Die Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) am Fuß gehört zu den häufigsten Einsätzen der Stoßwelle am Bewegungsapprat mit den zwei „Zugpferden“ Plantarfasziitis und Achillessehnen-Tendopathien. Bezüglich der Wirkweise wurden in den letzten 35 Jahren vielfältige orthopädische Indikationen wie Tennis-Ellbogen, Kalkschulter und Fersensporn in der Extrakorporalen Stoßwellentherapie experimentell erforscht, in vielen klinischen Studien überprüft und in die klinische Routine eingeführt. Nach den anfänglich sehr mechanistischen Vorstellungen wie Zertrümmerung von Kalkdepots und Anbrechen von Knochen zur Pseudarthrosenheilung konnte bald gezeigt werden, dass durch die beim Aufprall auf Medien unterschiedlicher Impedanz freiwerdende Energie zum einen Neurotransmitter ausgeschüttet werden und Schmerzfasern moduliert werden, was den analgetischen Effekt erklären kann. Zum anderen werden Wachstumsfaktoren u.a. zur Gefäß- und Knochenneubildung ausgeschüttet. Dies eröffnete neue Felder in der Stoßwellenforschung auch am Fuß.
Die Literatur-Abfrage über Pubmed zeigt 2025 über 250 Studien zum Thema ESWT am Fuß (Abb. 1). Aktuell konzentriert sich die Wissenschaft neben einer steten Überprüfung der bewährten Indikationen Fasziitis plantaris und Achillessehne durch immer größere Metaanalysen und regelmäßige Reviews experimentell und in klinischen Studien auf den großen Bereich der Geweberegeneration der Haut (hier besonders diabetische Ulcera) mit speziellen Oberflächen-Schallköpfen aber auch dem Knochen (Ermüdungsbrüche) und spastischer Deformitäten des Fußes. Im Folgenden möchte ich Sie in diesen Bereichen auf den neuesten Stand bringen.
Plantarfasziitis und Achillessehne
So erschien 2024 eine große Metaanalyse zum Thema Plantarfasziitis (Abb. 2) mit in 16 Studien eingeschlossenen 1.121 Patienten. Nach drei Monaten zeigte sich die ESWT gegenüber Kortikoid-Injektionen in der Schmerzminderung, Verringerung der Fasziendicke und Verbesserung der Fußfunktion überlegen. Nebenwirkungen waren lediglich leichte Rötungen und Schmerzen während der Behandlung. Zwei weitere Metaanalysen aus den USA beschäftigten sich mit dem Vergleich Stoßwelle versus PRP (platelet rich plasma) Injektionen. Hier zeigte die eine Studie mit 214 eingeschlossenen Patienten (Daher et al., 2024) eine deutliche Verbesserung in beiden Gruppen ohne signifikanten Unterschied. In der zweiten Arbeit (Herber et al., 2024) waren Funktion und Fasziendicke gleich, aber die PRP-Behandlung zeigte eine bessere Schmerzreduktion.
Für die Behandlung der Achillessehnen-Tendopathie mittels ESWT kristallisierte sich in einer Metaanalyse aus den Ergebnissen von 8 Studien eine eindeutige Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung im Roles and Maudsley Score heraus und dies sowohl für eine low-energy (0,06–0,11 mJ/mm2) und medium-energy (0,12–0,25 mJ/mm2) Therapie (Fan Y et al., 020). Hierbei wurde jedoch nicht zwischen insertionaler und nicht-insertionaler Achillodynie unterschieden, was jedoch im outcome der Stoßwellenbehandlung einen deutlichen Unterschied machen kann, wie eine Arbeit von Butler aus dem Jahr 2024 zeigt. Hier wurden 86 Patienten in einer retrospektiven Analyse untersucht. Die Versagensrate der ESWT-Behandlung nach 6 Monaten lag bei den Nicht-insertionalen Achillessehnen-Tendopathien bei 11,8 %, bei den insertionalen Achillodynien bei 32,7 %. Insgesamt steht nach dem momentanen wissenschaftlichen Stand die exzentrische Dehnungstherapie als wichtiger unverzichtbarer Bestandteil der Therapie im Vordergrund, wie eine Metaanalyse aus 2024 zeigen konnte, die besten Ergebnisse wurden aber in Kombination mit zusätzlicher Stoßwellentherapie erzielt (Ko et al. 2024).
