München – Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, ihren Patienten Auskünfte zu erteilen beziehungsweise daran mitzuwirken, dass diese eine entsprechende Anfrage ihrer privaten Krankenversicherung beantworten können. Diese Verpflichtung ergibt sich aus Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit den Pflichten aus dem Behandlungsvertrag nach Paragraf 630 a BGB.
Aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich demnach, dass ein geschlossener Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient unter der Rahmenbedingung eingegangen wird, dass der Patient einen finanziellen Ausgleich bei seiner privaten Krankenversicherung beantragen wird. Der Patient hat gegenüber seiner privaten Krankenversicherung aber jede Auskunft zu erteilen, die dem Versicherungsunternehmen zur Feststellung des Versicherungsfalls, der Leistungspflicht generell oder ihres Umfangs erforderlich erscheint. Nachdem eine private Krankenversicherung lediglich medizinisch notwendige Heilbehandlungen zu erstatten hat, ist sie nach vorherrschender Rechtsprechung auch dazu berechtigt, konkret durchgeführte Behandlungen daraufhin zu überprüfen, ob sie medizinisch notwendig waren oder nicht.
Allein der Arzt kann prüffähige Angaben machen
Allein der behandelnde Arzt ist jedoch in der Lage, die zu prüfenden Angaben zu machen. Der Patient ist also, wenn er seine Kosten erstattet bekommen möchte, darauf angewiesen, dass ihm sein Arzt auf Basis des geschlossenen Behandlungsvertrags auch alle notwendigen Informationen dafür zur Verfügung stellt. Dies wird in der Rechtsprechung als eine selbstständige Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag angesehen (Landesgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.7.2010, Aktenzeichen 3 O 431/02, Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.4.2008, Aktenzeichen I-8 U 56/07).
Die Pflicht zur Auskunftserteilung besteht grundsätzlich gegenüber dem Patienten, nicht gegenüber der Versicherung. Ermächtigt dieser allerdings seine Versicherung, so muss sein behandelnder Arzt dem Unternehmen die gewünschten Informationen geben. Dafür bedarf es einer konkreten, einzelfallbezogenen Schweigepflichtentbindungserklärung. Eine generelle Schweigepflichtentbindung ist unzulässig.
In der Rechtsprechung wird durchgängig die Auffassung vertreten, dass die Erfüllung dieser Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag dem Arzt zumutbar sei, selbst wenn dieser die Anfragen als überflüssig und lästig empfinde. Denn er und kein anderer habe die Leistungen erbracht. Patienten als medizinische Laien sind nach Ansicht der Gerichte nicht in der Lage, ohne die Unterstützung ihres behandelnden Arztes den Informationswünschen ihrer Versicherer nachzukommen.
Aus juristischer Sicht ist Ärztinnen und Ärzten deshalb grundsätzlich zu empfehlen, entsprechenden Anfragen nachzukommen, sofern der Patient dies wünscht und eine konkrete Schweigepflichtentbindungserklärung vorliegt. Sonst könnte sich ein Arzt unter Umständen einer Nebenpflichtverletzung gegenüber dem Patienten schuldig machen, die zu Schadensersatzansprüchen beziehungsweise zu einem Zurückbehaltungsrecht beim Honorar durch den Patienten führen könnte. Fragen, die erkennbar aber nicht mit dem Informationsinteresse der Versicherung in Einklang zu bringen sind, müssen nicht beantwortet werden. Zudem ist es unbedingt ratsam, den Patienten immer dann vorab zu informieren, wenn der Arzt befürchtet, dass sich seine Antworten nachteilig für diesen auswirken könnten.
Ärzte können sich den Aufwand vergüten lassen
Die notwendigen Angaben können einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten. Diesen können sich Ärztinnen und Ärzte vergüten lassen. Die Vergütung richtet sich primär nach Ziffer 70 ff. Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Insbesondere können die Ziffern 80 und 85 in Betracht kommen. Sofern der Aufwand erheblich ist, etwa nach langjähriger Behandlung eines Patienten, besteht auch die Möglichkeit, in einer Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ einen höheren Steigerungsfaktor zu vereinbaren. Die Bundesärztekammer vertritt ferner die Auffassung, dass alternativ auch lediglich Kopien der Behandlungsunterlagen herausgegeben werden, die dann von der Versicherung selbst ausgewertet werden müssen, wofür der Arzt die Kopierkosten in Rechnung stellen kann.
Dr. jur. Jörg Heberer, Justitiar des BVOU