gelingt durch Angebote von Schulungen zur Kommunikation mit Patientinnen und Patienten, Telefoncoaching und andere vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten. Der Kontakt an der Rezeption ist ein Aushängeschild für unsere Praxen und Ambulanzen in den Kliniken. Ein professioneller Umgang mit den Hilfesuchenden, aber auch eine Stärkung des Selbstbewusstseins im Umgang mit unseren Patientinnen und Patienten, steigert die Professionalität.Aber auch das stetige Einfordern von Unterstützung aus der Politik ist ein wichtiger Ansatz. Wir brauchen die rechtlichen Grundlagen, unsere Mitarbeitenden entsprechend ihrer Qualifikationen einsetzen zu können. Die Not müsste mittlerweile groß genug sein, um Bewegung in ein starres Medizinsystem zu bringen.

Wie sehen Sie die Rolle des BVOU bei der Wertschätzung und Förderung von Medizinischen Fachangestellten (MFA) in orthopädisch-unfallchirurgischen Praxen, insbesondere im Rahmen der “Thank You MFA”-Kampagne?
Dr. Bodo Kretschmann: 
Die „Thank You MFA“-Kampagne ist eine wunderbar aufgemachte Initiative des BVOU, um Danke zu sagen. Ich glaube, dass hier auch noch der Bekanntheitsgrad gesteigert werden kann. Inwieweit die Angebote, die durchaus spannend sind, angenommen werden, sollte immer wieder evaluiert und ggf. nachgebessert werden. Aber als Signal der Wertschätzung zum Anfassen sollte jede Praxisinhaberin und jeder Praxisinhaber dieses Angebot kennen und an die Mitarbeitenden kommunizieren. Ein Wort des Dankes und der Wertschätzung kann nie zu viel sein.

Danke, Herr Dr. Kretschmann für das Gespräch.

Das Interview führte Janosch Kuno.

Anpassung der Gutachtenvergütung nach JVEG

Seit dem 1. Juni 2025 sind Änderungen im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) in Kraft getreten, die insbesondere für Sachverständige von Bedeutung sind. Diese Anpassungen betreffen die Vergütungssätze und sollen den gestiegenen Anforderungen und Kosten Rechnung tragen. Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen und ihre Auswirkungen erläutert.

Hintergrund der Gesetzesänderung

Die Änderungen wurden im Rahmen des sogenannten Kosten- und Betreuungsvergütungsrechtsänderungsgesetzes 2025 (KostBRÄG 2025) beschlossen, das am 10. April 2025 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Ziel ist es, die Vergütungssätze für Sachverständige, Dolmetscher und andere im Justizwesen tätige Personen an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Die neuen Regelungen betreffen insbesondere die Vergütung ärztlicher Sachverständiger, die häufig im Bereich des Sozialrechts tätig sind. Die Vergütungssätze sind in verschiedenen Kategorien geregelt, die sich nach dem Schwierigkeitsgrad und dem Umfang der erbrachten Leistungen richten. Diese Kategorien umfassen eine Vielzahl von Fachgebieten, von technischen Gutachten bis hin zu medizinischen Expertisen.

Neue Vergütungssätze für Sachverständige

Die Vergütungssätze für ärztliche Sachverständige werden gültig ab Beauftragung seit dem 1. Juni 2025 wie folgt angepasst:

  • M 1 (einfache gutachterliche Beurteilung): bisher 80,00 €, neu 87,00 €
  • M 2 (Begutachtung mit durchschnittlichem Schwierigkeits-grad): bisher 90,00 €, neu 98,00 €
  • M 3 (Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad): bisher 120,00 €, neu 131,00 €

Diese Erhöhung entspricht einer Anpassung von etwa 9 % und soll die gestiegenen Kosten für Sachverständige berücksichtigen.

Vergütungsmodalitäten und Abrechnungsdetails

Die Vergütung richtet sich nach der objektiv erforderlichen Zeit, dem geltenden Stundensatz sowie dem Umfang und der Anzahl der erbrachten Leistungen. Die erforderliche Zeit wird dabei wie folgt definiert:

  • Aktenstudium und Vorbereitung: 1 Stunde pro 80 Blatt Akten (landesabhängig)
  • Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchungen: Zeitaufwand je nach Komplexität
  • Abfassung der Beurteilung: ca. 1,5 Seiten pro Stunde
  • Diktat und Durchsicht des Gutachtens: ca. 5–6 Seiten pro Stunde

Zusätzlich können besondere Leistungen, wie technische Untersuchungen (z. B. Sonografie oder Röntgen), nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet werden. Schreibauslagen und Porto werden ebenfalls gesondert vergütet, z. B. 0,90 € pro 1.000 Anschläge für die Reinschrift.

