Die Ambulantisierung des Gesundheitswesens ist ein bedeutender Paradigmenwechsel in der medizinischen Versorgung. Sie bezeichnet den Übergang von stationären, klinischen Behandlungen hin zu ambulanten, patientenorientierten Ansätzen. Diese Entwicklung revolutioniert nicht nur die Art und Weise, wie Gesundheitsdienste erbracht werden, sondern hat auch tiefgreifende Auswirkungen auf Patienten, Niedergelassene Ärzte, medizinisches Fachpersonal und das Gesundheitssystem als Ganzes.
Webinaraufzeichnung: Umgang mit Hybrid-DRG nach § 115f SGB V in O&U
Verordnung über eine spezielle sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG-Verordnung)
Spezielle sektorengleiche Vergütung BVOU-Paper
Spezielle sektorengleiche Vergütung BVOU-Tabellen-Leistungen-Ambulantisierungsgrad
Spezielle-sektorengleiche-Vergütung OPS-Liste BVOU (Downloadbereich)
Übersicht Abrechnungsdienstleister Hybrid-DRG
Abrechnungsvereinbarungen GKV und PKV
Unser Berufsverband hat die Gesetzgebung zur sektorengleichen Versorgung und Vergütung und die Rechtsverordnung zu § 115f SGB V konstruktiv-kritisch über zwei Jahre begleitet. Unsere entsprechenden Konzeptionen, Berechnungen und ordnungspolitischen Vorschläge dazu sind als „Wiesbadener Modell“ veröffentlicht und im Mitgliederbereich unter www.bvou.net/dossiers/ambulantisierung eingestellt worden, ebenso die Hybrid-DRG-Verordnung. Diese Rechtsverordnung (RVO) wird leider dem Anliegen einer umfassenden Ambulantisierung nicht gerecht und kann deshalb nur eine Übergangsregelung darstellen, der zum 01.01.2025 ein umfassend angemessener rechtlicher Rahmen folgen muss. Aktuell herrscht teilweise Unsicherheit, was die RVO 2024 für die Praxis bedeutet. Das folgende FAQ des BVOU soll für mehr Klarheit sorgen. Soviel vorweg: Weder in Klinik noch in Praxis ändert sich grundlegendes.
Gemäß § 2 der Hybrid-DRG-Verordnung trat diese zum 1. Januar 2024 in Kraft und tritt zum 31. Dezember 2024 außer Kraft.
Für Orthopädie und Chirurgie sind es Leistungen aus den Bereichen Vorfußchirurgie, Hernienchirurgie und die Exzision eines Sinus pilonidalis. Die Leistungsfelder werden definiert durch OPS-Kode, die Verweildauer (1 Tag) und die PCCL < 3 der Patientin/des Patienten.
Dieser Definitionsalgorithmus ist hinterlegt in der neuesten Version des aG-DRG Groupers des InEK. Die so definierten Leistungsfelder finden sich dort als Hybrid-DRGs, erkennbar an dem Buchstaben M oder N hinter dem dreistelligen DRG-Code.
Die Pauschalbeträge sind in Anlage 2 der RVO hinterlegt. Bei den Vorfußeingriffen betragen sie beispielsweise 1.072,95 bzw. 909,25 Euro.
Orthopädisch-chirurgisch relevante Pauschalbeträge nach Anlage 2:
Hybrid-DRG | Bezeichnung | Bewertung
(in €) |
G09N | Beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 55 Jahre oder komplexe Herniotomien oder Operation einer Hydrocele testis oder andere kleine Eingriffe an Dünn- und Dickdarm | 2.021,82 |
G24N | Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, mit beidseitigem oder komplexem Eingriff oder Alter < 14 Jahre mit äußerst schweren oder schweren CC | 1.965,05 |
G24M | Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, ohne beidseitigen Eingriff, ohne komplexen Eingriff, Alter > 13 Jahre oder ohne äußerst schwere oder schwere CC | 1.653,41 |
I20N | Andere Eingriffe am Fuß oder chronische Polyarthritis oder Diabetes Mellitus mit Komplikationen oder Alter < 16 Jahre | 1.072,95 |
I20M | Eingriffe am Fuß ohne komplexe Eingriffe oder komplizierende Faktoren, Alter > 15 Jahre | 909,25 |
J09N | Eingriffe bei Sinus pilonidalis und perianal, Alter > 15 Jahre | 1.038,17 |
Die Hybrid-DRGs enthalten gemäß § 1 RVO folgende Aufwände:
Nicht enthalten in den Hybrid-DRGs sind gemäß Begründung der RVO folgende Aufwände:
Bitte beachten Sie hier die in Ihrem KV-Bezirk geltende Sprechstundenbedarfsvereinbarung sowie die dazugehörige Liste der zulässigen Mittel.
