Berlin – Zurückhaltende Diagnostik, Bewegung statt Bettruhe, passende Schmerzmedikamente, Psyche und soziales Umfeld beachten – die überarbeitete Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) zum nicht-spezifischen Kreuzschmerz thematisiert eine Vielzahl von Empfehlungen. Ihre Autoren greifen zahlreiche Empfehlungen der ersten Version auf, haben diese jedoch um neue Forschungsergebnisse und Erkenntnisse ergänzt.
Die wichtigsten Unterschiede sind nach Angaben des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ):
- Mehrfache Bildgebung vermeiden, sofern sich das klinische Beschwerdebild nicht ändert.
- Psychosoziale und arbeitsplatzbezogene Faktoren von Anfang an beachten.
- Bei Medikamentengabe: am ehesten nicht-steroidale Antirheumatika, eingeschränkt Paracetamol, zentrale Muskelrelaxanzien sowie Antidepressiva, Opioide und Metamizol unter strikten Auflagen.
- Schmerzen früh multidisziplinär angehen.
Neben Experten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) waren 26 weitere Fachgesellschaften und Organisationen an der Aktualisierung der NVL beteiligt.
Ziel: Optimierung der Patientenversorgung
Die NVL-Autoren empfehlen grundsätzlich, Diagnostik zurückhaltend einzusetzen, wenn Anamnese und körperliche Untersuchung keinen Verdacht auf gefährliche Ursachen der Kreuzschmerzen entstehen lassen. Wenn nach vier bis sechs Wochen keine Besserung eintritt und Schmerzen den Patienten im Alltag behindern, soll der Einsatz bildgebender Verfahren geprüft werden. Ihre Empfehlungen haben sie mit dem Hinweis versehen: „Die hohe Prävalenz nicht-spezifischer Kreuzschmerzen sowie eine große Variationsbreite in der Versorgungsqualität (Über-/Unter-/Fehlversorgung) verlangen verstärkte Bemühungen um die Optimierung der Versorgung von Patienten mit nicht-spezifischen Kreuzschmerzen. Hierzu gehören verlässliche Definitionen des Notwendigen und Angemessenen in Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, basierend auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis (beste verfügbare Evidenz) und der Praxis.“
Keine Empfehlungen für spezifischen Kreuzschmerz
Diagnostik und Behandlung spezifischer Kreuzschmerzformen sind nicht Inhalt der überarbeiteten Leitlinie. „Die Abgrenzung zwischen nicht-spezifischen und spezifischen Kreuzschmerzen ist in der Praxis nicht einfach“, räumen deren Autoren ein. „Für viele spezifische Kreuzschmerzformen fehlen klare diagnostische Kriterien, die eine gezielte und effektive Therapiesteuerung ermöglichen. Zu Krankheitsbildern spezifischer Kreuzschmerzen liegen in Deutschland die S3-Leitlinie Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen (2013), die S2k-Leitlinie Lumbale Radikulopathie (2012), die S2k-Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik (2014) sowie die Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose (2014) vor.“