Die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist ein langjähriges und komplexes Vorhaben, das zuletzt durch die Zusammenarbeit der Bundesärztekammer (BÄK) und des Verbands der Privaten Krankenversicherungen (PKV) vorangetrieben wurde. Im Herbst 2024 wurde ein gemeinsamer Entwurf vorgestellt, der von beiden Seiten akzeptiert wurde.
Dieser Entwurf wurde im Herbst 2024 den ärztlichen Berufsverbänden und Fachgesellschaften zur Prüfung vorgelegt. Die Verbände hatten bis 2023 an einem betriebswirtschaftlich kalkulierten Entwurf der neuen GOÄ mitgearbeitet und diesen mit der Bundesärztekammer konsentiert.
Kritik und Herausforderungen
Die orthopädisch-unfallchirurgischen Fachgesellschaften, darunter der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), äußerten erhebliche Kritik an der neuen GOÄ. Sie bemängelten insbesondere:
- Mindererlöse von 10 bis 20 Prozent für das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie im Vergleich zum letzten, konsentierten Entwurf von 2023, sowohl in der konservativen als auch in der operativen Versorgung.
- Fehlender Inflationsausgleich in der Kalkulation der Honorare.
- Mangelnde Transparenz bei den Änderungen und Kürzungen der Honorare sowie bei der Systematik der Anpassungen. Es erfolgte offensichtlich eine Neukalkulation der Leistungen, deren Grundlagen und Algorithmen nicht offengelegt wurden.
- Unzureichende Einbindung der Fachverbände während des Überarbeitungsprozesses und eine zu kurze Kommentierungsfrist für den Entwurf.
- Ungleichgewicht zwischen Fachrichtungen: Die neue GOÄ wird als unausgewogen wahrgenommen, da sie die sprechende Medizin aufwertet, während technische und operative Leistungen abgewertet werden. Dies führt zu einer Ungleichbehandlung ärztlicher Arbeitszeit und einer Spaltung zwischen den Fachrichtungen
Trotz dieser Kritikpunkte wurde der Entwurf auf dem 129. Deutschen Ärztetag am 29. Mai 2025 mit großer Mehrheit (212 Ja-Stimmen, 19 Gegenstimmen) angenommen und an das Bundesgesundheitsministerium übergeben, um das parlamentarische Verfahren einzuleiten.
Aktueller Stand und Ausblick
Die Bundesärztekammer hat angekündigt, den Entwurf kurzfristig beim Bundesgesundheitsministerium einzureichen, um den weiteren Gesetzgebungsprozess in Gang zu setzen. Gleichzeitig hat sie signalisiert, während des parlamentarischen Verfahrens weiterhin mit den Fachverbänden an Optimierungen arbeiten zu wolle.
Diese Einladung zur Zusammenarbeit wurde von den orthopädisch-unfallchirurgischen Verbänden positiv aufgenommen. Der BVOU wird auch weiterhin jede Möglichkeit nutzen, um auf eine Korrektur der wesentlichen Probleme in der neuen GOÄ in O&U hinzuwirken.
Es wird erwartet, dass die neue GOÄ frühestens im Jahr 2028 in Kraft tritt. Bis dahin wollen die Fachverbände weiterhin auf notwendige Korrekturen und Verbesserungen hinarbeiten, um die Interessen der Orthopäden und Unfallchirurgen zu wahren.
Fazit
Die Novellierung der GOÄ ist ein bedeutender Schritt zur Modernisierung der Gebührenordnung, stößt jedoch insbesondere bei den orthopädisch-unfallchirurgischen Fachverbänden auf Widerstand. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um die bestehenden Differenzen zu klären und eine gerechte Lösung für alle Beteiligten zu finden.
Der BVOU wird sich weiterhin mit Nachdruck für die Interessen seiner Mitglieder einsetzen und auf eine gerechte Vergütung für Orthopäden und Unfallchirurgen hinarbeiten. Wir werden regelmäßig über den Fortgang der Gespräche und die Weiterentwicklung der GOÄ berichten.
Sobald sich das Inkrafttreten einer finalen Version der GOÄ-Neu abzeichnet, wird der BVOU ein umfangreiches Seminarprogramm aufsetzen, um alle Mitglieder umfassend in der Abrechnung nach der neuen GOÄ zu schulen.