Berlin – Hygiene- und Infektionsschutz sind essenziell, um postoperative Wundinfektionen zu vermeiden. Das Spektrum der erforderlichen Maßnahmen und Verpflichtungen hierfür ist vielfältig. Am 28.2.2019 ging die zweite bundesweite Befragung ambulanter Operateure zu Hygiene und Infektionsschutz im Rahmen eines sektorenübergreifenden Qualitätssicherungsverfahrens (sQS) zu Ende. Die Ergebnisse werden in der Jahresmitte erwartet.
Mehr als 24 Millionen ambulante und stationäre Operationen jährlich werden in Deutschland erbracht. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts beträgt die Prävalenz nosokomialer Infektionen (NI) ca. 5%. Dabei stellen postoperative Wundinfektionen mit etwa 20% die häufigste nosokomiale Infektion dar. Bezogen auf die Gesamteingriffszahl ereignen sich somit pro Jahr ca. 240.000 postoperative Wundinfektionen. Das Risiko postoperativer Wundinfektionen kann durch eine Vielzahl von Maßnahmen reduziert werden. Diese reichen von der Einhaltung von Hygienestandards über die Ausarbeitung eines Hygieneplans bis zur kontinuierlichen Schulung aller Mitarbeiter.
Qualitätssicherungsverfahren zur Vermeidung postoperativer Wundinfektionen (QS-WI)
Um diese Präventionsmaßnahmen sowie die Prävalenz nosokomialer Infektionen systematisch zu erfassen, wurde 2017 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein sektorenübergreifendes Qualitätssicherungsverfahren (sQS) in Praxen und Kliniken eingeführt, in denen operative Leistungen erbracht werden. Einbezogen sind dabei die Fachgruppen Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Gynäkologie und Urologie. Ziel des QS-Verfahrens ist es, die Qualität der Maßnahmen ambulanter und stationärer Leistungserbringer zur Vermeidung nosokomialer postoperativer Wundinfektionen zu messen, vergleichend darzustellen und zu bewerten.
Zwei-Säulen-Prinzip
Dieses sektorenübergreifende Verfahren zur Vermeidung postoperativer Wundinfektionen fußt auf zwei Säulen. Zum einen werden postoperative Wundinfektionen, die zur stationären Aufnahme geführt haben, im Krankenhaus erfasst. Durch eine Verknüpfung dieser Daten mit den Routinedaten der Krankenkassen ist es möglich, diese Wundinfektionen zurückzuverfolgen und festzustellen, wo der ambulante oder stationäre Primäreingriff erfolgt ist. Zum anderen wird jährlich eine Befragung unter operierenden Ärztinnen und Ärzten in Praxen, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Krankenhäusern mit Fragen zum Hygiene- und Infektionsmanagement ihrer Einrichtung durchgeführt. Dazu gehören beispielsweise ein praxisindividueller Hygieneplan, die korrekte Aufbereitung von Sterilgut sowie regelmäßige Fortbildungen der ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Hygiene und rationale Antibiotikatherapie.
Um die betroffenen Ärzte bestmöglich zu informieren und auf die knapp 100 Fragen zum Hygiene- und Infektionsmanagement der Einrichtungsbefragung 2018 vorzubereiten, stellen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf ihren Internetseiten Informations- und Schulungsangebote zur Verfügung. So haben die KBV und KVen gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Hygiene (CoC) eine Ausfüllhilfe für die Einrichtungsbefragung mit Erläuterungen, Musterdokumenten und Linktipps bereitgestellt. In den Gremien des Gemeinsamen Bundesausschusses hat sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung dafür eingesetzt, dass die Belange niedergelassener Operateure in der Befragung besser abgebildet werden.
Aus diesem Grund wurde die Dokumentation für Belegärzte vorerst ausgesetzt. Außerdem werden die Aufwände für die Dokumentation rückwirkend ab 2018 vergütet. Die zweite bundesweite Befragung ambulanter Operateure und operativ tätiger Krankenhäuser zu Hygiene und Infektionsschutz zur Erfassung des Jahres 2018 ist am 28. Februar 2019 zu Ende gegangen.
Ergebnisse der Einrichtungsbefragung im Sommer 2019
Die Ergebnisse der Einrichtungsbefragung des QS WI für das Erfassungsjahr 2017 wurden dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) am 30.10.2018 im Bundesqualitätsbericht 2018 durch das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) bereitgestellt. Die Auswertung des Erfassungsjahres 2017 berücksichtigt ausschließlich die Indikatoren zum Hygiene- und Infektionsmanagement ambulanter und stationärer Leistungen. Mit den Daten des Erhebungsjahres 2018 werden dann erstmals auch die erfassten Wundinfektionen ausgewertet. Die betroffenen Operateure bzw. Krankenhäuser erhalten ihre Ergebnisse zu den Wundinfektionsraten im Sommer 2019.
Empfohlene Maßnahmen zur Prävention von postoperativen Wundinfektionen
Perioperative Antibiotika-Prophylaxe
Die KBV hat auf ihrer Themenseite Vorlagen zur perioperativen Antibiotika-Prophylaxe sowie zur Antibiotika-Initialtherapie bereitgestellt, die Empfehlungen zur Antibiotikagabe von der Indikationsstellung bis zur Dosierung enthalten. Ziel ist es, die Patienten vor postoperativen Wundinfektionen zu schützen und Antibiotika nicht unnötig einzusetzen.
Erstellung und Fortschreiben des Hygieneplans für die Arztpraxis
Ebenfalls vom Kompetenzzentrum Hygiene der KBV stammt eine detaillierte Vorlage zur Erstellung eines Hygieneplans für die Arztpraxis. Die Regelungen beschreiben allgemeine, aber auch spezielle Hygienemaßnahmen wie die korrekte Haarentfernung. Sie berücksichtigen außerdem die normativen Vorgaben sowohl zum Patienten- als auch zum Mitarbeiterschutz. Wer bereits einen Hygieneplan hat, kann die Materialien abgleichen und den eigenen Plan aktualisieren.
Hygienefortbildungen für das Praxispersonal
Zur Vermeidung von Infektionsrisiken ist eine fundierte Unterweisung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie eine jährliche interne Fortbildung des gesamten Praxispersonals nach den meisten Länderhygieneverordnungen gesetzlich gefordert. Dabei soll auch auf saisonale Herausforderungen wie Influenza und Noroviren sowie auf regionale Ausbrüche mit Problemkeimen eingegangen werden. Im Bedarfs- bzw. Ausbruchsfall werden Nachschulungen empfohlen. Bitte beachten Sie diese Vorgaben und schulen Sie Ihre Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen zu den Themenfeldern Hygiene und Infektionsvermeidung.
Themenschwerpunkt im BVOU-Infobrief 1/2019
Aufgrund der Brisanz des Themas und der gerade abgeschlossenen zweiten Befragung im Rahmen der sektorübergreifenden QS-WI, widmen wir uns in der aktuellen Ausgabe des BVOU-Infobriefs dem Thema Hygiene und Infektionsprävention. Die Zeitschrift erhalten Sie als BVOU-Mitglied kostenlos zugeschickt.