Bedeutung der Anpassung

Die Erhöhung der Vergütungssätze ist angesichts der all-gemeinen Teuerung und der steigenden Anforderungen an Sachverständige als notwendig und angemessen zu betrachten. Neben der intellektuellen Leistung fallen für Sachverständige auch zahlreiche Nebenkosten an, wie z. B. Raummiete, Versicherungen, Assistenzkräfte und technische Ausstattung. Die Anpassung soll sicherstellen, dass die Qualität der Gutachten weiterhin gewährleistet bleibt und die Tätigkeit für Sachverständige wirtschaftlich tragfähig bleibt. Mit diesen Änderungen wird die Arbeit von Sachverständigen im Justizwesen besser honoriert, was nicht nur den Experten selbst, sondern auch der Qualität der Gutachten zugutekommt.

Dr. Stefan Middeldorf
Bad Staffelstein

Umgang mit einwilligungsunfähigen Patienten aus rechtlicher Sicht

Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick aus juristischer Sicht über die Anforderungen von Aufklärung und Einwilligung zu einer ärztlichen Maßnahme bei einwilligungsunfähigen Patienten (1) geben.

1. Einwilligungsfähigkeit/-unfähigkeit; Grundsätze für Aufklärung und Einwilligung

Einwilligungsfähigkeit darf nicht gleichgesetzt werden mit Geschäftsfähigkeit.

Einwilligungsfähig ist, wer die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit besitzt, um Art, Notwendigkeit, Bedeutung, Folgen und Risiken der medizinischen Maßnahme zu verstehen und die Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken (2). Der Patient muss also nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Tragweite der Maßnahme erfassen und seinen Willen hiernach ausrichten können. Besitzt ein Patient zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einholung der Einwilligung vor Durchführung der Maßnahme nicht diese natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist er einwilligungsunfähig.

Die Frage, ob ein Patient einwilligungsfähig oder einwilligungsunfähig ist, ist somit stets und ausschließlich aus medizinischer Sicht im konkreten Einzelfall durch den behandelnden Arzt zu entscheiden. Das Alter der Patienten spielt zwar eine wichtige, aber nicht allein entscheidende Rolle (3).

Bei medizinischen Maßnahmen gegenüber einwilligungsunfähigen Patienten ist nach § 630 d Abs. 1 S. 2 BGB die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht der Patient selbst noch im einwilligungsfähigen Zustand durch eine wirksame und einschlägige Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht die Maßnahme gestattet oder untersagt hat. In diesem Fall muss der Patient aber noch im einwilligungsfähigen Zustand über die Maßnahme aufgeklärt worden sein, damit durch die Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht wirksam die Einwilligung erteilt bzw. abgelehnt werden kann (4).

Als Berechtigte kommen der gesetzliche Vertreter (z. B. Eltern, Vormund des Minderjährigen, bestellter Betreuer bei Volljährigen, Ehegatte/eingetragener Lebenspartner im Falle des Ehegattennotvertretungsrechts) oder der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte (z. B. Vorsorgebevollmächtigter) in Betracht.

Im Fall eines gerichtlich bestellten Vormunds (bei Minderjährigen), Betreuers (bei Erwachsenen) oder eines Vorsorgebevollmächtigten muss sich der Arzt vorab vergewissern, ob diesem die Gesundheitssorge als Teil seines Aufgabenkreises übertragen wurde, da nur dann zum einen die Zuständigkeit für die Einwilligung gegeben ist und zum anderen im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht die Offenbarung gegenüber diesen Personen zulässig ist.

Dementsprechend bestimmt § 630e Abs. 4 BGB, dass im Falle eines einwilligungsunfähigen Patienten die Aufklärung auch gegenüber dem gesetzlichen Vertreter oder Bevollmächtigten zu erfolgen hat. Jedoch ist gemäß § 630e Abs. 5 BGB zusätzlich der einwilligungsunfähige Patient grundsätzlich über die wesentlichen Umstände der Maßnahme entsprechend seinem Verständnis zu informieren, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterungen aufzunehmen und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Bei Patienten im Koma oder bei Säuglingen kann demnach offenkundig von einer Erläuterung abgesehen werden (5).