Knochen- und Knorpelbehandlungen am Fuß
Die Stimulation von Knochenheilung ist seit langem gut wissenschaftlich belegt. Am Fuß ist eine der häufigsten Anwendungen die Behandlung von Ermüdungsbrüchen, v.a. an den Metatarsalknochen. Beling et al. untersuchten 40 LäuferInnen (durchschnittlich 72 km/Woche Training) mit Stressfrakturen und konnten mit fokussierter Stoßwellentherapie einen return to sports nach durchschnittlich 12 Wochen erreichen (Beling A et al., 2023). Eine weitere häufige Problematik sind MT 5 Basis-Frakturen bei Sportlern, hier stellt sich oft die Frage konservativ versus operativ. Zu diesem Problem legte eine spanische Arbeitsgruppe eine Pilotstudie auf. Es wurden 18 Fußballer randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe wurde mittels kanüllierter Zugschraube operativ versorgt, die andere Gruppe wurde dreimal mittels fokussierter Stoßwelle mit einer Energieflußdichte von 0,21 mJ/mm2 und einer Frequenz von 4 Hz behandelt. Die Ergebnisse in Bezug auf Schmerz, Funktion und return to play unterschieden sich nicht signifikant, bei weniger Schmerz und Komplikationen in der Stoßwellengruppe (Ramon S et al., 2023). Auch bei Knochenheilungsstörungen am Fuß scheint die ESWT eine gute Therapiealternative zur Operation, wie ein aktueller Review-Artikel aus Großbritannien zeigt. Hier wurden 8 Studien mit insgesamt 114 Frakturen vorwiegend an den Metatarsalia aber auch an Navikulare, Talus und Kalkaneus eingeschlossen. Nach 3 Monaten betrug die Heilungsquote 65 – 100 % und nach 6 Monaten 90 – 100 % (Kwok I. et al., 2022). Osteochondrale Verletzungen bzw. die Osteochondrosis dissecans am Talus erfordern ebenfalls aufwendige und langwierige Behandlungen mit wechselnden Ergebnissen. Daher untersuchte eine chinesische Arbeitsgruppe in einer kontrolliert randomisierten Doppel-Blind-Studie (RCT) eine arthroskopische Mikrofrakturierung des Talus mit konsekutiver 5-maliger ESWT nach 3 Wochen gegen die arthroskopische Mikrofrakturierung allein (n=40). Nach 12 Monaten follow-up war die Stoßwellengruppe sowohl in der VAS, im Funktionsscore als auch in der Reduktion der Knochenmarksödem-Fläche signifikant besser. Den Vergleich zweier additiver regenerativer Verfahren zur klassischen Therapie (Mikrofrakturierung) dazu untersuchte die Gruppe um Li in einer retrospektiven Kohortenstudie eine arthroskopische Mikrofrakturierung + fokussierter Stoßwellenbehandlung gegen eine arthroskopische Mikrofrakturierung + PRP. Eingeschlossen wurden 76 Patienten, follow up 2 Jahre. Es zeigte sich für dieStoßwellengruppe eine bessere Funktion im AOFAS Score (American Orthopedic Foot and Ankle Society Ankle-Hindfoot Score) und im MRT Mapping eine dickere hyaline Knorpelschicht im Vergleich zur PRP-Gruppe (Li J. et al., 2023). In einer weiterenStudie aus China wurden alle drei Therapieverfahren kombiniert mit sehr guten Ergebnissen auch in der Reduktion des Knochenmarködems nach 3 und 6 Monaten (Lu Y. et al., 2024).
