Archiv für den Monat: Juni 2016

GOÄ-Kritikpunkte im Überblick

Der Deutsche Ärztetag (DÄT) in Hamburg hat Ende Mai zahlreiche Kritikpunkte an der bisherigen GOÄ-Novellierung aufgegriffen und neue Vorgaben für den weiteren Verhandlungsprozess mit Privater Krankenversicherung (PKV) und Beihilfe gemacht.

Gemeinsame Kommission (GeKo)

Bemängelt wird von Kritikern, dass der Kommission zu viel Macht eingeräumt werden soll. Die BÄK hat mehrfach betont, die Ärzte könnten in der Kommission nicht überstimmt werden. Die GeKo könne selbst keine Beschlüsse fassen wie beispielsweise der Bewertungsausschuss für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie stimme lediglich Empfehlungen ab. Komme es zu keiner Einigung, würden die jeweiligen Standpunkte dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegt; dort werde entschieden. Für einige Aufgaben der GeKo hat der DÄT in Hamburg nun Einschränkungen formuliert.

Eingeschränkte Steigerung der Gebührensätze

Die Bundesärztekammer hatte mehrfach argumentiert, der neue einfache Gebührensatz entspreche in den allermeisten Fällen dem verdoppelten alten Gebührensatz. Außerdem solle es eine Vielzahl von leistungsbezogenen Zuschlägen geben. Der DÄT hat nun für eine zukünftige GOÄ verlangt, dass ein Zusatzaufwand auch angemessen abgebildet werden muss – entweder durch Zusatzleistungen oder durch Steigerungsmöglichkeiten.

Analogabrechnung in Gefahr

Kritiker fürchten, dass Analogabrechnungen stark eingeschränkt werden sollen. Der DÄT hat aber verlangt, dass Analogberechnungen „alter“ Leistungen länger möglich sein sollen.

Fachliche Beschränkung für Abrechnungen

Der Vizepräsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Elmar Wille, hatte auf dem Sonder-Ärztetag bemängelt, nach der neuen GOÄ solle ein Arzt künftig nur Leistungen abrechnen können, für die er nach Maßgabe des Weiterbildungsrechts auch die fachliche Qualifikation besitze. Dies entwerte die Approbation. Der DÄT hat dem BÄK-Vorstand nun als Bedingung für einen konsentierten GOÄ-Gesamtvorschlag auferlegt: „Das Recht zur Liquidation aus der Approbation bleibt unberührt.“

Geringe Einbindung der Berufsverbände und Fachgesellschaften

Dass ärztliche Organisationen und Verbände unzureichend in die Novellierungsarbeiten einbezogen worden waren, war der häufigste Vorwurf der letzten Monate. Der DÄT hat dem BÄK-Vorstand nun vorgegeben, dass zukünftige Leistungsbeschreibungen und -bewertungen sowie eine neue Steigerungssystematik der Unterstützung durch Fachgesellschaften und Berufsverbände entsprechen müssen.

Mann mit Rückenschmerz

Chronischer Kreuzschmerz: Keine relevante Linderung durch Opioide

Sydney – Dass Opioide bei chronischem Kreuzschmerz oft nur eine begrenzte Wirkung zeigen, haben bereits verschiedene Studien demonstriert. Nichts desto trotz kommt die umstrittene Opioidtherapie bei starken chronischen Kreuzschmerzen nach wie vor häufig zum Einsatz. Eine umfassende Metaanalyse von Forschern aus Sydney hat nun gezeigt, dass selbst höher dosierte Opioidanalgetika bei chronischem Kreuzschmerz keine klinisch relevante Linderung der Beschwerden erzielen.

Die Forscher um Dr. Christina Abdel Shaheed von der University of Western Sydney haben in ihrer systematischen Review die Wirksamkeit, Verträglichkeit und dosisabhängigen Effekte von Opioiden untersucht und dabei 20 verschiedene Studien mit insgesamt 7925 chronischen Kreuzschmerzpatienten einbezogen. Die teilnehmenden Patienten hatten über maximal 12 Wochen Opioidanalgetika erhalten.

Nur geringe Schmerzlinderung nachgewiesen

Zentraler Bewertungsmaßstab war dabei die Schmerzreduktion, die auf einer Skala von 0-100 gemessen wurde. Als klinisch relevant galt eine Reduktion ab 20 Score-Punkten. In 13 Studien zeigte sich eine mäßige Evidenz für die kurzfristige Linderung von Kreuzschmerzen durch Opioide mit einer Schmerzreduktion von durchschnittlich 10 Punkten. Sechs weitere Studien zeigten eine hohe Evidenz mit einer durchschnittlichen Schmerzreduktion von 8 Punkten. Insgesamt ergab sich demnach nur eine mäßige Evidenz dafür, dass Opioidanalgetika eine kurz- bis mittelfristige Linderung von chronischen Kreuzschmerzen herbeiführen.

Auch Höchstdosierung bringt keine klinisch relevanten Effekte

Zwar ließ sich laut den Forschern mit steigender Dosierung der Opioide eine stärkere Schmerzreduktion beobachten, jedoch wurde auch mit der höchsten Dosierung keine klinisch relevante Linderung der Schmerzen von mehr als 20 Score-Punkten erreicht. Es handele sich hierbei zwar um Durchschnittswerte, so die Forscher, und in Einzelfällen sei auch eine deutliche Linderung möglich – ebenso aber auch keinerlei Linderung. Auffallend hoch sei die Aussteigerquote aus den Studien gewesen. So hatten mehr als die Hälfte der Teilnehmer die Therapie frühzeitig aufgrund von Nebenwirkungen oder mangelnder Wirksamkeit abgebrochen.

Das Fazit der Forscher: Kurz- bis mittelfristig können Opioidanalgetika eine gewisse Linderung von chronischen Kreuzschmerzen bewirken. Für die innerhalb der Leitlinien empfohlenen Dosierungen sei der erzielte Effekt allerdings wahrscheinlich klinisch nicht relevant. Zudem gebe es sowohl zum Langzeitnutzen einer Opioidtherapie als auch zur Wirksamkeit bei akutem Kreuzschmerz bisher keine gesicherten Erkenntnisse.

Die Studie „Efficacy, Tolerability, and Dose-Dependent Effects of Opioid Analgesics for Low Back Pain” wurde am 23. Mai online in der Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine veröffentlicht.