2. Volljährige Patienten

Bei einem Volljährigen ist grundsätzlich von dessen Einwilligungsfähigkeit auszugehen. An die Feststellung der Einwilligungsunfähigkeit sind hohe Anforderungen zu stellen. Der Arzt hat hierbei sämtliche Umstände wie Alter, physische und psychische Konstitution, Einfluss von Medikamenten, Grad der Verständnisfähigkeit, Bildungsgrad, Vorkenntnisse, Herkunft, kulturelle Tradition u.a. zu berücksichtigen. Bei Zweifeln muss konsiliarisch ein Neurologe und/oder Psychiater hinzugezogen werden (6).

Bei dementen, verwirrten, drogenabhängigen oder alkoholisierten Patienten, infolge eines Unfallschocks oder erheblicher Schmerzen kann – muss aber nicht zwangsläufig – eine Einwilligungsunfähigkeit vorliegen. Eine angeordnete Betreuung, selbst wenn sie den Aufgabenkreis der medizinischen Versorgung umfasst, bedeutet ebenfalls nicht automatisch, dass der Patient einwilligungsunfähig ist.

Fehlt in diesen Fällen jedoch die Einwilligungsfähigkeit, so können – soweit nicht eine wirksame und einschlägige Patientenverfügung nach § 1827 Abs. 1 S. 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt – nur ein gerichtlich bestellter Betreuer, ein Vorsorgebevollmächtigter oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des Ehegattennotvertretungsrechts der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner in eine Behandlungsmaßnahme einwilligen und es sind auch diese Aufklärungsadressat (§ 630d Abs. 1 S. 2, Abs. 2 i. V. m. § 1827 Abs. 2, 6, § 1358 BGB).

Bei begründeter Gefahr des Versterbens oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens erfordert die Entscheidung der vorgenannten Berechtigten grundsätzlich zusätzlich die Genehmigung durch das Betreuungsgericht (§ 1829 Abs. 1, 2 BGB). Besteht zwischen dem Berechtigten und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber, dass die getroffene Entscheidung dem nach § 1827 BGB festgestellten Willen des Patienten entspricht, entfällt das Genehmigungserfordernis (§ 1829 Abs. 4 BGB). Aus juristischer Sicht ist die Dokumentation der diesbezüglichen Tatsachen und das Einvernehmen zwingend zu empfehlen.

Liegt Einwilligungsunfähigkeit vor, fehlt eine Patientenverfügung oder ist diese nicht einschlägig bzw. nicht eindeutig und ist kein Berechtigter vorhanden, so hat der Arzt beim Betreuungsgericht die Anordnung einer Betreuung anzuregen.

Handelt es sich in dieser Situation um einen Notfall (Vornahme ärztlicher Maßnahmen ist vital indiziert und unaufschiebbar), so sind in den Fällen, in denen die Bestellung, die Aufklärung und Einwilligung eines Berechtigten oder die entsprechende Eilentscheidung des Betreuungsgerichts nach § 1867 BGB nicht mehr rechtzeitig möglich ist, die gebotenen Maßnahmen durchzuführen. Das Handeln des Arztes kann durch die Rechtfertigungsgründe der mutmaßlichen Einwilligung gemäß § 630d Abs. 1 S. 4 BGB und/oder des Notstands gemäß § 34 StGB gedeckt werden (7). Der Arzt muss, sofern die Zeit ausreicht, zunächst den mutmaßlichen Patientenwillen durch frühere Äußerungen des Patienten, Befragungen von nahen Angehörigen oder Bezugspersonen etc. ermitteln. Fehlen entgegenstehende Anhaltspunkte, kann jedoch angenommen werden, dass der Patient wie ein verständiger Patient in der konkreten Lage handeln würde, wenn die Behandlung fehlerfrei ist (8). Kann ein entsprechender Wille des Patienten nicht ermittelt werden und bleiben erhebliche Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen eines vorherigen Willens, so gilt der Grundsatz: In dubio pro vita (9).

Seit 01.01.2023 kommt bei verheirateten oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden einwilligungsunfähigen Patienten gemäß § 1358 BGB das sog. Ehegattennotvertretungsrecht in Betracht. Dieses greift nach Absatz 1, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann. Dann ist der andere Ehegatte berechtigt, für den vertretenen Ehegatten u. a. in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen oder Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen. Dieses neue Vertretungsrecht sowie die in Absatz 2 geregelte Offenbarungsbefugnis gegenüber dem vertretenden Ehegatten bestehen gemäß § 1358 Abs. 3, 5 BGB jedoch nicht, wenn

  • die Ehegatten getrennt leben,
  • ein Betreuer bestellt ist bzw. ab dem Zeitpunkt der Betreuerbestellung, soweit dessen Aufgabenkreis diese Angelegenheiten umfasst,
  • dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte
  • a) eine Vertretung durch den anderen Ehegatten ablehnt oder
  • b) einen Vorsorgebevollmächtigten bestellt hat, soweit diese Vollmacht diese Angelegenheiten umfasst
  • die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht mehr vorliegen oder
  • mehr als 6 Monate seit dem durch den Arzt festgestellten Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 spätestens eingetreten sind, vergangen sind.

