Moderne Wundverbandmittel sind teuer. Regresse nach Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Prüfungseinrichtungen können schnell in den fünf- und sechsstelligen Eurobereich gehen. Diese Existenzbedrohung besteht gerade auch für orthopädisch-chirurgische Praxen, die sich engagiert um die intensiv behandlungsbedürftigen Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden kümmern.
In Baden-Württemberg geht die gemeinsame Selbstverwaltung seit einigen Jahren einen für die dortigen Ärztinnen und Ärzte besonders vorteilhaften Weg: Man konsentiert Therapieleitfäden in Abstimmung zwischen Krankenkassenverbänden und Kassenärztlicher Vereinigung. Diese werden dann auf der Homepage der Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen[1] veröffentlicht. Die Leitfäden geben der Ärzteschaft Behandlungsalgorithmen zur wirtschaftlichen und rationalen Pharmakotherapie spezifischer Krankheitsbilder an die Hand, im orthopädischen Bereich beispielsweise für die Behandlung der Osteoporose[2]. Arzneimitteltherapien, die den darin enthaltenen Behandlungskriterien entsprechen und deren Wirkstoffauswahl, Indikationsstellung und Therapiedauer patientenbezogen durch ausreichende Dokumentation nachgewiesen werden, gelten bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen in der Regel als wirtschaftlich, wenn die geprüfte Praxis hierauf im Prüfverfahren in ihrer Stellungnahme Bezug nimmt. Die betroffene Praxis wird so maßgeblich entlastet. Die Therapiefreiheit soll hierdurch nicht eingeschränkt werden. Empfehlenswert ist es aber in den Fällen, in denen von den Empfehlungen der Leitfäden aus medizinischen Gründen abgewichen werden muss, nachvollziehbar zu dokumentieren, insbesondere bei kostenintensiven Therapien.
Diese Therapieleitfäden existieren bisher nur im Zusammenhang mit medikamentöser Behandlung. Nach jahrelangen und schwierigen Bemühungen ist in Baden-Württemberg nun der große Durchbruch gelungen und wurde erstmals ein konsentierter Therapieleitfaden zur Behandlung chronischer Wunden veröffentlicht[3].
Das informative 44-seitige Werk von Dr. Stephan Eder (Villingen-Schwenningen) und Dr. Wolf-Rüdiger Klare (Konstanz) definiert chronische Wunden, informiert über Prinzipien der Wundbehandlung, beschreibt ausführlich verschiedene Verfahren der lokalen Wundbehandlung und geht auf die Besonderheiten bei der Behandlung von Wunden bei speziellen Krankheitsbildern (Ulcus cruris venosum, Ulcus cruris arteriosum, pAVK, diabetischem Fußsyndrom, Dekubitus) ein. In den Abschnitten zu verschiedenen Verfahren werden nicht nur die Klassiker wie Wundreinigung und Wundspülung, sondern auch moderne Verfahren mit Hydrogelen, Alginaten, Hydrofasern, Distanzgittern, Absorberkompressen, Schaumstoffen, Superabsorbern, silber-, ibuprofen-, polyhexamethylenbiguanid- oder kollagenhaltigen Wundauflagen dargestellt und auf die Vakuumtherapie eingegangen. Es gibt Ratschläge zur Behandlungsdokumentation und stellt einen entsprechenden Dokumentationsbogen zur Verfügung. Im Anhang finden sich gängige Klassifikationen, praktische Anleitungen und Tipps zur Kompressionstherapie sowie die Leitlinien der Fachgesellschaften. Der Wundleitfaden ist fachlich insofern auch für Kolleginnen und Kollegen außerhalb von Baden-Württemberg hochinteressant.
Leopold Braun, Tübingen
[1] https://www.gpe-bw.de/facharztgruppen
[2] https://www.gpe-bw.de/facharztgruppen/orthopaeden/osteoporose-1
[3] https://www.gpe-bw.de/fileadmin/user_upload/Fachaerztegruppen/Wundleitfaden/20250807_V04_Wundleitfaden.pdf