Berlin – Dr. Jörg Ansorg, Geschäftsführer des BVOU, ist der Auffassung, dass die sehr niedrige Zahl an Behandlungsfehlern in Deutschland nicht korrekt vermittelt wird. Er bezieht sich damit auf die aktuellen Daten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). „Im Jahr 2016 waren es mit 3.564 festgestellten Fehlern rund 500 Schäden weniger als 2015. Das ist ein Rückgang um 12 Prozent, was unter anderem auf die gesteigerten Maßnahmen zur Risikoreduktion und Schadenprävention zurückzuführen ist“, betonte er.
Ansorg wies auf die Relationen insgesamt hin: „Setzt man die festgestellten Schäden durch Behandlungsfehler ins Verhältnis zu den ca. 600 Mio. Gesamtbehandlungen im Jahr 2016, ergibt sich eine Schadenquote von ca. 6 mal 10-6. Das heißt, ein Schaden kommt auf ca. 150.000 Behandlungen.“
„Damit sind wir in der Medizin noch weit von der Luftfahrt entfernt, die als Ziel eine Schadenquote von kleiner 10-8 ausgibt. Aber ganz so schlecht, wie immer suggeriert wird, sind deutsche Ärzte und Pflegekräfte eben auch nicht“, so der BVOU-Geschäftsführer. „Und Behauptungen, wonach jeder 10. Patient im deutschen Gesundheitssystem einen Schaden erleidet oder Opfer von Ärztepfusch wird, sind völlig aus der Luft gegriffen. Ebenso wie die Behauptung, dass jährlich im Krankenhaus 20.000 Patienten durch Fehler getötet würden.“
Trotz aller Statistik und trotz aller Verbesserungen, die Ärzte und Pflegekräfte gemeinsam bei der Patientensicherheit in den letzten Jahren erreicht hätten, sei jeder Patientenschaden einer zu viel. Es gehe immer um das Leid und das Schicksal eines einzelnen Menschen und seiner Angehörigen. „Deshalb bemühen sich Ärzte und Pflegekräfte täglich mit einer Vielzahl von Maßnahmen um die Vermeidung jedes einzelnen Patientenschadens. Und in diesem Kontext sind 500 Schäden weniger als im Vorjahr eine Erfolgsmeldung, die jedem Arzt und jeder Pflegekraft zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dies gilt im Besonderen für die Orthopädie und Unfallchirurgie“, betont Ansorg.
Vor kurzem hatte auch Dr. Günther Jonitz, Vorsitzender des Ausschusses Qualitätssicherung bei der Bundesärztekammer und Mitinitiator des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, die Einordnung der jüngsten Daten kritisiert. „Der Medizinische Dienst besetzt das Thema Patientensicherheit negativ – das ist ein Rückschritt“, urteilte er.