Die Vorschriften des Betreuungsrechts gelten für die Wahrnehmung des Ehegattennotvertretungsrechts entsprechend (§ 1358 Abs. 6 BGB).

3. Besonderheiten bei minderjährigen Patienten

Maßgeblich ist, ob der Minderjährige einsichts- und urteilsfähig ist. Ist dies gegeben, so kommt dem minderjährigen Patienten grundsätzlich auch die alleinige Einwilligungsbefugnis zu und er ist Aufklärungsadressat. An die Feststellung der Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen.

Feste Altersgrenzen oder pauschale Aussagen zur Einwilligungsfähigkeit verbieten sich. Jedoch besteht aus juristischer Sicht weitestgehend Einigkeit, dass bei unter 14-Jährigen die Einwilligungsfähigkeit grundsätzlich abzulehnen ist.

Je näher ein Patient über 14 Jahren an der Volljährigkeit ist, desto eher wird dessen Einwilligungsfähigkeit vorliegen können. Nach der Rechtsprechung dürfte in der Regel bei Vollendung des 16. Lebensjahres Einwilligungsfähigkeit anzunehmen sein, eine ernsthafte Prüfung ist jedoch gleichwohl in jedem Einzelfall erforderlich (10).

Ist ein minderjähriger Patient aber ausreichend urteilsfähig, so steht ihm nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der Möglichkeit erheblicher Folgen für seine künftige Lebensgestaltung (z. B. Querschnittlähmung) ein Vetorecht gegen die Fremdbestimmung durch die gesetzlichen Vertreter zu. Der BGH geht bei einem 15-jährigen Schüler regelmäßig von dessen Urteilsfähigkeit aus. Damit der minderjährige Patient von seinem Vetorecht Gebrauch machen

kann, ist er ebenfalls entsprechend aufzuklären, wobei der Arzt allerdings im Allgemeinen darauf vertrauen kann, dass die Aufklärung und Einwilligung der Eltern genügt (11).

Bei einwilligungsunfähigen Minderjährigen müssen, wenn beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind, grundsätzlich auch beide Eltern aufgeklärt werden und einwilligen. Zudem ist die Erläuterungspflicht des § 630d Abs. 5 BGB bei einwilligungsunfähigen Minderjährigen zu beachten. Folglich muss stets nach dem Sorgerecht gefragt werden, denn dies kann auch bei geschiedenen oder getrenntlebenden Eltern gemeinsam bestehen. Die Eltern können sich aber gegenseitig die Ermächtigung erteilen, auch für den anderen Elternteil zu entscheiden.

Der BGH hat für die Pflichten des Arztes zur Feststellung der Aufklärungsadressaten und Einwilligungsbefugten im Hinblick auf einen oder beide Elternteile folgende Grundsätze aufgestellt (12):

  • Bei alltäglichen, geringfügigen Routinemaßnahmen darf der Arzt regelmäßig auf eine derartige wechselseitige Ermächtigung vertrauen, wenn ein Elternteil mit dem Kind zur Behandlung erscheint oder es anmeldet, solange ihm keine entgegenstehenden Anhaltspunkte bekannt sind.
  • Bei erheblicheren Maßnahmen mit nicht unbedeutenden Risiken hat der Arzt darüber hinaus eine Fragepflicht, d. h. er muss beim erschienenen Elternteil bezüglich der Ermächtigung zur Einwilligung nachfragen und wie weit diese reicht, darf dann aber auf dessen wahrheitsgemäße Auskunft vertrauen, solange keine Anhaltspunkte dem entgegenstehen. Darüber hinaus kann es angebracht sein, auf den erschienenen Elternteil dahin einzuwirken, die vorgesehenen ärztlichen Eingriffe und deren Chancen und Risiken noch einmal mit dem anderen Elternteil zu besprechen.
  • Lediglich bei schweren Maßnahmen mit erheblichen Risiken für die Lebensführung des Kindes muss sich der Arzt die Gewissheit verschaffen, dass der nicht erschienene Elternteil mit der vorgesehenen Behandlung des Kindes einverstanden ist, sodass auch der nicht erschienene Elternteil aufgeklärt und dessen Einwilligung eingeholt werden muss.

