Archiv für den Monat: August 2016

Physiologische Bedeutung der Hyaluronsäure

Hyaluronsäure ist ein Glykosaminoglykan und wichtiger Bestandteil der extrazellulären Matrix des Bindegewebes sowie der Synovialflüssigkeit (siehe Tab. 1)

Strukturformel Hyaluronsäure

Abb. 1 Strukturformel (C14H21NO11) mit der Disaccharid-Wiederholungseinheit der Hyaluronsäure (-4GlcUAβ1-3GlcNAcβ1-)n, Molare Masse des Dimers: 401,3 Da [1]

Hyaluronsäure ist ein natürlich vorkommendes Polymer aus Disaccharid-Einheiten von D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-Glucosamin. In den langkettigen Polymeren ist die Glucuronsäure abwechselnd β(1→3)- und β(1→4) glykosidisch an das N-Acetyl-D-Glucosamin geknüpft. In physiologischer Salzlösung nehmen diese zufällige räumliche Sekundärstrukturen an, die stark hygroskopisch sind und mehrere Liter Wasser pro Gramm binden können: DIE entscheidende Eigenschaft, um extrazelluläre Räume auszufüllen.

Hyaluronsäuren mit Molekulargewichten von mehreren tausend Kilo Dalton (kDa) erfüllen in der extrazellulären Matrix vieler verschiedener Gewebe zahlreiche Funktionen, insbesondere in der Haut und der Synovialflüssigkeit von Wirbeltieren.

Tabelle 1: Vorkommen von Hyaluronsäure
Nabelschnur
Glaskörper des Auges
Grundsubstanz des Bindegewebes
Synovialflüssigkeit
In minimaler Konzentration auch in anderen Organen

 

Die synoviale Hyaluronsäure wird dabei von spezialisierten Zellen des Knorpels (Chondrozyten) und der Gelenkhaut (Synovialis) gebildet. In den Gelenken hat Hyaluronsäure mehrere Aufgaben (Abb. 2), die im Folgenden kurz beschrieben werden.

Hyaluronsäure und Gelenk_groß_b

Abb. 2

Hyaluronsäure wirkt bei Gelenkbewegungen wie ein Schmierfilm, der sich allerdings mit den einwirkenden Scherkräften verändert: Die Viskoelastizität nimmt ab, wenn die Scherkräfte stärker werden. In Ruhe ist die Viskosität der Synovia hoch: Die Hyaluronsäure-Moleküle „falten“ sich zusammen, haften dabei am Gelenkknorpel und erfüllen im Zusammenwirken mit dem Knorpel eine Stütz- und Stoßdämpfer-Funktion. Wenn dagegen schnelle Scherbewegungen im Vordergrund stehen, wie etwa beim Laufen, wird die Viskosität der Hyaluronsäure herabgesetzt und dadurch die Reibung verringert. Durch ihre hochmolekulare Gestalt bleibt sie aber viskös genug, um nicht wie Wasser aus dem Gelenk herausgepresst zu werden[2]. Auch die viskösen Eigenschaften des Gelenkknorpels selbst hängen von Hyaluronsäure in der Knorpelmatrix ab, da sie die räumliche Anordnung der Proteoglykane in dieser Matrix definiert und hier ebenfalls große Mengen Wasser bindet. So gibt der Gelenkknorpel unter Belastung Wasser ab und nimmt dieses nach Entlastung wieder auf, was der Funktion eines Stoßdämpfers entspricht. Dieses Wasser geht bei Belastung des Gelenkes in die Synovialflüssigkeit über und steigert damit deren Viskosität. Bei Bewegungen eines gesunden Gelenkes reißt deshalb der „Schmierfilm“ der Gelenkflüssigkeit auch bei hohen Scherkräften nicht ab und die Bewegung kann ohne Schädigungen der Knorpeloberfläche ablaufen[3]. Schon allein aus diesem Grund ist eine ausreichende Menge von Hyaluronsäure für eine physiologische Gelenkfunktion unverzichtbar.

Verhinderung von Wasserverlust

Durch die hohe Wasserbindungskapazität besitzt Hyaluronsäure augmentative Funktionen. Dadurch wird Wasser im Gelenk gehalten und dieses somit insgesamt stabilisiert[i]. Auf diese Weise trägt Hyaluronsäure zur „Abdichtung“ der Gelenkkapsel bei, denn der Druck, dem das Gelenk bei Bewegung ausgesetzt ist, kann das in Hyaluronsäure gebundene Wasser nicht aus dem Gelenkspalt pressen.

Neben diesen Funktionen erfüllt Hyaluronsäure im Gelenk noch weitere Aufgaben:

Analgesie durch Coating von Nozizeptoren in der Synovialis

In der Synovialis liegen Nozizeptoren, die Schmerzempfindungen initiieren, sobald das Gelenk unphysiologisch überlastet wird. Diese Nozizeptoren werden wahrscheinlich auf molekularer Ebene durch Hyaluronsäure überdeckt („Coating“). Diese Funktion macht Sinn, um im gesunden Gelenk eine Überlastung zu verhindern, sobald die Coating-Funktion durch Hyaluronsäure – etwa durch zu hohe Scherkräfte – nicht mehr vollständig aufrechterhalten wird. Im pathologischen Fall nimmt die Schmerzbelastung zu, wenn die Hyaluronsäure-Konzentration im Gelenk abnimmt.

Filter- und Scavengerfunktion

Möglicherweise verhindert die Hyaluronsäure im Gelenkspalt auch die Diffusion verschiedener Zellbestandteile und neutralisiert freie Radikale und höher molekulare Zytokine, so dass ihr eine Art Filter- und Entsorgungsrolle zukommt.

Quellen:

[1] Knöpfel S in: Noack W, Blickpunkt Hyaluronsäure. Aesopus Verlag, Stuttgart 2002

[2] Cascone P et al. Hyaluronic acid`s biomechanical stabilization function in the temporomandibular joint. J Craniofac Surg. 2002;13:751-754

[3] Kuo JW. Practical Aspects of Hyaluronan Based Medical Products. Boca Raton, London, New York: Taylor & Francis Group LLC; 2006

Wahlaufruf des BVOU-Präsidenten: Jede Stimme zählt!

Berlin – In einem persönlichen Wahlaufruf hat sich Dr. Johannes Flechtenmacher an alle BVOU-Mitglieder gewandt. „Dass nicht immer alles im Sinne unseres Fachs geschieht in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), ist mir und vielen Kolleginnen und Kollegen bewusst“, schreibt der BVOU-Präsident darin. „Das wird sich aber nicht dadurch ändern, dass sich keine Vertreter von O + U mehr in der Vertreterversammlung und ihren Gremien engagieren.“

Nicht nur bei Bundestagswahlen hänge der Ausgang manchmal von wenigen Stimmen ab, sondern auch bei KV-Wahlen. Deshalb ruft Flechtenmacher dazu auf, an den anstehenden Wahlen zur Vertreterversammlung teilzunehmen – und die zur Wahl stehenden Kolleginnen und Kollegen des eigenen Fachs zu wählen. Derzeit sehe die Gesundheitspolitik mehrheitlich in der Förderung der Krankenhäuser die Lösung vieler Versorgungsprobleme. Umso wichtiger sei es, „dass die niedergelassenen Ärzte als Träger der ambulanten Versorgung mit ihrem Engagement und ihrer Selbstverwaltung wahrgenommen werden. Dafür ist der Sachverstand aller Facharztgruppen in der Vertreterversammlung Voraussetzung.“

Sabine Rieser