München – Bei Erwachsenen zählen Rückenschmerzen längst zu einem der häufigsten Volksleiden. Doch auch bei Kindern werden sie durch mangelnde Bewegung und häufiges Sitzen zu einem zunehmenden Problem. Darauf macht die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme aufmerksam und appelliert an die Eltern, bewegte Vorbilder für ihre Kinder zu sein.
„Noch in den 1980er Jahren war es eine weitverbreitete Lehrmeinung, dass Rückenschmerzen bei Kindern selten auftreten und wenn doch, dann seien sie fast immer Symptome einer ernstzunehmenden Erkrankung“, berichtet Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Inzwischen haben jedoch mehrere große Untersuchungen ergeben, dass Rückenschmerzen auch bei Kindern und Jugendlichen ein weit verbreitetes Phänomen sind und in den letzten Jahren massiv zugenommen haben.“
Eine dieser Untersuchungen ist die europaweit größte Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen KiGGS des Robert-Koch-Instituts Berlin, an der bis 2012 17.641 Kinder und Jugendliche aus Deutschland teilgenommen haben. Mehr als drei Viertel aller 11- bis 17jährigen gaben in der Befragung an, innerhalb der letzten drei Monate an Schmerzen gelitten zu haben. Etwa die Hälfte davon klagte über Rückenbeschwerden.
Ursachen für Zunahme der Rückenbeschwerden
Treten die Schmerzen häufig auf, sollte zunächst beim Kinder- und Jugendarzt oder beim Kinderorthopäden abgeklärt werden, ob eine organische Ursache der Beschwerden vorliegt, so Koletzko. Wachstumsstörungen der Wirbelsäule wie Skoliose oder Morbus Scheuermann können zu akuten oder chronischen Rückenschmerzen führen und sollten frühzeitig erkannt werden. Diese und andere organische Erkrankungen betreffen allerdings höchstens 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die über Rückenschmerzen klagen, so die Stiftung Gesundheit.
Welche weiteren Ursachen hinter den zunehmenden Rückenproblemen von Kindern und Jugendlichen stecken könnten, hat das Forsa-Institut Berlin im Auftrag der DAK-Gesundheit 2011 in einer bundesweiten Umfrage unter 100 Kinder- und Jugendärzten untersucht. Als häufigste Ursache vermuten die Mediziner die fehlende Bewegung von Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit, die diese zunehmend vor PC, Fernseher oder Smartphone verbringen. Hinzu kämen der zu seltene und schlechte Schulsportunterricht sowie das oft fehlende Engagement der Eltern, die motorische Entwicklung ihrer Kinder anzuregen.
Eltern häufig selbst nur wenig aktiv
Denn oft sind auch die Eltern selbst nur unzureichend aktiv. Laut Robert-Koch-Institut treiben ab 18 Jahren 37,4 Prozent der Männer und 38,4 Prozent der Frauen in Deutschland überhaupt keinen Sport. Weitere 20,9 Prozent der Männer und 28,4 Prozent der Frauen sind weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv. Die übrigen 41,7 Prozent der Männer und 33,2 Prozent der Frauen geben an, sich zwei oder mehr Stunden in der Woche zu bewegen.
Gemeinsame Bewegung und Kontrolle des Medienkonsums
Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt Eltern deshalb von klein auf mit ihren Kindern Sport zu treiben und viel Bewegung in den Alltag zu integrieren, also zum Beispiel Rad zu fahren oder zu Fuß zu gehen anstatt das Auto zu nehmen. Weitere wichtige Maßnahmen seien ein häufigerer bzw. täglicher Sportunterricht in Kindergärten und Schulen, eine konsequente Verkehrsberuhigung in Wohngebieten, die Schaffung von attraktiven und sicheren Bewegungsräumen für Kinder und eine rigorose Kontrolle des Medienkonsums durch die Eltern.
Quelle: Stiftung Kindergesundheit