Eine telefonische Aufklärung und Einholung einer Einwilligung eines Elternteils reicht aus Sicht des BGH nur aus bei einfach gelagerten Fällen. Sofern es sich dagegen um komplizierte Maßnahmen mit erheblichen Risiken handelt, wird eine telefonische Aufklärung regelmäßig unzureichend sein (13). Ob ein einfach gelagerter oder ein komplizierterer Fall vorliegt, ist letztendlich eine ausschließlich medizinisch zu beantwortende Frage. In Eil- oder Notfällen genügt jedoch grundsätzlich die Einwilligung des erreichbaren Elternteils (14).

Wurde den Eltern das Sorgerecht ganz oder teilweise für den Bereich der Gesundheitssorge entzogen, so ist das Sorgerecht für den einwilligungsunfähigen Minderjährigen regelmäßig einem gerichtlich bestellten Vormund übertragen, der dann anstelle der Eltern als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen aufzuklären und einwilligungsbefugt ist.

Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar BVOU, Berlin
Fachanwalt für Medizinrecht, München

 

 

1 Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten immer für alle Geschlechter

Quellenangaben:

2 Grüneberg/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl. 2023, C. H. Beck, § 630d Rn. 3
3 OLG Hamm, Beschluss vom 29.11.2019 – II-12 UF 236/19
4 Grüneberg/Weidenkaff, a. a. O., § 630d Rn. 3
5 Grüneberg/Weidenkaff, a. a. O., § 630e Rn. 9
6 Biermann in: Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2020, aa) Die natürliche Einsichtsfähigkeit als Voraussetzung wirksamer Einwilligung, Rn. 435
7 Biermann, a. a. O., cc) Einwilligungsunfähige Volljährige, Rn. 453
8 Grüneberg/Weidenkaff, a. a. O., § 630d Rn. 4
9 LG Saarbrücken, Urteil vom 03.06.2024 – 4 O 308/22; Biermann, a. a. O., Rn. 453
10 OLG Hamm, Beschluss vom 29.11.2019 – II-12 UF 236/19
11 BGH, Urteil vom 10.10.2006 – VI ZR 74/05
12 BGH, Urteil vom 15.06.2010 – VI ZR 204/09
12 BGH, Urteil vom 15.06.2010 – VI ZR 204/09

14 vgl. zu Ziffer 3 insgesamt: Heberer Jörg, Rechtliche und Medizinische Aspekte der gynäkologischen Aufklärung, Frauenheilkunde up2date 2022; 16 (6): 1-18, Thieme

Perspektive DVT – „Aufnahmen unter Körperbelastung fördern präzisere Diagnosen”

In Bamberg bietet die Praxis Jasinski seit 1991 kompetente und fürsorgliche Hilfe bei allen medizinischen Notfällen – ganz besonders im Bereich der Traumatologie. Seit Oktober 2021 wird die Praxis von Herrn Markus Jasinski geführt. Der Schwerpunkt der Einrichtung liegt auf der Behandlung von Arbeits- und Schulunfällen sowie deren Folgezustände.

Mit über 2.000 Arbeitsunfällen und Notfallpatienten jährlich ist in der Praxisklinik eine schnelle und effektive Diagnostik, die die Arbeitsabläufe optimiert, unabdingbar. Daher entschied sich der Arzt im Juni 2024 das SCS MedSeries® H22 implementieren zu lassen. In einem ausführlichen Interview mit Herrn Jasinski erfahren Sie mehr über die Möglichkeit, Aufnahmen unter natürlicher Körperbelastung vorzunehmen – einer der vielen Vorteile unserer Lösung, die der Facharzt besonders schätzt.

Mehr Klarheit für den Arzt, weniger Termine für die Patienten

Eine erfolgreiche Therapie stützt sich auf eine sehr genaue Diagnose. Daher ist für viele Indikationsstellungen das 2-D-Röntgenverfahren keine zufriedenstellende Option, da die Aussagekraft der erstellten Aufnahmen begrenzt ist. Die Aufrüstung auf eine hochmoderne 3-D-Diagnostik, wie der SCS Bildgebung, bringt entscheidende Vorteile für Ihre Patientenversorgung mit und besticht das herkömmliche Röntgen in vielen Aspekten.