Wundbehandlung am Fuß
Im Bereich der Haut hat sich in den letzten Jahren die Evidenz für die Heilung von chronischen Hautdefekten durch die extrakorporale Stoßwellentherapie vervielfacht. Allein in den letzten zwei Jahren wurden zum Thema der Behandlung von Ulcera am Fuß 11 Studien veröffentlicht. Durch die Freisetzung von Gefäßwachstumsfaktoren wie VGEF und aber auch allgemein stimulierenden Wachstumsfaktoren wie FGF und TGFβ wurden hier neue Indikationen erschlossen. So zeigte eine polnische Gruppe, dass sich bei 31 Patienten mit chronischen Wunden am Fuß (Durchschnittsalter 81 Jahre) bereits nach einer einmaligen radialen Stoßwellenbehandlung mit 300 + 100 Impulsen / cm2 mit 5 Hz, einem Druck von 2,5 bar und einer Energieflussdichte von 0,15 mJ/mm2 die Wundgröße signifikant verkleinerte (Dymarek R. et al., 2024). In einer weiteren randomisierten prospektiven Studie aus Australien wurden 48 Patienten in bisherige Standard-Wundbehandlung und ESWT + Standard-Wundbehandlung aufgeteilt. In der ESWT-Gruppe kam es zu mehr Heilungen, statistische Signifikanz wurde jedoch nicht erreicht (Vangaveti V. et al., 2023). Zusammenfassend zeigt es sich in einem Review mit 10 eingeschlossenen RCT’s, dass es durch die extrakorporales Stoßwellentherapie zu signifikant mehr komplett verheilten Ulcera und einer geringeren Rate an unveränderten Wundgrößen kommt. In der Subgruppenanalyse zeigt sich die Überlegenheit der ESWT gegenüber einer hyperbaren Sauerstoff-Therapie und einer Standard-Wundbehandlung (Wu F. et al., 2024).
Neurologische Indikationen am Fuß
Das zweite große Feld an neueren Indikationen neben der Haut ist die Neurologie. Hier steht die Behandlung von spastischen Deformitäten im Vordergrund. Emara untersuchte 34 Kinder zwischen 7 und 9 Jahren mit spastischer Zerebralparese in 2 Gruppen. Die eine erhielt eine traditionelle Physiotherapie, die zweite Gruppe zusätzlich eine radiale Stoßwellentherapie der Wadenmuskulatur. Die Stoßwellengruppe zeigt in allen motorischen Tests signifikante Verbesserungen der Fuß-Funktion (Emara H. et al., 2022). Auch bei Apoplex-Patienten sind spastische Kontrakturen ein häufiges Problem. Diese konnten in einer Arbeit von Nada 2024 nachgewiesen werden. 100 post-Apoplex Patienten wurden randomisiert in 2 Gruppen aufgeteilt. 50 erhielten zusätzlich zur Standard-Behandlung 4 Sitzungen radiale Stoßwellentherapie mit 1.500 Impulsen, 0,1 bis 0,3 mJ/mm2 Energieflussdichte mit einer Frequenz von 4 Hz. Nach einem und zwei Monaten waren neben elektrophysiologischen Tests die Dorsalflexion und der 10 m-Gehtest signifikant verbessert (Nada d. et al., 2024).
Zusammenfassend zeigt sich auch am Fuß der seit Jahren anhaltende Trend zur wissenschaftlichen Evaluation neuer Therapiefelder der ESWT, bei denen vor allem die dermatologischen und neurologischen Erkrankungen derzeit stark im Fokus stehen. Aber auch die klassischen Krankheitsbilder werden weiter wissenschaftlich untersucht und vor allem mit anderen teils neueren Therapieverfahren wie dem PRP verglichen und eingeordnet.
Anhand der aktuellen Literatur zeigt sich die Stoßwelle weiterhin als wichtiges Therapiemittel für Krankheiten, Überlastungen, Verletzungen und neurologisch bedingte Deformitäten am Fuß.
Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.