Jena – Medizinische Implantate bergen nach wie vor Risiken wie das Auftreten von Blutgerinnseln oder Infektionen. Jenaer Forschern ist es gelungen, Polymeroberflächen so zu verändern, dass die Anhaftung von Blutplättchen und damit die unerwünschte Blutgerinnung wesentlich reduziert werden. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler einen Weg, Oberflächen von Titanimplantaten zu modifizieren, um das Risiko eines Bewuchses mit gefährlichen Krankheitserregern zu reduzieren.
„Heutige Implantatmaterialien, wie Polymere und Metalle, können unerwünschte Nebenwirkungen im menschlichen Organismus verursachen“, sagt Materialwissenschaftler Prof. Klaus D. Jandt von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ihrem Ziel, medizinische Implantate sicherer zu machen, sind Jandt und sein Team nun mit zwei aktuellen Studien einen Schritt nähergekommen.
Blutgefäßprothesen bestehen heute vorwiegend aus Dacron, einem Polyester-Polymer oder Teflon. „Weil Blut dazu neigt, im Kontakt mit diesen Materialoberflächen zu gerinnen, besteht die Gefahr, dass sich die künstlichen Blutgefäße mit Blutgerinnseln verschließen, was lebensbedrohlich sein kann“, erläutert Jandt. Um die Anhaftung von Blutplättchen auf den künstlichen Oberflächen zu verringern, haben sich die Wissenschaftler von der Natur inspirieren lassen. „In natürlichen Blutgefäßen wird die Blutgerinnung u.a. dadurch unterdrückt, dass die Zellen, mit denen die Gefäße ausgekleidet sind, eine typische dreidimensionale Form aufweisen und etwas aus der Gefäßoberfläche herausragen.“ Diese natürliche Form diente den Materialwissenschaftlern als Vorbild für die Oberfläche eines neuen künstlichen Blutgefäßes.
Wie sie in der nun vorgelegten Untersuchung zeigten, weist diese im Vergleich zu einer herkömmlichen unstrukturierten Polymeroberfläche eine um etwa 80 Prozent geringere Anhaftung von Blutplättchen auf. Mit Computersimulationen zeigten die Materialwissenschaftler weiter, dass die durch die Blutströmung verursachten Scherspannungen (d.h. Strömungskräfte) auf den bioinspirierten Oberflächen für diese reduzierte Anhaftung von Blutplättchen verantwortlich sind. „Wir hoffen, damit eine wichtige Grundlage für neue Gefäßprothesen gelegt zu haben“, kommentiert Jandt diese Ergebnisse, die in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Jena und dem Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik in Heilbad Heiligenstadt entstanden.
Auch beim Verständnis von Infektionen an metallischen Titanimplantaten sind die Materialwissenschaftler der Uni Jena einem bioinspirierten Ansatz gefolgt. So schützt sich eine Reihe von Tieren gegen die Besiedelung durch Mikroorganismen, indem ihre Haut mikroskopisch kleine Strukturen aufweist, die die Anhaftung von Bakterien durch physikalische Kräfte verhindern. Solche Strukturen, wie sie etwa auf der Haut von Haien oder den Flügeln von Libellen vorkommen, haben die Forscher vereinfacht auf das Implantatmaterial Titan übertragen.
Wie sie gemeinsam mit Kollegen vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (HKI) in ihrer nun veröffentlichten Arbeit belegen, lässt sich dadurch die Anhaftung von Mikroorganismen rein physikalisch um mehr als die Hälfte reduzieren.
Die Studien „Hemodynamic aspects of reduced platelet adhesion on bioinspired microstructured surfaces” und „Nanorough titanium surfaces reduce adhesion of Escherichia coli and Staphylococcus aureus via nano adhesion points” werden in der September-Ausgabe der Zeitschrift Colloids and Surfaces B: Biointerfaces veröffentlicht.
Quelle: Universitätsklinikum Jena
Bild: Jenaer Forschern ist es gelungen, Polymeroberflächen von künstlichen Blutgefäßen so zu verändern, dass sie die Anhaftung der Blutplättchen und damit die Blutgerinnung wesentlich reduzieren. (Quelle: Jan-Peter Kasper/FSU)