Für Herrn Jasinski war die Optimierung seiner Diagnosesicherheit durch ein detailliertes Verfahren ein wichtiger Schritt, um seine Praxis nachhaltig für die Zukunft zu rüsten.

„Mit der SCS Bildgebung finden wir schnell eine eindeutige Diagnose. Okkulte Frakturen können bei Verdacht im Gegensatz zum 2-D-Röntgen zuverlässig festgestellt oder auch ausgeschlossen werden.“

Er schätzt außerdem den Aspekt, dass er unsere Lösung vor Ort eigenständig betreiben kann, sodass Patienten zeitnah eine präzise Diagnose erhalten und zügig in einen gesunden Alltag gebracht werden können. Der Einsatz unseres Systems führt im Ergebnis zu einer schnelleren, zielgerichteten Therapie, von der Ihre Patienten sowohl zeitlich als auch gesundheitlich profitieren.

Neben der beschleunigten Behandlung profitiert auch der Workflow in der Praxis. Da zusätzliche Termine für externe Bildbesprechungen entfallen, können mehr Patienten unmittelbar versorgt werden, was insbesondere bei der hohen Anzahl von Arbeitsunfällen, die das Team behandelt, ein großer Vorteil ist.

Zuverlässige 3-D-Schnittbildergebnisse bei wenig Strahlung

Die 2-D-Diagnostik stößt aufgrund ihrer begrenzten Auflösung oftmals an Ihre Grenzen. In unübersichtlichen Bereichen reicht der Detailgrad der herkömmlichen Röntgendiagnostik nicht aus, um ossäre Veränderungen optimal darzustellen. Hier zeigt die SCS Bildgebung eine ihrer zahlreichen großen Stärken: Insbesondere bei komplexen Frakturen im Bereich der Handwurzel oder des Sprunggelenks deckt sie selbst feinste Details ohne die sonst üblichen Überlagerungen auf, wie sie beim herkömmlichen Röntgen auftreten können. Diesen Aspekt schätzt Herr Jasinski sehr:

„Das SCS MedSeries® H22 erlaubt uns eine herausragende diagnostische Detailschärfe. Selbst kleinste Verletzungen können wir mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit feststellen.“

Die Untersuchung mit dem CT, für die die Patienten zuerst in eine andere Praxis überwiesen werden müssten, ist hier aufgrund der oft hohen Strahlenbelastung keine zufriedenstellende Alternative. Mit der SCS Bildgebung schützen Sie Ihre Patienten, denn mit dem SULD (Super-Ultra-Low-Dose) Protokoll lässt sich die Strahlung wissenschaftlich nachweisbar um ein Vielfaches senken. Mit der Entwicklung unseres kommenden SULD+ Protokolls konnten wir die Dosis so weit herabsetzen, dass sie unter der des 2-D-Röntgens einzuordnen ist.

Die Vorteile des Weight-Bearing

Ein weiterer Pluspunkt der SCS Bildgebung ist die Möglichkeit, Untersuchungen unter Belastung durchzuführen. So kann beispielsweise das Sprunggelenk in einer realistischen Belastungssituation dargestellt werden. Herkömmliche CTs bieten diese Möglichkeit nicht, da sie auf Aufnahmen im Liegen beschränkt sind. Die SCS MedSeries® H22 hingegen erlaubt Untersuchungen unter natürlicher Körperbelastung, die eine noch genauere Diagnostik und zielgerichtete Behandlung ermöglichen.

Ein Fall für die 3-D-Aufnahme unter natürlicher Körperbelastung

In der Bamberger Praxis hat die Möglichkeit zur belasteten 3-D-Aufnahme bereits zu vielen Erfolgen geführt, lässt uns Herr Jasinski wissen und erzählt von einem speziellen Fall, den er mit Hilfe der SCS Bildgebung eindeutig klären konnte. Vor kurzem behandelte die Praxis einen Patienten, der seit einer schweren, ein Jahr zurückliegenden Bandverletzungsoperation am Sprunggelenk anhaltende Schmerzen am Außenknöchel verspürte.

Im Rahmen einer Aufnahme, die unter natürlicher Körperbelastung durchgeführt wurde, konnte der Facharzt feststellen, dass sich aufgrund einer Arthrose ein Knochenvorsprung an der Außenknöchelspitze gebildet hatte. Dieser stieß bei jeder Bewegung an das Sprungbein und verursachte die Schmerzen. Dank der präzisen Schnittbilder, die unsere Lösung erstellte, konnte dem Patienten eine klare Diagnose gestellt und eine gezielte Therapie eingeleitet werden.

