„Zum Tag der verpflichtenden Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ePA zieht der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich, eine durchwachsene Zwischenbilanz:
„Nach einem quälend langen Vorlauf sind wir bei der Modernisierung des Gesundheitswesens zwar einen Schritt weiter. Aber es steht fest: So wird die Digitalisierung in Deutschland nicht gelingen“, erklärt der Vorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland.
Und das liege nicht an den Praxisärzten, die in der zurückliegenden Zeit in ihren Praxen digitalisiert und modernisiert haben. „Während Praxisärzte immer unter dem Damoklesschwert von Strafzahlungen stehen, können Technikanbieter sanktionslos versagen oder einfach nicht fristgerecht liefern“, so Dr. Heinrich. „Deshalb müssen diese Sanktionen sofort beendet werden! Denn in vielen Praxen kann die ePA einfach aus dem Grund nicht umgesetzt werden, weil die Hersteller von Praxisverwaltungssoftware noch gar nicht geliefert haben“, berichtet Dr. Heinrich.
Zudem sei der gesamte Krankenhausbereich noch gar nicht an das System der ePA angebunden, wodurch der digitale Bruch an der Sektorengrenze weiterhin bestehen bleibt.
„Auch die ePA selbst bleibt technisch weit hinter den aktuellen Möglichkeiten zurück. Statt einer unstrukturierten Sammlung von PDF-Dokumenten sind strukturierte Daten erforderlich, die dem Arzt die Patientengeschichte auf einen Blick ermöglichen. Weitere Anwendungen wie der elektronische Impfpass lassen weiter auf sich warten.
Hier bietet sich aktuell gerade mit der geplanten Einführung eines Primärarztsystems eine einmalige Chance: „Ein Primärarztsytem mit einem steuernden und koordinierenden Haus- oder Facharzt funktioniert am besten mit einem digitalen Check-In, einer KI-basierten Ersteinschätzung und einer echten strukturierten, sektorenübergreifenden Patientenakte mit den Informationen aus den Krankenhäusern. Dafür sollten wir uns dann auch zwei Jahre Zeit der intensiven Vorbereitung nehmen. Letztendlich hat uns Apple mit seinem iPhone gezeigt, wie sich Digitalisierung durchsetzt: Mit einem Produkt, das jeder haben will, weil es dem Nutzer Vorteile bringt“, so der Virchowbund-Chef.
Dr. Heinrich weiter: „Insgesamt hat Deutschland in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens noch viel Nachholbedarf, insbesondere bei der nutzenorientierten Konzeption. Nur wenn die Anwender einen konkreten Nutzen haben, werden Digitalisierungsprojekte erfolgreich umgesetzt. Deshalb ist es unverständlich, warum beispielsweise noch immer kein digitaler Praxis-Check-In bei Haus- und Fachärzten möglich ist.“
Quelle: Virchowbund