Der Fachkräftemangel und zusätzliche Dokumentationspflichten für die elektronische Patientenakte (ePA) setzen Arztpraxen weiter unter Druck. Gleichzeitig sinken die Jahresüberschüsse von Praxen. Im Gespräch mit Dr. Tom Jansen und Dr. Gerd Rauch wird beleuchtet, wie eine Sprechstunden-KI den Praxisalltag entlasten kann.
Warum ist der Fachkräftemangel für Arztpraxen und Klinikambulanzen derzeit so problematisch?
Dr. Jansen: Der Mangel an Medizinischen Fachangestellten (MFAs) und Sekretär*innen ist eine der größten Herausforderungen für Arztpraxen und Klinikambulanzen. Besonders Praxen mit hohem Patientenaufkommen stehen unter erheblichem Druck, da sie umfangreiche Dokumentationen mit Diagnoseverschlüsselungen und präzise Abrechnungen sicherstellen müssen. Diese Aufgaben sind zeitintensiv und erfordern eine hohe Genauigkeit, die durch den Fachkräftemangel zunehmend schwer zu bewältigen ist. Prognosen deuten darauf hin, dass sich diese Situation in den kommenden Jahren verschärfen wird, da weniger Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen.
Welche neuen Anforderungen verschärfen den administrativen Aufwand zusätzlich?
Dr. Rauch: Mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ist es für alle Arztpraxen und Klinikambulanzen verpflichtend Befundberichte einzuspeisen. Diese Vorgabe bedeutet einen erheblichen Mehraufwand, da der gesetzliche Rahmen eine präzise und zeitnahe Dokumentation verlangt. Viele Praxen verfügen jedoch aufgrund des Fachkräftemangels nicht über die nötigen Ressourcen, um diese Anforderungen effizient zu erfüllen. Der steigende Dokumentationsaufwand stellt somit eine zusätzliche Belastung dar.
Wie steht es um die wirtschaftliche Lage vieler Arztpraxen?
Dr. Jansen: Die finanzielle Situation vieler Arztpraxen ist angespannt. Laut dem aktuellen Zi-Praxis-Panel (ZiPP) sind die Jahresüberschüsse real um 4,8 Prozent gesunken. Steigende Personalkosten, die mittlerweile 58 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, sowie inflationsbedingte Preissteigerungen und Bürokratie belasten die Praxen zunehmend. Diese Entwicklungen führen zu finanziellen Engpässen und beeinträchtigen auch die Arbeitszufriedenheit der Ärztinnen und Ärzte.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Dokumentation
in den Praxen?
Dr. Rauch: In vielen Praxen führt der Personalmangel zu unvollständigen oder fehlerhaften Dokumentationen. Diagnosen werden nicht korrekt codiert, und erbrachte Leistungen werden teilweise gar nicht dokumentiert. Diese Fehler führen zu finanziellen Verlusten und Verzögerungen in der Patientenversorgung, da Zuweiser und Patienten nicht rechtzeitig über den aktuellen Stand der Therapie informiert werden. Besonders in Praxen und Klinikambulanzen mit hoher Patientenfrequenz kommt es oft zu Verzögerungen, die den gesamten Ablauf stören. Der Druck auf das verbleibende medizinische Personal und die Ärzte selbst steigt dadurch erheblich.
Wie kann eine Sprechstunden-KI den Praxisalltag entlasten und welche Vorteile bietet sie?
Dr. Jansen: Die Automatisierung durch Künstliche Intelligenz (KI) bietet eine effiziente Lösung für diese Herausforderungen. Eine moderne Sprechstunden-KI kann administrative Aufgaben übernehmen und Fehler in der Dokumentation und Abrechnung minimieren. Mithilfe eines Raummikrofons wird das Arzt-Patienten-Gespräch in Echtzeit transkribiert und relevante Informationen werden extrahiert, um eine vollständige Sprechstundendokumentation zu erstellen. Dazu gehören Anamnese, Befund, Therapie sowie Befundberichte und die korrekte ICD-10-Codierung.
Welchen Stellenwert hat eine Integration in bestehende Systeme?
Dr. Rauch: Eine nahtlose Integration von KI-Kollegin Eudaria in bestehende Praxisverwaltungssysteme (PVS) und Kliniksoftware ist essenziell. Durch eine zuverlässige Schnittstellenanbindung können automatisierte Dokumentationen direkt in die vorhandenen Systeme übertragen werden. Dies vereinfacht und beschleunigt den gesamten Praxisablauf erheblich. Eudaria ist mit allen gängigen Praxisverwaltungssystemen kompatibel. Wir haben bereits fertige Schnittstellen zu den großen Herstellern, und wöchentlich kommen neue PVS hinzu.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Dr. Jansen: Neben der Anbindung neuer PVS arbeiten wir an innovativen, neuen Modulen. Ein wichtiges Thema ist die Abrechnung. Eudaria wird künftig in der Lage sein, fundierte Abrechnungsvorschläge zu erstellen. Darüber hinaus entwickeln wir Module für OP-Berichte, BG-Berichte und Gutachten. Wir werden in den kommenden Monaten darüber berichten, sobald diese fertiggestellt sind.
Last but not least: Wie wird Datenschutz und Sicherheit gewährleistet?
Dr. Rauch: Datenschutz hat bei Eudaria oberste Priorität. Die KI-Lösung speichert alle Patientendaten verschlüsselt in DSGVO-konformen Cloud-Umgebungen. Die Verbindung erfolgt über eine geschützte VPN-Verbindung, um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Gesprächsinhalte werden nach der Freigabe der Dokumentation durch den Arzt automatisch gelöscht. Dadurch bleibt die Privatsphäre der Patienten gewahrt, und Eudaria verfolgt einen „datensparenden“ Ansatz.
Fazit: Mehr Zeit für Patienten, weniger Aufwand für Ärzte
Über Eudaria
Im Gegensatz zu großen Konzernlösungen wurde Eudaria aus der Mitte der Ärzteschaft entwickelt. Die Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. med. Tom Jansen (Köln) und Dr. med. Gerd Rauch (Kassel) haben gemeinsam mit den KI-Experten Dr. rer. nat. Benjamin Cabrera und Lara Jansen die Software konzipiert. Ziel ist es, durch Automatisierung die Dokumentations- und Abrechnungsprozesse effizienter zu gestalten und den Praxisalltag erheblich zu erleichtern.