Die vollständige Fallbeschreibung können sie hier nachlesen.

Patienten schätzen die Vorteile der SCS Technologie

Eine mit modernen Diagnostikverfahren ausgestattete Praxis optimiert den Workflow merklich. Nicht nur das Personal profitiert von vereinfachten Arbeitsabläufen, sondern auch die Patienten nehmen die Verbesserung wahr.

„Das Feedback der Patienten zur SCS Bildgebung ist durchweg positiv. Sie schätzen besonders, dass die Untersuchung vor Ort stattfinden und die Diagnose direkt mit dem behandelnden Arzt besprochen werden kann.“

Herr Jasinski betont, dass die Patienten sehr begeistert davon sind, sich die Aufnahmen in 3-D gemeinsam mit ihm am Monitor anschauen zu können. Sie schätzen es sehr, dass er ihnen die Diagnose anschaulich erläutert. Diese intensive Aufklärung ist besonders wertvoll, um eine geeignete Therapie zu finden, da mit dem Verständnis für die eigene Diagnose die Akzeptanz für die benötigte Behandlung steigt. Auch hierfür nennt der Facharzt ein Beispiel aus seiner Praxis. Es handelte sich um einen Sportler, der sich bei ihm vorstellte, nachdem er beim Zweikampf beim Fußball einen Ellebogenschlag in das Gesicht erlitt.

„Der Patient zog sich eine schwere Impressionsfraktur der Kieferhöhle zu, die sich in der 3-D-Rekonstruktion sehr gut darstellte und sich somit leicht erkennen ließ. Anhand des Modells konnte ich ihm genau erklären, warum eine Operation nötig war.“

Die SCS Bildgebung definiert die 3-D-Diagnostik neu

Mit der Implementierung der modernen SCS Bildgebung hat die Praxis Jasinski einen wichtigen Schritt in die Zukunft der sichereren bildgebenden Diagnostik gewagt. Herr Jasinski ist sich sicher, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat:

„Die SCS Bildgebung ist das Diagnostikverfahren der Zukunft und ich denke, dass es künftig keine herkömmlichen 2-D-Röntgenbilder mehr geben wird. Wer sehen möchte, wie sich diese innovative Technologie im Praxisalltag bewährt, dem stehen unsere Türen für eine Live-Demonstration offen.“

Die SCS Bildgebung live erleben

Machen Sie sich selbst ein Bild von den Vorteilen der SCS MedSeries® H22. Gerne stellen wir für Sie einen Kontakt zu Herrn Dr. Jasinski in Bamberg her – oder zu einem anderen Anwender in Ihrer Nähe.

Praxis Jasinski
Pödeldorfer Str. 146
96050 Bamberg
www.unfallchirurgie-bamberg.de

Sie haben Fragen zur innovativen SCS Bildgebung?

Wir begleiten Sie von Anfang an und unterstützen Ihre Transformation von der 2-D- auf die moderne 3-D-Diagnostik. Ihnen steht jederzeit ein persönlicher Ansprechpartner für alle Fragen zum technischen, wirtschaftlichen und medizinischen Betrieb zur Verfügung. Lassen Sie sich in einem ersten, etwa 15-minütigen Telefonat beraten. Wir zeigen Ihnen die Möglichkeiten dieser hochmodernen Lösung auf.

Was haben Barbiepuppen mit O&U zu tun?

Den meisten kommt bei Barbie wohl als erstes die klassische Spielzeugpuppe der 60er Jahre mit blonden Haaren, Wespentaille und High-Heels in den Kopf. Sie war nie bloß glitzernde Modepuppe, sondern immer auch Spiegel gesellschaftlicher Normen. Dass sich die Fußstellung der Stilikonen des Spielzeugherstellers Mattel neben sämtlichen anderen äußerlichen Merkmalen vom Erfindungsdatum 1959 bis heute stark verändert hat, zeigt eine im Mai 2025 publizierte Studie der Monash University.1

Die Autorengruppe Cylie Williams et al. beobachtete bei insgesamt 2750 untersuchten Puppen aus persönlichen Sammlungen, Katalogen und Verkaufsseiten, dass die Fußstellung von 1959 bis 2024 auch mit anderen Merkmalen korrelierte. Während in den ersten Lebensjahren der Modeikone noch jede einzelne Barbie auf dem Vorfuß unterwegs war, stehen heute nur noch 40 % auf erhobenen Fersen.2 Der in der Online-Fachzeitschrift PLOS One veröffentlichte Artikel fand heraus, dass besonders berufstätige Barbiepuppen häufig auf flaches Schuhwerk zurückgriffen, während die eher modeorientierten Spielzeuglegenden weiterhin auf Zehenspitzen trippeln. Auch bevorzugten Barbies aus praktischen Gründen häufiger absatzloses Schuhwerk, wie etwa die sportlichen Modelle.