Aufwände (Zusatzentgelte) für Gerinnungspräparate für Hämophilie-Patienten sowie für Dialysepatienten als Teil der allgemeinen Krankenhausbehandlung
In der Hybrid-DRG Pauschale ist sowohl das Honorar des Operateurs als auch des Anästhesisten enthalten. Die RVO enthält keinen Hinweis wie die Aufteilung zu erfolgen hat. Wir empfehlen auf regionaler Ebene eine Einigung zu erzielen. Eine separate Abrechnung der Anästhesie-Leistungen über den EBM ist nicht gestattet.
Berechtigt zur Erbringung einer Hybrid-DRG sind die an der Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und -ärzte inkl. der Ermächtigten, Belegärzte und -ärztinnen, medizinische Versorgungszentren (MVZ), ambulante OP-Zentren, Praxiskliniken sowie zugelassene Krankenhäuser, wenn sie die jeweils für das ambulante Operieren nach § 115b Absatz 1 Satz 5 SGB V geltenden Qualitätsvoraussetzungen erfüllen.
Die Regelungen in der RVO zielen vornehmlich auf eine Ambulantisierung bereits stationär im Krankenhaus erbrachter Leistungen, sie beziehen sich nicht auf die bestehenden Regelungen zu bislang schon ambulant erbringbaren Operationen. Zu diesen etablierten Abrechnungswegen findet sich bereits in § 115f SGB V kein Ausschluss, entsprechend auch nicht in der RVO. Wir gehen davon aus, dass weiterhin eine Abrechnung nach Kap. 31 EBM möglich ist (siehe auch Homepage der KV Baden-Württemberg).
Von der Abrechnungsmöglichkeit nach Hybrid-DRG ist – wie erläutert – auch der Kreis der Vertragsärzte und -ärztinnen und der sonstigen genannten Einrichtungen explizit umfasst, sie sind zur Abrechnung der Hybrid-DRG-Pauschalen berechtigt (unseres Erachtens nicht verpflichtet).
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verweist darauf, dass es sich aus rechtlichen Gründen gehindert sieht, Regelungen zur Abrechnung der Hybrid-DRGs zu treffen, legt deshalb in die unmittelbare Verantwortung der Selbstverwaltung und hofft auf pragmatische Lösungen.
Damit ändert sich für die Leistungsabrechnung für die Krankenhäuser bei der Abrechnung grundsätzlich nichts. Hybrid-DRGs werden ebenso wie die „normalen“ aG-DRGs direkt mit den Krankenkassen abgerechnet.
Im vertragsärztlichen Sektor existieren bisher keine entsprechenden Abrechnungswege.
Zwar sieht § 115f SGB V vor, dass die Hybrid-DRGs unmittelbar von den Krankenkassen vergütet werden. Die RVO enthält aber keine weiterführende Regelung.
Somit ist zwar grundsätzlich die direkte Rechnungsstellung an die Krankenkasse ermöglicht. Alternativ bieten sich aber hierfür verschiedene Managementgesellschaften oder die Kassenärztlichen Vereinigungen an. Sie dürften allerdings noch einen zeitlichen Vorlauf benötigen, um entsprechende Abrechnungswege einzurichten.
Wir empfehlen mit der Rechnungsstellung für Hybrid-DRG noch abzuwarten und sich in Ruhe für einen Abrechnungsdienstleister zu entscheiden.