Die Idee zu dieser retrospektiven Datenerhebung kam den Forschern bei einer für Orthopäden und Unfallchirurgen durchaus sehenswerten Szene aus Greta Gerwigs 2023 veröffentlichtem Kinohit „Barbie“. Hier erlebt Margot Robbie als Protagonistin in der Rolle der klischeehaften Puppe eine Existenzkrise und stellt schockiert fest, dass sich ihre Fersen auf dem Boden befinden. Voller Abneigung schreien ihre Freundinnen „flat feet“ (Plattfuß) und bekommen Würgereize.3

Die zeitlosen Kultpuppen reflektieren soziale und gesellschaftliche Normen und als solche sind sie oft auch Rollenvorbild für Kinder. Mit ihren ausgeweiteten beruflichen und sportlichen Aufgaben sei Barbie mehr und mehr auf längere Stehzeiten, höhere Gehgeschwindigkeiten und Haltungsstabilität angewiesen. Die Verfasser der Studie sehen es daher als positives Zeichen, dass auch Barbie mittlerweile selbstbestimmt entscheidet, welches Schuhwerk für ihre individuelle Situation angebracht ist. Mattel, der Produzent der weltweit bekannten Plastik-Trendsetterin bekennt sich öffentlich dazu, durch ein ausgeweitetes Spektrum an Körpermerkmalen wie Haut- und Haarfarbe, Berufen oder auch Behinderungen möglichst vielen Kindern die Möglichkeit zu geben, sich in einer der Puppen wiederzufinden. Dazu gehören wohl auch auf den ersten Blick als weniger bedeutsam eingestufte Varianten der Fußstellung.

Die Verfasser des Artikels betonen, dass der Gebrauch von Stöckelschuhen bereits seit langer Zeit mit gesundheitlichen Problemen wie Hallux valgus, Gonarthrose, Plantarfasziitis und Rückenschmerzen im Lendenbereich in Verbindung gebracht wird. Viele dieser Probleme würden allerdings auch unabhängig von der bevorzugten Absatzhöhe in der Allgemeinbevölkerung auftreten. Es sei unbestritten, dass der Pes equinus der stereotypen Barbie zu gesundheitlichen Problemen führe. Allerdings gebe es nach Ansicht der Autoren bislang keine belastbaren Nachweise, dass der Gebrauch von High-Heels eine solche Fehlstellung verursache. Die meisten durchgeführten Untersuchungen betrachteten nur kurzfristige Auswirkungen der Stöckelschuhe und würden häufig an Teilnehmenden erhoben, die dieses Schuhwerk sonst nicht tragen.

Coautorin Kristin Graham von der University of South Australia betont, High-Heels führten unter anderem zu langsamerem Gehen, Instabilität, Schmerz- und Verletzungsrisiken. Aufgrund dessen würden viele Fachleute die Schuhe oft mit oben genannten gesundheitlichen Problemen in Verbindung bringen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, man solle mehr Wert auf die Betonung von Gesundheitsvorteilen legen, als ausschließlich vor negativen Folgen des Stöckelschuh-Gebrauchs zu warnen. Barbie treffe nun bereits vernünftige Entscheidungen im Hinblick auf ihre Körperautonomie mit der höheren Variabilität ihres Schuhwerks, ein gutes Vorbild für junge Menschen.

Barbiepuppen mit orthopädischem Bezug findet man übrigens schon heute als Ärztin mit Röntgenstation und Achselstützen im Set, als Beinprothesen-Trägerin oder als Skoliose-Patientin mit Rückenorthese. Vielleicht wird es irgendwann auch möglich sein, eine Barbie mit orthopädischen Schuheinlagen zu erwerben, wer weiß was der Spielzeughersteller für die Zukunft bereithält.

Leopold Braun
Tübingen

Fußnoten

  1. https://www.monash.edu/news/articles/flat-out-fabulous-barbie-puts-her-best-foot-forward-over-the-years-study
  2. https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0323719
  3. https://www.youtube.com/watch?v=BCZ3_R4IEkc